OGH 7Ob257/07f

OGH7Ob257/07f7.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred E*****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 30. August 2007, GZ 2 R 41/07y-19, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 12. Jänner 2007, GZ 9 Cg 9/06h-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 875,34 EUR (darin enthalten 145,89 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat in verschiedenen Spielbanken der C***** AG in den Jahren vor dem 10. 11. 2005 beträchtliche Geldbeträge verspielt. Mit einer an diesem Tag erhobenen, auf § 25 Abs 3 Glücksspielgesetz 1989 (GSpG) gestützten Klage (91 Cg 17/06p des Landesgerichts Salzburg) begehrt er von den C***** Zahlung von 360.000 EUR sA an Schadenersatz.

Zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Klägers besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag (Versicherungssumme 29.069,13 EUR), dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 1995) zugrunde liegen. Vom Versicherungsschutz ist (auch) der mitversicherte Kläger umfasst, dessen Ehefrau der Geltendmachung des Deckungsanspruchs zugestimmt hat.

Die hier maßgebenden Klauseln der ARB 1995 lauten wie folgt:

„Artikel 7:

Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen

...

1.13. aus Spiel- und Wettverträgen.

Artikel 19:

Schadenersatz- und Straf-Rechtsschutz für den Privat-, Berufs- und Betriebsbereich.

Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat-, Berufs- und Betriebsbereich.

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben

1.1. im Privatbereich

der Versicherungsnehmer, sein in häuslicher Gemeinschaft mit ihm lebender Ehegatte, ... für Versicherungsfälle, die den privaten Lebensbereich, also nicht den Berufs- oder Betriebsbereich oder eine sonstige Erwerbstätigkeit betreffen;

...

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst:

2.1. Schadenersatz-Rechtsschutz

für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens;

...

3. Was ist nicht versichert?

3.1. Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz-Bausteinen umfasst der Versicherungsschutz nicht:

...

3.1.3. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen sowie die Geltendmachung von Ansprüchen wegen bloßer Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen (versicherbar in Art 23);

Artikel 23:

Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz

Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat-, Berufs- und/oder Betriebsbereich.

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben:

1.1. Im Privatbereich:

Der Versicherungsnehmer, sein in häuslicher Gemeinschaft mit ihm lebender Ehegatte ...

...

2. Was ist versichert?

2.1. Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Vericherungsnehmers über bewegliche Sachen sowie aus Reparatur- und sonstigen Werkverträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen.

Als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen gilt auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen bloßer Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen."

Mit der vorliegenden Deckungsklage begehrt der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, ihm Deckungsschutz für den eingangs angeführten Versicherungsfall zu gewähren. Er mache einen deliktischen, nach Art 19 Punkt 2.1. ARB 1995 gedeckten Schadenersatzanspruch aufgrund der gesetzlichen Haftpflichtbestimmung des § 25 Abs 3 GSpG wegen eines erlittenen Vermögensschadens gegen die C***** AG geltend. Die Ausschlussklausel des Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995 beschränke sich auf vertragliche Ansprüche aus Spiel- und Wettverträgen (also insbesondere die Einklagung von zugesagten - erlaubten Spielgewinnen), nicht aber auf sonstige gesetzlich normierte Haftpflichtansprüche. Ein Mitverschulden werde nach der Judikatur zu § 25 Abs 3 GSpG nur in Ausnahmefällen in Anrechnung gebracht, wenn Spieler gegenüber der Spielbank falsche Angaben machten; die bloße Teilnahme des Spielers am Glücksspiel werde hingegen nicht als zur Begründung eines Mitverschuldens ausreichend angesehen.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Der Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die C***** AG sei „unmittelbare Folge" der Glücksspielverträge, weshalb der Ausschlussgrund nach Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995 vorliege. Ob er die Haftung ex contractu oder ex delicto geltend mache, sei ohne Bedeutung. Der Kläger habe seine gegenüber der C***** AG geltend gemachten Schadenersatzansprüche nicht um sein eigenes Verschulden von zumindest 50 % gekürzt. Deshalb sei seine Klage im Ausmaß von 50 % unberechtigt und aussichtslos. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, eine Deckungszusage zur Geltendmachung von aussichtslosen Ansprüchen zu gewähren. Außerdem seien vom Versicherungsschutz gemäß Art 7 Punkt 2.5. ARB 1995 jene Versicherungsfälle ausgeschlossen, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt habe. Der Kläger habe im vollen Bewusstsein gegen die Rechtspflicht verstoßen, sich selbst und seine Geldgeber nicht zu schädigen, über Jahre hinweg „Geld verspielt" und daher den Schaden adäquat kausal herbeigeführt. Er habe den Eintritt des Versicherungsfalls ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass sein Verhalten zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen und somit zur Entstehung von Rechtsanwaltskosten führe.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte unter anderem noch fest, dass sich der Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung dieses Verfahrens mit der C***** AG zu 91 Cg 17/06p des Landesgerichts Salzburg außergerichtlich geeinigt habe, weshalb im dortigen Verfahren am 18. 10. 2006 Ruhen eingetreten sei. In rechtlicher Hinsicht vertrat es - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - die Auffassung, der Kläger stütze seinen Anspruch auf den so genannten Schadenersatz-Rechtsschutz (Art 19 ARB), was schon deshalb „ausgeschlossen" sei, weil Art 19 Punkt 3.1.3. ARB die Geltendmachung von Ansprüchen aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten im Schadenersatz-Rechtsschutz ausschließe und derartige Ansprüche ausdrücklich in den Vertags-Rechtsschutz überweise. Beim Besuch einer Spielbank handle es sich um ein mit Bezahlung des Eintrittsgelds abgeschlossenes Vertragsverhältnis. Art 25 Abs 3 GSpG idF vor dem 21. 8. 2003 normiere gewisse „vorvertragliche Schutzpflichten". Es handle sich somit um einen Fall des Vertrags-Rechtsschutzes gemäß Art 23 ARB 1995, von dem allerdings nur Verträge über bewegliche Sachen und Reparatur- und sonstige Werkverträge über unbewegliche Sachen umfasst seien. Ein mit der Spielbank abgeschlossener Vertrag über die Teilnahme an Spielen falle nicht darunter. Darüber hinaus gelte auch der allgemeine Ausschlussgrund des Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995. Wenn der Kläger behaupte, er hätte nicht zum Spiel zugelassen werden dürfen, gehe es in Wahrheit um die Frage der Einhaltung der vorvertraglichen Schutzpflicht durch die Spielbank. Mit dieser Frage wolle der Kläger rechtliche Interessen „aus" mit der C***** AG eingegangenen Verträgen wahrnehmen.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger in seinem mit Schadens-Nr. bezeichneten Schadensfall, aufgrund und im Umfang des zwischen seiner Gattin und der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrags, insbesondere im Zusammenhang mit dem zu 6 Cg 209/05d des Landesgerichts Innsbruck eingeleiteten und zu 91 C 17/06p des Landesgerichts Salzburg fortgeführten Gerichtsverfahren (Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber der C***** AG für den Zeitraum von drei Jahren vor Klagseinbringung) Deckungsschutz zu gewähren.

Der Kläger begehre von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für ein Zahlungsbegehren, mit dem er einen bloßen Vermögensschaden einklage, dessen Verursachung nach herrschender Auffassung nur dann ersatzpflichtig mache, wenn eine vorwerfbare Verletzung eines Vertrags oder eines Schutzgesetzes im Sinn des § 1311 ABGB oder ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers vorliege oder sich die Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens sonst aus der Rechtsordnung, unmittelbar aufgrund des Gesetzes, ableiten lasse (1 Ob 214/98x = SZ 72/4 mwN). In dieser Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof zu einem gleichgelagerten Sachverhalt zum Ausdruck gebracht, dass von den genannten (alternativen) Voraussetzungen nur eine Schutzgesetzverletzung in Frage komme. In Abkehr von der bis dahin zu § 24 Abs 3 GSpG 1962 vertretenen Ansicht beurteile er seitdem (vgl RIS-Justiz RS0111940) die Nachfolgebestimmung des § 25 Abs 3 GSpG 1989 als Schutzgesetz im Sinn des § 1311 ABGB, das den Spieler vor den Gefahren existenzgefährdenden (pathologischen) Glücksspiels schützen solle. Die Spielbank sei demnach verpflichtet, dem Spieler die Teilnahme am Spiel bei Vorliegen der in der genannten, mehrfach novellierten Bestimmung definierten Voraussetzungen entweder gänzlich zu versagen oder sie einzuschränken. In der Entscheidung 1 Ob 214/98x habe der Oberste Gerichtshof sich auch mit der Frage der Rückforderbarkeit des Spielverlusts wegen Nichtigkeit des Spielvertrags nach § 879 Abs 1 und § 877 ABGB befasst und ausgesprochen, dass die in einer Spielbank regelmäßig zwischen der Spielbank und dem Spieler geschlossenen Glücksspielverträge nicht nur nicht verboten, sondern auch durch das Gesetz, wohl nicht zuletzt aus fiskalischen Gründen, ausdrücklich erlaubt und daher nicht sittenwidrig seien, weshalb der betroffene Spieler neben seinem Schadenersatzanspruch keinen eigenen Anspruch auf Rückabwicklung des (Glücks-)Spiels habe. Für den vorliegenden Fall ergebe sich daraus, dass der Schadenersatzanspruch des Spielers wegen Verletzung des Schutzgesetzes des § 25 Abs 3 GSpG 1989 kein vertraglicher Anspruch sei.

Art 7 Punkt 1.13. der ARB 1995 der Beklagten sei ident mit § 4 Abs 1 lit g dARB 75, wobei nach deutscher herrschender Meinung dieser Ausschluss insoweit nicht greife, als Ansprüche aus unerlaubter Handlung mit (angeblichen) vertraglichen Ansprüchen konkurrierten (Prölls/Martin VVG27 § 4 ARB 75 Rz 10). Im Unterschied dazu verlange § 3 dARB 94 nicht [mehr], dass „rechtliche Interessen aus Spiel- oder Wettverträgen" wahrgenommen würden, sondern lasse einen „ursächlichen Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen" genügen; das bedeute, dass § 3 Abs 2 lit f dARB 94 auch die Geltendmachung von Ansprüchen aus Delikten ausschließe, die mit dem Abschluss eines Spiel- oder Wettvertrags zusammenhingen (Prölls/Martin aaO § 3 ARB 94 Rz 14).

Art 19 Punkt 2.1. ARB 1995 entspreche den Musterbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung. Dazu werde von Waldeck (S 181) und Dunst (S 163) in den von Kronsteiner/Lafenthaler im Auftrag der Sektion für Rechtsschutz-Versicherung des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs herausgegebenen Erläuterungen festgehalten, dass unter gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen Rechtsnormen zu verstehen seien, „die unabhängig vom Willen der Beteiligten an ein Schadensereignis gewisse Rechtsfolgen knüpfen".

Nach diesen rechtlichen Erwägungen erweise sich der Standpunkt des Klägers, dass die gerichtliche Verfolgung seiner Schadenersatzansprüche gegen die Spielbank unter den Schadenersatz-Rechtsschutz des Art 19 ARB 1995 fielen und es sich dabei um keinen vertraglichen Anspruch handle, für den der Risikoausschluss des Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995 gelte, als zutreffend.

Im vorliegenden Rechtsstreit sei die Verhandlung am 12. 7. 2006 geschlossen worden. Da die Entscheidung aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ergehe, sei die im Sachverhalt des Erstgerichts getroffene Feststellung, wonach im Schadenersatzprozess des Klägers gegen die C***** AG am 18. 10. 2006 infolge außergerichtlicher Einigung der Parteien des Verfahrens 91 Cg 17/06p des Landesgerichts Salzburg „Ruhen" eingetreten sei, ebenso unbeachtlich wie die darauf aufgebauten Überlegungen der Beklagten in der Berufungsbeantwortung. Auf den Mitverschuldenseinwand komme die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung nicht zurück. Dennoch sei dazu festgehalten, dass dieser Einwand in erster Instanz unsubstantiiert geblieben sei. Wie der Kläger in erster Instanz zutreffend aufgezeigt habe, begründe die Tatsache der Teilnahme am Glücksspiel für sich allein nach der Rechtsprechung kein Mitverschulden des Spielers (RIS-Justiz RS0117007).

Die (weitere) Argumentation der Beklagten, es sei der Leistungsausschluss gemäß Art 7 Punkt 2.5. ARB 1995 gegeben, weil der Kläger im vollen Bewusstsein gegen die Rechtspflicht verstoßen habe, sich selbst und seine Geldgeber nicht zu schädigen, er habe über Jahre hinweg bewusst „Geld verspielt" und daher den Schaden adäquat kausal vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt, sei nicht nachvollziehbar: Handle es sich doch bei dem aus den Spielverlusten des Klägers resultierenden Schaden um ein anderes Rechtsgut als den in Art 7 Punkt 2.5. ARB 1995 gemeinten Versicherungsfall. Dass der Kläger „Geld verspielt" hätte, um im Rahmen der Rechtsschutzdeckung der Beklagten einen Schadenersatzprozess gegen die Spielbank zu führen, sei nicht anzunehmen. Das Urteil sei daher im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nach § 502 Abs 1 ZPO lägen vor, weil der Frage, ob Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des Schutzgesetzes des § 25 Abs 3 GSpG unter den Risikoausschluss des Art 7 Punkt 1.13. der ARB 1995 fielen, über diesen Rechtsstreit hinaus Bedeutung zukomme.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Rechtsmittelgegner die angebliche Unzulässigkeit der Revision damit beründet, der Entscheidungsgegenstand sei vom Berufungsgericht mit 25.000 EUR bewertet worden, obwohl er nur mit 15.000 EUR hätte bewerten dürfen, ist darauf schon angesichts des Zulassungsausspruchs nicht weiter einzugehen. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO wäre die Revision nämlich nur dann jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigen würde und das Berufungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt hätte.

Dem Kläger ist aber auch dahin nicht zu folgen, dass hier (im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Versicherungsbedingungen der einzelnen Versicherer und die Einzelfallbezogenheit der Entscheidung über den Risikoausschluss, aber auch wegen der zum GSpG ergangenen Novelle 2005, womit die Möglichkeiten zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber der C***** AG weitgehend eingeschränkt worden seien) die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht vorlägen.

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof auch zur Auslegung von AGB-Klauseln nicht „jedenfalls", sondern nur dann berufen ist, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 87 mwN). Die Auslegung von Versicherungsbedingungen, die - wie hier - bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen waren, stellt jedoch grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage dar (7 Ob 85/07m [betreffend ARB-Klauseln]). Nach ständiger Rechtsprechung würde dies nur dann nicht gelten, wenn die betreffende Bestimmung so eindeutig wäre, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht käme (RIS-Justiz RS0121516). Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Die Revision ist somit zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Beklagte hält auch im Revisionsverfahren daran fest, Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des § 25 Abs 3 GSpG fielen unter den Risikoausschluss nach Art 7 Punkt 1. 13. ARB 1995. Auch der Leistungsausschluss nach Art 7 Punkt 2. 5. ARB 1995 sei zu bejahen, weil der Kläger im vollen Bewusstsein gegen die Rechtspflicht verstoßen habe, sich selbst und seine Geldgeber nicht zu schädigen. Die (gegenteilige) Beantwortung dieser - vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschiedenen - Fragen durch das Berufungsgericht sei unbefriedigend und unrichtig. Es könne nicht angehen, dass jemand über Jahre hinweg „bewusst" Geld verspiele, dadurch „vorsätzlich" den Versicherungsfall herbeiführe und schließlich mit Rechtsschutzdeckung Schadenersatzansprüche geltend machen wolle.

Da die Entscheidung des Berufungsgerichts vom Obersten Gerichtshof bestätigt wird und dieser die Begründung des Berufungsgerichts für zutreffend erachtet, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz zu erwidern:

Die Revisionsbeantwortung hält den Rechtsmittelausführungen zutreffend entgegen, dass sich der Risikoausschluss nach Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995 nur auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen „aus Spiel- und Wettverträgen" beschränkt und daher nicht auch sonstige Ansprüche etwa solche „im Zusammenhang" mit derartigen Verträgen und schon gar nicht außervertragliche (deliktische) Ansprüche umfasst. Richtig ist auch, dass der Kläger keine Ersatzansprüche aus dem jeweils mit der C***** AG abgeschlossenen Vertrag geltend macht; die Anspruchsgrundlage wird in der eingangs genannten Klage vielmehr darin erblickt, dass die Spielbank den Kläger vom Spiel gemäß § 25 Abs 3 GSpG hätte ausschließen müssen, sodass es zu einem Spielvertrag gar nicht hätte kommen können.

Insoweit folgt das Berufungsgericht der wiedergegebenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach § 25 Abs 3 GSpG (in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle 2005) ganz allgemein auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Spielers verweist, die eine Teilnahme am Spiel nicht oder nur in beschränktem Ausmaß gestatten (ohne diesen unbestimmten Gesetzesbegriff näher zu konkretisieren) und die Spielbankleitung zu Besuchsverboten oder Besuchsbeschränkungen verpflichtet. Nach nunmehr ständiger Judikatur dient diese Bestimmung (auch) dem Schutz der Vermögensinteressen des einzelnen Spielers (RIS-Justiz RS0111940; RS0038376 [T1]). Der Spieler soll vor einem existenzbedrohenden, somit einem seine wirtschaftlichen und damit auch sozialen und familiären Grundlagen zerstörenden Spielverhalten geschützt werden (1 Ob 175/02w = SZ 2002/125; 6 Ob 244/04g; 2 Ob 136/06y).

Die bekämpfte Beurteilung steht aber auch mit der Entscheidung 7 Ob 2395/96y (= VersR 1997, 1515 = VR 1998, 27/453) in Einklang, die die Deckungspflicht eines Rechtsschutzversicherers nach Art 19 Punkt 2. 1. ARB 1988 (Schadenersatzrechtsschutz) in einem vergleichbaren Fall (Verletzung eines Schutzgesetzes) mit der Begründung bejahte, die Haftungsgrundlage eines Verfahrens geschädigter Gesellschaftsgläubiger gegen die vormaligen Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei nicht ausschließlich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sondern ein deliktisches Verhalten der Geschäftsführer durch Verletzung eines Schutzgesetzes zugunsten aller Gesellschaftsgläubiger (RIS-Justiz RS0106152); in dieser Entscheidung wurde nämlich bereits Folgendes ausgesprochen:

„Gesetzliche Schadenersatzansprüche aus einer Vertragsverletzung können mit außervertraglichen Schadenersatzansprüchen, so zum Beispiel aus einer Schutzgesetzverletzung abgeleiteten konkurrieren. Im vorliegenden Fall liegt aber nur scheinbar eine solche Konkurrenz vor. Ohne das den Geschäftsführern der [dortigen] Firma ... vorgeworfene strafrechtlich verpönte Verhalten wäre es gar nicht zu einem Vertragsabschluss samt Leistung einer Anzahlung durch die Kläger gekommen, weil sie bei Kenntnis von der Insolvenz ihres Vertragspartners zweifellos davon Abstand genommen hätten. Keinesfalls basiert deshalb der gegen die Geschäftsführer gerichtete Schadenersatzanspruch ausschließlich auf der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung. Der Rechtsgrund des Anspruchs der Kläger liegt nur in einem äußeren Zusammenhang mit einem schuldrechtlichen Vertrag, hat aber selbst seine Rechtsgrundlage nicht in diesem Vertrag. Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, dass die Verfolgung des von den Klägern angestrengten, auf dem Gesetz beruhenden Schadenersatzanspruchs unter den Schadenersatzrechtsschutz für den Privatbereich fällt."

Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten.

Hier führt nämlich auch die Revisionswerberin selbst zu § 25 Abs 3 GSpG aus, diese Bestimmung regle „eindeutig vorvertragliche Pflichten". Damit entzieht die Revision ihrer eigenen Argumentation, der Kläger mache rechtliche Interessen aus Spiel- und Wettverträgen geltend, aber selbst die Grundlage und räumt im Ergebnis sogar ein, dass der Anspruch des Klägers gegen die Spielbank eben nicht auf Rückforderung des „verspielten" Geldes (Rückabwicklung des Glücksspiels) gerichtet ist, sondern darauf, Schadenersatz aufgrund der - vom Berufungsgericht keineswegs nur „konstruierten" - Haftung für die Verletzung des Schutzgesetzes des § 25 Abs 3 GSpG, zu erlangen.

Die Klärung der Frage, ob die C***** AG ein Verschulden wegen „vorvertraglicher" Schutzgesetzverletzung nach der zitierten Bestimmung trifft, fällt daher - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht unter den Leistungsausschluss des Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995. Es ist vielmehr die Beurteilung des Berufungsgerichts zu billigen, dass hier keine Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Spiel- und Wettverträgen vorliegt, die dem genannten Risikoausschluss zuzuordnen ist:

Wird doch auch nach der Formulierung dieser Ausschlussklausel - wie bereits ausgeführt - nicht auf einen (bloßen) äußeren „Zusammenhang" der verfolgten Ansprüche mit Spiel- und Wettverträgen abgestellt, sondern darauf, dass es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen „aus" derartigen Verträgen geht. Schon angesichts dieses Wortlauts trifft also - jedenfalls im Zweifel (nämlich schon deshalb, weil Allgemeine Versicherungsbedingungen nach ständiger Rechtsprechung zu Lasten des Versicherers auszulegen sind [RIS-Justiz RS0112256]) - die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung zu. Daher reicht es aber - entgegen dem Standpunkt der Beklagten - für einen Ausschluss vom Versicherungsschutz nach Art 7 Punkt 1.13. ARB 1995 nicht aus, dass der auf der Verletzung von Schutzpflichten nach § 25 Abs 3 GSpG beruhende Schadenersatzanspruch - wie die Beklagte meint - „unmittelbare Folge" der vom Kläger abgeschlossenen Glücksspielverträge war.

Die in diesem Zusammenhang (nunmehr) ins Treffen geführte Klausel des Art 19 Punkt 3.1.3. ARB 1995 (der ausspricht, dass der „Schadenersatz-Rechtsschutz" - zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutzbausteinen [Punkt 3.1.] - die Geltendmachung von Ansprüchen wegen bloßer Vermögensschäden, die aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen, nicht umfasst, derartige Ansprüche aber gleichzeitig als „in Art 23 versicherbar" bezeichnet) wird dem Klagebegehren erstmals in der Revision entgegengehalten; die Rechtsmittelwerberin verstößt damit gegen das Neuerungsverbot, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Dass die Beklagte in erster Instanz offenbar deshalb keine diesbezügliche Einwendung erhoben hat, weil solche Ansprüche in ihren Versicherungsbedingungen (wenn auch im Bereich des „Vertrags-Rechtsschutzes"), und zwar im Art 23 Punkt 2.1. ARB 1995, ohnehin ausdrücklich als „vom Versicherungsschutz umfasst" angeführt sind („gilt" doch nach Abs 2 dieser Bestimmung „auch" die Geltendmachung derartiger Ansprüche „als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen"), sei angesichts der (auch) insoweit korrekturbedürftigen Beurteilung des Erstgerichts aber noch festgehalten.

Was hingegen den in den Revisionsausführungen auch noch angesprochenen Leistungsausschluss nach Art 7 Punkt 2.5. ARB und die angeblich infolge Mitverschuldens eingeschränkte Deckung betrifft, fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Versicherungsfall „vorsätzlich und rechtswidrig" herbeigeführt hätte, oder dass ihm ein (nach der Rechtsprechung als erheblich zu qualifizierendes [vgl RIS-Justiz RS0117007 = 1 Ob 52/04k]) Mitverschulden anzulasten wäre. Von den im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbaren Feststellungen der Tatsacheninstanzen ausgehend stellen sich die in diesem Zusammenhang angesprochenen Fragen somit gar nicht.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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