OGH 10Ob79/07a

OGH10Ob79/07a9.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*gmbH, *, vertreten durch Dr. Georg Schuchlenz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei A* GmbH, *, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4.849,‑- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 4. Mai 2007, GZ 1 R 108/07p‑34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 15. Februar 2007, GZ 24 C 579/06d‑24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E85555

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,74 (darin EUR 66,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 20. 2. 2003 mietete die beklagte GmbH von Dkfm. Heinz Ö*, dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei, die in einem Bürohaus in K* im ersten Obergeschoss gelegenen Büroräumlichkeiten im Ausmaß von 131 m2 um einen monatlichen Mietzins von EUR 856,81 zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer. Punkt Siebentens des Mietvertrags lautet:

„Die Mieterin übernimmt das Mietobjekt im neuwertigen Zustand (neu ausgemalen und neu versiegelte Parkettböden, Beleuchtungskörper, Markisen). Die Mieterin übernimmt die Verpflichtung, den Mietgegenstand während der gesamten Vertragsdauer auf ihre Kosten ohne Anspruch auf Ersatz in dem übernommenen Zustand zu erhalten und nach Beendigung des Mietvertrages in demselben Zustand (neue Malerei und Neuversiegelung des Bodens) zurückzustellen.

Hiezu obliegt es dem Vermieter unwiderruflich allenfalls erforderliche Reparaturmaßnahmen durchzuführen."

Ende 2005/Anfang 2006 hat die beklagte Partei - nach der von ihr ausgesprochenen Kündigung - das Mietobjekt an die klagende Partei zurückgestellt, ohne es neu ausmalen und die Parkettböden versiegeln zu lassen. Der Unterbau zweier Türschwellen war gebrochen; ein Teppichboden hatte - zum Teil großflächige - Flecken.

Mit der Behauptung, die beklagte Partei habe das Bestandobjekt übermäßig abgenützt und entgegen den vertraglich übernommenen Verpflichtungen zurückgestellt, begehrte die klagende Partei

für das Neuausmalen EUR 1.605,00

für das Neuversiegeln des Parkettbodens und

die Reparatur der Türschwellen EUR 3.847,50

und für den Austausch des verschmutzten

Teppichbodens EUR 1.323,64

insgesamt EUR 6.416,14.

Die beklagte Partei wandte im Wesentlichen ein, dass sie das Bestandobjekt ordnungsgemäß an die klagende Partei zurückgestellt habe. Diese könne für die Abnützung des Bestandobjekts durch dessen vertragsmäßigen Gebrauch keinen Ersatz begehren. Punkt Siebentens des Mietvertrages sei sittenwidrig, weil dadurch die Erhaltungspflicht des Vermieters auf den Mieter überwälzt werde. Im Übrigen sei der beklagten Partei nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, den vertraglich übernommenen Verpflichtungen nachzukommen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von EUR 4.849,‑- statt und wies das Mehrbegehren von EUR 1.567,14 ab; der klagsabweisende Teil des Ersturteils ist in Rechtskraft erwachsen.

Über die eingangs genannten hinaus traf das Erstgericht folgende weitere Feststellungen:

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei hat das Haus in K* vor 37 Jahren erworben. Damals waren die heute noch bestehenden Türschwellen und Parkettböden schon vorhanden. Im Laufe der Jahre ließ der Geschäftsführer der klagenden Partei diese Schwellen und Parkettböden mehrmals neu versiegeln und die Wände neu ausmalen.

Kurz vor Abschluss des Mietvertrages vom 20. 2. 2003 besichtigte ein Vertreter der beklagten Partei die Büroräumlichkeiten. Damals war noch ein alter Teppichboden vorhanden, auf dessen Austausch gedrungen wurde. Tatsächlich ließ der Geschäftsführer der klagenden Partei dann einen neuen Teppichboden verlegen.

Als die beklagte Partei das Bestandobjekt zurückstellte, war der Parkettboden entsprechend einer dreijährigen Benützungsdauer normal abgenützt; er war mangelhaft gepflegt. Der Bruch der Türschwellen war auf ihr Alter und nicht auf einen übermäßigen Gebrauch durch die beklagte Partei zurückzuführen.

Für die Neuversiegelung des Bodens ist ein Kostenaufwand von EUR 3.200,‑- netto notwendig. Ein Austausch des Teppichbodens ist nicht erforderlich, da es ausreicht, einzelne Teppichfliesen auszutauschen. Hiefür ist ein Aufwand von EUR 120,‑- zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt EUR 144,‑- notwendig. Das Neuausmalen des Bestandobjekts erfordert einen Aufwand von EUR 1.605,‑‑.

Die beklagte Partei hat nie angeboten, die Renovierungsarbeiten selbst vornehmen zu lassen. Sie schlug nur vor, günstigere Professionisten namhaft zu machen, was sie aber in der Folge nicht tat.

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, dass im Teilanwendungsbereich des MRG die vertragliche Vereinbarung von Erhaltungspflichten des Mieters zulässig sei. Die von den Parteien vereinbarte Regelung sei nicht sittenwidrig. Beide Vertragsteile seien Unternehmer. Eine bestimmte Regelung zu treffen liege in ihrer Vertrags- und Dispositionsfreiheit und schlage sich auch in der Gestaltung des Mietzinses nieder. Darüber hinaus sei die getroffene Regelung auch sachlich gerechtfertigt: Selbst bei einer kurzen Mietdauer werde der Mietgegenstand abgenützt (zB Einschlagen von Nägeln in Wände; Kratzer und Flecken in Böden). Eine Regelung, wonach der Mieter das Bestandobjekt nach seinem Auszug wieder neu ausmalen und die Böden versiegeln lassen müsse, habe auch den Zweck, Streitigkeiten über die Notwendigkeit dieser Maßnahmen zu unterbinden. Der Mieter könne sich von vornherein auf die ihm obliegenden Pflichten einstellen. Umgekehrt wisse auch der Vermieter, dass er einem neuen Mieter gegenüber die Wohnung wieder als neuwertig anbieten und bestmöglich vermieten könne. Dies sei nur dann möglich, wenn das Ausmalen und Neuversiegeln tatsächlich unmittelbar nach Beendigung des Mietverhältnisses erfolge und keine Spuren des alten Mieters mehr vorhanden seien.

Die beklagte Partei habe daher die Kosten für das Ausmalen der Wohnung (EUR 1.605,‑‑) und für die Versiegelung der Böden (EUR 3.200,‑‑) zu tragen. Weiters würden ihr die Kosten für die Behebung der Flecken am Teppichboden (EUR 144,‑‑) zufallen, da es sich hierbei um eine über eine gewöhnliche Abnützung hinausgehende Beschädigung handle. Demgegenüber seien die Kosten für die Sanierung der Türschwellen nicht von der vertraglichen Verpflichtung der beklagten Partei umfasst. Insgesamt stehe der klagenden Partei eine Summe von EUR 4.849,‑- zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer mangelfreien Beweiswürdigung und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass sowohl im Teil- als auch im Vollanwendungsbereich des MRG die Erhaltungspflicht nach § 1096 ABGB durch Vereinbarung auf den Mieter überwälzt werden könne. Der zwingende Charakter der Erhaltungspflicht des Vermieters, was den Mietgegenstand selbst betreffe, beziehe sich lediglich auf die ernsten Schäden des Hauses und die Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden Gesundheitsgefährdung, nicht aber auf jene Aufwendungen, die notwendig seien, um den Mietgegenstand in brauchbaren Zustand zu versetzen. Die von den Parteien getroffene Regelung sei dadurch, dass sie vom dispositiven Recht abweiche, noch nicht sittenwidrig. Sie sei nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder einem Vertragsformblatt enthalten und sei einzeln ausgehandelt worden.

Der vorliegende Fall sei nicht mit dem vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 78/06f entschiedenen Fall vergleichbar, in dem 39 von 40 Vertragsklauseln in einem Mietvertrag als gesetzwidrig erkannt worden seien. Dieses Urteil gelte nur für Mietvertragsformulare von kommerziellen Vermietern, die sie gegenüber Konsumenten verwendeten. Außerdem finde im Verbandsprozess keine geltungserhaltende Reduktion statt. Im vorliegenden Fall sei nur zu überprüfen, ob die zwischen zwei gleichwertigen Vertragspartnern geschlossene Vereinbarung, das Mietobjekt nach Beendigung des Mietverhältnisses neu ausgemalt und mit neu versiegelten Parkettböden zurückzustellen, gegen zwingende Bestimmungen des MRG oder des ABGB verstoße. Mit der von der beklagten Partei übernommenen Verpflichtung, bei Rückstellung des Mietobjekts über die dispositive Bestimmung des § 1109 ABGB hinaus einen besonderen Zustand herzustellen, sei zulässigerweise der Inhalt der Zurückstellungsverpflichtung modifiziert worden, sodass die klagende Partei (weil der von ihr bei der Zurückstellung vorgefundene Zustand der Bestandsache nicht dem vertraglich festgelegten bzw - hinsichtlich des Teppichbodens - nicht dem gesetzlich geforderten Zustand entsprochen habe) die beklagte Partei auf Ersatz iSd § 1111 ABGB in Anspruch nehmen könne. Die von der beklagten Partei weiters aufgeworfene Frage, ob es durch eine Vereinbarung, mit der die Mieterin bestätige, den Mietgegenstand in neuwertigem Zustand übernommen zu haben, zu einer unzulässigen Beweislastverschiebung zum Nachteil der Mieterin gekommen sei, stelle sich aufgrund der getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht.

Die Revision sei zulässig, weil nach der Entscheidung 7 Ob 78/06f noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit der vertraglichen Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter ergangen sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsabweisenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist nicht berechtigt.

Ihrer Revision legt die beklagte Partei zugrunde, dass die von den Vertragsparteien in Punkt Siebentens des Mietvertrages getroffene Regelung sittenwidrig sei, weil die Klausel darauf abziele, den Zinsminderungsanspruch des § 1096 ABGB zu beseitigen, was auch zwischen Unternehmern nicht ausgeschlossen werden könne. Weiters unterscheide die Klausel im Widerspruch zu § 9 KSchG nicht zwischen nützlichen und notwendigen Aufwendungen. Zwar sei ein Verzicht auf Ersatz von Aufwendungen im Vorhinein grundsätzlich zulässig, aber hinsichtlich des notwendigen Aufwandes nur, soweit auch eine von § 1096 ABGB abweichende Instandhaltungspflicht vereinbart werden könnte. Auch wenn die beklagte Partei bei Rückstellung des Mietobjektes über die dispositive Bestimmung des § 1109 ABGB hinaus zur Herstellung eines besonderen Zustandes verpflichtet werde, könne der Inhalt der Zurückstellungsverpflichtung nicht so weit reichen, dass der Boden neu versiegelt werden müsse, obwohl die Nutzungsdauer einer Parkettversiegelung bei 10 - 20 Jahren liege und daher eine Bereicherung der klagenden Partei eintreten würde, was ebenfalls sittenwidrig wäre. In einer Verpflichtung des (unternehmerischen) Mieters zum Neuausmalen liege ein Verstoß gegen die §§ 1096 und 1109 ABGB. Gerade bei einer kurzen Mietdauer sei der Punkt Siebentens für die Mieterin gröblich benachteiligend. Weiters sei von den Vorinstanzen nicht ausreichend beachtet worden, dass die Vermieterin keine über eine schonende Nutzung hinausgehenden Abnützungen und Schäden unter Beweis gestellt habe.

Dazu hat der Senat erwogen:

Zunächst ist klarzustellen, dass der Akteninhalt keinerlei Anhaltspunkte dafür bietet, dass das Mietverhältnis in den bloßen Teilanwendungsbereich des MRG fiel: Weder erstattete eine der Parteien ein entsprechendes Vorbringen noch gibt es eine Tatsachengrundlage, aus der sich ableiten ließe, dass einer der Fälle des § 1 Abs 4 Z 13 MRG vorliegt. Der in der Berufung der beklagten Partei enthaltene Hinweis auf § 3 MRG - der im Teilanwendungsbereich des MRG nicht anwendbar ist - schließt aus, dass beide Parteien übereinstimmend von einer bloßen Teilanwendbarkeit des MRG ausgehen. Der vorliegende Geschäftsraummietvertrag fällt in den Geltungsbereich des § 1 Abs 1 MRG. Mangels Nachweises eines konkreten Ausnahmetatbestandes besteht eine Vermutung für die Vollanwendbarkeit des MRG (2 Ob 104/99d = wobl 2000, 227/115[Prader]; RIS‑Justiz RS0069235; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 1 MRG Rz 52).

Auch im Vollanwendungsbereich des MRG erachtete es die bisherige ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für zulässig, dem Mieter vertraglich Erhaltungs- und Instandhaltungspflichten aufzuerlegen, soweit nicht die in § 3 Abs 2 MRG genannten Arbeiten betroffen waren (RIS‑Justiz RS0021233, RS0021525; zuletzt 8 Ob 153/06t = wobl 2007, 211/77 [zustimmend Würth]). Dass den Vermieter keine Verpflichtung nach § 3 Abs 2 MRG trifft, ein Bestandobjekt neu auszumalen und neu zu versiegeln (zum Ausmalen ausdrücklich 7 Ob 594/93 = SZ 66/182; 7 Ob 218/00k = immolex 2002/23, 68 = MietSlg 53.259) bezweifelt die beklagte Partei gar nicht.

Aber auch unter die dem Mieter nach § 8 Abs 1 Satz 2 MRG auferlegte Wartungs‑/Instandhaltungspflicht lässt sich das Ausmalen und Neuversiegeln nicht subsumieren: Der Mieter hat den Mietgegenstand und die für ihn bestimmten Einrichtungen zu warten und (lediglich) insoweit instandzuhalten, dass dem Vermieter und den übrigen Mietern kein Nachteil erwächst. Korrespondierend zu § 3 Abs 2 MRG umfasst die in § 8 Abs 1 Satz 2 MRG geregelte Verpflichtung des Mieters nicht die Behebung ernster Schäden des Hauses und (in der hier noch nicht anzuwendenden Fassung der Wohnrechtsnovelle 2006) die Beseitigung einer erheblichen Gesundheitsgefährdung.

Die hier zu beurteilende Ausmal- und Versiegelungspflicht betrifft keine Maßnahme, die eine Regelung im MRG erfahren hat. Umstritten ist die Frage, ob in diesem „Graubereich" zwischen § 8 Abs 1 Satz 2 MRG und § 3 Abs 2 MRG § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB gilt, wonach der Vermieter verpflichtet ist, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu übergeben und zu erhalten: Nach einer Auffassung (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 3 MRG Rz 3; Prader, MRG² § 3 Anm 2; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch [Hrsg], Österreichisches Wohnrecht § 8 MRG Rz 17) ist § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB im Vollanwendungsbereich des MRG überhaupt nicht anzuwenden. In dem vom MRG nicht geregelten Bereich bestünden demnach weder Erhaltungspflichten des Vermieters noch des Mieters. Nach der gegenteiligen Auffassung (Rosifka, Grenzen der mietvertraglichen Regelung der Erhaltungspflicht, ecolex 2007, 161 [163 ff]; Wilhelm, Erhaltungspflicht des Vermieters im MRG‑Vollanwendungsbereich, ecolex 2007, 221) gilt § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB auch im Vollanwendungsbereich, soweit nicht Arbeiten nach § 3 Abs 2 MRG oder nach § 8 Abs 1 Satz 2 MRG betroffen sind.

In der Rechtsprechung wird auch im Vollanwendungsbereich des MRG implizit überwiegend von einer Anwendbarkeit des § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB ausgegangen: Das ergibt sich aus der Bezugnahme darauf, dass § 1096 ABGB dispositives Recht darstellt und davon abweichende Instandhaltungspflichten des Mieters zulässig vereinbart werden dürfen, soweit nicht Arbeiten nach § 3 Abs 2 MRG betroffen sind (7 Ob 2170/96k = immolex 1997/84 = MietSlg 48.219; 7 Ob 218/00k = immolex 2002/23, 68 = MietSlg 53.141; 8 Ob 153/06t = wobl 2007, 211/77 [Würth] ua).

Die in Verbandsprozessen ergangenen „Klauselentscheidungen" 7 Ob 78/06f (den Teilanwendungsbereich des MRG betreffend) und 1 Ob 241/06g (den Vollanwendungsbereich betreffend) stellen die Zulässigkeit entsprechender vertraglicher Vereinbarungen insbesondere unter konsumentenschutzrechtlichen Aspekten in Frage: Die vertragliche Auferlegung von Erhaltungs‑/Instandhaltungspflichten, die den Mieter nach der Gesetzeslage sonst nicht treffen, bewirke eine unzulässige Beschränkung von Gewährleistungsansprüchen (Zinsminderungsrecht nach § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB) und verstoße damit gegen § 9 Abs 1 KSchG. Den „Klauselentscheidungen" folgten zahlreiche literarische Stellungnahmen (Böhm/Graf, Miete und Konsumentenschutz Teil I, immolex 2007, 102; Böhm, Miete und Konsumentenschutz Teil II, immolex 2007, 134; Teil III, immolex 2007, 166; Böhm, Topaktuell: Die 2. „Klauselentscheidung" liegt vor, immolex 2007, 198; Riss, Mietvertragsklauseln auf dem Prüfstand des Verbraucherrechts, wobl 2007, 62; Rosifka, Grenzen der mietvertraglichen Regelung der Erhaltungspflicht, ecolex 2007, 161; Rosifka, Rechtswidrige Vertragsbestimmungen in Formularmietverträgen, ecolex 2007, 233; Vonkilch, Mietverträge im Fokus des Verbraucherrechts, wobl 2007, 185; Würth, Anmerkung zu 1 Ob 241/06g, wobl 2007, 210; Prader/Kuprian, Verwirrung um das Ausmalen im Mietrecht nach den beiden Klauselentscheidungen, RdW 2007, 458). Überwiegend als ungeklärt wurde die Frage bezeichnet, ob auch außerhalb des Geltungsbereiches des KSchG die vertragliche Auferlegung von Erhaltungs‑/Instandhaltungspflichten entgegen der bisherigen, von der herrschenden Lehre gebilligten Rechtsprechung unzulässig sei, weil auch der in § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB geregelte Zinsminderungsanspruch unverzichtbar gestaltet ist (Würth, Anmerkung zu 1 Ob 241/06g, wobl 2007, 210 f; Vonkilch, wobl 2007, 185 [193 f]; Böhm, immolex 2007, 198 [201 f]). Betont wurde ferner, dass die Entscheidung 1 Ob 241/06g die bereits erwähnte umstrittene Frage nicht beantwortet, ob im Vollanwendungsbereich des MRG den Vermieter für Maßnahmen, die weder seiner zwingenden Erhaltungspflicht nach § 3 Abs 2 MRG noch der Instandhaltungs‑/Wartungspflicht des Mieters nach § 8 Abs 1 Satz 2 MRG unterliegen, überhaupt selbst eine - nach der bisherigen Rechtsprechung jedenfalls abdingbare (RIS‑Justiz RS0021525; zuletzt 8 Ob 153/06t = wobl 2007, 211/77) - Erhaltungspflicht nach § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB trifft. Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen erübrigt sich hier aber aus folgenden Überlegungen:

Das KSchG findet auf den Geschäftsraummietvertrag der beklagten GmbH keine Anwendung.

Zu beurteilen ist nur die Zulässigkeit jener mietvertraglichen Bestimmung, die eine Verpflichtung der Beklagten festlegt, das Objekt nach Beendigung des Mietvertrages neu ausgemalt und neu versiegelt zurückzustellen. Zu diesem Zeitpunkt können keine Zinsminderungsansprüche entstehen. Die Frage, ob die Auferlegung dieser Verpflichtung einen Gewährleistungsausschluss bewirken könnte, stellt sich nicht. Es muss daher auch nicht näher darauf eingegangen werden, ob und inwieweit – selbst wenn man die Geltung des § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB auch im Vollanwendungsbereich des MRG unterstellt - den Vermieter während aufrechten Mietvertrages überhaupt eine Verpflichtung trifft, bloße Abnutzungserscheinungen an bei Mietbeginn frisch ausgemalten Wänden und einem frisch versiegelten Boden zu beheben. Dass im konkreten Fall während der bloß dreijährigen Bestanddauer ein Ausmalen und/oder Neuversiegeln erforderlich gewesen wäre und die Nichtvornahme zu Gebrauchsbeeinträchtigungen der Mieterin führte, wurde auch gar nicht behauptet.

Anzuknüpfen ist vielmehr an § 1109 Satz 1 ABGB, wonach der Bestandnehmer die Bestandsache nach Beendigung des Bestandverhältnisses „dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat," zurückzustellen hat. Nach der Rechtsprechung muss der Bestandnehmer jedoch nicht für die durch den vertragsgemäßen Gebrauch bewirkte Abnutzung des Bestandgegenstandes aufkommen (RIS‑Justiz RS0020760 [T1]). Grundsätzlich ist somit der Mieter nicht verpflichtet, ein Bestandobjekt neu ausgemalt oder neu versiegelt zurückzustellen. § 1109 ABGB stellt allerdings dispositives Recht dar, sodass eine anders lautende Vereinbarung zulässig ist (RIS‑Justiz RS0020737; Würth in Rummel³ §§ 1109, 1110 ABGB Rz 6). Das gilt im Vollanwendungsbereich des MRG jedenfalls soweit, als nicht Erhaltungsarbeiten iSd § 3 Abs 2 MRG betroffen sind. So wurde in der Entscheidung 7 Ob 594/93 (= SZ 66/182), die ebenfalls den Vollanwendungsbereich des MRG betraf, ausdrücklich eine Vereinbarung, die den Mieter nach Mietvertragsende zum Neuausmalen verpflichtete, für zulässig erachtet. Der Hinweis der beklagten Partei auf eine dadurch bewirkte Bereicherung des Klägers lässt außer Acht, dass eine Bereicherung schon begrifflich nicht in Betracht kommt, wenn die Vermögensverschiebung durch eine vertragliche Vereinbarung gedeckt ist.

Auch aus der Entscheidung 7 Ob 78/06f (= JBl 2007, 181) lässt sich eine generelle Unzulässigkeit der Übernahme einer Ausmal‑/Versiegelungspflicht des Mieters nicht ableiten: Die dort zu beurteilende Klausel 32 lautete wie folgt:

„Der Mietgegenstand ist bei Beendigung des Mietverhältnisses, aus welchem Grund immer in ordnungsgemäßem Zustand, dh wie bei Mietbeginn übernommen, jedenfalls neu ausgemalt zurückzustellen. Ansonsten ist der Vermieter berechtigt, die diesbezüglichen Instandhaltungskosten dem scheidenden Mieter in Rechnung zu stellen."

Der 7. Senat beurteilte diese Klausel deshalb als unzulässig, weil der Mieter bei der gebotenen konsumentenfeindlichsten Auslegung jegliche (auch noch so unerhebliche) Gebrauchsspuren beseitigen müsste. Im Übrigen werde dadurch gegebenenfalls auch die Erhaltungspflicht des Vermieters überwälzt, was im Vollanwendungsbereich des MRG gegen § 3 MRG, im Teilanwendungsbereich bei einem Konsumenten gegen § 9 Abs 1 KSchG verstoße. Die Begründung bezieht sich somit erkennbar auf die generelle Verpflichtung des Mieters zur Rückstellung in ordnungsgemäßem Zustand, also etwa auf seine Verpflichtung, auch ernste Schäden im Objekt bei Mietvertragsende beheben zu lassen, nicht aber isoliert betrachtet auf die Ausmalverpflichtung: Das zeigt der Verweis auf einen möglichen Verstoß gegen § 3 MRG, der - wie bereits dargelegt - hier jedenfalls keine Rolle spielen kann, weil sich § 3 Abs 2 MRG gerade keine Verpflichtung des Vermieters entnehmen lässt, ein Mietobjekt in regelmäßigen Abständen neu ausmalen oder neu versiegeln zu lassen. Auch im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, dass - entsprechend der bisherigen Rechtsprechung - eine Verpflichtung des Mieters zur Zurückstellung eines neu ausgemalten Objektes zulässig vereinbart werden kann (Prader/Kuprian, RdW 2007, 458 [461 ff]; Böhm, immolex 2007, 166 [167 FN 12]).

Auch wenn man zugrunde legt, dass die Übernahme der hier zu beurteilenden Ausmal- und Versiegelungspflicht funktionell eine Mietzinsleistung des Mieters darstellt, die sich daher an den gesetzlichen Mietzinsobergrenzen messen lassen muss (so Schwimann/Böhm, ABGB² IV § 8 MRG Rz 44 ff; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch [Hrsg], Österreichisches Wohnrecht § 8 MRG Rz 15), ist für die beklagte Partei nichts gewonnen: Dass durch die Übernahme der - ziffernmäßig bestimmbaren - Ausmal- und Versiegelungspflicht Mietzinsobergrenzen (hier: angemessener Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG) überschritten worden wären, wurde gar nicht behauptet.

Es verbleibt daher eine Prüfung des von der beklagten Partei erhobenen Einwandes der Sittenwidrigkeit der getroffenen Vereinbarung.

Sittenwidrigkeit einer Vertragsbestimmung iSd § 879 Abs 1 ABGB liegt nur vor, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt (RIS‑Justiz RS0045886). Davon kann hier keine Rede sein: Nach dem zwischen den Parteien nicht strittigen Mietvertragsinhalt wurde das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Situation, dass ein Mieter, der einen bloß auf kurze Zeit befristeten Vertrag schloss, nach Beendigung des Vertrages neu ausmalen und versiegeln muss, ist daher hier nicht zu beurteilen. Vielmehr endete das Mietverhältnis durch Eigenkündigung der beklagten Mieterin. Überdies steht fest, dass das Mietobjekt der beklagten Partei neu ausgemalt und versiegelt übergeben wurde. Die Tatsache, dass die beklagte Partei den Mietgegenstand neu ausgemalt und versiegelt übernahm, rechtfertigt aber auch das Interesse des Vermieters, das Objekt in eben diesem Zustand zu übernehmen, um es ohne weitere Verzögerungen und Kosten wieder neu zu vermieten können. Die bloße Abweichung der Vereinbarung von der dispositiven Bestimmung des § 1109 ABGB - die erst durch die Rechtsprechung entgegen ihrem Wortlaut berichtigend dahin ausgelegt wurde, dass der Bestandgeber die „normale" Abnutzung hinzunehmen hat - begründet noch keine Sittenwidrigkeit (so auch Böhm, immolex 2007, 166 [168]).

Die von der beklagten Partei übernommene Ausmal- und Versiegelungspflicht ist somit als zulässig zu beurteilen.

Kommt aber der Bestandnehmer seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes nicht nach, ist der Bestandgeber berechtigt, den Ersatz der Kosten der Herstellung dieses Zustandes zu verlangen (RIS‑Justiz RS0020788).

Die Frage der Kostentragung für den Austausch einzelner Teppichfliesen wird in der Revision nicht mehr releviert.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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