OGH 6Ob269/07p

OGH6Ob269/07p24.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus P*****, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Friederike N*****, vertreten durch Dr. Guido Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 26.550 EUR sA, Leistung (Streitwert 4.820 EUR) und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. August 2007, GZ 11 R 60/07k‑21, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Februar 2007, GZ 28 Cg 152/05m‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 499,33 EUR (darin 83,23 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist grundbücherlicher Eigentümer von mit Wohnungseigentum verbundenen 233/1144 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****. Diese Eigentumswohnung verkaufte er am 10. 8. 2002 mittels handschriftlicher „Kaufvereinbarung" (s Beilage ./B) an die Beklagte, die sich in der Folge allerdings weigerte, die Eigentumswohnung zu übernehmen, im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen zu werden und den Kaufpreis zu bezahlen.

Mit Urteil vom 11. 8. 2003 verpflichtete daher das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 25 Cg 148/02x die Beklagte unter anderem zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 590.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 10. 2002 an den Kläger Zug um Zug gegen die lastenfreie Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an den genannten Liegenschaftsanteilen und deren Übergabe an die Beklagte.

Mit Beschluss vom 8. 3. 2005 wies das Landesgericht für Zivilrechtsssachen Wien als Rekursgericht im Verfahren 26 E 125/04f des Bezirksgerichts Döbling jedoch den Antrag des Klägers auf Bewilligung der Zwangsversteigerung mehrerer der Beklagten gehörender Liegenschaften zur Hereinbringung des Kaufpreises ab; der Kläger sei hinsichtlich der Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an der erwähnten Eigentumswohnung vorleistungspflichtig; um eine Exekution auf den Kaufpreis führen zu können, hätte er im Exekutionsantrag die Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten nachweisen müssen.

Der Kläger begehrt nunmehr - soweit dies noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - die Verpflichtung der Beklagten zur Übermittlung ihres Staatsbürgerschaftsnachweises oder eines anderen zur grundbücherlichen Einverleibung tauglichen Personaldokuments oder einer beglaubigten Kopie eines solchen zur Einverleibung des Eigentums der Beklagten an der Eigentumswohnung tauglichen Dokuments sowie die Feststellung des Übergangs sämtlicher Gefahren und Lasten, welche mit dieser Eigentumswohnung im Zusammenhang stehen, auf die Beklagte seit Rechtskraft des erwähnten Urteils des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien. Er könne seiner Vorleistungspflicht nur nachkommen, wenn die Beklagte an der Eintragung ihres Eigentumsrechts durch Übermittlung einer einverleibungsfähigen Urkunde mitwirke, wozu sie auf Grund ihrer Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag auch verpflichtet sei. Da sich die Beklagte im Annahmeverzug befinde, träfen sie auch sämtliche Gefahren, Schäden und Lasten der Eigentumswohnung.

Die Beklagte wandte dem gegenüber ein, der Kläger habe im Verfahren 25 Cg 148/02x des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien ein verfehltes Klagebegehren gestellt, weshalb das Urteil vom 11. 8. 2003 eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 7 EO enthalte; deren Erfüllung sei ihm bislang nicht gelungen, zu einer diesbezüglichen Mitwirkung verpflichte sie die mit dem Kläger abgeschlossene „Kaufvereinbarung" nicht; im Übrigen verfüge sie gar nicht über einen Staatsbürgerschaftsnachweis. Letztlich befinde sich auch nicht die Beklagte im Annahmeverzug, sondern der Kläger im Schuldnerverzug, weil er seinen Verpflichtungen bislang nicht nachgekommen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags sei nur durch das Zusammenwirken beider Vertragsparteien möglich; diese Mitwirkungspflicht ergebe sich als Nebenpflicht aus dem Vertrag und umfasse alles, was der Kläger allein nicht bewerkstelligen könne; dazu gehöre auch die Herausgabe einer die Staatsangehörigkeit der Beklagten nachweisenden grundbuchsfähigen Urkunde. Das Verhalten der Beklagten sei völlig unbegründet und mutwillig. Sie befinde sich im Übrigen im Annahmeverzug, weshalb gemäß § 1419 ABGB die widrigen Folgen auf sie fielen; dies sei festzustellen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei; das Berufungsgericht habe sich bei seiner Entscheidung nicht auf gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen können; aus der Entscheidung 5 Ob 38/81 ergebe sich insbesondere nicht, wie der Liegenschaftsverkäufer im Fall der Weigerung des Käufers vorzugehen habe, um die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags zu erreichen. In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, durch die Nichtabnahme der Kaufsache gerate der Käufer zwar in Annahmeverzug, habe jedoch grundsätzlich nur eine Obliegenheitsverletzung zu verantworten, es sei denn, der Verkäufer hätte ein eigenständiges, bei Abschluss des Kaufvertrags erkennbares, von der Kaufpreiszahlung verschiedenes Interesse an der Abnahme. Ein solches habe regelmäßig der Liegenschaftsverkäufer, weil mit dem Liegenschaftseigentum unter anderem steuerliche, aber auch zivilrechtliche Verpflichtungen verknüpft sind; er könne daher bei Annahmeverzug den Antrag auf Verbücherung stellen, zu welchem Zweck ihm auch die Klage auf Ausstellung bzw Übergabe der erforderlichen verbücherungsfähigen Urkunden zuzubilligen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Die Beklagte strebt zwar mit ihren Revisionsanträgen (weiterhin) die Abweisung des gesamten vom Berufungsgericht beurteilten Klagebegehrens, also auch die Abweisung des Feststellungsbegehrens, an, setzt sich damit aber inhaltlich in ihrer Revision nicht weiter auseinander. Es braucht daher nicht näher darauf eingegangen zu werden.

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs haben mangels einer allgemeinen Regelung im Grundbuchsgesetz bei der Beurteilung der Antragslegitimation in Grundbuchsverfahren die allgemeinen Anordnungen des Außerstreitgesetzes zu gelten; daraus ergibt sich grundsätzlich eine Antragslegitimation sowohl des durch die beantragte Grundbuchshandlung Berechtigten als auch des durch diese Belasteten (RIS‑Justiz RS0006730). Dies wurde bereits zum Außerstreitgesetz 1854 damit begründet, dass Partei und somit zum Ansuchen berechtigt jedermann sei, der in seinen subjektiven Rechten unmittelbar berührt wird (vgl etwa Hoyer, JBl 1984, 382 [Entscheidungsanmerkung]). Daran hat sich im Hinblick auf § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG, BGBl I 2003/111 („unmittelbare Beeinflussung der rechtlich geschützten Stellung"), auch nach der neuen Rechtslage nichts geändert (vgl auch G. Kodek in Kodek Grundbuchsrecht [2007] § 77 GBG Rz 11 f mwN).

Damit ist aber auch der Veräußerer einer Liegenschaft im Grundbuchsverfahren betreffend die Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers antragslegitimiert (5 Ob 38/81 = SZ 56/17 = JBl 1984, 381 [Hoyer]; 4 Ob 69/92; s auch RIS‑Justiz RS0060971). Die von der Beklagten in ihrer Revision vertretene Auffassung, sie könne als Liegenschaftskäuferin nicht zur Einverleibung ihres Eigentumsrechts im Grundbuch gezwungen werden, steht nicht im Einklang mit dieser Rechtsprechung. Es ist dabei auch nicht ersichtlich, warum dadurch das Grundrecht der Beklagten auf Eigentum verletzt sein sollte. Nach den Grundsätzen des österreichischen Zivilrechts bedarf der Eigentumsübergang an unbeweglichen Sachen zwingend der Eintragung im Grundbuch (§ 431 ABGB). Soweit die Beklagte meint, es sei „Rechtsrealität, dass Liegenschaften oftmals durch vielerlei 'Hände' gehen, ehe ein Käufer es für tunlich ‑ aus welchen Gründen auch immer - hält, sein Eigentumsrecht verbüchern zu lassen", ist sie im Übrigen mit dem Berufungsgericht darauf zu verweisen, dass sie im Verfahren erster Instanz eine beabsichtigte „außerbücherliche" Weitergabe der Eigentumswohnung nicht behauptet hat.

2.2. Befindet sich der Käufer einer Liegenschaft im Annahmeverzug, soll nach der Entscheidung 5 Ob 38/81, der sich auch ein Teil der Lehre angeschlossen hat (Hoyer, JBl 1984, 382 [Entscheidungsanmerkung]; Koziol in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² [2007] § 1425 Rz 2), im Hinblick auf § 1425 ABGB eine Hinterlegung der Liegenschaft ausscheiden; unbewegliche Sachen könnten ja nicht in Verwahrung genommen werden. Diese Auffassung stieß zwar bei einem Großteil der Lehre auf Ablehnung (vgl etwa Gschnitzer in Klang VI² [1951] 414; Ch. Rabl, Hinterlegung, Selbsthilfeverkauf und Preisgabe - Rechtsbehelfe im Annahmeverzug des Gläubigers, ÖJZ 1998, 688; Reischauer in Rummel, ABGB³ [2002] § 1425 Rz 20; Heidinger in Schwimann, ABGB³ [2006] § 1425 Rz 6) und auch die Entscheidung 7 Ob 50/00d ließ gegenüber dieser Gegenmeinung bereits durchaus Wohlwollen erkennen. Einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu dieser widersprüchlich diskutierten Rechtsfrage bedarf es jedoch im vorliegenden Verfahren nicht, stimmen doch auch die Vertreter der Gegenmeinung der Auffassung Hoyers zu, wonach es der gerichtlichen Verwahrung jedenfalls dort nicht bedarf, wo lediglich eine verbücherungsfähige Urkunde fehlt; durch die Klage auf Ausstellung einer derartigen Urkunde könne der Verkäufer jederzeit die Eintragungsvoraussetzungen schaffen (s etwa Reischauer, aaO § 1419 Rz 3; Heidinger, aaO).

Dieser von der überwiegenden Lehre vertretenen Ansicht tritt die Beklagte in ihrer Revision lediglich mit dem stereotypen Argument entgegen, es gebe „keine gesetzliche Bestimmung und keine Judikatur, wonach die aus einem verfehlten Urteilsbegehren beklagte Partei verpflichtet sein soll, einem Kläger, der sich selbst in einem verfehlten Klagebegehren verpflichtet hat, als Bedingung der Durchsetzbarkeit seines Klagebegehrens das Eigentum der Beklagten im Grundbuch einzuverleiben, den Staatsbürgerschaftsnachweis zur Verfügung zu stellen", „sie sei [auch] nicht verpflichtet, [dem Kläger] die Verbücherung [ihres] Eigentumsrechts zu überlassen". Dieser nicht näher begründeten Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Die Beklagte hat auch im gesamten Verfahren unbestritten gelassen, dass der Kläger für die Eintragung ihres Eigentumsrechts an der Eigentumswohnung (unter anderem) eine grundbuchsfähige Urkunde benötigt, mittels derer er in der Lage ist, ihre Staatsangehörigkeit zu bescheinigen. Damit haben die Vorinstanzen aber zutreffend die Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen, dem Kläger ihren Staatsbürgerschaftsnachweis oder ein anderes zur grundbücherlichen Einverleibung taugliches Personaldokument oder eine beglaubigte Kopie eines solchen zu übermitteln.

3. Zuletzt meint die Beklagte noch, es könne „dem Kläger wohl nicht freistehen, zwecks Durchsetzung seines verfehlten Urteilsbegehrens von [ihr] gleichsam 'stückweise' die Herausgabe von Urkunden zu verlangen". Ohne dies näher darzulegen, spricht sie damit offensichtlich den Umstand an, dass der Kläger nach wie vor nicht über eine verbücherungsfähige Kaufvertragsurkunde verfügen dürfte (den Feststellungen lässt sich dies nicht konkret entnehmen, der Kläger meint in der Revisionsbeantwortung aber, das Leistungsurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien über 590.000 EUR sei eine solche Urkunde). Es ist allerdings kein Grund ersichtlich, warum der Kläger ‑ von allfälligen Kostenfolgen abgesehen ‑ verpflichtet sein sollte, sämtliche ihm noch fehlenden grundbuchsfähigen Urkunden in einem einzigen Verfahren geltend zu machen. Dass sich dies, wie die Beklagte in der Revision meint, aus der „ne bis in idma" (richtig wohl: ne bis in idem) - Wirkung des „Grundurteils" (gemeint offensichtlich das erwähnte Leistungsurteil) ergeben soll, ist nicht nachvollziehbar.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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