OGH 7Ob201/05t

OGH7Ob201/05t11.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, Prinz‑Eugen‑Straße 20‑22, 1041 Wien, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Klemm, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsstreitwert: EUR 20.454,55), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Mai 2005, GZ 15 R 190/04b‑14, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 2. Juli 2004, GZ 24 Cg 255/03w‑8, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2006:0070OB00201.05T.1211.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.126,62 (darin enthalten EUR 187,77 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Beklagte betreibt ein Handelsunternehmen. Sie tritt im Rahmen ihres Warenvertriebes im gesamten Bundesgebiet regelmäßig in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern. Hinsichtlich der hier zu beurteilenden, bis November 2003 verwendeten Geschäfts- und Lieferbedingungen wurde sie von der Klägerin mit Schreiben vom 4. 7. 2003 abgemahnt. Daraufhin gab die Beklagte am 17. 9. 2003 eine Unterlassungserklärung ab, in der sie sich unter Vereinbarung einer Konventionalstrafe zur Unterlassung der Verwendung eines Teiles der von der Klägerin beanstandeten Bestimmungen verpflichtete. Hinsichtlich der weiteren gerügten Klauseln war sie nicht dazu bereit. Dabei handelt es sich um folgende Klauseln (soweit nur hinsichtlich eines Teiles keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, ist dieser durch Fettdruck und Anführungszeichen hervorgehoben):

a) Mündliche Auskünfte und Zusagen oder Angaben in Prospekten, Preislisten, Anzeigen, Internet‑Seiten und Werbeaussagen, gleich welcher Art, insbesondere Beschreibungen, Abbildungen, Zeichnungen, Muster, Qualitäts‑, Beschaffenheits‑, Zusammensetzungs‑, Leistungs‑, Verbrauchs- und Verwendbarkeitsangaben zu Vertragswaren sind freibleibend „und stellen keine Zusicherung oder Garantiezusage, welcher Art auch immer dar", sofern sie nicht schriftlich ausdrücklich als verbindlich bezeichnet sind.

b) C***** behält sich die jederzeitige Änderung der in ihren Katalogen und sonstigen Werbeunterlagen enthaltenen Angaben ausdrücklich vor.

c) Im Fall eines Vertragsrückstritts findet eine gänzliche oder teilweise Rückerstattung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Zurückstellung der vom Kunden erhaltenen Ware/n sowie unter Anrechnung eines angemessenen Entgeltes für die Benützung, einschließlich einer Entschädigung für eine damit verbundene Minderung des Warenwertes, statt.

d) C***** ist zu Teillieferungen berechtigt.

e) Bestellungen, die C***** durch unmittelbare Lieferung ohne vorangehende Auftragsbestätigung annimmt, führt C***** zu ihren am Bestelltag geltenden Listenpreisen aus.

f) In den Preisen nicht eingeschlossen sind Kosten für Warenzustellung und/oder Serviceleistungen (zB Montage) sowie damit verbundene Versandspesen, Export- und Importabgaben und sonstige Nebenkosten; alle diese Kosten werden dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt, soweit nicht anders vereinbart.

g) Eine Abtretung von Ansprüchen gegen C***** an Dritte ist für den Kunden ausgeschlossen.

h) Für alle neuen Geräte und Waren gilt die gesetzliche Gewährleistungsfrist ab jeweiliger Übergabe, soweit nicht anders vereinbart. [Hinsichtlich dieser Klausel ist die Klageabweisung jedoch bereits rechtskräftig].

i) Der Kunde ist damit einverstanden, dass C***** ein zur Reparatur übernommenes Gerät auf Kosten des Kunden verwerten oder vernichten lassen kann, wenn der Kunde nicht längstens binnen 6 Monaten - bei geringwertigen Geräten (ca. bis EUR 80) binnen 3 Monaten - nach Erhalt des Kostenvoranschlages über die Reparaturkosten entweder einen Reparaturauftrag erteilt oder das Gerät in unrepariertem Zustand wieder abholt. Wird ein repariertes Gerät nicht abgeholt, ist C***** nach Ablauf von 6 Monaten - bei geringwertigen Geräten (ca. bis EUR 80) von 3 Monaten - ab vereinbartem Abholtermin berechtigt, dieses auf Kosten des Kunden zu verwerten oder zu vernichten. C***** trifft keine Haftung für die Erzielbarkeit eines Verwertungserlöses.

j) C***** ist außerhalb der Gewährleistung berechtigt, dem Kunden die angefallenen Inspektionskosten für ein schadhaftes Gerät im Fall eines nicht erfolgenden Reparaturauftrages zu verrechnen. Gleiches gilt, wenn der Reparaturauftrag, aus welchen Gründen auch immer, nicht ausgeführt wird, zB ...

k) Die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen berührt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dieser AGB nicht. [Hinsichtlich dieser Klausel ist die Klageabweisung jedoch bereits rechtskräftig].

Die gemäß § 29 Abs 1 KSchG klageberechtigte Kammer begehrt, die Beklagte zu verpflichten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt, und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der zitierten Klauseln (bei der erstgenannten jedoch ohne die Worte: „sind freibleibend und") oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen, es zu unterlassen sich auf diese Klauseln zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart wurden, und die Klägerin zu ermächtigen, den klagestattgebenden Teil des Urteilsspruches im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils einmal in einer Samstagausgabe des redaktionellen Teils der „Neue Kronen‑Zeitung" auf Kosten der Beklagten mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern zu veröffentlichen.

In teilweiser Abänderung des Ersturteils gab das Berufungsgericht der Klage - mit Ausnahme der nicht bekämpften und daher bereits rechtskräftigen Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich der Klauseln h) und k) - statt und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Bedeutung der Sittenwidrigkeitskontrolle der vorliegenden Vertragsbedingungen über den Einzelfall hinausgehe.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidungen auch hinsichtlich der Klauseln a) bis g) und i) bis j) abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben. Sie weist darauf hin, dass eine Revision auch im Verbandsklageprozess nach § 28 KSchG nur dann zulässig sei, wenn zu einer Rechtsfrage, von deren Klärung die Gesetzwidrigkeit einzelner AGB‑Klauseln abhänge, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht existiere, uneinheitlich sei oder die Entscheidung des Berufungsgerichtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweiche (§ 502 Abs 1 ZPO), und dass weder dem Berufungsurteil noch der Revisionsschrift zu entnehmen sei, weshalb gerade die hier im Zusammenhang mit der Auslegung der einzelnen Bestimmungen zu lösenden Rechtsfragen diesen Kriterien entsprechen sollten.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof auch zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht „jedenfalls", sondern nur dann berufen ist, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 87 mwN). Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, dass die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmter Geschäftsbranchen, welche regelmäßig für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung sind, eine erhebliche Rechtsfrage darstellt, sofern solche Klauseln - wie hier - bisher vom Obersten Gerichtshof auch noch nicht zu beurteilen waren (jüngst: 2 Ob 142/06f mwN).

Die Revision ist daher aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Zur Klausel a):

Die Revision bestreitet nicht, dass der in der Klausel enthaltene Schriftformvorbehalt dem KSchG widerspricht. Die Beklagte vertritt jedoch weiterhin den Standpunkt, sie habe hinsichtlich der Geschäftsbedingung „sofern sie nicht schriftlich ausdrücklich als verbindlich bezeichnet sind" bereits eine außergerichtliche Unterlassungserklärung abgegeben; die verbleibende Klausel enthalte keine Formvorschriften mehr, sodass ein Verstoß gegen § 10 Abs 3 KSchG nicht vorliege.

Mit diesem Einwand hat sich schon das Berufungsgericht beschäftigt und dazu ausgeführt, die Vertragsbedingung sei nur insoweit Gegenstand der Unterlassungserklärung gewesen, als die darin genannten formlosen Auskünfte, Zusagen und Angaben als „freibleibend" bezeichnet wurden, während die Frage ihrer [weiteren] Qualifikation als Zusicherung oder Garantiezusage [die ebenfalls voraussetzt, dass sie „schriftlich ausdrücklich als verbindlich bezeichnet sind"] - mittels Streichung des betreffenden Textes - von der Unterlassungserklärung „zur Gänze ausgeklammert" worden sei. Diesbezüglich habe sich die Beklagte daher auch nicht verpflichtet, die Verwendung des relevierten Satzteiles zu unterlassen.

Dieser Ansicht ist zu folgen. Da auch der nach der Unterlassungserklärung verbleibende (nur noch die Qualifikation der genannten Erklärungen als „Zusicherung oder Garantiezusage welcher Art auch immer" betreffende) Text mündliche Auskünfte und Zusagen oder Angaben in Prospekten, Preislisten etc nach wie vor für unverbindlich erklärt, widerspricht die Klausel dem § 10 Abs 3 KSchG, wonach die Rechtsunwirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter zum Nachteil des Verbrauchers vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann (vgl dazu: Krejci in Rummel3 II/4 § 10 KSchG Rz 30 ff, Apathy in Schwimann3 V § 10 KSchG Rz 8; Kathrein in KBB § 10 KSchG Rz 4). Im Verbandsprozess ist (im Gegensatz zur jeweiligen Vertragsauslegung im Einzelfall) nach herrschender Ansicht keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit einer beanstandeten Bedingung zu nehmen; es hat also keine geltungserhaltende Reduktion stattzufinden (RIS‑Justiz RS0038205; RS0111641; Krejci in Rummel3 §§ 28 - 30 KSchG Rz 15; Langer in Kosesnik‑Wehrle/Lehofer/Mayer/Langer² §§ 28 bis 30 KschG Rz 15; Apathy in Schwimann³ V § 30 KSchG Rz 12; Kathrein in KBB, § 28 KSchG Rz 5; zu allem jüngst: 7 Ob 78/06f).

Die bekämpfte Beurteilung des Berufungsgerichtes begegnet keinen Bedenken, weil die Klausel nur dann anders zu beurteilen wäre, wenn sie mehrere eigenständige Teile enthielte. Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig im Sinne des § 6 KSchG ist dabei nicht die Gliederung des Klauselwerks; können doch auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RIS‑Justiz RS0121187 = 6 Ob 140/06s mwN). Davon kann hier aber keine Rede sein, weil der letzte Satzteil „... sofern sie nicht ..." keinen eigenständigen Regelungsbereich enthält, sondern insgesamt eine einheitliche Regelung getroffen wird, die unter einer bestimmten Bedingung (Schriftformvorbehalt) steht. Eine isolierte Betrachtungsweise ist daher unzulässig. Die verbleibende Klausel ist auch nicht vom einleitenden Satzteil zu trennen und auch ohne den letzten Satzteil nicht anders zu verstehen als dahin, dass mündliche Zusagen usw unwirksam sind, womit gegen § 10 Abs 3 KSchG verstoßen wird.

Zur Klausel b):

Die Beklagte übergeht, dass eine Einschränkung auf noch „unverbindliche" Angaben ‑ wie schon das Berufungsgericht aufzeigt - im Wortlaut der Klausel fehlt. Deren Auslegung im Verbandsprozess hat ‑ wie auch die Revision erkennt - im kundenfeindlichsten Sinn zu erfolgen (stRsp; RIS‑Justiz RS0016590; jüngst: 7 Ob 78/06f). Demgemäß kann diese Bestimmung aber auch auf solche Angaben in Katalogen und Werbeunterlagen bezogen werden, welche bereits Gegenstand eines verbindlichen Anbotes oder einer vertraglichen Verpflichtung geworden sind; gerade in einem solchen Fall erscheint es nämlich ‑ wie bereits die Revisionsbeantwortung aufzeigt - überhaupt erst sinnvoll, dass sich die Beklagte auf den in ihren Geschäftsbedingungen vorgesehenen „Änderungsvorbehalt" beruft. Dass ein derart weitgehendes Preis- und Leistungsänderungsrecht den Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG nicht entspricht, zieht die Revision aber - zu Recht - gar nicht in Zweifel.

Zur Klausel c):

Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Kaufvertrages gilt nach herrschender Auffassung die „Zweikondiktonentheorie", wonach die beiden Kondiktionen auch bei angestrebtem Synallagma voneinander unabhängig sind (jüngst: 3 Ob 7/05h = SZ 2005/48; Rummel in Rummel3 Vor § 1431 ABGB Rz 24 mwN). Der zufällige Untergang des Kaufgegenstandes trifft also den Verkäufer; der Käufer braucht auch nicht dessen Wert zu vergüten, wenn er den Kaufpreis zurückfordert.

Davon ausgehend wurde die Klausel vom Berufungsgericht dahin beurteilt, dass der Verbraucher - infolge Überwälzens dieser Gefahr - gegenüber der dargestellten dispositiven Rechtslage gröblich benachteiligt werde (§ 879 Abs 3 ABGB). Die Revision vertritt hingegen den Standpunkt, das Zug‑um‑Zug Prinzip gelte „auch" bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines synallagmatischen Vertrages. Dazu beruft sich die Beklagte auf die in der Lehre bestehende Uneinigkeit über die Anwendung der „Zweikondiktionentheorie" (vgl Mader in Schwimann³ VI § 1437 ABGB Rz 23 ff), mit der sich das Berufungsgericht aber ohnehin befasst hat. Dem kann nicht gefolgt werden:

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beidseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt (§ 879 Abs 3 ABGB). Durch diese Bestimmung wurde ein eine objektive Äquivalenzstörung und „verdünnte Willensfreiheit" berücksichtigendes bewegliches System geschaffen (RIS‑Justiz RS0016914). Sie wendet sich vor allem gegen den Missbrauch der Privatautonomie durch das Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen durch den typischerweise überlegenen Vertragspartner bei Verwendung von AGB und Vertragsformblättern. Das Motiv des Gesetzgebers insbesondere auf AGB (und Vertragsformblätter) abzustellen, liegt in der zwischen den Verwendern von AGB und deren Vertragspartnern typischerweise anzutreffenden Ungleichgewichtslage, weil der mit AGB konfrontierte Vertragspartner in seiner Willensbildung eingeengt ist; muss er sich doch zumeist den AGB fügen oder in Kauf nehmen, dass ihm der Verwender den Vertragsabschluss verweigert (7 Ob 78/06f mwN; Krejci in Rummel³ § 879 ABGB Rz 231 ff). Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Sie ist jedenfalls schon dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in auffallendem Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RIS‑Justiz RS0016914). Bei der Beurteilung, ob eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt wird, hat sich der Rechtsanwender nämlich am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RIS‑Justiz RS0014676; zu allem: 7 Ob 78/06f).

Die bekämpfte Beurteilung entspricht diesen Grundsätzen und ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sich die Beklagte auf eine sachliche Rechtfertigung für das Abweichen der inkriminierten Bestimmung von der dispositiven Rechtslage gar nicht beruft. Auch hier kommt die in der Revision angestrebte isolierte Betrachtungsweise des angeblich „selbständig zu beurteilenden" zweiten Teiles der Klausel („... sowie unter Anrechnung eines angemessenen Entgeltes ...") aus den bereits zur Klausel a) dargelegten Gründen nicht in Betracht; geht es doch um einen einzigen Regelungsbereich, nämlich die Rückerstattung des Kaufpreises bei Vertragsrücktritt, der nicht nur die Zurückstellung der Ware zur Voraussetzung haben, sondern überdies („sowie") nur unter Anrechnung von Benützungsentgelt und Wertminderung erfolgen soll. Da die Anrechnung nach dieser Klausel also auch voraussetzt, dass die Ware zurückgestellt wird, können diese beiden Regelungen nicht isoliert voneinander wahrgenommen werden (vgl 6 Ob 140/06s).

Einer eigenständigen Prüfung des zweiten Teiles der Vertragsklausel steht daher entgegen, dass im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG - wie bereits ausgeführt - keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen genommen werden kann, eine geltungserhaltende Reduktion also nicht stattzufinden hat (RIS‑Justiz RS0038205).

Zur Klausel d):

Dass auch diese Klausel zum Nachteil des Verbrauchers von der dispositiven Rechtslage abweicht, wonach der Gläubiger nicht zur Annahme von Teilleistungen verpflichtet ist, § 1415 ABGB also „schlechthin für in Quanten zerlegbare Leistungen gilt" (Reischauer in Rummel³ § 1415 ABGB Rz 8 mwN), bestreitet die Revision nur insoweit, als sie meint, diese Norm sei nur auf Teilzahlungen (vgl jedoch: RIS‑Justiz RS0033272 [T3 und T4] = 3 Ob 58/06k [zur jüngst ausgesprochenen teleologischen Reduktion des § 1415 ABGB betreffend Teilzahlungen]), nicht aber auf Teillieferungen anzuwenden (vgl jedoch: RIS‑Justiz RS0018453 [zur Anwendbarkeit „der allgemeinen Regel des § 1415" auf die Erfüllung durch Teillieferungen]).

Entgegen den Revisionsausführungen spricht aber auch Heidinger aaO (in Schwimann3 § 1415 ABGB Rz 1 und 2) keineswegs nur von „Teilzahlungen", sondern (allgemein) von „Teilleistungen" und vom [allgemeinen] Grundsatz, dass „der Gläubiger Teilleistungen nicht annehmen muss"; während Reischauer (aaO) ausdrücklich festhält, dass § 1415 Satz 1 ABGB außerhalb der Geldschulden einen weiten Anwendungsbereich finde, weil dort die Übernahme von Teilleistungen „sehr oft erhebliche Mühe schafft". Demgemäß begegnet die Beurteilung, dass auch diese Klausel zum Nachteil des Konsumenten von der dispositiven Rechtslage (§ 1415 ABGB) abweicht, - aus den bereits zur Klausel c) dargestellten weiteren Erwägungen - ebenfalls keinen Bedenken.

Zur Klausel e):

Die Beklagte bestreitet, dass hier ein einseitiges Preisbestimmungsrecht festgelegt sei. Die Klausel stelle lediglich klar, zu welchem Preis die Beklagte den Vertrag abschließen wolle. Habe der Kunde andere Preisvorstellungen, könne ein rechtswirksamer Vertrag - wegen Dissenses über den Kaufpreis - von vorne herein nicht zustandekommen, worauf sich der Kunde auch berufen könne. Dabei verkennt sie, dass das Vorliegen eines Dissenses ‑ wie die Revisionsbeantwortung aufzeigt - gerade durch diese Klausel verhindert wird; eine (einseitige) Preisbestimmung kann nämlich nach herrschender Auffassung auch einer der Parteien übertragen werden und unterliegt insofern richterlicher Kontrolle, als eine Partei an eine grob unbillige Preisfestsetzung der anderen Vertragspartei nicht gebunden ist (RIS‑Justiz RS0019994; RS0020079). Entgegen dem Standpunkt der Revision unterliegt eine derartige Klausel - wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat - aber auch der Inhaltskontrolle durch die Gerichte dahin, ob der Gestaltungsberechtigte die ihm schon durch den Vertrag selbst gesetzten Grenzen überschritten hat oder das Ergebnis offenbar unbillig ist (RIS‑Justiz RS0020079 [T3]). Der letzte Fall liegt hier vor, weil die bereits in der Berufung geltendgemachte Beschränkung dieser Klausel (auf Warenbestellungen durch Kunden, die mit der Beklagten bereits in Kontakt stehen, ihre AGB kennen und näher bestimmte Gattungswaren per Telefon oder Internet bestellen, ohne vorher Preisverhandlungen zu führen oder Preisvorstellungen bekanntzugeben) dem Text der Bestimmung nicht zu entnehmen ist; die Klausel ist demnach - in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung - als zu weit gehendes einseitiges, willkürliches, nachträgliches (nämlich nach Vertragsabschluss) Preisänderungsrecht nach § 879 Abs 1 ABGB sittenwidrig. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ein Verstoß gegen Abs 3 dieser Bestimmung deshalb zu verneinen ist, weil mit dieser Klausel nicht eine vertragliche Nebenleistungspflicht, sondern eine Hauptleistungspflicht der Vertragsteile festgelegt wird.

Zur Klausel f):

Die Revision hält daran fest, die Formulierung „und sonstige Nebenkosten" beruhe darauf, dass über die im Einzelfall anfallenden Kosten keine allgemeingültigen Angaben gemacht werden könnten und vom konkret erteilten Auftrag des Kunden abhingen. Dazu hat bereits das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Verrechnung der in den Vertragsbedingungen genannten Kosten nach ihrem Wortlaut eine gesonderte Vereinbarung im Einzelfall gerade nicht voraussetze. Die Klausel versetzt die Beklagte vielmehr in die Lage, „Export- und Importabgaben und Nebenkosten" ohne ausdrückliche Vereinbarung undifferenziert (auch ohne Bezug auf Zustellung und Service) und ohne betragliche Begrenzung zusätzlich zum Kaufpreis auf den Kunden zu überwälzen. Was unter „Nebenkosten" zu verstehen sein soll, bleibt völlig unklar. Auch gegen die Beurteilung, dass diese Bestimmung daher jedenfalls gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG verstoße, bestehen ‑ in ihrer Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn - keine Bedenken. Die Revision zeigt dazu keine neuen Gesichtspunkte auf.

Zur Klausel g):

In diesem Zusammenhang vermisst die Revision die Berücksichtigung sachlicher Rechtfertigungsgründe durch die Vorinstanzen. Diese haben sich aber mit den dazu vorgetragenen Argumenten ohnehin befasst und eine sachliche Rechtfertigung verneint. Eine Fehlbeurteilung kann darin schon deshalb nicht erblickt werden, weil mit diese Klausel ‑ wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt - auch eine Abtretung von Ansprüchen zur Geltendmachung an einen in § 29 KSchG genannten Verband verhindert würde. Die Auffassung, dass ein Zessionsverbot schon unter diesem Aspekt (auch im Sinne des allgemeinen Schutzes von Verbraucherinteressen) sachlich nicht gerechtfertigt erscheint, ist nicht zu beanstanden.

Zur Klausel i):

Die Revision wendet sich dagegen, dass die Verfallsfrist für Geräte und sonstige Waren mit einem Wert von bis zu „ca EUR 80" - abgesehen von der Unklarheit dieser (nach den Revisionsausführungen bestmöglich konkretisierten) „Wertgrenze" - angesichts der vom Berufungsgericht dargestellten Rechtslage als unangemessen kurz und dass der undifferenzierte Haftungsausschluss hinsichtlich des Verwertungserlöses umso mehr als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB) beurteilt worden sei, je höherwertig und umso leichter verwertbar das Gerät sei, und weil die Vertragsklausel eine dem Verfall vorangehende vergebliche Aufforderung des Kunden zur Abholung des Gerätes unter Hinweis auf die sonst eintretenden Folgen nicht vorsehe. Die Beklagte fordert eine Interessenabwägung gemä  § 6 Abs 1 Z 12 KSchG unter Berücksichtigung des (weiteren) Umstandes, dass die gegebenen Lagermöglichkeiten in aller Regel vollständig für ihren Handelsbetrieb, also für die zu verkaufenden Waren benötigt würden. Darauf sei die Berufungsentscheidung zu Unrecht nicht eingegangen.

Diese Bestimmung ist aber schon durch den undifferenzierten Haftungsausschluss hinsichtlich des Verwertungserlöses gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB. Weiters sieht die Klausel - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinwies - eine dem Verfall vorangehende vergebliche Aufforderung des Kunden zur Abholung des Gerätes unter Hinweis auf die sonst eintretenden Folgen nicht vor. Dem Unternehmer steht es damit völlig frei, ob er vernichtet oder verwertet und wie er verwertet; dies alles noch dazu ohne vorherige Verständigung des Kunden. Mangels eigenständiger Regelungsbereiche (es geht ausschließlich um die Verwertung und Vernichtung von zur Reparatur übernommenen Geräten) steht einer weiteren Prüfung anderer Teile der Vertragsklausel entgegen, dass im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG - wie bereits ausgeführt - keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen genommen werden kann. Die Frage der Angemessenheit der Verfallsfristen und die damit zusammenhängende Frage der „Wertgrenze" kann daher dahingestellt bleiben.

Zur Klausel j):

(Auch) Hier wiederholt die Revisionswerberin ihre Berufungsausführungen, denen bereits das Gericht zweiter Instanz erwidert hat, es lasse sich keine klare Trennlinie zwischen den Vorarbeiten zur Erstellung eines Kostenvoranschlages und der (nach Ansicht der Beklagten darüber hinausgehenden) Inspektion des schadhaften Gerätes ziehen; im Übrigen führe die Vertragsklausel zu einer für den Kunden der Höhe nach nicht abschätzbaren Kostenbelastung. Gegen diese - nicht zu beanstandende - Beurteilung wird in der Revision nur vorgebracht, dass die in der Klausel geregelten Inspektionskosten völlig andere Leistungen (nämlich „handwerkliche") beträfen als jene, die zur Erstellung eines Kostenvoranschlages erforderlich seien. Wie der nicht näher erläuterte Begriff der „Inspektionskosten" von dem eine Kalkulation hinsichtlich Materialien und Arbeitsaufwand erfordernden Kostenvoranschlag abzugrenzen sei, vermag die Revision damit nicht plausibel darzulegen. Vielmehr ist es bei schadhaften Elektrogeräten naheliegend, dass ohne „Inspektion" der Reparaturaufwand oft nicht mit entsprechender Sicherheit abgeschätzt werden kann. Zu Recht haben die Vorinstanzen daher einen Verstoß gegen § 5 Abs 1 KSchG angenommen. Zudem würde nach dem letzten Satz der Klausel die Kostenersatzpflicht des Kunden auch gelten, wenn die Reparatur aus Gründen unterbleibt, die der Unternehmer zu vertreten hat.

Zum Veröffentlichungsbegehren:

Das Berufungsurteil wird zwar von der Revisionswerberin (zu Beginn des Rechtsmittelschriftsatzes) hinsichtlich sämtlicher Klauseln, die als rechtswidrig beurteilt wurden, „einschließlich der diesbezüglichen Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung" angefochten; tatsächlich finden sich jedoch zur darin bestätigten Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren der Klägerin - ebenso wie schon in der Berufung der Beklagten - keinerlei Ausführungen. Bezieht sich die Rechtsrüge aber nur mehr auf einen von mehreren Ansprüchen, so ist die Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof auf diesen beschränkt (RIS‑Justiz RS0043338; RS0043352 [T10 und T23]). Eine Überprüfung dieses Teiles des Klagebegehrens scheidet aber auch deshalb aus, weil er schon im Berufungsverfahren nicht gerügt worden war (Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 190 und 191 mwN). Darauf ist daher nicht weiter einzugehen.

Der Revision ist somit insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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