Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beiden Minderjährigen befinden sich in Obsorge ihrer Mutter, die früher mit dem Vater in Lebensgemeinschaft gelebt hat. Auf Grund einer Vereinbarung vom 29. 4. 1997 ist der Vater verpflichtet, für die mj. M***** monatlich S 4000,- (EUR 290,69) an Unterhalt zu zahlen. Für den mj. M*****wurde bislang kein Unterhaltsbetrag festgelegt.
Der Jugendwohlfahrtsträger beantragte als Vertreter der Minderjährigen, den für die mj. M*****zu leistenden Unterhaltsbetrag auf EUR 482,- monatlich zu erhöhen und den vom Vater für den mj. M***** zu leistenden Unterhaltsbetrag mit EUR 320,- monatlich festzusetzen.
Der Vater sprach sich gegen diese Anträge aus. Er habe mehrere Kredite zurückzuzahlen, die er während aufrechter Lebensgemeinschaft im Einvernehmen mit der Mutter aufgenommen habe. Insgesamt leiste er Rückzahlungen von EUR 2.035,96 monatlich, und zwar für Kredite, die er für den Kauf einer Liegenschaft, für eine Küche und für den Garagenzubau aufgenommen habe bzw zur Abdeckung des noch offenen Kaufpreises für die Liegenschaft. Diese Belastungen seien von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen, weshalb der Unterhaltsanspruch der mj. M***** mit EUR 174,- monatlich und jener des mj. M***** mit EUR 112,- monatlich festgesetzt werden wolle. Der Jugendwohlfahrtsträger schränkte daraufhin den Unterhaltsfestsetzungsantrag auf EUR 415,- monatlich für die mj. M***** bzw auf EUR 275,- monatlich für den mj. M***** ein. Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Unterhaltsantrag vollinhaltlich statt. Es ging von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Vaters von EUR 3.278,84 sowie von weiteren Sorgepflichten des Vaters für seine Ehegattin und ein weiteres, 1984 geborenes Kind aus. Die Kreditverpflichtungen des Vaters - nur deren Berücksichtigung ist Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens - seien nicht von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen, weil diese Rückzahlungen nach dem Auszug von Mutter und Kindern nicht den Unterhaltsberechtigten zugute kämen, sondern primär der Vermögensbildung dienten. Zudem erspare sich der Vater dadurch monatlich Mietzinszahlungen.
Im Umfang der Festsetzung der Unterhaltsbeträge für die mj. M***** mit EUR 174,- und für den mj. M***** mit EUR 112,- erwuchs dieser Beschluss unangefochten in Rechtskraft. Im übrigen hob ihn das Rekursgericht über Rekurs des Vaters auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Zwar sei es richtig, dass Kreditraten bei der Festsetzung des Kindesunterhalts nur ausnahmsweise zu berücksichtigen seien. Inwieweit Schulden dennoch eine Abzugspost darstellen können, sei im Wege einer Interessenabwägung zu beurteilen, für die etwa Zeitpunkt und die Art der Entstehung, ihr Zweck, das allfällige Einverständnis des Partners zur Schuldaufnahme, die Dringlichkeit der Bedürfnisse von Unterhaltspflichtigen und Unterhaltsberechtigten sowie das Interesse an der Schuldentilgung zur Vermeidung des Anwachsens der Schuld maßgebend seien. Der ausführlichen Darstellung der so umschriebenen Rechtslage folgen umfangreiche Ausführungen der zweiten Instanz, mit denen dargelegt wird, dass eine abschließende Beurteilung der Sache nicht möglich sei, weil eine Vielzahl entscheidender Umstände mangels jedweder verwertbaren Beweisergebnisse und Feststellungen nicht beurteilt werden könne. Es sei daher notwendig, Verfahren und Feststellung in erheblichem Umfang zu ergänzen.
Sollte sich auf Grund der Erhebungsergebnisse die Relevanz der Kreditverbindlichkeiten ergeben, stelle sich die Frage, in welcher Form sie zu berücksichtigen wären. Ein Abzug in voller Höhe komme unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht. Beim Unterhaltspflichtigen stelle sich aber - insbesondere dann, wenn eine möglichst gute Verwertung der Liegenschaft am Verhalten der Mutter scheitern sollte - eine Situation dar, die einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nahe komme. Allein die Summe aus den gesamten Kreditrückzahlungen und jene der Unterhaltspflichten nach der Prozentsatzmethode würde bereits - berücksichtige man die Unterhaltspflicht gegenüber der Ehegattin voll und jene gegenüber dem weiteren Kind des Vaters mit EUR 480,- - das laufende Einkommen des Vaters übersteigen. Es läge daher nahe, ihn aus Gleichbehandlungsgründen so zu behandeln wie einen Unterhaltspflichtigen, der sich angesichts einer derartigen Situation im Konkurs befinde. In einem solchen Fall falle das nur eine bescheidene Lebensführung ermöglichende Existenzminimum nicht in die Konkursmasse. Einzubeziehen sei hingegen das den unpfändbaren Freibetrag übersteigende Nettoeinkommen. Die Tilgung von Unterhaltsschulden sei nur aus der jeweiligen Differenz der Existenzminima nach § 291b Abs 2 EO und § 291a EO möglich. Diese Differenz müsste zwischen den Unterhaltsgläubigern aufgeteilt werden. Der Oberste Gerichtshof betone zwar den Grundsatz, dass Schulden die Bemessungsgrundlage nicht vermindern. Befinde sich der Unterhaltsschuldner im Privatkonkurs, so gehe er dennoch von einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit aus. Befinde sich nun ein Unterhaltsschuldner in einer derart prekären finanziellen Lage, die einen Privatkonkurs rechtfertigen würde, habe er jedoch diesen Schritt noch nicht gewagt, stehe die Frage einer Ungleichbehandlung zu einem im Privatkonkurs befindlichen Unterhaltsschuldner im Raum, dessen Zahlungsplanraten ohne weiteres von seiner Bemessungsgrundlage abgezogen werden.
Das Rekursgericht beabsichtige daher, von der ständigen Rechtsprechung insoweit abzugehen, als die besonders hohen, im Einvernehmen mit der Mutter der Kinder und ursprünglich auch in deren Interesse eingegangenen Kreditschulden zwar nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen, aber dadurch berücksichtigt werden, dass der Unterhaltsschuldner wie einer behandelt werde, der seinen laufenden Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann. Somit habe die Entscheidung über den konkreten Einzelfall hinaus weitreichende Bedeutung, sodass der Revisionsrekurs zuzulassen sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der durch den Jugendwohlfahrtsträger vertretenen Minderjährigen mit dem Antrag, ihn im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Vater beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt. Die umfangreichen Ausführungen der zweiten Instanz über die grundsätzlich für die Berücksichtigung von Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners maßgebende Rechtslage werden im Revisionsrekurs nicht bestritten und sind nicht zu beanstanden. Zweck des Rekurses ist aber nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof. Ob die vom Rekursgericht als notwendig erachtete Ergänzung des Verfahrens und der Feststellungen auf der Grundlage seiner nicht bekämpften Rechtsauffassung notwendig ist, hat der Oberste Gerichtshof nicht zu prüfen (RS0042179; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 519 Rz 26). Die Ausführungen des Rekursgerichtes, mit denen es ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ankündigt, beruhen auf Annahmen im Tatsachenbereich, die - wie das Rekursgericht an anderer Stelle (nämlich in der Begründung der Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung) zu Recht ausführt - durch Feststellungen nicht gedeckt sind. Das Rekursgericht kombiniert dabei eine Reihe von Annahmen und konstruiert eine Sachverhaltsvariante, um dann für den Fall, dass sie zutrifft, zur Provozierung einer höchstgerichtlichen Entscheidung eine Abweichung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs anzukündigen. Obgleich der Oberste Gerichtshof nicht berufen ist, hypothetische Sachverhalte zu beurteilen, ist das Rechtschutzinteresse des Revisionsrekurswerbers an der Bekämpfung der Rechtsauffassung des Rekursgerichtes dennoch zu bejahen, weil die vom Rekursgericht seinen Rechtsausführungen zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen jedenfalls denkmöglich zutreffend sein können und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Rechtsausführungen der zweiten Instanz im fortgesetzten Verfahren Bedeutung erlangen. Der Oberste Gerichtshof hält die Rechtsauffassung der zweiten Instanz allerdings nicht für stichhaltig.
Das Rekursgericht knüpft an jüngere Entscheidungen vor allem des 1.
und des 7. Senates an, in denen die Meinung vertreten wurde, die
Unterhaltsbemessungsgrundlage ändere sich aufgrund eines im
Schuldenregulierungsverfahren festgelegten Zahlungsplans; die danach
zurückzuzahlenden Schulden seien grundsätzlich als außergewöhnliche
Belastung abzugsfähig, diene doch der Zahlungsplan gerade dazu, die
Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach
dessen Erfüllung wieder herzustellen (1 Ob 86/04k = SZ 2004/77; 1 Ob
176/04w = EFSlg 107.210; 7 Ob 279/05p = EFSlg 110.311; 7 Ob 289/05h =
EF-Z 2006/13 [Gitschthaler]; 7 Ob 291/05b; diese Rechtsprechung lediglich referierend 6 Ob 52/06z = EF-Z 2006/12 [Gitschthaler]). In 2 Ob 192/06h (EvBl 2007/84) vertrat der Oberste Gerichtshof überdies die Auffassung, dass den Schuldenzahlungen aufgrund eines von den Gläubigern angenommenen Zahlungsplans im Schuldenregulierungsverfahren Schuldenzahlungen aufgrund eines Abschöpfungsverfahrens, in dem der Schuldner seine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit einem Treuhänder der Gläubiger abtritt, gleichzuhalten seien. Auch im Abschöpfungsverfahren sei die Restschuldbefreiung das Ziel, das nach der zitierten Rechtsprechung der Erlangung der (früheren) Leistungsfähigkeit auch im Interesse der Unterhaltsberechtigten diene und daher ebenfalls auf die Unterhaltsfestsetzung für die Dauer der Schuldenrückzahlungen nicht ohne Einfluss bleiben könne.
Diese - hinsichtlich der Details der Unterhaltsermittlung nicht immer einheitliche - Rechtsprechung ist sowohl in der Literatur (Neuhauser in Schwimann, ABGB³ [2005] § 140 Rz 57; Zencica, Konkurs der Unterhaltsbemessung?, ÖA 2006, 63; G. Kodek, Zur Unterhaltsbemessung im Konkurs, Zak 2006, 146) als auch von zahlreichen Zweitinstanzgerichten (etwa LG Linz EFSlg 110.313; LG St. Pölten EFSlg 110.314; LGZ Wien EFSlg 110.315) kritisiert bzw abgelehnt worden. Der Hauptvorwurf der Kritiker besteht darin, dass durch die Berücksichtigung der Zahlungsplanraten Schulden des Unterhaltspflichtigen von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden können, die an sich nicht abzugsfähig wären. Der 9. Senat hatte zu dieser Rechtsprechung und zur daran geübten Kritik bislang noch nicht Stellung zu nehmen. Auch im hier zu beurteilenden Fall besteht dazu keine Veranlassung, weil der hier vertretenen Rechtsauffassung der zweiten Instanz auch dann nicht zu folgen ist, wenn man die oben zitierte Rechtsprechung verschiedener Senate des Obersten Gerichtshofs billigt:
Im vorliegenden Fall ist über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen kein Schuldenregulierungsverfahren anhängig. Das Rekursgericht legt aber seinen Rechtsausführungen die Annahme zugrunde, dass die Voraussetzungen für ein solches Verfahren gegeben seien, aber der Unterhaltsschuldner den zur Einleitung eines Schuldenregulierungsverfahrens nötigen Schritt noch nicht gewagt habe. Es stelle eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, einen überschuldeten Unterhaltsschuldner unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob er sich im Konkurs befinde oder nicht. Diese Überlegung verkennt aber den eigentlichen Grund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung über die Berücksichtigung von Zahlungsplanraten oder Abschöpfungsbeträgen. Wie ausgeführt, beruht diese Rechtsprechung auf der Überlegung, dass das Konkursverfahren letztlich auf die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen abziele, die ja auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen liege. Diese Überlegung trifft aber auf einen nicht in Konkurs befindlichen Unterhaltsschuldner von vornherein nicht zu, sodass für die vom Rekursgericht befürwortete Ausweitung der wiedergegebenen Judikatur - wie immer man zu ihr stehen mag - keine Veranlassung besteht.
Dennoch hat es aus den schon oben angeführten Gründen bei der mit dem angefochtenen Beschluss erfolgten Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zu verbleiben, sodass sich der Rekurs im Ergebnis als nicht berechtigt erweist.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG.
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