OGH 8Ob5/93

OGH8Ob5/9322.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. E. Huber, Dr. Schwarz, Dr. Rohrer und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Konkurssache betreffend das Vermögen des Hermann S*****, vertreten durch den Masseverwalter Dr. Josef Hiebler, Rechtsanwalt in Lienz, infolge Revisionsrekurses des Gemeinschuldners, vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, und des Masseverwalters gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 8.1.1993, GZ 1 R 338/92-55, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.11.1992, GZ S 106/91-43, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs des Gemeinschuldners wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 17.11.1992 (ON 43) bestätigte das Konkursgericht den zwischen dem Gemeinschuldner und seinen Gläubigern abgeschlossenen Zwangsausgleich und führte zur Begründung aus, die in § 147 Abs 1 KO geforderten Mehrheiten lägen vor und ein Grund für die Versagung der Bestätigung sei nicht hervorgekommen; auch eine Unmöglichkeit der Erfüllung sei nicht gegeben, da von dritter Seite ein Betrag von S 400.000,-- zur Verfügung gestellt worden sei und durch die Weiterführung des Gasthausbetriebes des Gemeinschuldners während der Wintersaison 1992/93 und der Sommersaison 1993 entsprechende Beträge erwirtschaftet werden könnten.

Gegen den Bestätigungsbeschluß erhob die Republik Österreich als Konkursgläubigerin Rekurs, weil die vom Finanzamt L***** angemeldete, auf einen vollstreckbaren Rückstandsausweis gegründete Forderung von S 1,590.745,-- nur mit S 1,000.000,-- festgestellt und berücksichtigt worden sei, richtigerweise aber in voller Höhe hätte zugrundegelegt werden müssen, in welchem Falle die in § 147 Abs 1 KO geforderten Mehrheiten nicht erreicht worden wären.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und versagte dem Zwangsausgleich die Bestätigung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei es begründete seine Entscheidung wie folgt:

Die Bestimmung des § 93 Abs 4 KO sei hier ohne Bedeutung, weil die Prüfung der angemeldeten Forderung schon bei der Prüfungstagsatzung stattgefunden habe. Im Hinblick auf das Vorliegen eines vollstreckbaren Rückstandsausweises hätte dem Masseverwalter gemäß § 110 Abs 3 KO die Legitimation zur Beseitigung dieses Titels bei der zuständigen Behörde getroffen, er habe jedoch kein Rechtsmittel bzw keinen Rechtsbehelf erhoben. Demgemäß stehe der Rekurswerberin ein gesetzliches Stimmrecht zu, das einer Prüfung durch das Konkursgericht nicht mehr unterliege. Eine gesetzwidrig vorgenommene Stimmrechtsentscheidung sei zwar nicht nichtig, bleibe aber - und damit auch die darauf aufbauende Bestätigung des Zwangsausgleiches - mit Rekurs anfechtbar. Sei der Rekurswerberin das Stimmrecht für eine Forderung in der Höhe von S 1,590.745,-- zugestanden, werde hier, wie auch der Masseverwalter zugebe, das Erfordernis des § 147 Abs 1 KO nicht erfüllt, wonach die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger wenigstens 3/4 der Gesamtsumme aller zur Abstimmung berechtigten Forderungen betragen müsse. Damit liege ein obligatorischer Versagungsgrund vor und die angefochtene Entscheidung sei daher dahin abzuändern, daß die gemäß § 152 KO erforderliche Bestätigung des Zwangsausgleiches durch das Konkursgericht versagt werde. Dem Einwand des Masseverwalters, es sei ihm kein zumutbares Rechtsmittel bzw kein tauglicher Rechtsbehelf zur Beseitigung des vollstreckbaren Rückstandsausweises zur Verfügung gestanden, sei zu entgegnen, daß die Vollstreckbarkeitsbestätigung für sich genommen zwar keinen Bescheid, sondern nur eine in Form einer Bestätigung ergehende Rechts- und Tatsachenauskunft des Inhaltes darstelle, daß der Vollstreckungstitel einem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug nicht unterliege. Die Erteilung einer solchen Bestätigung habe demnach zur Voraussetzung, daß dieser Rechtszustand tatsächlich eingetreten sei. Erweise sich eine Vollstreckbarkeitsbestätigung als unrichtig, so sei sie zurückzunehmen. Die Zurücknahme sei ebenso wie die Erteilung kein Bescheid. Dagegen stelle jedoch die Ablehnung eines Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung einen bekämpfbaren Bescheid dar. Da der Masseverwalter eine derartige Bekämpfung unterlassen und auch keine sonstigen Schritte zur Beseitigung des vollstreckbaren Rückstandsausweises gesetzt habe, könne seine Säumnis in ihrer Auswirkung nur einer gegen ihn ergangenen rechtskräftigen Entscheidung gleichgesetzt werden. Somit sei auf den weiters im Rekurs geltend gemachten Versagungsgrund der voraussichtlichen Unmöglichkeit der Erfüllung des Ausgleichs bzw der Unwürdigkeit des Gemeinschuldners auf Grund seines leichtsinnigen Gebarens (keine ordnungsgemäße Buchführung, Nichteinhaltung von steuerlichen Melde- und Zahlungsverpflichtungen über Jahre hin usw) nicht mehr einzugehen.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse des Gemeinschuldners und des Masseverwalters jeweils mit dem Antrag auf Wiederherstellung des konkursgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel des Masseverwalters ist unzulässig, weil diesem nach der taxativen Aufzählung des § 155 KO keine Rekurslegitimation zukommt; nicht alle Interessenten sondern nur die in dieser Bestimmung genannten Personen, das sind bei der Versagung der Bestätigung des Ausgleichs der Gemeinschuldner und die Konkursgläubiger, können den Versagungsbeschluß anfechten (Bartsch-Pollak**n I 646; 8 Ob 4/91 = Bank-Archiv 1991, 600; KO MGA7 E 10 zu § 71.

Der Revisionsrekurs des Gemeinschuldners ist gemäß § 171 KO, § 528 Abs 1 ZPO zulässig, aber nicht gerechtfertigt.

Der Gemeinschuldner führt aus, nicht der Rückstandsausweis, sondern erst ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Bescheid sei ein taugliches Mittel zur Begründung einer Forderung im Konkurs. Es stehe der Republik Österreich lediglich hinsichtlich des vom Masseverwalter anerkannten Betrages von S 1,000.000,-- ein Stimmrecht zu, zumal ein vollstreckbarer Bescheid fehle. Außerdem hätte der Rückstandsausweis nicht gegen den Gemeinschuldner sondern gegen den Masseverwalter erlassen werden müssen. Schließlich sei die konkursgerichtliche Stimmrechtsentscheidung gemäß § 93 Abs 4 KO nicht, auch nicht im Rahmen eines Rekurses gegen die Bestätigung des Zwangsausgleiches bekämpfbar.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach dem Tagsatzungsprotokoll ON 12 hat der Masseverwalter in der Prüfungstagsatzung vom 21.10.1991, an der keine Konkursgläubiger teilnahmen, Erklärungen im Sinne seiner zu den Forderungen PZ 1 bis 41 im Anmeldungsverzeichnis enthaltenen Eintragungen abgegeben. Danach hat er die im Ausgleichsverfahren unter ON 29 angemeldete, auf den vollstreckbaren Rückstandsausweis vom 11.7.1991 gestützte Forderung des Finanzamtes L***** hinsichtlich eines Betrages von S 1,000.000,-- anerkannt und hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages von S 590.745,-- bestritten. Das Konkursgericht faßte den Beschluß, daß den Gläubigern zur Geltendmachung bestrittener Forderungen eine Frist von 1 Monat gesetzt werde und gab diese Fristsetzung mit KO-Form Nr. 32 auch der Konkursgläubigerin Finanzamt L***** unter ON 14, Blatt 5 (AS 95) bekannt.

Diese Aufforderung an die Konkursgläubigerin Finanzamt L***** zur Klageführung war gesetzwidrig. Entgegen den Ausführungen beider Rechtsmittelwerber bildete nämlich bereits der vollstreckbare Rückstandsausweis des Finanzamtes L***** vom 11.7.1991 einen Exekutionstitel gemäß § 1 Z 13 EO (8 Ob 632/92 vom 22.10.1992, 3 Ob 91/90 vom 28.11.1990 = SZ 63/212; Walter-Mayer, Grundriß des öVerwverfRechts5, Rz 1008; Antoniolli-Koja, Allgem.Verw.Recht2, 483), sodaß hier eine vollstreckbare Forderung iSd § 110 Abs 2 KO vorlag und demgemäß richtigerweise dem Masseverwalter gemäß § 110 Abs 3 und 4 KO eine Frist zu setzen gewesen wäre, innerhalb der er hinsichtlich dieser nicht auf den Rechtsweg gehörigen Sache vor der zuständigen Behörde den Antrag auf Entscheidung über die Richtigkeit dieser Forderung hätte stellen müssen. Davon, daß dieser Rückstandsausweis vom 11.7.1991 unwirksam sei, weil er gegen den Masseverwalter hätte erlassen werden müssen, kann keine Rede sein, denn er erging noch während des Ausgleichsverfahrens (siehe Sa 6/91-29), also vor der am 10.9.1991 erfolgten Konkurseröffnung (S 106/91-2) und somit zutreffend gegen den Ausgleichsschuldner. Der Umstand, daß gemäß § 10 Abs 1 AO während des Ausgleichsverfahrens der Erwerb eines richterlichen Pfand- oder Befriedigungsrechtes ausgeschlossen ist, stand der Erlassung dieses vollstreckbaren Rückstandsausweises als eines bloßen Exekutionstitels ebenfalls nicht entgegen; zwar werden im Konkursverfahren gemäß § 7 Abs 1 KO anhängige Rechtsstreitigkeiten unterbrochen, sodaß dort schon der Erwerb eines gerichtlichen Exekutionstitels nicht möglich ist; das Ausgleichsverfahren kennt eine derartige Unterbrechung aber nicht.

Da dem Masseverwalter eine Frist gemäß § 110 Abs 2, 3 und 4 KO zur Antragstellung vor der zuständigen Behörde wegen Überprüfung der Richtigkeit der dem vollstreckbaren Rückstandsausweis zugrunde liegenden Forderung nicht gesetzt wurde und diese Frist daher noch gar nicht zu laufen begonnen hatte, wäre die in der Höhe von S 590.745,-- bestrittene Forderung des Finanzamtes L***** im Sinne der ausdrücklichen Anordnung des § 150 Abs 3 KO sicherzustellen gewesen. Der Ausgleichsvorschlag sieht eine Sicherstellung dieser Forderung aber nicht vor, sondern geht davon aus, daß sie gemäß § 131 Abs 3, § 134 Abs 2 KO mangels Erhebung der Klage durch den Konkursgläubiger Finanzamt L***** bei der Verteilung nicht zu berücksichtigen sei.

Nach der Anordnung des § 153 Abs 2 KO ist dem Zwangsausgleich die Bestätigung zu versagen, wenn die für das Verfahren und den Abschluß des Zwangsausgleiches geltenden Vorschriften nicht beobachtet worden sind, es sei denn, daß diese Mängel nachträglich behoben werden können oder nach der Sachlage nicht erheblich sind.

Hier wurden vom Konkursgericht die Vorschriften des § 110 Abs 2 bis 4 KO verletzt, insbesondere sieht der von ihm bestätigte Zwangsausgleich keine Sicherstellung der bestrittenen Forderung des Finanzamtes L***** vor und widerspricht damit der zwingenden Vorschrift des § 150 Abs 3 KO. Dieser Gesetzesverstoß könnte nur durch eine Abänderung des Ausgleichsvorschlages behoben werden, wozu das Konkursgericht selbst nach Behebung der Verfahrensmängel (Auftrag nach § 110 Abs 2 bis 4 KO an den Masseverwalter) nicht berechtigt wäre (8 Ob 21/88; Holzhammer Österreichisches Insolvenzrecht 110). Dem Zwangsausgleich in der maßgeblichen vorliegenden Form ist daher schon aus diesem Grunde die Bestätigung zu versagen.

Darüberhinaus ist der rekursgerichtlichen Ansicht beizutreten, daß mangels der durch den Masseverwalter gemäß § 110 Abs 2 - 4 KO erfolgten Geltendmachung der bestrittenen (Teil-)Forderung des Finanzamtes L***** von S 590.745,-- dem Finanzamt L***** in der Ausgleichstagsatzung das Stimmrecht zukam. Der Rechtsmittelausschluß des § 93 Abs 4 KO steht der Bedachtnahme auf dieses - vom Konkursgericht rechtsirrig aberkannte - Stimmrecht nicht entgegen, denn der konkursgerichtliche (Bestätigungs-)Beschluß über den Ausgleichsantrag ist in der Frage des Vorliegens der für den Abschluß eines Zwangsausgleiches normierten gesetzlichen Voraussetzungen und damit insbesondere auch der nach § 147 Abs 1 KO geforderten Stimmenmehrheiten im Rechtsmittelwege voll überprüfbar.

Bei Berücksichtigung der vom Finanzamt L***** angemeldeten Gesamtforderung von S 1,590.745,-- in der Ausgleichstagsatzung wurde hier die gemäß § 147 Abs 1 KO erforderliche Stimmenmehrheit unbestrittenermaßen verfehlt. Solcherart konnte daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Annahme des Ausgleichsantrages ein Zwangsausgleich gar nicht wirksam abgeschlossen werden und der konkursgerichtliche Bestätigungsbeschluß erweist sich demnach auch aus diesem Grunde als verfehlt.

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