OGH 8Ob11/07m

OGH8Ob11/07m18.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Rumpelmayr, Dr. Andreas Haberl und Mag. Franz Hofmann, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, über den Revisionsrekurs des Masseverwalters Dr. Martin Morscher, Rechtsanwalt, 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 7, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 11. Dezember 2006, GZ 2 R 224/06h-32, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 24. Oktober 2006, GZ 20 S 15/05i-27, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 11. 2. 2005 wurde über Antrag der Schuldnerin über das Vermögen der G***** Gesellschaft mbH das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 24. 2. 2005 bewilligte das Erstgericht über Antrag des Masseverwalters die Schließung des gemeinschuldnerischen Unternehmens. Nach mehreren Berichten des Masseverwalters und rechtskräftiger Bestimmung seiner Entlohnung legte dieser am 31. 8. 2006 die Schlussrechnung und den Schlussverteilungsentwurf vor. Am 7. 9. 2006 beraumte das Erstgericht für den 28. 9. 2006 eine besondere Prüfungstagsatzung, eine Rechnungslegungstagsatzung und eine Verteilungstagsatzung an. Gleichzeitig wurden die Gläubiger von der im Verteilungsentwurf vorgesehenen Quote von 22,4 % verständigt. Am 25. 9. 2006 (eingelangt am 26. 9. 2006) stellte die Gemeinschuldnerin einen Antrag auf Abschluss eines Zwangsausgleichs samt Zwangsausgleichsvorschlag, in dem den Gläubigern eine Quote von 23,4 % angeboten wurde. In den verbundenen Tagsatzungen am 28. 9. 2006 genehmigte das Konkursgericht die Schlussrechnung und den Schlussverteilungsentwurf des Masseverwalters. Im Rahmen der Erörterung des Zwangsausgleichsvorschlags stellte die Gemeinschuldnerin klar, dass die im Zwangsausgleichsantrag angeführte Quote von 23,4 % die Schlussverteilungsquote von 22,4 % einschließe. Die vorgenannten Genehmigungen wurden durch Aufnahme in die Insolvenzdatei öffentlich bekannt gemacht und erwuchsen in Rechtskraft. Mit Schriftsätzen vom 30. 10. 2006 und 2. 11. 2006 wies der Masseverwalter den Vollzug der Schlussverteilung mit einer Quote von 22,401971 % nach.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Abschluss eines Zwangsausgleichs samt Zwangsausgleichsvorschlag zurück. Nach Vorlage des Schlussverteilungsentwurfs sei ein Zwangsausgleichsantrag zwar grundsätzlich noch zulässig, er müsse jedoch die Anforderungen des § 141 Z 3 KO erfüllen. Danach müsse eine 20 %ige Quote zahlbar innerhalb von zwei Jahren, und zwar ohne Anrechnung der Schlussverteilungsquote, angeboten werden. Ein solches Angebot liege nicht vor.

Das Rekursgericht hob über Rekurs der Gemeinschuldnerin den erstgerichtlichen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über den Zwangsausgleichsantrag der Gemeinschuldnerin auf.

Ein Zwangsausgleich sei grundsätzlich bis zur Abgabe des Aufhebungsbeschlusses zur Ausfertigung an die Geschäftsabteilung zulässig. Ein Antrag auf Abschluss eines Zwangsausgleichs sei unzulässig, wenn der Inhalt des Ausgleichsvorschlags gegen die §§ 149 bis 151 KO oder gegen zwingende Rechtsvorschriften verstoße oder wenn den Konkursgläubigern nicht angeboten werde, innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlags mindestens 20 % der Forderungen zu bezahlen. Dem Gesetzeswortlaut folgend müssten daher 20 % der Forderungen ab dem Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlags bezahlt werden. Der Wortlaut des § 141 Z 3 KO vor dem IRÄG 1982 habe eine Anrechnung der Schlussverteilungsquote auf die Zwangsausgleichsquote zugelassen. Den Materialien zum IRÄG 1982 sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Angleichung des § 141 KO an § 3 Abs 1 AO darauf abziele, eine Anrechnung früherer Zahlungen bzw bereits genehmigter Schlussverteilungsquoten zu verhindern bzw eine solche Vorgangsweise von Beginn an zu unterbinden. Normzweck des § 141 Z 3 KO sei es (unter anderem), den Gläubigern eine Quote von mindestens 20 % ihrer Forderungen zu sichern. Die Erschwerung des Zwangsausgleichs solle den Gemeinschuldner dazu veranlassen, die Konkurseröffnung zu einem Zeitpunkt zu beantragen, in dem die Bezahlung einer solchen Quote noch möglich sei. Auch eine teleologische Auslegung spreche dafür, die Schlussverteilungsquote auf die Zwangsausgleichsquote anzurechnen, stelle § 141 Z 3 KO doch auf eine Mindestquote ab, die auch dann erfüllt sei, wenn sie sich im Weg einer Anrechnung ergäbe. Für diese Auslegung spreche auch ein Vergleich des Zwangsausgleichs mit dem Zahlungsplan: Der Zahlungsplan stelle zwar eine Unterart des Zwangsausgleichs dar (vgl § 193 Abs 1 KO), unterscheide sich aber von diesem darin, dass das Vermögen des Schuldners zwingend verwertet werden müsse und der Verwertungserlös des Vermögens unabhängig vom Zahlungsplan an die Gläubiger zu verteilen sei. Diese erhielten neben den im Zahlungsplan vorgesehenen Leistungen eine separate Sonderzahlung aus der Verwertung des Schuldnervermögens. Würde die Schlussverteilungsquote nicht auf die Zwangsausgleichsquote angerechnet, käme dies einer derartigen Sonderzahlung gleich. Daraus, dass der Gesetzgeber im Gegensatz zu den Regelungen zum Zahlungsplan beim Zwangsausgleich die Verwertung des Schuldnervermögens nicht zwingend vorgesehen habe, sich vielmehr aus dem Inhalt des Zwangsausgleichs bestimme, ob Vermögen verwertet oder zur Erfüllung herangezogen werde, sei zu schließen, dass in einem Fall wie dem hier zu beurteilenden, Zahlungen die im Rahmen der bereits erfolgten Schlussverteilung geleistet worden seien, auf die Zwangsausgleichsquote anzurechnen seien. Folge man der Auffassung des Erstgerichts, käme die Gemeinschuldnerin nur dann in den Genuss der Vorteile des Zwangsausgleichs, wenn sie rund 47 % der Gläubigerforderungen begleichen würde. Auch der Umstand, dass die Gläubiger ab Rechtskraft des Verteilungsentwurfs Anspruch auf die darin vorgesehene Quote haben, spreche nicht gegen die Anrechnung der Schlussverteilungsquote auf die Zwangsausgleichsquote, werde dadurch doch die von ihnen nach Verteilung des Schuldnervermögens bereits erzielte Quote nicht gemindert. Der angefochtene Beschluss sei daher aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens gemäß §§ 140 f KO aufzutragen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, da zur Frage der Anrechenbarkeit der Schlussverteilungsquote auf die Zwangsausgleichsquote Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.

Der Rekurs des Masseverwalters ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 155 KO kann gegen die Bestätigung des Ausgleichs von jedem Beteiligten, der dem Ausgleich nicht ausdrücklich zugestimmt hat, sowie von jedem Mitschuldner und Bürgen des Gemeinschuldners, gegen die Versagung der Bestätigung von dem Gemeinschuldner und jedem Konkursgläubiger, der dem Ausgleich nicht widersprochen hat, Rekurs ergriffen werden. Nach ständiger Rechtsprechung sind nur die in § 155 taxativ genannten Personen rekursberechtigt, weshalb dem Masseverwalter keine Rekurslegitimation zukommt (8 Ob 5/93; SZ 64/25; RIS-Justiz RS0065305).

Kodek („Verfahrensrechtliche Fragen beim Zahlungsplan" in ZIK 2004/142) vertritt die Auffassung, dass die Regelung des § 155 KO auch auf das Vorprüfungsverfahren durchschlagen müsste, sodass der Masseverwalter die Zurückweisung eines Zwangsausgleichsantrags nicht anfechten könne (aaO FN 20). Kodek weist weiters darauf hin, dass der OGH in seiner Entscheidung 8 Ob 81/02y für eine Sonderkonstellation die Rekurslegitimation des Masseverwalters mit der Begründung bejaht habe, der Masseverwalter habe nicht nur die gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger gegenüber Einzelinteressen zu vertreten (§ 81 Abs 2 KO), sondern auch die Pflicht die Interessen aller Gläubiger und der Konkursmasse zu wahren.

Die von Kodek zitierte Entscheidung ist nicht verallgemeinerungsfähig. Ihr liegt die besondere Konstellation zugrunde, das das Erstgericht nach Anberaumung, aber vor Abhaltung einer Tagsatzung bei der über den Antrag auf Annahme des Zahlungsplans abgestimmt werden sollte, den Zahlungsplanantrag der Schuldnerin als unzulässig zurückwies. Über Rekurs der Schuldnerin behob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss trug dem Erstgericht die gesetzmäßige Fortsetzung des Schuldenregulierungsverfahrens auf. Der Oberste Gerichtshof ließ in diesem Fall den ordentlichen Revisionsrekurs des Masseverwalters zur Beurteilung der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Unzulässigkeit eines vorgeschlagenen Zahlungsplans im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens von Amts wegen wahrgenommen werden könne, zu. Die besondere Fallgestaltung der dargestellten Entscheidung, nämlich die amtswegige Zurückweisung eines Zahlungsplanantrags zu einem Zeitpunkt, als eine solche bereits unzulässig war, liegt hier nicht vor.

Berücksichtigt man, dass der Gesetzgeber den Masseverwalter nicht unter den Personen anführt, die gegen die Bestätigung, oder die Versagung der Bestätigung des Ausgleichs rekurslegitimiert sind, wiewohl gerade der Masseverwalter „defacto meist sehr interessiert ist" (Petsch/Reckenzaun/Bertl/Isola Praxishandbuch² S 732) erscheint die von Kodek vertretene Auffassung zwingend. Da der Gesetzgeber dem Masseverwalter die Rekurslegitimation gegen die Bestätigung des Zwangsausgleichs versagt, wäre es widersinnig anzunehmen, dass der Masseverwalter die Einleitung des Verfahrens über einen Zwangsausgleichsantrag bekämpfen könnte.

Dem Masseverwalter fehlt es daher im vorliegenden Fall an der Rekurslegitimation weshalb sein Rechtsmittel zurückzuweisen ist.

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