OGH 10Ob46/07y

OGH10Ob46/07y11.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sylvia K*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr. Karin Metz, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. DDr. Ingeborg G*****, Rechtsanwältin, ***** vertreten durch Dr. Stephan Trautmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 206.987,32 s.A., über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2007, GZ 15 R 147/06g-87, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin, eine uneheliche Tochter des am 27. 9. 1983 verstorbenen Franz H*****, hat im Juli 1998 die Beklagte, eine Rechtsanwältin, zu ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Verlassenschaftsverfahren nach der am 16. 11. 1997 verstorbenen Großmutter väterlicherseits, Frau Maria H*****, beauftragt. Insbesondere sollte die Beklagte die Pflichtteilsansprüche gegen den zum Alleinerben eingesetzten Adoptivsohn der Verstorbenen, Herrn Stojan K*****, geltend machen. Das von Maria H***** verfasste Testament vom 3. 7. 1994 samt Nachtrag vom 13. 12. 1996 wurde am 2. 12. 1997 kundgemacht. Mit der am 1. 2. 2001 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingelangten Klage begehrte die Klägerin, vertreten durch die nunmehrige Beklagte, von der Verlassenschaft nach Maria H***** ihren Pflichtteil von ATS 3,917.541,50 samt 15 % Zinsen seit 16. 11. 1997. Das in der Folge auf ATS 3,042.541,72 (EUR 221.110,13) samt 15 % Zinsen seit 16. 11. 1997 eingeschränkte Klagebegehren wurde aus dem Grund der Verjährung (§ 1487 ABGB) abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos; eine außerordentliche Revision wurde nicht erhoben. Die Klägerin begehrt von der Beklagten wegen mangelhafter Vertretung Schadenersatz in Höhe von EUR 268.176,81 samt 4 % Zinsen seit Klagstag, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Pflichtteilsklage erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, die am 2. 12. 2000 geendet habe, eingebracht worden sei. Die Beklagte habe ihre Pflichten aus der übernommenen Beauftragung verletzt.

Die Klagsforderung wurde wie folgt aufgeschlüsselt:

Rechtliche Beurteilung

Dem von der Beklagten in ihrer außerordentlichen Revision gerügten sekundären Feststellungsmangel betreffend die Voraussetzungen der Pflichtteilsminderung nach § 773a Abs 1 ABGB stehen die Feststellungen entgegen, dass die Klägerin zu ihrem Vater ein familiäres Verhältnis pflegte, dass es bis zu seinem Tod regelmäßige Kontakte gab und dass die Klägerin ihren Vater auch im Krankenhaus besuchte. Es ist nicht richtig, dass sich das Erstgericht bei seinen Feststellungen lediglich einer substanzlosen Wiedergabe der verba legalia begnügt hätte. Die Frage der Beschaffenheit der beweismäßigen Grundlagen für diese Feststellungen sowie die Feststellungen über den wahrscheinlichen Ausgang eines - ohne Berücksichtigung des Einwandes der Verjährung - abgeführten Pflichtteilsprozesses, einer möglichen Erbunwürdigkeit der Klägerin und des Wertes der Liegenschaft betreffen die vor dem Obersten Gerichtshof nicht anfechtbare Beweiswürdigung.

Das Berufungsgericht hat den Nicht-Abzug der Schätzgebühren des im Verlassenschaftsverfahren beigezogenen Sachverständigen (EUR 16.178,35) damit begründet, dass diese schon als Passiva im Inventar berücksichtigt worden seien, und den Nicht-Abzug der Gebühren des Gerichtskommissärs (EUR 113.448,--) damit, dass die Beklagte diesen Betrag nicht einmal selbst im Vorprozess abgezogen habe; darüber hinaus habe sie im nunmehrigen Prozess die Höhe des Klagebegehrens nur dahin bestritten, dass die Aktiva und Passiva richtig ermittelt worden seien und keinerlei Grundlage bestanden hätte, von diesen Werten abzurücken. Die Gebühren des Gerichtskommissärs seien nicht (ausdrücklich) als pflichtteilsmindernd eingewandt worden. Ob das erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchs- oder Bestreitungsgrundlage ausreicht, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042828 [T9]).

Nach ganz herrschender Auffassung ist die Nachlasspflichtteilsforderung erst ab der „wirklichen Zuteilung" (§ 786 ABGB), das ist ab Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (8 Ob 518/83 = SZ 57/90 uva), zu verzinsen; bis zu diesem Zeitpunkt verdrängt der Anspruch auf Beteiligung an Wertsteigerungen und Verlusten einen Zinsenanspruch (Eccher in Schwimann, ABGB3 III § 786 Rz 2 mwN). Im vorliegenden Fall werden jedoch Zinsen aus einem Schadenersatzbetrag begehrt; dass solche jedenfalls ab Klagstag zustehen steht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (1 Ob 32/94 = RIS-Justiz RS0023392 [T6]). Die Ansicht der beklagten Partei, der Klägerin gar kein Zinsenschaden entstanden sei, lässt außer Betracht, dass es in Bezug auf die gesetzlichen Verzugszinsen

ab Fälligkeit keines Schadensnachweises bedarf (1 Ob 315/97y = SZ

71/56 = RIS-Justiz RS0030480 [T13]).

In Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht auch die Ansicht der Vorinstanzen, dass dann, wenn der Pflichtteil in Geld gefordert wird (und nicht die Ausfolgung des testamentarisch zugedachten Pflichtteils), die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB zur Anwendung kommt (RIS-Justiz RS0034375). Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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