Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller begehrte die Annahme der von ihm bei Gericht erlegten (insgesamt sechs) Schlüssel der Wohnung ***** W***** als gerichtlichen Erlag im Sinne des § 1425 ABGB, wobei die Ausfolgung der Schlüssel an die Erlagsgegnerin nur gegen Nachweis der Zahlung eines Betrages von S 110.000,-- oder auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes zu erfolgen habe, und stützte dieses Begehren darauf, dass er auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches vom 30. 10. 1997 verpflichtet sei, der Antragsgegnerin diese Wohnung Zug um Zug gegen Bezahlung von S 110.000,-- geräumt von eigenen Fahrnissen bis längstens 22. 12. 1997 zu übergeben. In dem von der Antragsgegnerin hierauf betriebenen Exekutionsverfahren sei als Räumungstermin der 22. 9. 1999, 8.00 Uhr festgesetzt worden, und zwar Zug um Zug gegen Zahlung von S 110.000,--. Dazu habe der Antragsteller der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass er bereit sei, die Wohnung gegen Bezahlung von S 110.000,-- zu übergeben. Das sei aber von der Antragsgegnerin mit der Begründung abgelehnt worden, dass die S 110.000,-- nicht bezahlt würden. Die Antragsgegnerin habe vielmehr diese S 110.000,-- im Hinblick auf eine Klage des Antragstellers auf Nichtigerklärung des Vergleiches hinterlegt. Daraufhin habe der Antragsteller angeboten, die Schlüssel gegen die Bezahlung von S 110.000,-- an Ort und Stelle auszufolgen und diese Klage unter Anspruchsverzicht zurückzuziehen, worauf jedoch die Antragsgegnerin nicht reagiert habe. Nunmehr habe der Antragsteller die Klage zurückgezogen. Nach § 1425 ABGB sei er jedoch im Falle der Annahmeverweigerung zur gerichtlichen Hinterlegung berechtigt. Die Wohnung sei in der Zwischenzeit auch bereits geräumt worden.
Das Erstgericht wies den Erlagsantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass sich der Erleger durch die gerichtliche Hinterlegung nicht von einer Schuld im Sinne des § 1425 ABGB befreien und ein Schuldverhältnis erfüllen wolle, sondern der Erlag "gleichsam nur zur eigenen Sicherheit des Antragstellers", und zwar um die Bezahlung des Betrages von S 110.000,-- sicherzustellen, erfolgen solle. Dies widerspreche jedoch § 1425 ABGB.
Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es führte im Wesentlichen rechtlich aus, dass die Schuld des Antragstellers auch die Räumung der Wohnung von eigenen Fahrnissen umfasse, weshalb allein durch die gerichtliche Hinterlegung der bezeichneten Wohnungsschlüssel eine Befreiung des Antragstellers von seiner Verbindlichkeit nicht erreicht werden könne. Weiters sei eine Eignung zum gerichtlichen Erlag nicht gegeben, sondern nur allenfalls die Möglichkeit der Übergabe an einen vom Gericht zu bestellenden Verwahrer. Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt nicht S 260.000,-- übersteige, jedoch der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein gerichtlicher Erlag von Wohnungsschlüsseln zwecks Schuldtilgung im Hinblick auf eine vollstreckbare Verpflichtung zur Übergabe und Räumung der Wohnung zulässig sei, fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs mit dem - abweichend von seinem Standpunkt in den Vorinstanzen - Begehren auf Erlagsannahme der Schlüssel ohne Zug-um-Zug-Verknüpfung ihrer Ausfolgung an die Erlagsgegnerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Hinterlegung nach § 1425 ABGB ist im Verfahren außer Streitsachen zu fällen (EvBl 1991/91; Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 15 zu § 1425; Danzl, Geo Anm 8b zu § 284). Demnach kann der Oberste Gerichtshof gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zwar ohne Rücksicht auf den Wert der Erlagssache, jedoch in Abhängigkeit vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, angerufen werden.
Der Erlagsgrund ist im Erlagsgesuch anzugeben. Das Erlagsgericht hat zu prüfen, ob ein Grund wie der angegebene zur Hinterlegung im Sinne des § 1425 ABGB an sich taugt. Dem Erlagsgericht obliegt dabei (nur) eine Schlüssigkeitsprüfung; sie verhindert, dass die Gerichte aus beliebigen Gründen mit Verwahreraufgaben belastet werden. Insoweit kann der Annahmebeschluss im Rechtsmittelverfahren überprüft werden; auch der Erlagsgegner kann geltend machen, dass das Vorbringen des Erlegers unschlüssig sei (ZIK 1999, 213; JBl 1999, 315 = EvBl 1999/42; JBl 2000/449; Reischauer aaO Rz 17 zu § 1425). Eine solche Unschlüssigkeit liegt hier vor:
Nach § 1425 ABGB kann der Schuldner die "abzutragende" Sache bei dem Gericht hinterlegen, wenn eine Schuld, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist, oder aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt werden kann.
Die Schuld, von der der Antragsteller sich nach seinen eigenen Ausführungen im Antrag durch die Hinterlegung befreien möchte (vgl dazu auch grundsätzlich Harrer/Heidinger in Schwimann ABGB2 § 1425 Rz 1 f; EvBl 1989/107) ist seine titelmäßige Verpflichtung, die genannte Wohnung geräumt "zu übergeben". Es geht hiebei nicht (nur) um die Schlüssel, die geeignet sein könnten, als "Zeichen" die Übergabe im Sinne des § 427 ABGB zu bewirken (vgl dazu Koziol/Welser Grundriss II10, 27; MGA ABGB35 § 427 E 12 = SZ 25/138 ua), sondern vielmehr darum, dass im Ergebnis der Besitz hinsichtlich der Wohnung übertragen werden soll.
§ 1425 ABGB sieht zwei Formen der Verwahrung vor, und zwar einerseits unmittelbar bei Gericht und andererseits durch die gerichtliche Bestellung eines Verwahrers. Für den gerichtlichen Erlag (Hinterlegung im engeren Sinne) sind zwar gemäß § 284 Abs 1 Z 3 Geo unter anderem auch Fahrnisse, jedoch bloß Juwelen und andere "Kostbarkeiten" geeignet. Dies sind allerdings nur Sachen, die trotz des kleinen Rauminhaltes und geringen Gewichts einen sehr hohen Wert haben und nach der Rechtsüberzeugung im Allgemeinen als Kostbarkeiten angesehen werden; Fahrnisse, die nicht "Juwelen oder andere Kostbarkeiten" sind, können hingegen nach § 284 Abs 4 Geo nur durch Übergabe an einen vom Gericht zu bestellenden Verwahrer in gerichtliche Verwahrung genommen werden (LGZ Wien WR 473; Danzl aaO, § 284 Anm 6). Eine Wohnung wäre daher als "sonstige Sache" im Sinne des § 284 Abs 4 Geo nach dem Vorgesagten nur durch die Übergabe an einen vom Gericht zu bestellenden Verwahrer als gerichtliche Verwahrung zu beantragen (Hinterlegung im weiteren Sinn). Nur dadurch kann auch gewährleistet werden, dass alles vorgekehrt wird, um eine Verschlechterung der Sache hintanzuhalten (vgl ZVR 1997/95). Eine Verwalterbestellung hinsichtlich der genannten Wohnung wurde aber anders als (offensichtlich) in dem der Entscheidung GlU 11.456 zugrundeliegenden Fall gar nicht begehrt.
Auf die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit (ablehnend beim Verkauf von Liegenschaften allerdings unter Bezugnahme auf die Möglichkeit der Bewirkung der Eigentumsübertragung durch den Verkäufer nach den grundbuchsrechtlichen Vorschriften OGH 1. 2. 1983, JBl 1984/381 mit Besprechung von Hoyer; aA Reischauer aaO § 1425 Rz 20, 32 mwN; mit beachtenswerten Überlegungen auch Rabl, Hinterlegung, Selbsthilfeverkauf und Preisgabe - Rechtsbehelfe im Annahmeverzug der Gläubiger, JBl 1998, 688, insbes 689 f) einer "Hinterlegung" von Liegenschaften ist daher nicht weiter einzugehen.
Insgesamt lässt der vorliegende Antrag keinen Zweifel offen, dass der Antragsteller nur die Verwahrung der Schlüssel begehrte, damit aber schon nach seinem Vorbringen eine Erfüllung der behaupteten eigenen schuldrechtlichen Verpflichtung nicht dargetan war.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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