OGH 7Ob85/07m

OGH7Ob85/07m9.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Linke Wienzeile 18, 1060 Wien, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei D*****AG, *****, vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 28.152,62, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2006, GZ 4 R 204/06h-18, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. Juli 2006, GZ 11 Cg 11/06i-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.440,72 (darin enthalten EUR 240,12 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem zwischen Ing. Herbert W***** und der Beklagten bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag (Versicherungsbeginn: 29. 12. 2000; versichertes Risiko: Rechtsschutz mit Verkehrsbereich, für Grundstückseigentum und Miete) liegen die allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 2000 (im Folgenden: ARB) zugrunde. Deren Art 11 Punkt 1. enthält folgende Bestimmung:

Versicherungsansprüche können erst abgetreten oder verpfändet werden, wenn sie dem Grunde oder der Höhe nach endgültig festgestellt sind."

Allfällige Ansprüche des Versicherungsnehmers aus diesem Versicherungsvertrag stehen der Höhe nach (bisher) nicht fest.

Mit der vorliegenden Deckungsklage begehrt der Kläger, der gemäß § 29 KSchG zur Erhebung von Verbandsklagen legitimiert ist, zuletzt EUR 28.152,62 sA. Infolge ungerechtfertigter Deckungsablehnung der Beklagten (hinsichtlich der vom Kläger im Einzelnen angeführten Schadensfälle) seien ihrem Versicherungsnehmer (Rechtsverfolgungs-)Kosten in Höhe der Klageforderung entstanden, die er wirksam an den Kläger zur klageweisen Geltendmachung abgetreten habe. Art 11 Punkt 1. ARB sei auf die Zession an den Kläger (dessen Aufgabe der Verbraucherschutz - auch durch die streitwertunabhängige Führung von Musterprozessen - sei) wegen gröblicher Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB nicht anwendbar.

Die Beklagte beantragte kostenpflichtige Klageabweisung. Sie wendete unter anderem mangelnde Aktivlegitimation des Klägers ein. Nach Art 11 Punkt 1. ARB sei die Abtretung unzulässig und daher nicht wirksam. Die Klausel solle sicherstellen, dass sich der Versicherer nicht mit anderen Personen als mit seinem Vertragspartner über die Abwicklung des Anspruches auseinandersetzen müsse und sei daher sachlich gerechtfertigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren - ohne Durchführung eines Beweisverfahrens - ab. Allfällige Ansprüche des Versicherungsnehmers könnten schon im Hinblick auf das in den AGB vereinbarte Zessionsverbot nicht durch den Kläger geltend gemacht werden; ein vertraglich vereinbartes Zessionsverbot oder eine Zessionseinschränkung wirke nämlich auch gegenüber dem Zessionar. Der Kläger könne sich zur Rechtsunwirksamkeit des Zessionsverbotes nicht auf § 1396a ABGB, der erst nach der Vereinbarung in Kraft getreten sei, berufen. Auch die behauptete Nichtigkeit des Abtretungsverbotes liege nicht vor, weil es den Versicherungsnehmer nicht gemäß § 879 ABGB „gröblich benachteilige". Dass der Kläger eine zu berufsmäßigen Vertretung von Konsumenten errichtete Institution sei, habe auf die Gültigkeit des Zessionsverbotes ebenfalls keinen Einfluss.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stehe es den Vertragsparteien aufgrund ihrer Privatautonomie frei, die Abtretbarkeit von Forderungen auszuschließen, wobei die dazu abgeschlossene Vereinbarung grundsätzlich zulässig und Dritten gegenüber wirksam sei. Dies gelte auch für ein in Versicherungsbedingungen vereinbartes Abtretungsverbot (ZVR 1985/133).

Nach Ertl sei sich die neuere Lehre - unabhängig von der Frage der absoluten oder nur relativen Wirkung des vertraglich vereinbarten Abtretungsverbotes - [zwar] „aus guten Gründen" darin einig, dass ein in AGB enthaltenes Zessionsverbot grundsätzlich im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB als „gröblich benachteiligend" sittenwidrig sei, während ein individuell ausgehandeltes grundsätzlich als unbedenklich angesehen werde. Ertl beziehe sich dabei aber auf Autoren, die vor allem die Refinanzierungsmöglichkeiten klein- und mittelständischer Unternehmen im Auge hätten, wenn sie - im Rahmen der nach der Rechtsprechung durchzuführenden Interessenabwägung (insb JBl 1983, 534 [Bydlinski]; SZ 57/41 ua) - gegenüber dem Schuldnerinteresse am Abtretungsverbot dem Interesse des Gläubigers, der sich durch Verwertung der Forderung Liquidität verschaffen wolle, größeres Gewicht zubilligten.

Gerade dieser Problematik habe der Gesetzgeber [jedoch] mit dem - aufgrund des ZessRÄG am 1. 6. 2005 in Kraft getretenen - § 1396a ABGB Rechnung getragen: Eine Vereinbarung, dass eine Geldforderung zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften nicht abgetreten werden dürfe, sei nunmehr nur dann verbindlich, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt worden sei und den Gläubiger unter Berücksichtigung aller Umstände dieses Falles nicht gröblich benachteilige. Auch ein solches Zessionsverbot stehe der Wirksamkeit einer Abtretung aber nicht entgegen; sobald die Abtretung und der Übernehmer dem Schuldner bekannt gemacht worden sei, könne dieser nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an den Überträger leisten, es sei denn, dass ihm dabei leichte Fahrlässigkeit zur Last falle.

Dazu führten die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das ZessRÄG aus, vertragliche Zessionsverbote, die nach geltendem Recht absolut wirkten, entzögen dem Wirtschaftsverkehr einen beträchtlichen Teil der Geldforderungen. Vielen Unternehmern und vor allem kleinen und mittleren Betrieben werde die Möglichkeit der Kreditbesicherung durch die Abtretung von Forderungen genommen. Inhalt und Ziel sei es, vertragliche Zessionsverbote - soweit sie Geldforderungen zwischen Unternehmern beträfen - nur mehr dann mit Wirksamkeit zu versehen, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt worden seien und den Gläubiger nicht gröblich benachteiligten. In anderen privatrechtlichen Bereichen scheine kein Bedarf für eine Regelung zur Einschränkung von Zessionsverboten zu bestehen, weil dort derartige Vereinbarungen nicht üblich seien.

Damit sei nicht nur das Argument des Klägers widerlegt, der Gesetzgeber gehe ohnehin davon aus, in AGB vereinbarte Abtretungsverbote seien gegenüber Verbrauchern schon bisher grundsätzlich im Sinne des § 879 ABGB als gröblich benachteiligend sittenwidrig. Es gehe vielmehr auch der Gesetzgeber - entgegen der bisher in der Lehre vorherrschenden Auffassung - im Sinn der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes von der (sonst) absoluten Wirkung eines Abtretungsverbotes aus.

Die Bedeutung des ZessRÄG für die vorliegende Frage gehe aber noch weiter. Gerade die bewusste Beschränkung der Wirksamkeit vertraglicher Zessionsverbote auf Geldforderungen zwischen Unternehmen stehe einer grundsätzlichen Beurteilung von Zessionsverboten in AGB als gröblich benachteiligend und damit sittenwidrig im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB entgegen: Wenn der Gesetzgeber die Neuregelung nicht zum Anlass einer weitergehenden Regelung genommen habe, bringe dies nämlich zum Ausdruck, dass er die Bedenken des Klägers gegen Zessionsverbote in AGB in anderen Bereichen nicht teile.

Eine gröbliche Benachteiligung des Gläubigers durch ein Abtretungsverbot könne auch nicht durch das Interesse an der Vermeidung des Prozesskostenrisikos begründet werden. Diesen wirtschaftlichen Zweck könnte der Versicherungsnehmer nämlich auch ohne Abtretung der Forderung durch eine entsprechende Vereinbarung über die Prozesskostenübernahme mit einem Dritten - etwa einer anderen Versicherung, einem klagslegitimierten Verband im Sinn des § 29 KSchG oder einer sonstigen Verbraucherschutzorganisation etc - erzielen. Die Forderungsabtretung sei dadurch weder notwendig noch die einzige Möglichkeit zur Vermeidung des Prozesskostenrisikos.

Aus der Sonderstellung des Klägers als Verband im Sinn des § 29 KSchG sei ebenfalls keine zwingend vorgesehene Abtretungsmöglichkeit, die einem vertraglichen Abtretungsverbot vorgehen würde, abzuleiten. Richtig sei, dass § 55 Abs 4 JN idF vor der ZVN 2004 dazu gedient habe, die streitwertunabhängige Führung von „Musterprozessen" zu ermöglichen, wobei dieser Zweck nunmehr durch die Ausnahme von der Revisionsbeschränkung gemäß § 502 Abs 5 Z 3 ZPO erreicht werde. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass ein Verbraucher zwingend die Möglichkeit haben müsse, seine Ansprüche einem klagslegitimierten Verband im Sinne des § 29 KSchG abzutreten. Einerseits liege nämlich das Interesse, einen „Musterprozess" zu führen, beim klagslegitimierten Verband und nicht beim einzelnen Verbraucher; andererseits sei auch hier gerade die Tatsache, dass der Gesetzgeber im Rahmen des KSchG keine entsprechende Regelung getroffen habe (zB im Rahmen des § 6 Abs 2 KSchG) ein starkes Indiz dafür, dass es ihm fern liege, die Möglichkeit der Abtretung eines Anspruches an einen in § 29 KSchG genannten Verband für zwingend zu erachten. Die hier geltend gemachten Deckungsansprüche sprächen im Übrigen gerade nicht für einen Musterprozess.

Die Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil die Frage der Wirksamkeit eines in AGB vereinbarten Abtretungsverbotes grundsätzliche Bedeutung habe, dazu - außer der zitierten Entscheidung (ZVR 1985/133) - keine Judikatur vorliege und die Abtretung an einen klagslegitimierten Verband im Sinn des § 29 KSchG überhaupt noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochten Urteil aufzuheben und dem Berufungsgericht (oder dem Erstgericht) die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben. Sie weist darauf hin, dass der Kläger als Zessionar „Individualansprüche" geltend mache und daher nichts auf einen „Musterprozess" hindeute.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof auch zur Auslegung von AGB-Klauseln nicht „jedenfalls", sondern nur dann berufen ist, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 87 mwN). Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, dass die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmter Geschäftsbranchen, welche regelmäßig für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung sind, eine erhebliche Rechtsfrage darstellt, sofern solche Klauseln - wie hier - bisher vom Obersten Gerichtshof auch noch nicht zu beurteilen waren (RIS-Justiz RS0121516; 2 Ob 142/06f mwN).

Die Revision ist daher aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionswerber kann zunächst auf die zutreffende Begründung des Berufungsurteils verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO), die wie folgt zu ergänzen ist:

Der Kläger beruft sich im Revisionsverfahren vor allem darauf, dem Berufungsgericht sei die Entscheidung 7 Ob 201/05t offenbar noch nicht bekannt gewesen; „insofern" weiche es von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab (vgl dazu auch VRInfo 2007 H 3, 5).

In dieser Entscheidung hat der erkennende Senat im Rahmen einer Verbandsklage nach §§ 28 ff KSchG unter anderem auch zur Zulässigkeit einer in den AGB eines Elektrohandelsunternehmens enthaltenen Klausel, mit der die Abtretung von Ansprüchen gegen dieses Unternehmen an Dritte für den Kunden „ausgeschlossen" wurde, Stellung genommen und dazu Folgendes ausgesprochen:

„In diesem Zusammenhang vermisst die Revision die Berücksichtigung sachlicher Rechtfertigungsgründe durch die Vorinstanzen. Diese haben sich aber mit den dazu vorgetragenen Argumenten ohnehin befasst und eine sachliche Rechtfertigung verneint. Eine Fehlbeurteilung kann darin schon deshalb nicht erblickt werden, weil mit dieser Klausel - wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt - auch eine Abtretung von Ansprüchen zur Geltendmachung an einen in § 29 KSchG genannten Verband verhindert würde. Die Auffassung, dass ein Zessionsverbot schon unter diesem Aspekt (auch im Sinne des allgemeinen Schutzes von Verbraucherinteressen) sachlich nicht gerechtfertigt erscheint, ist nicht zu beanstanden."

Bereits zu einer anderen, mit lit c) bezeichneten Klausel ist dort - wie die Revision zutreffend aufzeigt - aber auch festgehalten, dass durch § 879 Abs 3 ABGB ein eine objektive Äquivalenzstörung und „verdünnte Willensfreiheit" berücksichtigendes „bewegliches System" geschaffen wurde (RIS-Justiz RS0016914), und dass ein Abweichen vom dispositiven Recht unter Umständen (schon) dann eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB sein kann, wenn sich für die Abweichung „keine sachliche Rechtfertigung" ergibt.

Die zitierte Entscheidung ist mit dem vorliegenden Fall jedoch nicht vergleichbar:

Hier ist nämlich weder über eine nach den besonderen Grundsätzen der §§ 28 ff KSchG zu beurteilende Verbandsklage (vgl Eccher in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 28 KSchG Rz 9; Krejci in Rummel³ II/4 § 28 - 30 KSchG Rz 15; Apathy/Riedler in Schwimann³ IV § 879 ABGB Rz 38 und Apathy in Schwimann³ V §§ 28 - 30 KSchG Rz 12 [zu dem besonderen Beurteilungsmaßstab, der dabei jeweils einzuhalten ist]) zu entscheiden, noch über eine in den AGB eines Handelsbetriebes enthaltene Klausel der genannten Art:

Der im vorliegenden Individualstreit (Eccher aaO) maßgebende Art 11 Punkt 1. ARB schließt eine Abtretung von „Versicherungsansprüchen" nämlich gar nicht generell aus; er beschränkt deren Abtretbarkeit vielmehr insoweit, als die Zession erst dann zulässig ist, wenn die Ansprüche dem Grunde oder der Höhe nach endgültig festgestellt sind.

Außerdem entgeht dem Revisionswerber, dass der Oberste Gerichtshof Zessionsbeschränkungen, die in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) enthalten sind, bereits wiederholt als zulässig beurteilt hat (RIS-Justiz RS0011319 [T2]):

Dient doch das Abtretungsverbot dem Interesse des Versicherers, weil verhindert wird, dass dem Versicherungsnehmer in einem vom Zessionar angestrengten Prozess die Stellung eines Zeugen zukommt (RIS-Justiz RS0032693), und dass über den Umweg der Abtretung Personen, die zur (direkten) Geltendmachung des Versicherungsanspruches nicht legitimiert sind, eine solche Legitimation erlangen (RIS-Justiz RS0081297; zu allem: 7 Ob 284/01t; vgl auch [zu der nur ausnahmsweise eingeräumten Möglichkeit eines geschädigten Dritten, eine Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers zu erheben]: Fenyves, Versicherungsvertragsrechtliche Grundfragen der Pflichthaftpflichtversicherung, VR 2005, 70 [74 und 78], der dazu ausführt, dass solche Versicherungen dort eingeführt wurden, wo der geschädigte Dritte nach Ansicht des Gesetzgebers besonders schutzwürdig ist und die seltenen Möglichkeiten einer Direktklage aufzählt).

Demgemäß wurde in diesem Zusammenhang auch zuletzt ausdrücklich ausgesprochen, dass die Abtretung des Versicherungsanspruches nach herrschender Ansicht grundsätzlich vertraglich ausgeschlossen werden kann und gegen die Zulässigkeit entsprechender Klauseln keine Bedenken bestehen (7 Ob 234/06x mit Hinweis auf Prölss in Prölss/Martin27 § 15 VVG Rn 8 mwN; vgl auch Römer in Römer/Langheid² § 15 VVG Rz 4 ff und Gruber in Berliner Kommentar § 15 VVG Rz 12 [jeweils zur Zulässigkeit und Wirksamkeit von Abtretungsausschlüssen und -verboten in AVB]).

An dieser Ansicht, die die sachliche Rechtfertigung derartiger Zessionsverbote einhellig bejaht, ist festzuhalten. Es trifft daher nicht zu, dass die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwichen, wenn sie die Aktivlegitimation des Klägers verneinten.

Soweit sich die Revision aber auch auf einige Vertreter der Lehre beruft und weiterhin davon ausgeht, der Versicherungsnehmer werde - auch im konkreten Fall - durch das in Art 11 Punkt 1. ARB vereinbarte Zessionsverbot gröblich benachteiligt, weshalb die Klausel gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig sei, ist ihr Folgendes zu erwidern:

Schuhmacher gelangt bereits in seinem „Zur Wirksamkeit von Abtretungsverboten in Einkaufs- und Auftragsbedingungen" verfassten Artikel (wbl 1993, 279 [286 f]) zu dem Ergebnis, Zessionsverbote seien zwar eine Abweichung vom dispositiven Recht, weil die §§ 1392 ff ABGB von der Abtretbarkeit einer Forderung ohne Zustimmung des Schuldners ausgingen; es könne aber - wie die Darstellung der Interessen des Schuldners ergebe - „gewiss nicht" gesagt werden, dass es für Abtretungsverbote keine sachliche Rechtfertigung gebe. Ausschlaggebend für die Beurteilung müsse daher die vom Obersten Gerichtshof geforderte Interessenabwägung sein, wobei Abtretungsverbote jedenfalls dann grundsätzlich als „gröblich benachteiligend" im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB qualifiziert werden müssten, wenn es für die Schuldner andere Möglichkeiten gebe, ihre legitimen Interessen auf eine die Gläubiger „schonendere Art und Weise" zu wahren.

Auch P. Bydlinski/Vollmaier (Die gesetzliche Entschärfung vertraglicher Abtretungsverbote und Abtretungsausschlüsse [§ 1396a ABGB], JBl 2006, 205 [225 f]) haben jüngst einen ähnlichen Standpunkt vertreten und Folgendes ausgeführt: „Ebenso wenig können entsprechende AGB-Klauseln automatisch als unwirksam angesehen werden. Den Verbraucher tatsächlich grob benachteiligende, insbesondere finanziell knebelnde, Beschränkungsvereinbarungen sind aber nach allgemeinen Regeln nichtig und daher unbeachtlich. Auch im Rahmen der allgemeinen Sittenwidrigkeitsprüfung nach § 879 Abs 1 bzw 3 ABGB hat eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden, ... Nicht zuletzt soll auch das Vorhandensein rechtsgeschäftlicher Alternativen, die den Gläubiger weniger stark belasten als ein Nichtabtretungspakt, die aber dem Schuldner einen gleichwertigen Schutz bieten, in die im Sinne eines beweglichen Systems vorzunehmende Abwägung einfließen." Die Genannten kommen dabei zu dem Ergebnis, „im Regelfall" werde „die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes bzw -ausschlusses zu Lasten eines Konsumenten zulässig sein, selbst wenn das pactum de non cedendo bloß in den AGB des Schuldners enthalten ist".

Dies entspricht im Ergebnis auch der Einschätzung von Lukas (Das vertragliche Zessionsverbot de lege ferenda, ÖBA 2004, 755 [764] FN 78 f), wonach die Vereinbarung eines Zessionsverbots nur dann dem Sittenwidrigkeitsverdikt nach § 879 ABGB unterliege, wenn der Vergleich der betroffenen Gläubiger- und Schuldnerinteressen ein grobes Missverhältnis offenbare. Davon könne aber im Regelfall - selbst bei der „vertypten Ungleichgewichtslage" einer klauselartigen Vereinbarung - nicht ausgegangen werden, weil das Interesse des Schuldners an der Gläubigerkontinuität angesichts der Gefahren, welche eine Zession für den Schuldner zeitigen könne, durchaus beachtlich sei.

Der vorliegende Fall ist nun durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass es zum einen um die Abtretung von „Versicherungsansprüchen" (das Versicherungsverhältnis ist im besonderen Maß vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht [RIS-Justiz RS0018055]) geht und zum anderen die Zession nur insoweit ausgeschlossen wird, als die Ansprüche „dem Grunde und der Höhe nach noch nicht endgültig festgestellt" sind. Damit hat die Beklagte aber nicht nur eine „schonendere Art" der Interessenwahrung gewählt; die Interessenabwägung fällt vielmehr - schon aus den bereits dargestellten Überlegungen zur sachlichen Rechtfertigung derartiger, in AVB enthaltener Zessionsbeschränkungen - auch im vorliegenden Fall zugunsten des Versicherers aus: Ein grobes Missverhältnis zwischen den (rechtlich geschützten) Interessen der Beklagten und ihres Versicherungsnehmers kann nämlich nicht erblickt werden.

Von einer Nichtigkeit der hier maßgebenden Klausel infolge „gröblicher Benachteiligung" des Versicherungsnehmers im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB ist somit auch unter Berücksichtigung seines (im Hinblick auf die Kostenbelastung keineswegs unbeachtlichen) Interesses, Versicherungsansprüche - im Streitfall - an einen im § 29 KSchG genannten Verband zur klageweisen Geltendmachung abtreten zu können, nicht auszugehen.

Aus der Sonderstellung des Klägers als Verband nach § 29 KSchG, dem ein Anspruch zur Geltendmachung abgetreten werden kann, um im Sinne des § 55 Abs 4 JN aF und des § 502 Abs 5 Z 3 ZPO idgF streitwertunabhängig „Musterprozesse" führen zu können (Mayr in Rechberger³ § 55 JN Rz 5; Gitschthaler in Fasching² I § 55 JN Rz 39), ist für den gegenteiligen Standpunkt der Revision schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es im vorliegenden Verfahren nicht um eine Verbandsklage, aber auch nicht um eine Verbands-Musterklage (vgl zum letztgenannten, im Gesetz nicht vorgegebenen Begriff: Klauser, Modernes Gruppenverfahren kann allen Seiten nützen, AnwBl 2006, 267 [268] FN 12 und Rechberger, Verbandsklagen, Musterprozesse und „Sammelklagen", FS Welser, 871 [876 f) geht und der Streitwert bzw Entscheidungsgegenstand ohnehin EUR 20.000 übersteigt.

Die Frage, ob die Zessionsbeschränkung nach Art 11 Punkt 1. ARB andernfalls (also nach anderen konkreten Umständen, die im Zusammenhang mit der im Gesetz eigeräumten Möglichkeit der streitwertunabhängigen Führung von „Musterprozessen" [allenfalls] gegen eine sachliche Rechtfertigung dieser Klausel sprechen könnten) als gröbliche Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB zu qualifizieren wäre, stellt sich hier somit nicht; entgegen dem Standpunkt der Revision kommt es nämlich nicht darauf an, ob es „im Folgeverfahren" zu einer Streitwertreduktion kommen könnte, „sodass ein Rechtszug an den Obersten Gerichtshof ohne Einschaltung eines im § 29 KSchG genannten Verbands nicht mehr möglich wäre", sondern auf den aktuellen Streitwert.

Davon abgesehen hat sich die diesbezügliche Rechtslage durch die ZVN 2004 (nur) insoweit geändert, als das Rechtsmittelprivileg für Verbandsklagen gemäß § 502 Abs 5 Z 3 ZPO (der nach Art XVI Abs 2 BGBl I 2004/128 auf die nach dem 31. 12. 2004 beim Erstgericht eingelangte Klage anzuwenden ist) wie folgt erweitert wurde:

Konnten zuvor (nach dem fiktiven Streitwert des § 55 Abs 4 JN aF) nur „abgetretene Geldforderungen" Gegenstand derartiger Verbandsklagen sein, erstreckt sich die Anwendbarkeit des § 502 Abs 5 Z 3 ZPO nunmehr auf „alle abtretbaren Ansprüche" (ErläutRV 613 BlgNR 22. GP 1, 3 f, 7 f), deren Wahrnehmung in den Aufgabenbereich der im § 29 KSchG genannten Verbände fällt, um in solchen Angelegenheiten „Musterprozesse" zu führen (ErläutRV aaO 4, 7 f; Zechner in Fasching/Konecny² VI/1 § 502 ZPO Rz 200). Verbands-Musterklagen können also auch nach § 502 Abs 5 Z 3 ZPO (weiterhin) nur solche Ansprüche zum Gegenstand haben, die (rechtswirksam) abgetreten werden können (arg: ein in § 29 KSchG genannter Verband einen „ihm zur Geltendmachung abgetretenen Anspruch" klageweise geltend macht). Gerade diese Voraussetzung ist hier aber - angesichts der wirksamen Zessionsbeschränkung nach Art 11 Punkt 1. ARB, die einer derartigen Abtretung an den Kläger entgegensteht - nicht erfüllt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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