Spruch:
Dem Rekurs wird teilweise, und zwar hinsichtlich der Zurückweisung des Zwischenantrags auf Feststellung des Beklagten betreffend die Rechtsunwirksamkeit des § 10 Abs 4 des Gesellschaftsvertrags vom 19. Juli 1991 und der Aufhebung des Zwischenurteils in diesem Umfang, Folge gegeben, die angefochtene Entscheidung in diesem Umfang aufgehoben und dem Berufungsgericht insoweit die Entscheidung über die Berufung des Beklagten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
In den verbundenen Rechtssachen 22 Cg 207/04y und 23 Cg 211/04v begehrt der Kläger
1. im führenden Verfahren, dem Beklagten die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht, die ihm auf Grund des Gesellschaftsvertrags vom 19. 7. 1991 in der ***** Z***** Mag. H. B***** KG mit dem Sitz in W***** eingeräumt sei, zu entziehen, und
2. im verbundenen Verfahren, den Beklagten schuldig zu erkennen, seine Löschung als Gesellschafter der in Rede stehenden Kommanditgesellschaft zum Firmenbuch anzumelden, die ihm vom Landeshauptmann für Niederösterreich erteilte Konzession zum Betrieb der Apotheke zurückzulegen und alle Erklärungen abzugeben, damit die Konzession Mag. pharm. Dieter P***** verliehen werde. Auf Grund von § 10 Abs 4 des Gesellschaftsvertrags sei der Beklagte als Komplementär mit Vollendung des (65.) Lebensjahres, in dem er frühestens Leistungen der Pensionsversicherung aus der Alterspension in Anspruch zu nehmen berechtigt gewesen sei, somit am *****, aus der Gesellschaft ausgeschieden. Dennoch weigere er sich, sein Ausscheiden im Firmenbuch anzumelden und setze weiter Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen. Darüber hinaus lägen weitere wichtige Gründe zur Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis darin, dass er entgegen den bestehenden Vereinbarungen Geschäftsaufzeichnungen, buchhalterische Maßnahmen und einzelne steuerrechtliche Vorkehrungen nicht mehr vom Kläger als Kommanditisten bzw von dessen Unternehmen und Mitarbeitern erledigen lasse, obwohl er auf Grund kaufmännischer Unerfahrenheit nicht in der Lage sei, diese Maßnahmen selbst wahrzunehmen. Weiters hätten sich die Streitteile im Gesellschaftsvertrag darauf geeinigt, eine bestimmte Person mit der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung der Gesellschaft zu beauftragen. Dieses Auftragsverhältnis habe der Beklagte gekündigt, was ebenfalls den Interessen des Klägers als mit 75 % am Gesellschaftsvermögen Beteiligtem widerspräche. Der Beklagte habe entgegen den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zwar selbst Gewinne entnommen, solche dem Konto des Klägers aber nicht gut gebucht. Der Beklagte habe daher seine Verpflichtung zur Gesellschaftstreue mehrfach verletzt und das für Personengesellschaften maßgebliche Vertrauensverhältnis der Gesellschafter zerstört, weshalb das Fortbestehen der bisherigen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis für den Kläger unzumutbar sei.
Der Beklagte bestritt die ihm zur Last gelegten Verletzungen gesellschaftsvertraglicher Verpflichtungen und wandte vor allem ein, dass der Gesellschaftsvertrag § 12 Abs 2 Apothekengesetz (ApG) widerspreche, weil sich die dort vorgesehene Frist von 10 Jahren für den Übergang der Mehrheitsbeteiligung an den Konzessionsinhaber im Gesellschaftsvertrag nicht finde, weshalb dieser gemäß § 12 Abs 4 letzter Satz ApG rechtsunwirksam sei. Die Frage der Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags, zumindest in dessen § 10 Abs 4, sei für beide Verfahren präjudiziell, sodass der Beklagte ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Rechtsunwirksamkeit habe. Daher stellte er einen Zwischenantrag auf Feststellung dahin, dass der Gesellschaftsvertrag vom 19. 7. 1991 in seinen §§ 2 Abs 1 und 2, 10 Abs 4 rechtsunwirksam und darüber hinaus der Kläger verpflichtet sei, dem Beklagten einen weiteren Anteil von 26 % am Vermögen der ***** KG unter Lebenden zu übertragen.
Der Kläger erwiderte, dass der Gesellschaftsvertrag dem § 12 ApG nicht widerspreche, weil danach die Beteiligung des Konzessionärs und Komplementärs von 25 % auf insgesamt mehr als die Hälfte des gesamten Apothekenunternehmens entweder durch Übergang von Todes wegen oder längstens innerhalb von 10 Jahren durch Übergang unter Lebenden zu erhöhen sei, nicht aber - wie vom Beklagten vertreten - jedenfalls innerhalb von 10 Jahren. Dieser Meinung habe sich auch die NÖ Landesregierung angeschlossen, die mit Bescheid vom 20. 10. 1994 den Gesellschaftsvertrag gemäß § 12 Abs 4 ApG genehmigt habe. Einem Antrag des Beklagten auf Nachprüfung des Gesellschaftsvertrags und Rücknahme der Genehmigung des Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 12 Abs 5 ApG sei nicht Folge gegeben worden.
Mit Zwischenurteil sprach das Erstgericht über den Zwischenfeststellungsantrag dahin ab, dass es den zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag vom 19. 7. 1991 als rechtswirksam feststellte.
Das Berufungsgericht hob über vom Beklagten erhobene Berufung dieses Zwischenurteil auf und wies den Zwischenfeststellungsantrag als unzulässig zurück. Der Beklagte habe keine konkreten Behauptungen dazu aufgestellt, inwieweit sein Antrag für die Klagebegehren in den verbundenen Verfahren präjudiziell wäre und inwieweit eine positive Entscheidung über die anhängigen Verfahren hinaus wirken würde. Die rein theoretische Möglichkeit der Geltendmachung weiterer Ansprüche genüge nicht.
Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten ist rechtzeitig und zulässig (4 Ob 529/91; 1 Ob 6/03v; RIS-Justiz RS0039705; Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 519 ZPO Rz 3 und 12), aber nur zum Teil berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 259 Abs 2 ZPO kann der Beklagte, ohne der Zustimmung des Klägers zu bedürfen, während der mündlichen Streitverhandlung einen Antrag auf Feststellung im Sinne des § 236 ZPO stellen. Diese Bestimmung gibt dem Kläger die Möglichkeit, ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis oder Recht, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder zum Teile abhängt, in dem über die Klage ergehenden oder in einem demselben vorausgehenden Urteil feststellen zu lassen. Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags ist also das Begehren, urteilsmäßig über den Bestand oder Nichtbestand eines Rechts oder Rechtsverhältnisses abzusprechen, wobei das Gesetz aus Gründen der Prozessökonomie, aber auch des Sachzusammenhangs dem Rechtsschutzwerber den separaten Klageweg erspart (Deixler-Hübner in Fasching/Konecny2 III § 236 ZPO Rz 3). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Zwischenantrags auf Feststellung ist - neben der Zuständigkeit des Prozessgerichts und der Tatsache, dass die Entscheidung nicht in einem ausschließlich vorgeschriebenen Verfahren getroffen werden muss -, dass die Feststellung für das Hauptbegehren präjudiziell ist und über den anhängigen Prozess hinaus wirkt. Es sollen Vorfragen für den Klagsanspruch über den Rahmen des konkreten Rechtsstreits hinaus rechtskräftig beantwortet werden (RIS-Justiz RS0039600). Reicht dagegen die Bedeutung der begehrten Feststellung nicht über den konkreten Rechtsstreit hinaus, besteht kein Bedürfnis nach selbstständiger urteilsmäßiger Feststellung des präjudiziellen Rechtsverhältnisses, weil die in den Entscheidungsgründen vorgenommene Beurteilung zur Erledigung des konkreten Rechtsstreits ausreicht und sich in ihm erschöpft (6 Ob 112/01s). Es sollen künftige Rechtsstreitigkeiten über gleichartige Ansprüche zwischen den gleichen Parteien präjudiziert werden, die aus demselben rechtserzeugenden Sachverhalt abgeleitet werden können (RIS-Justiz RS0039575). All diese Voraussetzungen müssen vom Antragsteller dargetan werden (RIS-Justiz RS0034336), außer sie sind auf Grund der Sachlage klar erkennbar (RIS-Justiz RS0039468). Fehlt auch nur eine der beiden Voraussetzungen, ist der Zwischenantrag nicht zulässig (1 Ob 611/94 mwN).
Im führenden Verfahren stützt der Kläger seinen Anspruch, dem Beklagten die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht zu entziehen, auf verschiedene Umstände, die seiner Ansicht nach eine Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft darstellten und das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern zerstört hätten. Für dieses Begehren ist die Frage der Wirksamkeit bzw Unwirksamkeit der im § 2 Abs 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter sowie ein allfälliger Anspruch des Beklagten auf Übertragung von 26 % des Gesellschaftsanteile an ihn nicht präjudiziell, weshalb der Zwischenfeststellungsantrag insoweit bereits aus diesem Grund unzulässig ist. Weder die Beantwortung der Frage, ob die festgelegten Beteiligungsverhältnisse mit § 12 ApG vereinbar waren bzw sind, noch jener, ob daraus ein allfälliger Übertragungsanspruch von Gesellschaftsanteilen resultiert, ist maßgeblich für die Entscheidung, ob dem Beklagten die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen ist.
Dagegen stellt die Frage, ob der Beklagte überhaupt noch Gesellschafter oder nach § 10 Abs 4 des Gesellschaftsvertrags bereits ausgeschieden ist, eine Vorfrage für die Entscheidung über das Begehren auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht dar. Gleiches gilt für das Begehren auf Anmeldung der Löschung des Beklagten als Gesellschafter zum Firmenbuch im verbundenen Verfahren. Hier ist daher die zweite Voraussetzung zu prüfen, also die über den anhängigen Prozess hinausgehende Wirkung, wobei eine nur in den Entscheidungsgründen vorgenommenen Beurteilung nicht ausreicht. Nach der Judikatur genügt in diesem Zusammenhang die bloße, nicht näher konkretisierte Behauptung, die begehrte Feststellung wirke über den Rahmen des Rechtsstreits hinaus, ebenso wenig (RIS-Justiz RS0039528) wie die bloß theoretische Möglichkeit der Geltendmachung weiterer Ansprüche; vielmehr muss nach der konkreten Lage des einzelnen Falls die Präjudizialität der zu klärenden Frage für andere Ansprüche des Antragstellers wahrscheinlich sein (RIS-Justiz RS0039514). Aus dem erstinstanzlichen Vorbringen des Antragstellers ergeben sich Gründe für eine solche Wirkung einer Zwischenfeststellungsentscheidung in urteilsmäßiger Form nicht. Auch sein Vorbringen im Rekurs an den Obersten Gerichtshof stellt - abgesehen vom Neuerungsverbot - nur auf Allgemeinplätze - wie den wirtschaftlichen Unterschied einer Beteiligung von 25 % und einer solchen von über 50 % oder die vermutete Änderung der Genehmigungspraxis der Apothekenkammer im Zusammenhang mit gleichgelagerten Gesellschaftsverträgen - ab. Allerdings ist nach der Sachlage evident, dass eine selbstständige Entscheidung der Vorfrage, ob § 10 Abs 4 des Gesellschaftsvertrags rechtswirksam ist und daher der einzige Grund, aus dem der Kläger die aufrechte Gesellschafterstellung des Beklagten in Abrede stellt, vorliegt oder nicht, eine grundsätzliche Klärung des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses der Streitteile und ihrer daraus resultierenden Rechte und Pflichten mit sich bringt und daher insoweit über die anhängigen Verfahren hinausgehend Rechtssicherheit zwischen den Parteien zu schaffen geeignet ist (vgl 1 Ob 130/02b; 5 Ob 61/03m; 5 Ob 1027/92).
Dem Rekurs ist daher insoweit Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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