OGH 14Os77/07s

OGH14Os77/07s31.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Juli 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Höller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johannes Z***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 13. April 2007, GZ 28 Hv 42/07f-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Johannes Z***** des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 30. März 2006 in Jenbach seine Mutter Maria Z***** durch wiederholte (zumindest sechs) wuchtige Fußtritte gegen ihren Kopf und wiederholte wuchtige Fußtritte gegen ihren Oberkörper, wodurch sie Brüche des rechten Augenhöhlenbodens, Einblutungen unter die harte Hirnhaut, eine Gehirnerschütterung, ausgedehnte Quetschungen, ausgedehnte Prellungen und mehrfache Abschürfungen erlitt, zu töten versucht hatte. Die Geschworenen hatten die anklagekonform nach dem Verbrechen des versuchten Mordes gestellte Hauptfrage bejaht, demgemäß Eventualfragen in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung und des Vergehens der schweren Körperverletzung unbeantwortet gelassen und die Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit verneint, sodass auch die weitere Eventualfrage nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung unbeantwortet blieb. Die vom Angeklagten dagegen aus dem Grund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Die Fragenrüge reklamiert die nach Ansicht des Beschwerdeführers durch seine Verantwortung und die Ergebnisse des gerichtspsychiatrischen Sachverständigengutachtens indizierte, jedoch unterbliebene Stellung einer Eventualfrage (auch) nach dem Verbrechen des versuchten Totschlags nach §§ 15, 76 StGB.

Gegenstand von Eventualfragen ist ein von jenem der Hauptfrage(n) abweichendes Tatgeschehen, welches - rechtlich konsequent - die Subsumtion des Prozessgegenstandes unter eine oder mehrere andere als jene strafbaren Handlungen zur Folge hätte, auf die sich die Hauptfragen bezogen. Aus Z 6 prozessförmig vorgebrachte Kritik am Unterlassen von Eventualfragen muss sich demnach neben der Nennung jener strafbaren Handlungen, nach denen eventualiter gefragt hätte werden sollen, auf ein solches Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung berufen (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 43; RIS-Justiz RS0119418). Dabei darf der Rechtsmittelwerber den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage einzelner, isoliert aus dem Kontext der Gesamtverantwortung und der gutachterlichen Expertise insgesamt gelöster Teile davon führen, sondern hat vielmehr die für die vermisste Fragestellung ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0120766; Schindler, WK-StPO § 313 Rz 14 f). Demgegenüber vernachlässigt der Angeklagte mit dem Hinweis auf seine Angaben zu einem tataktuellen tiefgreifenden Affekt als Reaktion auf behauptete, ihn verletzende Äußerungen seiner Mutter, dass er einen - (auch) für das Verbrechen des versuchten Totschlags nach §§ 15, 76 StGB tatbestandsessentiellen - Tötungsvorsatz dezidiert und konsequent verneint und vielmehr stets eine bloß auf die Zufügung von Verletzungen gerichtete Tatintention behauptet hat (S 33, 39 verso, 43/II). Der Beschwerdehinweis auf das einen zum Tatzeitpunkt vorgelegenen heftigen Affektzustand des Angeklagten attestierende gerichtspsychiatrische Sachverständigengutachten lässt unberücksichtigt, dass der darin beschriebene Affekt im Wesentlichen (und insoweit auch vom Angeklagten selbst zugestanden, S 423/I) auf der im Rahmen eines chronischen Alkoholmissbrauchs tataktuell vorgelegenen beträchtlichen Alkoholisierung des Angeklagten (S 435, 439 ff/I) im Zusammenhalt mit einer als Folge des fortdauernden schizophren-psychotischen Residualzustands vorgelegenen Einschränkung der psychischen Belastbarkeit des Beschwerdeführers und der Herabsetzung seiner Bewältigungsmechanismen in Konfliktsituationen (S 435, 437, 445/I) beruhte.

Demgegenüber legt die Beschwerde nicht dar, worin die allgemeine Begreiflichkeit des Geratens in eine heftige Gemütsbewegung gelegen sein solle (vgl RIS-Justiz RS0092138, 14 Os 86/05m; RS0092115, 15 Os 72/97).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte