Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Der Kläger hat als Rechtsanwalt aufgrund verschiedener Aufträge Leistungen für die Beklagte erbracht und mit dieser Klage verschiedene offene Honoraransprüche geltend gemacht. Keiner der Beträge aus den jeweils offenen Honorarnoten übersteigt EUR 20.000. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise im Gesamtausmaß von EUR 31.593 statt und wies den Rest ab.
Das Berufungsgericht gab der ausschließlich gegen die Stattgebung durch die Beklagte erhobenen Berufung nur in geringfügigem Ausmaß Folge und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von EUR 31.352,32. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Dagegen richtet sich die von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision (Revisionsinteresse EUR 10.935,15), die vom Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde. Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:
Rechtliche Beurteilung
In einem nach § 508 Abs 1 ZPO zu beurteilenden Fall, in welchem der Entscheidungsgegenstand EUR 20.000 nicht übersteigt und das Berufungsgericht ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, ist auch eine außerordentliche Revision nicht zulässig (§ 502 Abs 3, § 505 Abs 4 ZPO).
Hier hat zwar der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat insgesamt EUR 20.000 überschritten (EUR 31.593), es hat sich dabei jedoch um offene Honorarforderungen aus völlig unterschiedlichen Aufträgen („Nachbarschaftsstreitigkeiten", Kaufverträge, Verlassenschaftssachen) gehandelt. Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche, über die das Berufungsgericht entschieden hat, aber nur dann zusammenzurechnen, wenn sie in einem rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0037838 mwN etwa 4 Ob 53/06g; insbes zu Honoraransprüchen 5 Ob 664/81). Dass tatsächlich für die völlig unterschiedlichen Verfahren ein einheitlicher Auftrag und nicht bloß eine einheitliche Vollmacht vorlag, hat sich nicht ergeben. Es sind die verschiedenen offenen Honorarforderungen hier jedenfalls nicht soweit zusammenzurechnen, dass der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insoweit EUR 20.000 übersteigt (RIS-Justiz RS0110872 mwN 2 Ob 255/98h).
Erhebt bei einem „Entscheidungsgegenstand" von unter EUR 20.000 eine Partei eine Revision, so ist diese gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliche" Revision bezeichnet wird und an den Oberste Gerichtshof gerichtet ist. Dieser darf darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass eine ordentliche Revision doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109501 und RS0109623). Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber - wie hier - in dem Schriftsatz keinen Antrag auf Abänderung des Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz gestellt hat. Dieser Mangel ist gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623 mwN 9 Ob 32/07g).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet. Die außerordentliche Revision wird daher dem Berufungsgericht vorzulegen sein bzw wird - wenn das Erstgericht der Meinung sein sollte, dem stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags entgegen - unter Fristsetzung ein Verbesserungsauftrag zu erteilen sein (9 Ob 32/07g mwN; RIS-Justiz RS0109623).
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