OGH 1Ob130/02b

OGH1Ob130/02b11.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ingrid R*****, 2. Domkapitel G*****, und 3. Mag. Johannes K*****, sämtliche vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei K***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 7. Jänner 2002, GZ 4 R 180/01z-12, mit dem infolge Berufung der klagenden Parteien gegen das Zwischenurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. April 2001, GZ 22 Cg 16/01x-8, der Zwischenantrag der beklagten Partei auf Feststellung zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird aufgetragen, über die Berufung der klagenden Parteien unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens über den Zwischenantrag der beklagten Partei auf Feststellung.

Text

Begründung

Die Kläger begehrten von der beklagten Partei insgesamt S 2,137.077 samt Zinsen an Schadenersatz und brachten dazu im Wesentlichen vor, dass ihnen für gewisse Abschnitte eines Flusses Fischereirechte zustünden. Im Zusammenhang mit dem Umbau der Wehranlage einer Wasserkraftanlage habe die beklagte Partei die Entleerung des Staubeckens nicht entsprechend dem Bescheid der Wasserrechtsbehörde durchgeführt. Dadurch seien erhebliche schlammhaltige Wassermassen in den Fluss gekommen, was unter anderem zu einem Fischsterben und zu einer Zerstörung von Laichplätzen geführt habe.

Die beklagte Partei wendete vor allem die mangelnde Aktivlegitimation der Kläger mit der Begründung ein, dass diesen keine Fischereirechte zustünden. Solche könnten auch dann, wenn ein Fischereirecht als offenkundige Dienstbarkeit bereits existiere, ausschließlich durch Einverleibung im Lastenblatt des dienenden Grundstücks erworben werden. Mit der Begründung, dass die Frage, ob den Klägern Fischereirechte zustünden, für die Entscheidung des Gerichts präjudiziell sei, stellte die beklagte Partei einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass den Klägern keine Fischereirechte an diesem Fluss zukämen.

Die Kläger beantragten, den Zwischenantrag auf Feststellung zurückzuweisen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen; bei Stattgebung des Klagebegehrens wäre festgestellt, dass den Klägern die Berechtigung zum Fischfang zusteht.

Mit seinem Zwischenurteil stellte das Erstgericht fest, dass den Klägern kein Fischereirecht an dem Fluss zukomme. Der Zwischenantrag auf Feststellung sei zulässig, weil die Frage, ob den Klägern ein Fischereirecht zukommt, sowohl für den vorliegenden Rechtsstreit als auch für zukünftige Streitigkeiten präjudiziell sei. Die Kläger seien zwar als "Fischereiberechtigte" im Vormerkblatt für den Fischereikataster für das Land Kärnten eingetragen. Dieser Kataster wirke jedoch keinesfalls konstitutiv. Da keiner der Kläger die grundbücherliche Eintragung seines Fischereirechts für sich in Anspruch nehmen könne, fehle ihnen - unabhängig von einem möglicherweise bestehenden Titel - der zwingend vorgeschriebene Modus zum Erwerb von Fischereirechten.

Das Berufungsgericht wies infolge Berufung der Kläger in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung den Zwischenantrag auf Feststellung zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht mit Rechtskraftwirkung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Fischereirechts abgesprochen werden könne, weil Verpflichteter aus einer entsprechenden Dienstbarkeit der Kläger ausschließlich die Republik Österreich als Eigentümerin des öffentlichen Gewässers wäre. Die Frage der Anspruchsberechtigung der Kläger als dinglich Berechtigte (Fischereiberechtigte) stelle eine Vorfrage dar, die im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache zu lösen sei, jedoch wegen Fehlens der für die Zulässigkeit eines Zwischenantrages auf Feststellung notwendigen Voraussetzungen nicht zum Gegenstand einer selbständigen Entscheidung gemacht werden könne.

Der Rekurs der beklagten Partei ist - entgegen der Auffassung der Kläger - jedenfalls zulässig, weil § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf die Zurückweisung eines Zwischenfeststellungsantrags durch das Berufungsgericht sinngemäß anzuwenden ist (SZ 29/2, ZfRV 1996, 123, Fasching, Lehrbuch2 Rz 1085, Rechberger/Frauenberger in Rechberger2, Rz 8 zu § 236 ZPO, Kodek in Rechberger2, Rz 3 zu § 519 ZPO). Er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Zwischenfeststellungsantrags nach § 236 Abs 1 ZPO - der auch von der beklagten Partei gestellt werden kann (§ 259 Abs 2 ZPO) - ist, dass das festzustellende Rechtsverhältnis für die Entscheidung in der Hauptsache präjudiziell ist und dass die Bedeutung der Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht (Judikaturnachweise bei Rechberger/Frauenberger in Rechberger2, Rz 5 zu § 236 ZPO). Dass die Berechtigung des Klagebegehrens davon abhängt, ob den Klägern Fischereirechte an den entsprechenden Bereichen des Flusses zustehen, kann nicht zweifelhaft sein; sie leiten ihre Ansprüche ausdrücklich und primär aus ihrer Stellung als Fischereiberechtigte ab. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es jedoch nicht darauf an, ob die Rechte oder Rechtsverhältnisse, die zum Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags gemacht wurden, gerade zwischen den Prozessparteien oder aber - wie hier - zwischen einer Prozesspartei und einem Dritten (hier: dem Gewässereigentümer) bestehen. Auch Rechtsbeziehungen einer der Parteien zu einer dritten Person können Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein, wenn die Rechtsverhältnisse der einen Partei durch das Verhalten der anderen unmittelbar berührt werden (EvBl 1977/20, JBl 1978, 382, JBl 1986, 55 ua). Entscheidend ist auch in diesen Fällen ausschließlich, ob die Bedeutung der begehrten Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht, also auch für zukünftige Rechtsbeziehungen der Streitteile Bedeutung haben kann.

Dies hat schon das Erstgericht zutreffend bejaht. Auch die beklagte Partei hat im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass mit weiteren Spülungen durch die beklagte Partei als Kraftwerksbetreiberin zu rechnen sei, was auch in Hinkunft Schadenersatzforderungen nach sich ziehen könne. Dieser - im Rekurs wiederholten - Erwägung vermögen die Kläger in ihrer Rekursbeantwortung nichts entgegenzusetzen. Es erscheint auch keineswegs unwahrscheinlich, dass es auch in Hinkunft durch Maßnahmen der beklagten Partei im Zusammenhang mit der Wasserkraftanlage zu einer Beeinträchtigung des Fischbestands und damit zu Schadenersatzansprüchen der Fischereiberechtigten kommen könnte. Gerade deshalb ist der beklagten Partei ein Interesse daran zuzugestehen, schon im Rahmen dieses Prozesses durch einen Zwischenantrag auf Feststellung klären zu lassen, ob den Klägern Fischereirechte - und damit das potentielle Recht auf Schadenersatz - zustehen.

Da somit die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 236 ZPO für den von der beklagten Partei gestellten Zwischenantrag auf Feststellung erfüllt sind, erweist sich der Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichts als unrichtig. Es wird im fortzusetzenden Berufungsverfahren die Berufung der klagenden Parteien meritorisch zu behandeln haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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