OGH 5Ob287/06a

OGH5Ob287/06a17.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Mag. pharm. Ranthild S*****, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt-KEG in Wien, gegen die Antragsgegner 1. R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Stephan Stoiber, Rechtsanwalt in Wien, 2. a***** GmbH, *****, vertreten durch Klemm Rechtsanwalts-GmbH in Wien, wegen §§ 27, 37 Abs 1 Z 14 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Oktober 2006, GZ 40 R 143/06k-81, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Aktenwidrigkeit:

1.1. Die Antragstellerin wendet sich unter diesem Revisionsrekursgrund zunächst gegen die Ansicht des Rekursgerichts (S 3 des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses), sie habe keine konkreten erstgerichtlichen Feststellungen bekämpft; dies sei „bezogen auf das Vorbringen der Antragstellerin im Rekurs aktenwidrig". Weiters sei die Annahme des Rekursgerichts „eklatant aktenwidrig", wonach die Antragstellerin näher bezeichnete Investitionen selbst als ersatzfähige Positionen bewertet habe (S 5 des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses).

1.2. Eine Aktenwidrigkeit liegt ausschließlich in einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks einerseits und der Zugrundelegung und Wiedergabe desselben durch das Rechtsmittelgericht andererseits (RIS-Justiz RS0043284 [T3]). Eine Aktenwidrigkeit bezieht sich immer auf Tatsachen als Urteilsgrundlage (Zechner in Fasching/Konecny2 § 503 ZPO Rz 175). Die vermeintlich unrichtige Wiedergabe bzw das unzutreffende Verständnis des Inhalts des Rechtsmittels oder die unrichtige Auslegung des Parteivorbringens durch das Gericht zweiter Instanz können daher keine Aktenwidrigkeit begründen (vgl 3 Ob 155/05y; RIS-Justiz RS0041814).

2. Zur Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens:

Die Antragstellerin verweist „zur Begründung dieses Rekursgrundes (....) auf all jene Teile der Rechtsmittelbegründung zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung (....), aus denen sich ergibt, dass es vom Rekursgericht in gesetzwidriger Weise unterlassen wurde, all jene Feststellungen zu treffen, wie diese erforderlich sind, um eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache zu ermöglichen". Mit diesen unsubstanziierten „Ausführungen" zeigt die Antragstellerin keinen damit vermeintlich gesprochenen primären Verfahrensmangel (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG) auf (§ 71 Abs 3 AußStrG).

3. Zur unrichtigen rechtliche Beurteilung:

Die nachmietende Antragstellerin vertritt - unter weitgehend wörtlicher Wiederholung ihres Rekursvorbringens - zusammengefasst die Ansicht, das Rekursgericht habe verkannt, dass - im Lichte des § 27 Abs 1 Z 1 MRG - solche Aufwendungen des früheren Mieters nicht ersatzfähig seien, welche in die Erhaltungspflicht des Hauseigentümers (Vermieters) fielen oder außerhalb des Bestandobjekts an solchen Teilen des Hauses erfolgt seien, welche allgemeine Teile des Hauses bildeten und sämtlichen Mietern im Hause zugute kämen.

3.1. Der Vormieter ist dann berechtigt vom Nachmieter eine Ablösezahlung zu fordern und die geleistete Zahlung zu behalten, wenn er dem Nachmieter eine äquivalente vermögenswerte Leistung zuwendet, die er selbst in die Wohnung eingebracht hat oder auf seine Kosten einbringen ließ oder von einem Dritten (Vermieter, Vormieter oder wem immer; vgl RIS-Justiz RS0069845) entgeltlich oder unentgeltlich als eigenen Vermögensvorteil übernommen hat (8 Ob 645/92). Ohne Belang ist es für die Ersatzfähigkeit, ob der Vormieter oder Vorpächter den Aufwand für die Investitionen bzw die Anschaffung der Einrichtungsgegenstände selbst getragen hat oder sie ihm von dritter Seite ganz oder teilweise unentgeltlich überlassen wurden (RIS-Justiz RS0069839). Überlässt er sie seinem Nachfolger, dann erbringt er eine Leistung, für die er eine entsprechende Ablöse als Gegenleistung verlangen kann (1 Ob 606/93 = MietSlg 45.332).

3.2. Die Schätzung vom Vormieter überlassener Investitionen beziehungsweise Einrichtungsgegenstände zwecks Beurteilung der Zulässigkeit von Ablösevereinbarungen hat objektiv - abstrakt zu erfolgen. Maßgeblich ist allein deren Zeitwert (RIS-Justiz RS0106640). Es kommt nicht auf die besonderen Verhältnisse des neuen Mieters an und nicht darauf, für welche (wirtschaftlichen) Zwecke er den Bestandgegenstand gemietet hat (RIS-Justiz RS0010091 [T1]).

3.3. Dass die vom Vormieter vorgenommenen Investitionen, sofern sie Bestandteil des Hauses geworden sind, in das Eigentum des Vermieters übergingen, ändert nichts daran, dass der Vermieter ohne Rücksicht auf die Beschränkungen des § 10 MRG sich vom Nachmieter den noch vorhandenen Wert der Investitionen ersetzen lassen darf (RIS-Justiz RS0069824; 1 Ob 606/93 = MietSlg 45.332). Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es auch keineswegs ausgeschlossen, die mit Investitionen in Zusammenhang stehenden Kosten der Verbesserung allgemeiner Teile ohne Verstoß gegen § 27 MRG von den Nachmietern ersetzt zu verlangen (5 Ob 106/98v = immolex 1999/31, 41 = wobl 1998/238, 375, Hausmann).

3.4. Von all den zuvor genannten Grundsätzen ist das Rekursgericht nicht abgegangen und es hat auch zutreffend erkannt, dass die Kosten von Erhaltungsarbeiten nicht auf den neuen Mieter überwälzt werden dürfen (RIS-Justiz RS0069983; 5 Ob 131/98w = MietSlg 50.371), Umbau- und Veränderungsarbeiten allerdings keine Erhaltungsarbeiten darstellen (6 Ob 174/99v).

3.5. Entscheidend ist im vorliegenden Fall vielmehr, dass die Antragstellerin diejenigen Arbeiten, die sie für ersatzfähige Investitionen erachtete, durch den Verweis auf ein von ihr eingeholtes, detailliertes Gutachten Blg ./A (Teil 1 und 2) bezeichnet hat. Das Rekursgericht hat dann die von der Antragstellerin in ihrem Rekurs verlangten ergänzenden Feststellungen zur Differenzierung von Erhaltungsarbeiten einerseits und Änderungs-(Verbesserungs-)arbeiten andererseits genau deshalb nicht für erforderlich erachtet, weil die Antragstellerin die betreffenden Arbeiten durch Verweis auf das von ihr vorgelegte Gutachten ohnehin selbst für ersatzfähig erkannt hatte. Gegen diese Vorgangsweise verwahrt sich die Antragstellerin mit der Begründung, sie habe beim Erstgericht ohnehin beantragt, dieses möge den bestellten Sachverständigen anweisen, die von ihr vorgelegten Begutachtungen auf deren Vollständigkeit und Richtigkeit kontrollieren. Ob dieses Vorbringen der Antragstellerin die Notwendigkeit begründete, die von ihr (anfänglich) als ersatzfähig zugestandenen Investitionen näher zu überprüfen, ist aber eine einzelfallbezogene Frage der Auslegung des Parteivorbringens, der regelmäßig keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828); eine unvertretbare, vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Gerichtes zweiter Instanz zeigt die Antragstellerin insoweit nicht auf.

Da die Antragstellerin insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen vermag, ist ihr außerordentlicher Revisionsrekurs unzulässig und zurückzuweisen.

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