OGH 4Ob2/08k

OGH4Ob2/08k14.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1. Dr. Marcel B*****, 2. Helga J*****, 3. Prof. Thomas O*****, alle vertreten durch Dr. Markus Bachlechner, Rechtsanwalt in Innsbruck als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Liebscher Hübel & Lang, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 364.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. November 2007, GZ 3 R 116/07v-80, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Aufklärungs- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit Anlagegeschäften zutreffend dargelegt. Danach wird die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen und demnach entscheidend von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängen (stRsp RIS-Justiz RS0029601, RS0119752, zuletzt 8 Ob 104/07p). Zu diesen Faktoren zählen die Erfahrenheit oder Unerfahrenheit des konkreten Kunden, seine Sachkundigkeit, der konkrete Umfang der erteilten Information (die Beratung muss vollständig richtig und verständlich sein), sie darf objektive Risken nicht herunterspielen und muss der Rechtslage entsprechen. An die Sorgfaltspflicht der Bank wird grundsätzlich ein strenger Maßstab angelegt, weil der Kunde auf das Fachwissen der Bank vertrauen darf. Auch ein erfahrener und informierter Kunde ist zu beraten und aufzuklären; verfügt der Kunde aber über besonderes eigenes Fachwissen, so dürfen die Anforderungen an die Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank nicht überspannt werden. Einem versierten und aufgeklärten Bankkunden kann es nämlich zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen als Anleger selbst ausreichend zu wahren (8 Ob 104/07p).

Die Vorinstanzen haben eine Haftung der beklagten Bank aus einer Verletzung von Sorgfalts- und Aufklärungspflichten verneint. Legt man den festgestellten Sachverhalt zu Grunde, so hält sich ihre Auffassung an die dargelegten Grundsätze oberstgerichtlicher Rechtsprechung.

Eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung liegt nicht vor. Ob die Bank angesichts der Weigerung des Kunden, nähere Angaben im „Wertpapier-Anlageprofil" zu machen, verpflichtet gewesen wäre, vom Wertpapiergeschäft Abstand zu nehmen, richtet sich gleichfalls nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls und verwirklicht keine über diesen hinausgehende Rechtsfrage erheblicher Bedeutung. Die Ermittlung und Dokumentation der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Zusammenhang mit derartigen Wertpapiergeschäften dient dazu, das Ausmaß der der Bank obliegenden Sorgfalts- und Aufklärungspflichten abzustecken und gegebenenfalls ein Beweismittel für spätere Haftungsfälle zu schaffen. Dieses Formular wurde den Klägern auch vorgelegt und von ihnen unterschrieben, sie strichen jedoch die Anfragepunkte durch. Überdies vernichteten der Erst- und der Drittkläger das auch ihnen übergebene Blatt mit Informationen über die Risken im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften. Die Kläger brachten mit ihrem Verhalten offenkundig zum Ausdruck, weitere Informationen nicht mehr zu benötigen. Sie können sich nachträglich nicht darauf berufen, dass die Beklagte das Wertpapiergeschäft nicht hätte abschließen dürfen. Dies um so mehr, als sie nach dem festgestellten Sachverhalt ohnehin über alle Risken informiert wurden. Im vorliegenden Fall steht ohnehin fest, dass die Kläger die begehrten Auskünfte bei Vorlage des entsprechenden Formulars ablehnten, indem sie die entsprechenden Punkte durchstrichen und das Formular unterfertigten. Einer weiteren Bestätigung ihrer Weigerung bedurfte es nicht.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe angesichts dieser Vorgangsweise davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte die Veranlagungen auf eigenes Risiko vornehme, steht mit den bürgerlichrechtlichen Auslegungsgrundsätzen in Einklang. Daraus ergibt sich aber auch, dass die Beklagte das von den Klägern ausdrücklich gewünschte Anlagegeschäft abschließen durfte.

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