OGH 3Ob7/05h

OGH3Ob7/05h31.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich F*****, vertreten durch Dr. Johannes Hock jun. als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Manuela H*****, vertreten durch Dr. Karl Zach, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert 29.287,15 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2004, GZ 46 R 499/04b-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 7. Mai 2004, GZ 3 C 1313/03x-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.503,54 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 250,59 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hatte der Beklagten mit Kaufvertrag vom 18. Juli 1998 (unter anderem) einen näher spezifizierten LKW samt Kühlanlage verkauft. Mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom 20. Juni 2002 (bestätigt durch das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 11. April 2003) wurde der Kläger Zug-um-Zug gegen Rückstellung des LKWs und weiterer Gegenstände zur Zahlung von 29.287,15 EUR sA verhalten.

Aufgrund dieses Exekutionstitels bewilligte das Erstgericht der Beklagten am 14. August 2003 wider den Kläger als Verpflichtenden die Fahrnis- und Gehaltsexekution zur Hereinbringung von 29.287,15 EUR sA Zug-um-Zug gegen Rückstellung des LKWs und weiterer Gegenstände.

Im Titelverfahren erstattete der vom Gericht beigezogene Sachverständige ein Gutachten über den Zustand des LKWs, wonach dieser bereits eineinhalb Monate nach Kaufvertragsabschluss zahlreiche gravierende Mängel aufwies. Der Sachverständige konnte keine technische Überprüfung durchführen, weil das Fahrzeug nicht startfähig war. Bei der Befundaufnahme war der Lack infolge der langen Stehzeit verwittert, im Heckbereich zeigten sich starke An- und Durchrostungen, die rechte hintere Stoßstange war im unteren Bereich beschädigt und der rechte Radkranzbereich wies starke Anrostungen auf. Für die Zulassungsfähigkeit des LKWs hätten diverse Mängel mit einem Mindestaufwand von etwa 15.000 S behoben werden müssen.

Der Kläger begehrte die Unzulässigerklärung der Exekution. Die Beklagte könne die Gegenleistung nicht erbringen, weil sich der herauszugebende LKW nicht mehr in jenem Zustand befinde, in welchem er sich bei Übergabe an die Beklagte befunden habe. Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses sei er fahrbereit und verkehrs- sowie betriebssicher gewesen, er habe eine gültige Prüfplakette bis Juli 1999 aufgewiesen. Aufgrund nicht sachgerechter Verwahrung durch die Beklagte (Abstellen im Freien) weise der zu übergebende LKW schwerwiegende Mängel auf und sei weder fahrbereit, noch verkehrs- sowie betriebssicher. Da aufgrund einer Rückabwicklung eines Vertrags jener Zustand herzustellen sei, der bei Vertragsabschluss und Übergabe bestanden habe, der LKW aber nicht mehr den bei Übergabe bestehenden verkehrs- und betriebssicheren Zustand aufweise, stehe der Bewirkung der Gegenleistung der Umstand der mangelnden Fahrtüchtigkeit sowie mangelnde Verkehrs- und Betriebssicherheit des LKWs entgegen.

Die Beklagte wendete ein, der Zustand des LKWs sei unverändert. Eine Verschlechterung des Zustands infolge Zeitablaufs sei irrelevant. Bereits zum Zeitpunkt des im Titelverfahrens eingeholten Gutachtens sei der LKW nicht mehr fahrbar gewesen. Eine allfällige Verschlechterung des Fahrzeugs sei ohne Verschulden der Beklagten entstanden. Der Kläger hätte das Fahrzeug überdies früher abholen können.

Die Erstrichterin wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Kläger könne bloß die Verschlechterung der an ihn zu erbringenden Zug-um-Zug Leistungen geltend machen, die nach Schluss der Verhandlung im Titelverfahren aufgetreten sei, weil hiefür keine Möglichkeit im Titelverfahren mehr gewesen wäre. Alle Verschlechterungen, die vor Schluss der Verhandlung im Titelverfahren aufgetreten seien, hätte er im Titelverfahren einwenden müssen. Das Exekutionsgericht müsste davon ausgehen, dass der Spruch des Titelgerichts auf Zahlung des nunmehr in Exekution gezogenen Betrags Zug-um-Zug gegen die Ausfolgung des LKWs bereits alle entscheidungswesentlichen Umstände berücksichtigt habe. Es sei mit den Grundsätzen des Exekutionsverfahrens unvereinbar, Umstände, die in einem Titelverfahren geltend gemacht werden könnten, nachträglich zur Verhinderung der Exekutionsführung geltend zu machen. Das Titelgericht sei in seinem Urteil davon ausgegangen, dass gegen Zahlung des seinerzeitigen Kaufpreises die schon damals nahezu wertlose Sache zurückzustellen sei. Der Kläger mache in seiner Impugnationsklage auch keine Verschlechterungen im Zustand des LKWs geltend, die nach Schluss der Verhandlung im Titelverfahren eingetreten seien, sondern beziehe sich ausdrücklich auf das im Titelverfahren eingeholte Sachverständigengutachten über den Zustand des LKWs.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Rsp des Obersten Gerichtshofs aus neuerer Zeit zur Frage, ob der Wertverlust einer Zug-um-Zug zu erbringenden Gegenleistung einen Impugnationsgrund darstelle, zulässig sei. Ein bestimmter Zustand oder näher beschriebene Eigenschaften des LKWs seien nicht Inhalt der Zug-um-Zug Verpflichtung. Es habe daher keinerlei Feststellungen über den Zustand des LKWs im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, im Zeitpunkt des Titelurteils und zum aktuellen Zeitpunkt bedurft. Durch Zeitablauf verschlechtere sich der Zustand jedes Kraftfahrzeugs, eine Wertminderung des LKWs wäre auch dann eingetreten, wenn sich das Fahrzeug beim Kläger befunden hätte. Weder aus dem Gesetz noch aus dem Titelurteil ergebe sich eine Instandhaltungspflicht der Beklagten. Der Kläger habe sich vielmehr in Annahmeverzug in Ansehung des LKWs befunden, weshalb ihn gemäß § 1419 ABGB die widrigen Folgen, also hier die Verschlechterung der Sache durch Zeitablauf treffe. Gegen einen gutgläubigen Kondiktionsschuldner bestünden keine Schadenersatzansprüche. Der der Entscheidung 3 Ob 20/61 zugrundeliegenden Rechtsauffassung, wonach mit Impugnationsklage dagegen vorgegangen werden könne, dass der Verpflichtung zur Zug-um-Zug in Gegenleistung nicht entsprochen werde, könne sich das Berufungsgericht nicht anschließen.

Die Revision des Klägers ist aus den vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 8 Abs 1 EO ist die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug-um-Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat, nicht vom Nachweise abhängig, dass die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sicher gestellt sei. § 42 Abs 1 Z 4 EO räumt dem Verpflicheten die Möglichkeit ein, die Aufschiebung der Exekution zu erwirken, wenn in einem Fall des § 8 Abs 1 EO der Betreibende weder die ihm obliegende Gegenleistung bewirkt hat, noch dieselbe zu bewirken oder sicherzustellen bereit ist. Daraus kann abgeleitet werden, dass das Gesetz zwar den Anspruch des Verpflichteten, nur gegen Erbringung der Gegenleistung leisten zu müssen, auch im Rahmen der Exekution gewahrt sehen möchte, dass es aber die Sache des Verpflichteten ist, für die Durchsetzung dieses Rechts zu sorgen (Jakusch in Angst, § 8 EO Rz 13). Verweigert der Verpflichtete hingegen die Annahme der ihm angebotenen Gegenleistung, so kann er damit - auch nicht im Weg eines Antrags nach § 42 Abs 1 Z 4 EO - den Vollzug der Exekution nicht verhindern (Jakusch aaO Rz 14 mwN).

Bestreitet der Verpflichtete aber, dass die angebotene, sichergestellte oder bereits erbrachte Gegenleistung angemessen sei, so steht ihm nach überwiegender Ansicht die Impugnationsklage zur Verfügung (3 Ob 20/61 = JBl 1961, 551; Jakusch aaO Rz 14; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 8 EO Rz 21; Heller/Berger/Stix, EO4 220; vgl auch 3 Ob 117/65 = MietSlg 17.814). Zu 3 Ob 107/69 (= EvBl 1970/167 ua; RIS-Justiz RS0000265) wurde die Zulässigkeit der Impugnationsklage für den Fall, dass ein Betreibender die von ihm Zug-um-Zug zu bewirkende Gegenleistung weder erfüllt noch sichergestellt hat, aber verneint und der Verpflichtete auf die Einwendungen entgegen den Anspruch nach § 35 EO verwiesen. In einigen älteren Entscheidungen (3 Ob 78/63 = MietSlg 15.669 ua; RIS-Justiz RS0000284) wurde für den Einwand der nicht erfüllten Zug-um-Zug Verpflichtung sowohl die Oppositions- als auch die Impugnationsklage als zulässig angesehen.

Der erkennende Senat schließt sich der von Jakusch (aaO § 35 Rz 34 sowie § 36 Rz 16) vertretenen Ansicht an, dass schon wegen der als lex specialis anzusehenden Bestimmungen des § 42 Abs 1 Z 4 EO eine Klage nach § 35 EO als Rechtsbehelf für die Geltendmachung der nichterbrachten Gegenleistung nicht in Betracht kommt. Die vorenthaltene Gegenleistung bringt weder den Hauptanspruch zum Erlöschen, noch wird dieser dadurch gestundet. Die Oppositionsklage wäre nur angebracht, wenn die Erbringung der Gegenleistung unmöglich geworden ist, sofern damit feststeht, dass die Bedingung der Hauptleistung nicht mehr eintreten kann und der Hauptanspruch damit endgültig erloschen ist (vgl Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 35 Rz 59). Hat der Verpflichtete die betriebene Leistung nach dem Exekutionstitel nur Zug-um-Zug gegen eine Gegenleistung zu erbringen, so bedeutet dies materiell-rechtlich, dass die Hauptleistung nicht fällig ist, wenn und so lange die Gegenleistung nicht gleichzeitig erbracht wird. Insofern ist die Hauptleistung bedingt. Auch wenn die Erfüllung der Bedingung in diesem Fall nach der Regelung des § 8 Abs 1 EO mit dem Exekutionsantrag nicht zu beweisen ist, wäre das angemessene Rechtsinstitut zur Geltendmachung des Nichteintritts dieser Bedingung die Impugnationsklage. Dem steht aber die Sonderregelung des § 42 Abs 1 Z 4 EO als lex specialis entgegen, wonach der Verpflichtete die Aufschiebung der Exekution beantragen kann, wenn der Betreibende die ihm obliegende Gegenleistung weder erbracht noch sichergestellt hat (Jakusch aaO § 36 Rz 16; Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 36 EO Rz 35 mwN).

Im Gegensatz zu jenen Fällen, in denen das Unmöglichwerden der Gegenleistung die Hauptleistungspflicht zum Erlöschen bringt (Erfüllung synallagmatischer Verträge) oder die Verweigerung der titelgemäßen Gegenleistung die Fälligkeit der Hauptleistung aufschiebt (etwa Verweigerung der Zug-um-Zug geschuldeten Herausgabe oder die Zug-um-Zug Zurverfügungstellung einer bestimmten Ersatzwohnung) ist bei der im vorliegenden Fall zu beurteilenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines gescheiterten Vertrags - sei es wegen Irrtumsanfechtung, Geltendmachung von laesio enormis oder Nichtigkeit - weder der Bestand der Hauptleistungspflicht (Rückzahlung des Kaufpreises) von der Bewirkung der Zug-um-Zug geschuldeten Gegenleistung (Herausgabe des Gegenstands) abhängig, weshalb eine Oppositionsklage nach § 35 EO unberechtigt wäre, noch ist die Fälligkeit des Hauptanspruchs aufgeschoben, wenn die Zug-um-Zug geschuldete Herausgabe eines bestimmten Gegenstands - hier eines bestimmten LKWs samt Zubehör - zwar angeboten, vom Verpflichteten aber wegen behaupteter Mängel der Sache abgelehnt wurde. Mag auch der Verpflichtete gemäß § 877 ABGB darauf Anspruch haben, den LKW in jenem Zustand zurückzuerhalten, in welchem er sich bei Übergabe an die Betreibende befunden hat, die behaupteten Mängel - seien sie auch noch so gravierend - sind aber nicht geeignet, den titulierten Rückzahlungsanspruch der Betreibenden zu vernichten oder zu hemmen („Zweikondiktionentheorie", wonach die Kondiktionen auch bei angestrebten Synallagma voneinander unabhängig sind; Rummel in Rummel3, vor § 1431 ABGB Rz 24 mwN). Aus allgemeinen Bereicherungsrecht (§ 1041 ABGB), aus Schadenersatz oder bei Unredlichkeit mag sich eine Wertersatzpflicht ableiten lassen (Rummel aaO), dies kann aber nur zu einer Minderung des Rückzahlungsanspruchs führen, welche - soferne sie nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Titelverfahren eingetreten ist - mit Oppositionsklage nach § 35 EO geltend zu machen wäre und allenfalls zu einem (teilweisen) Erlöschen der betriebenen Rückzahlungsforderung führen könnte (vgl zur Wandlung Reischauer in Rummel3 § 932 ABGB Rz 4 mwN). Der erkennende Senat vermag daher die in 3 Ob 20/61 zum Ausdruck gebrachte Ansicht, wonach eine gravierende Entwertung der Zug-um-Zug zurückzustellenden Sache eine Impugnationsklage nach § 36 EO rechtfertigen könnte, nicht aufrechtzuerhalten und hält vielmehr zusammenfassend fest: Hat der Betreibende zwecks Rückabwicklung eines gescheiterten Vertrags nach dem eine Geldforderung enthaltenden Exekutionstitel Zug-um-Zug eine bestimmte Sache zurückzustellen, kann der Verpflichtete der titulierten Geldforderung Mängel- und Wertverlust der zurückzustellenden Sache nicht wirksam entgegenhalten. Aus der vom Betreibenden zu verantwortenden Verschlechterung der Zug-um-Zug zurückzustellenden Sache abzuleitende Wertersatzansprüche können allenfalls Einwendungen nach § 35 EO rechtfertigen.

Die Vorinstanzen haben daher die auf die Entwertung des von der Beklagten Zug-um-Zug zurückzustellenden LKWs gestützte Impugnationsklage des zur Kaufpreisrückzahlung verpflichteten Klägers zu Recht abgewiesen.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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