OGH 6Ob274/07y

OGH6Ob274/07y24.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „Ö*****"***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl.‑Ing. Novit I*****, vertreten durch Dr. Vera Scheiber und andere Rechtsanwältinnen in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. September 2007, GZ 39 R 174/07p‑13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag vom 25. 10. 2001 betreffend eine Wohnung. Dieser Mietvertrag wurde von beiden Teilen unterfertigt. Er enthält unter § 5 (Verbot der Untervermietung) folgende Vereinbarung: „Die gänzliche oder teilweise Untervermietung oder sonstige Überlassung des Bestandobjekts an Dritte ist ‑ sofern § 11 MRG nichts anderes vorsieht - nicht gestattet." Daran schließt sich die Wortfolge „(Ausnahme siehe Beiblatt!)" an. Unter § 6 (Weitere Vereinbarungen) findet sich die Wortfolge „siehe Beiblatt!".

Das Beiblatt wurde nur vom Beklagten als Mieter unterfertigt. Es ist mit „Fortsetzung § 6 (weitere Vereinbarungen)" übertitelt. Sein Punkt 4) lautet: „Die Wohnung darf nur zur Benützung für einen Dienstnehmer der Firma ... [Beklagter] verwendet werden, stellt also im Verwendungszweck eine Dienstwohnung dar. Die Weitergabe an eine Person, welche nicht Dienstnehmer der Firma ... [Beklagter] ist, stellt einen Kündigungstermin gemäß § 30 Abs 1/2 Z 6, 7 und 12 dar." Punkt 5) des Beiblatts lautet: „Dieses Beiblatt bildet einen integrierenden Bestandteil des Mietvertrages."

Der Mietvertrag und das Beiblatt sowie ein mit „Vermittlung" übertiteltes weiteres Blatt sind zusammengeheftet und bilden gemeinsam die Beilage ./A.

In den Jahren 2005 und 2006 wurde die Wohnung auch von Personen bewohnt, die nicht Dienstnehmer des Beklagten waren, so auch zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung.

Die Vorinstanzen erklärten die Aufkündigung für wirksam und verpflichteten den Beklagten zur Räumung der Wohnung.

Rechtliche Beurteilung

In seiner außerordentlichen Revision meint der Beklagte, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob ein lediglich vom Mieter, nicht jedoch vom Vermieter unterschriebenes Beiblatt zum Mietvertrag, der von beiden Parteien unterschrieben wurde, dem zwingenden Erfordernis einer schriftlichen Vereinbarung gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG genügt, wenn der zusätzliche Kündigungsgrund im Beiblatt vereinbart wird.

Eine der Voraussetzungen der Wirksamkeit eines Kündigungsgrunds im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG ist, dass der maßgebliche Umstand im Mietvertrag schriftlich vereinbart worden sein muss. Die Schriftform ist dabei aber nur dann gewahrt, wenn beide Parteien den schriftlichen Vertrag unterzeichneten, also auch der Vermieter. Das Erfordernis der Schriftlichkeit vereinbarter Kündigungsgründe bezweckt, dem Mieter die Bedeutung einer solchen Vereinbarung besonders augenscheinlich zu machen sowie allfällige spätere Unklarheiten zu vermeiden. Dieser vom Gesetzgeber bezweckte Schutz des Mieters lässt sich aber etwa nicht erreichen, wenn der Mieter bloß ein schriftliches Anbot an den Vermieter richtet und dieser es mündlich annimmt (1 Ob 715/89 mwN). Für die Vereinbarung gilt also das Erfordernis der Schriftform im Sinne des § 886 ABGB (RIS‑Justiz RS0068994).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 886 ABGB genügt die Bezugnahme auf andere, die Vereinbarung beinhaltende Urkunden nur dann, wenn diese unmittelbar der Vertragsurkunde angefügt sind (RIS‑Justiz RS0045388; vgl auch Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB³ [2006] § 886 Rz 1). Die zu Schiedsvereinbarungen ergangene Rechtsprechung begründet dies damit, dass die zwingend statuierte Voraussetzung der schriftlichen Errichtung des Schiedsvertrags (vgl vor dem SchiedsRÄG 2006 § 577 Abs 3 ZPO, nunmehr § 583 Abs 1 ZPO) einerseits der leichteren Feststellbarkeit und dem Festhalten des Inhalts der Vereinbarung dient, andererseits aber auch dem Schutz vor Übereilung (s 5 Ob 93/72 = SZ 45/55 mwN uva).

Im Hinblick auf den ähnlichen Regelungszweck dieser Bestimmungen mit jenem des § 30 Abs 2 Z 13 MRG hegt der Oberste Gerichtshof keine Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass auch im Anwendungsbereich des § 30 Abs 2 Z 13 MRG den Anforderungen der Schriftlichkeit jedenfalls dort Genüge getan ist, wo dem von beiden Parteien unterschriebenen Mietvertrag unmittelbar ein Beiblatt angefügt ist, das die besonders vereinbarten Kündigungsgründe enthält, und zwar insbesondere dann, wenn sogar der Mieter das Beiblatt unterfertigt hat. Im Übrigen stellt die im Einzelfall zu lösende Frage, ob dem Schriftlichkeitsgebot des § 886 ABGB genügt wurde, keine diesen an Bedeutung übersteigende Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl 1 Ob 213/03k = SZ 2003/165 zu Bürgschaftserklärungen).

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