Spruch:
1. Der Rekurs des Masseverwalters Dr.Christian R***** wird zurückgewiesen;
2. den Rekursen der Gläubiger und des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin wird Folge gegeben.
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird der erstgerichtliche Beschluß, mit dem der Zwangsausgleich bestätigt wurde, wiederhergestellt.
Text
Begründung
Die Gemeinschuldnerin, eine GmbH, über deren Vermögen am 10.4.1990 der Konkurs eröffnet worden war, stellte am 20.10.1990 den Antrag auf Abschluß eines Zwangsausgleiches, zu dem sich der Masseverwalter zustimmend geäußert hat. Die ehemalige Hausbank der Gemeinschuldnerin sei bereit, die Ausgleichsquote mit einem Kredit bis zu S 17,000.000 (vor)zufinanzieren; zufolge dieser Kreditzusage sei die Ausgleichserfüllung garantiert. Bei der Ausgleichstagsatzung am 8.12.1990 modifizierte bzw verbesserte die Gemeinschuldnerin ihren Ausgleichsvorschlag; sie bot den Konkursgläubigern auf ihre Forderungen eine 20 %ige Quote, zahlbar innerhalb von zwei Monaten, beginnend mit der Annahme des Zwangsausgleiches, nicht aber vor Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses.
Die bei der Ausgleichstagssatzung anwesenden stimmberechtigten Konkursgläubiger nahmen diesen Zwangsausgleichsantrag mit den nach § 147 Abs 1 KO notwendigen Mehrheiten an. Das Konkursgericht bestätigte mit Beschluß vom 11.12.1990 den Zwangsausgleich und führte dazu aus, daß keine zwingenden Versagungsgründe im Sinne des § 153 KO vorlägen: Der Inhalt des Ausgleichsvorschlages sei gesetzeskonform, die Erfüllung des Ausgleiches sei gesichert. Es lägen auch keine Versagungsgründe im Sinne des § 154 KO vor: Der Ausgleich liege im wirtschaftlichen Interesse der Konkursgläubiger, weil sie durch ihn mehr und dies auch noch rascher bekämen als bei einer ausgleichslosen Konkursabwicklung, bei der sie laut dem unbedenklichen Bericht des Masseverwalters lediglich eine Quote von 15 % zu erwarten hätten.
Infolge der Rekurse zweier Konkursgläubiger änderte das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es dem Zwangsausgleich die gerichtliche Bestätigung versagte; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Begründung der Entscheidung führte es an: Der Zwangsausgleichsantrag widerspräche wegen der in ihm enthaltenen Bestimmung, daß die Gläubiger Zahlung auf ihre 20 %ige Quote nicht vor Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses erhalten sollten, der zwingenden Bestimmung des § 141 Z 3 KO, weil nicht gesichert sei, daß der Konkurs binnen der zwingenden Frist von einem Jahr ab Annahme des Zwangsausgleiches aufgehoben sei. Hiebei verwies es auf die zu § 3 Abs 1 Z 3 AO ergangene E vom 9.2.1989, RdW 1989,303, wonach einem Ausgleich, der die Bezahlung der Quote binnen einer Frist ab Bestätigung des Ausgleichs anbot, die Bestätigung mit der Begründung versagt wurde, daß wegen der Ungewißheit des Zeitpunktes der Ausgleichsbestätigung die Jahresfrist des § 3 Abs 1 Z 3 AO überschritten werden könnte. Da zur Frage, ob die genannte Einschränkung, daß die Quote nicht vor Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses zu zahlen sei, den Zwangsausgleichsantrag unzulässig mache, eine oberstgerichtliche Judikatur fehle, sei der Revisionsrekurs zuzulassen.
Im übrigen äußerte das Rekursgericht unter Bezugnahme auf die Möglichkeit der Stellung eines neuen, seiner Auslegung des § 141 Z 3 KO entsprechenden Zwangsausgleichsantrages, die Ansicht, daß nach seiner Meinung noch nicht abschließend beurteilt werden könnte, ob fakultative Versagungsgründe (§ 154 KO) vorlägen. Es könne nämlich noch nicht die Zweckmäßigkeit des Zwangsausgleiches beurteilt werden, weil die Frage allfälliger Schadenersatzansprüche gegen den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin noch nicht abschätzbar wäre (insbesondere fehle hiezu eine ausreichende Stellungnahme des Masseverwalters) und noch nicht zu übersehen sei, ob bei Abstandnahme vom Zwangsausgleich nicht für die Konkursgläubiger eine höhere Quote erzielbar wäre: Nach dem Zwangsausgleichsvorschlag kämen nämlich allfällige, S 17,000.000 überschreitende Erlöse im Ergebnis nicht den Konkursgläubigern, sondern der ehemaligen Hausbank, die den Zwangsausgleich (vor)finanzieren wolle, zugute. Weiters bedürfte es einer näherer Beleuchtung der Umstände betreffend die bereits erfolgte Unternehmensveräußerung; ein Zwangsausgleich nach Unternehmensveräußerung sei atypisch und gebiete daher eine besondere Prüfungssorgfalt.
Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse des Masseverwalters, des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin und der im Spruch genannten 13 Konkursgläubiger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt und der Zwangsausgleich bestätigt werde.
Der Rekurs des Masseverwalters ist unzulässig; die übrigen Rekurse sind zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1./:
Der Rekurs des Masseverwalters muß zurückgewiesen werden, weil diesem nach der taxativen Aufzählung des § 155 KO keine Rekurslegitimation zukommt; nicht alle Interessenten, auch wenn sie sich zu Recht rein faktisch durch die Entscheidung beschwert erachteten, sondern nur die in dieser Bestimmung genannten Personen sind rekursberechtigt (Pollak in Bartsch-Pollak I3 646).
2./:
Die übrigen Rekurswerber sind im wesentlichen übereinstimmend der Ansicht, daß die gewählte Formulierung nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zulässig sei bzw nur ohnehin Selbstverständliches aussage. Auch fakultative Untersagungsgründe lägen nicht vor; Schadenersatzansprüche gegen den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin könnten nicht von der Masse geltend gemacht werden. Der Zwangsausgleich sei für die Konkursgläubiger günstiger, weil sie auf diese Weise schnell eine sichere Quote erhielten, während der Ausgang eines Anfechtungsprozesses ungewiß und mit großen Risken verbunden sei. Daß auch die Hausbank durch ihr Angebot der Vorfinanzierung eigene Interessen mitverfolge - Vermeidung eines Anfechtungsprozesses-, dürfe nicht zur Versagung des Zwangsausgleiches führen.
a) Zum vom Konkursgericht angenommenen absoluten Versagungsgrund (§ 153 KO iVm § 141 Z 3 KO):
Die Behauptung einiger Revisionsrekurswerber, der Oberste Gerichtshof habe bereits die vom Rekursgericht beanstandete Formulierung gebilligt, trifft nicht zu: Es wurde wohl in SZ 20/31 ausgesprochen, die Bestimmung eines Zwangsausgleiches, daß dieser innerhalb eines Jahres vom Tag der rechtskräftigen Konkursaufhebung zu erfüllen sei, widerspreche nicht den Vorschriften des § 141 Abs 2 KO; diese Entscheidung beruht aber auf einer anderen Rechtslage. Damals enthielt zwar die AO seit der Novelle 1925 eine Bestimmung, ab wann die einjährige Frist zu rechnen sei, nämlich - wie auch heute - vom Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlages. Die KO hingegen enthielt im § 141 Abs 2 nur die einjährige Frist, jedoch keine Bestimmung, ab wann diese zu rechnen sei. Aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber zwei Novellen ungenützt verstreichen ließ, ohne eine § 3 Abs 1 Z 3 AO analoge Bestimmung in der KO einzuführen, schloß der Oberste Gerichtshof damals, daß der Gesetzgeber diese Bestimmung auf das Konkursverfahren nicht angewendet wissen wollte.
Durch das IRÄG 1982 wurden die Bestimmungen - ihrem Wortlaut nach - synchronisiert: Sowohl nach § 3 Abs 1 Z 3 AO als auch nunmehr nach § 141 Z 3 KO muß Zahlung innerhalb eines Jahres vom Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlages angeboten werden; anderenfalls ist das Ausgleichs(Zwangsausgleichs)verfahren unzulässig und dem Ausgleich (Zwangsausgleich) gemäß § 50 Z 1 AO (§ 153 Z 1 KO) die Bestätigung zu versagen.
Dennoch verbietet sich eine schematische Gleichschaltung: Die für den Ausgleichsvorschlag vorgetragenen Argumente, daß - dem Wortlaut folgend - zeitlich nur auf die Annahme des Ausgleichsvorschlages, nicht aber auch auf die Bestätigung des Ausgleiches abgestellt werden dürfe, weil anderenfalls die Einjahresfrist überschritten werden könnte (RdW 1989, 303; ebenso bereits 14.4.1954, 1 Ob 236/54), sind dadurch gerechtfertigt, daß der Ausgleichsschuldner auch während des Ausgleichsverfahrens über sein Vermögen verfügungsberechtigt bleibt und daher bereits ab Annahme des Ausgleichsvorschlages Einfluß auf die Einhaltung der von ihm versprochenen Frist hat.
Die Rechtslage des Gemeinschuldners, der einen Zwangsausgleich anstrebt, ist jedoch eine andere. Sein gesamtes der Exekution unterworfenes Vermögen ist seiner freien Verfügung entzogen. Er ist daher grundsätzlich nicht berechtigt, zur Masse gehörendes Vermögen zur Befriedigung seiner Gläubiger zu verwenden. Hieraus folgerte der Oberste Gerichtshof bereits in SZ 19/282 und 20/31 und hält diese Ansicht seither in ständiger Rechtsprechung aufrecht (JBl 1981, 602 ua; vgl MGA KO7 § 156/20), daß vor rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses selbst nach einem bereits rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich die an die Gläubiger zu erbringenden Leistungen nicht fällig sind und daher auch der Schuldner vor diesem Zeitpunkt nicht in Verzug geraten kann, sodaß die Verzugsfolgen des § 156 Abs 4 KO - Wiederaufleben der Forderung - nicht eintreten können.
Hieraus folgt, daß die Fälligkeit der nach einem Zwangsausgleich zu leistenden Quoten von zwei Terminen abhängt, nämlich von dem im Zwangsausgleichsantrag angebotenen, der gemäß § 141 Z 3 KO innerhalb eines Jahres ab Annahme des Zwangsausgleichsantrages zu liegen hat, und von der Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses. Die vom Rekursgericht beanstandete - allerdings weitgehend übliche (vgl Chalupsky-Ennöckl-Holzapfel, Handbuch des Österreichischen Insolvenzrechts K.Form 113) - Formulierung nimmt lediglich ausdrücklich auf die - ohnedies kraft Gesetzes
eintretende - Fälligkeit Rücksicht. Der Gesetzgeber nahm nur offenbar deshalb auf diesen Umstand nicht ausdrücklich Bedacht, weil er davon ausging, daß im Regelfall zum vereinbarten Zahlungszeitpunkt der Konkurs bereits rechtskräftig aufgehoben sein werde (vgl JBl 1981, 602). Diese Bestimmung im Zwangsausgleichsantrag ist also nicht unzulässig und hindert auch nicht die Bestätigung des Zwangsausgleiches.
Nur zur Vermeidung von Fehlschlüssen sei ergänzend darauf hingewiesen, daß nichts dagegen spricht, daß der Gemeinschuldner bzw der Masseverwalter nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches freiwillig früher zahlt, wie das insbesondere bei Kassaausgleichen nicht unüblich ist.
b) Zu den relativen Versagungsgründen (§ 154 KO):
Das Konkursgericht hat nach § 151 Z 1 KO ua zu prüfen, ob der Zwangsausgleich den gemeinsamen Interessenten der Konkursgläubiger nicht widerspricht, und es hat die Bestätigung zu versagen, wenn für die Gesamtheit der Konkursgläubiger durch den Zwangsausgleich keine Verbesserung ihrer Befriedigungsaussichten herbeigeführt wird und der einzig erkennbare Zweck des Ausgleichs darin besteht, dem Gemeinschuldner von der drückenden Last seiner Schulden Erleichterung oder Befreiung zu verschaffen (EvBl 1979/193).
Der erkennende Senat kann die vom Rekursgericht geäußerten Bedenken nicht teilen und hält die Sache für spruchreif:
Zutreffend verweist zwar das Rekursgericht darauf, daß sich aus dem Konkursakt die näheren Umstände des - offenbar nicht friktionsfrei verlaufenen - Unternehmensverkaufes nicht ergeben. Für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit des nun zur Bestätigung vorliegenden Zwangsausgleichsvorschlages sind diese Umstände jedoch bedeutungslos: Das Unternehmen ist bereits verkauft; es ist lediglich die Kaufsumme bei der Berechnung der erzielbaren Quote mitzuberücksichtigen.
Die Konkursgläubiger haben sich mit überwiegender Mehrheit für die schnelle Liquidierung einer gesicherten Quote entschieden und bevorzugen - wie sich aus den zahlreichen Revisionsrekursen ergibt - auch heute noch diese Lösung gegenüber jener einer ausgleichslosen Abwicklung des Konkursverfahrens. Aus dem Bericht des Masseverwalters, der durch die Aktenlage gedeckt und gedanklich durchaus nachvollziehbar ist, ergibt sich, daß die Verteilungsmasse nur durch einen (erfolgreichen) Anfechtungsprozeß gegenüber der ehemaligen Hausbank wesentlich vermehrt werden könnte. Im Fall eines vollständigen Obsiegens könnte sich dadurch zwar eine geringfügige Quotenerhöhung ergeben; solche Prozesse dauern aber erfahrungsgemäß jahrelang und sind mit großen Unsicherheitsfaktoren sowohl auf der Tatsachen- als auch auf der Rechtsseite belastet. Im Ergebnis hat der Masseverwalter im Vergleichsweg zwei Drittel des uU in einem Anfechtungsprozeß nach Jahren ersiegbaren Betrages von der ehemaligen Hausbank - zur Ablösung ihres Prozeßrisikos - als Kredit zur Vorfinanzierung des Zwangsausgleiches angeboten bekommen; hiebei das Risiko der Einbringlichkeit dieser Summe die Hausbank trifft. Daß über diesen Betrag hinaus noch wesentliche Beträge einbringlich gemacht werden könnten, die nach der vergleichsweise vorgesehenen Regelung die Hausbank lukrieren würde, ist nicht ersichtlich.
Was den Einwand der mangelnden Prüfung allfälliger Schadenersatzansprüche gegen den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin anlangt, erübrigt sich eine solche entgegen der Meinung etlicher Rekurswerber nicht schon deshalb, weil die aus § 159 iVm § 161 StGB (iVm § 1311 ABGB ableitbaren deliktischen Vertrauensschadenersatzansprüche der Neugläubiger der Gesellschaft gegen deren Organe nicht als Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft angesehen und daher nicht vom Masseverwalter der Gesellschaft geltend gemacht werden können (EvBl 1988/34); vielmehr bleibt es dem einzelnen Gläubiger überlassen, derartige Ansprüche zu verfolgen. Daneben bestehen nämlich aus § 25 Abs 1 GmbHG ableitbare - zum Teil konkurrenzierende - Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber ihrem Geschäftsführer, deren Geltendmachung in die Zuständigkeit des Masseverwalters fällt, der dabei freilich im Interesse der Gesamtgläubigerschaft handelt, um das zu deren Gunsten verwertbare Masseverögen zu vergrößern (WBl 1990, 348 mwH und mit Anm Dellingers). Hinsichtlich dieser der Gesellschaft zustehenden Schadenersatzansprüche hat sich der Masseverwalter mit dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin dahin verglichen, daß dieser eine Abschlagszahlung von S 1,000.000 auf seine offenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber leistet. Selbst wenn man davon ausginge, daß die Verbindlichkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gemeinschuldnerin, wie von einem Gläubiger ohne nähere Konkretisierung behauptet, S 4,000.000 betragen würde, kann bereits jetzt ohne zusätzliche Prüfung gesagt werden, daß eine sofort lukrierbare Abschlagszahlung von 25 % im Hinblick auf das Alter und die schwere Erkrankung sowie die übrigen Verbindlichkeiten des Geschäftsführes aus persönlichen Haftungsübernahmen ein für die Gläubiger durchaus nicht ungünstiges Anbot ist.
Bedenkt man schließlich, daß nach dem Bericht des Masseverwalters ohne die Vorfinanzierung durch die Hausbank derzeit und auch auf längere Sicht überhaupt keine oder nur eine ganz geringfügige Quote ausgezahlt werden könnte und daher die Konkursgläubiger noch zusätzlich der Zinsenverlust träfe, so kann der von der überwiegenden Mehrheit der Konkursgläubiger angenommene Zwangsausgleich nicht als dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger widersprechend beurteilt werden; er ist insgesamt gesehen günstiger als eine zwangsausgleichslose Verwertung durch den Masseverwalter.
Es ist daher der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen und der Zwangsausgleich zu bestätigen.
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