OGH 3Ob277/06s

OGH3Ob277/06s29.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Ing. Franz R*****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider den Antragsgegner Land Burgenland, Eisenstadt, Europaplatz 1, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach § 48 bgld Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz 1990, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 31. Oktober 2006, GZ 13 R 58/05k-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 24. Jänner 2005, GZ 1 Nc 32/04p-14, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die hier maßgeblichen europäischen Rechtsvorschriften sind die Flora-Fauna-Habitatsrichtlinie 92/43/EWG (im Folgenden nur FFH-RL) und die Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG (im Folgenden nur V-RL), die am 1. Jänner 1995 umzusetzen gewesen wären, aber in Österreich (noch) nicht umgesetzt wurden, eine entsprechende innerstaatliche Verordnung wurde noch nicht erlassen. Innerstaatlich sind die maßgeblichen Normen das Burgenländische (bgld) Naturschutz- und LandschaftspflegeG bgld LGBl 1961/23 (im Folgenden nur bgld NG 1961) und die auf Grund von §§ 15 und 19 dieses Gesetzes idFd bgld LGBl 1974/9 von der Burgenländischen Landesregierung erlassene bgld Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee bgld LGBl 1980/22 (im Folgenden nur bgld VO Neusiedlersee 1980), das burgenländische Naturschutz- und LandschaftspflegeG bgld LGBl 1991/27 (im Folgenden nur bgld NG 1990) und dessen Novelle 1996 bgld LGBl 1996/66 (im Folgenden nur bgld NG-Novelle 1996). Festzuhalten bleibt, dass das bgld NG 1990 auch schon vorher (bgld LGBl 1993/1) und in der Folge immer wieder novelliert wurde (bgld LGBl 1996/86, 2001/31 und 32 und 2004/58), aber nicht in den hier relevanten Bestimmungen. Ungeachtet der Tatsache, dass der Burgenländische Landesgesetzgeber die Begriffe Grundeigentümerin und Grundeigentümer verwendet, werden im Folgenden beide unter dem Begriff Grundeigentümer zusammengefasst. Der Antragsteller kaufte am 1. September 1998 das Grundstück (GSt) 5757/114 einer näher genannten EZ und wurde bücherlicher Eigentümer. Das unmittelbar am Neusiedlersee gelegene Grundstück besteht in der Natur teils aus Wasserfläche, teils aus verschlammten und teils mit Schilf bewachsenem Grund und ist umgeben von zahlreichen (nach den Angaben des Antragstellers von mehr als 100; siehe auch die aktenkundigen Fotos) Häusern auf den Nachbargrundstücken, die aufgrund der Flächenwidmung „Bauland - Erholung und Fremdenverkehr" der Stadtgemeinde Neusiedl am See bebaut werden konnten. Der Antragsteller beabsichtigte, wie zuvor schon seine Siedlungsnachbarn, die Errichtung eines Einfamilienhauses in der als „Refugium" bezeichneten und Erholungszwecken dienenden Siedlung. Ihm wurden mit den Bescheiden der Baubehörde vom 13. Mai 1997 und 25. Juni 1999 Baubewilligungen erteilt. Der Bauwerber begann noch vor Vorliegen naturschutzbehördlicher Bewilligungen mit den Bauarbeiten in Form von Anschüttungen des Geländes mit Erdmaterial. Das Grundstück des Antragstellers liegt innerhalb des von der Burgenländischen Landesregierung im Jahr 1995 der Europäischen Kommission iSd FFH-RL und der V-RL gemeldeten besonderen Schutzgebiets (Natura 2000), das bereits im bgld NG 1990 als Schutzgebiet ausgewiesen ist. Von dem dreistufigen Verfahren vor der Europäischen Kommission ist nur die 1. Stufe abgeschlossen, nämlich die Meldung an die Kommission. Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. Juli 1999, Zl. 5-N-B1181/21-1999, betreffend „naturschutzbehördliche Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag", wurde (u.a.) der Antrag des Antragstellers auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Vornahme einer Anschüttung und Errichtung einer Uferbefestigung auf seinem GSt 5757/114 abgewiesen und ihm aufgetragen, die schon vorgenommene Anschüttung mit Erdmaterial zu entfernen und den vorigen Zustand (Wasserfläche mit Schilfbestand) wiederherzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) wies mit Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 99/10/0193, die gegen den Bescheid im angeführten Punkt erhobene Beschwerde als unbegründet zurück. Das gleiche Schicksal erlitt der Antragsteller mit seinem mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 1. März 2000, Zl. 5-N-B1181/41-1999, abgewiesenen Antrag auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf seinem GSt 5757/114. In diesem abweisenden Bescheid ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erfordernisse für die Bewilligung nach § 3 bgld VO Neusiedlersee 1980 iVm §§ 5 lit a Z 1 und 6 Abs 1 lit b und Abs 5 bgld NG 1990 nicht vorlägen, weil durch das Bauvorhaben der Lebensraum für Tiere und Pflanzen nachhaltig gefährdet und das Gefüge des Haushalts der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt werde. Das geplante Projekt widerstreite wegen seiner geringen Größe nicht den Zielsetzungen der EU-Richtlinien. Auch hier wies der VwGH mit seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2000/10/0059, die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurück. Der VwGH ging in beiden am selben Tag ergangenen Entscheidungen im Wesentlichen davon aus, aus den unterschiedlichen Formulierungen der Übergangsbestimmung des § 81 bgld NG 1990 und in der anzuwendenden Fassung aufgrund der bgld NG-Novelle 1996 sei zu folgern, dass das im § 2 lit a bgld VO Neusiedlersee 1980 normierte Verbot der Veränderung von Wasser- und Schilfflächen wieder Geltung erlangt habe, sodass sich der Antragsteller durch den von ihm bekämpften, seinen Antrag nach einem Genehmigungsverfahren abweisenden Bescheid nicht für beschwert erachten könne. Am 16. April 2002 stellte der Antragsteller bei der Burgenländischen Landesregierung einen Entschädigungsantrag gemäß § 48 bgld NG 1990 für die ihm durch die Abweisung des Antrags auf naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf seinem Grundstück entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile. Die Burgenländische Landesregierung wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. Oktober 2002, Zl. 5-N-B1181/72-2002, als unbegründet ab, weil § 48 bgld NG 1990 nur Vermögensnachteile betreffe, die durch eine Schutzgebietsausweisung bzw. sonstige Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Tieren oder geschützten Gebieten entstünden. Da es sich im vorliegenden Fall um die Abweisung eines gemäß § 5 lit a Z 1 bgld NG 1990 genehmigungspflichtigen Vorhabens handle, finde § 48 bgld NG 1990 keine Anwendung. Diese Bestimmung gelte nicht für Entschädigungsansprüche auf Grund von Bescheiden, mit denen naturschutzbehördliche Genehmigungsansuchen abgewiesen worden seien. Aus Anlass der gegen diesen Bescheid vom Antragsteller erhobenen Beschwerde nach Art 144 B-VG hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit seinem Erkenntnis vom 23. Juni 2004, Zl. G 228/03-6, die Worte „der Höhe" in § 48 Abs 6 erster Satz bgld NG 1990 als verfassungswidrig auf, womit dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eröffnet wurde, beim zuständigen Bezirksgericht den, seinen Entschädigungsanspruch abweisenden Bescheid bekämpfen zu können, weil die Gerichte nunmehr auch über den Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu entscheiden haben. Da die (Teil)Aufhebung der genannten Bestimmung nach Art 140 Abs 7 B-VG auf den Anlassfall zurückwirkte, wies der VfGH auf Grund der vorgenannten Aufhebung mit Beschluss vom 23. Juni 2004, Zl. B 1749/02-13, die Beschwerde des Antragstellers mangels Beschwerdelegitimation zurück.

Mit seinem - nach Bewilligung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - rechtzeitigen Antrag begehrte der Antragsteller gegenüber dem Land Burgenland als Antragsgegner die Festsetzung einer Entschädigung von 150.000 EUR s.A. mit der wesentlichen Begründung, durch den EU-Beitritt Österreichs habe sich in Ansehung des Naturschutzes die Rechtslage wesentlich geändert, weshalb erstmalig die Errichtung eines Wohnhauses und die widmungsgemäße Nutzung der Liegenschaft des Antragstellers in dem mit „Baugebiet für Erholungs- und Fremdenverkehrseinrichtungen" gewidmeten, als „Refugium" bezeichneten Gebiet unterbunden worden sei. Bis dahin sei es zu keinen erheblichen Einschränkungen der Bewirtschaftungs- und Nutzungsmöglichkeiten der Grundstücke gekommen. Der von der Burgenländischen Landesregierung genehmigte Teilbebauungsplan sehe für die Bebauung Aufschüttungen vor, die im angeführten Gebiet auch bis zuletzt vorgenommen worden seien. Das Grundstück des Antragstellers liege in einem der Europäischen Kommission gemeldeten besonderen Schutzgebiet (Natura 2000) iSd der FFH-RL und der V-RL, die bis jetzt nicht umgesetzt worden seien. Deshalb sei es auch zu der von den Mitgliedsstaaten vorzunehmenden innerstaatlichen Verordnung, die das Gebiet als Schutzgebiet ausweise, noch nicht gekommen. Die Mitgliedsstaaten seien jedoch schon jetzt verpflichtet, die gemeldeten Gebiete ab der Meldung an die Kommission im Jahr 1995 iSd genannten Richtlinien zu schützen. Deshalb sei dem Antragsteller die naturschutzbehördliche Bewilligung versagt worden. Der Bescheid habe die Wirkung einer den Antragsteller belastenden Verordnung iSd § 22b bgld NG 1990. Die Vorwirkungen der Richtlinien führten zu einer materiellen Erklärung des Gebiets zu einem Natura-2000-Gebiet und wirkten sogar schwerer als die Unterschutzstellung durch eine innerstaatliche Verordnung. Eine andere Interpretation würde gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Entschädigungsantrags. Die Verweigerung der Bewilligung sei nicht auf EU-Richtlinien, sondern auf die Bestimmungen des bgld NG 1990 und der bgld VO Neusiedlersee 1980 gestützt worden. Die Wirkungen des Flächenwidmungsplans seien als Vorfrage im Naturschutzverfahren zu prüfen gewesen. Es sei unrichtig, dass bis zum Anlassfall des Antragstellers die Bauvorhaben im „Refugium" generell eine naturschutzbehördliche Bewilligung erhalten hätten. Eine Entschädigung nach § 48 bgld NG 1990 gebühre nur für Vermögensnachteile durch eine Schutzgebietsausweisung bzw. durch Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Tieren, nicht aber für durch Bescheide veranlasste Vermögensnachteile, womit naturschutzbehördliche Genehmigungsansuchen abgewiesen werden. Der Erstrichter wies den Entschädigungsantrag ab. In rechtlicher Hinsicht führte er im Wesentlichen unter Zitierung des Gesetzeswortlauts des § 48 Abs 1 bgld NG 1990 aus, dass von den dort genannten Tatbeständen hier nur die noch nicht erfolgte Erklärung des Gebiets zum Europaschutzgebiet iSd § 22b bgld NG 1990 nach Umsetzung der EU-Richtlinien in Frage käme. Die naturschutzbehördliche Bewilligung sei aber nicht aus diesem Grund versagt worden. Andererseits habe der Antragsteller das Grundstück erst 1998 und somit zu einem Zeitpunkt erworben, als die Richtlinien bereits anzuwenden gewesen wären. Diese könnten daher nicht kausal für einen Entschädigungsanspruch sein. Die Rechtsansicht, dass der abweisende Bescheid der Burgenländischen Landesregierung den Effekt einer eine Entschädigung rechtfertigenden Verordnung habe, lasse sich nicht begründen. Auch durch die Bewilligung von Baumaßnahmen anderer Grundeigentümer im Bereich des „Refugiums" ließen sich keine Rechte des Antragstellers ableiten. Jedes Vorhaben sei individuell zu prüfen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und führte ergänzend noch aus, dass das Gericht im Entschädigungsverfahren nicht als Rechtsmittelinstanz über den naturschutzbehördlichen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung und den Bescheid über den Entschädigungsanspruch zu fungieren habe. Letzterer Bescheid trete mit dem Einlangen des Antrags bei Gericht außer Kraft. Auszugehen sei von den Feststellungen des Erstgerichts, dass sich die Abweisung des Antrags auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf die bgld VO Neusiedlersee 1980 gestützt habe und für die Versagung der Bewilligung die EU-Richtlinien nicht maßgebend gewesen seien. Schließlich sei auf die Entscheidungen des VwGH zu verweisen, in denen keine Hinweise darauf zu finden seien, dass die Verweigerung einer naturschutzbehördlichen Genehmigung gemeinschaftsrechtlich geboten gewesen sei. Aus einer Verwaltungspraxis könne ein Entschädigungsanspruch nicht abgeleitet werden. Jedes Vorhaben sei individuell nach den in Kraft stehenden Bestimmungen zu prüfen. Weder der Verfassungsgerichtshof noch der Verwaltungsgerichtshof hätten ein Normprüfungsverfahren in Ansehung der bgld VO Neusiedlersee 1980 eingeleitet. Verfassungsrechtliche Bedenken seien nicht zu erkennen. Die Wertminderung des Grundstücks sei nicht durch den naturschutzbehördlichen Bescheid eingetreten. Der Bescheid sei von der geltenden Rechtslage ausgegangen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Bedeutung der Entscheidung über den Einzelfall nicht hinausgehe.

Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Antragsteller die Abänderung dahin, dass seinem Entschädigungsantrag stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung. Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zwar zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revisionsrekursgründe sind im Wesentlichen wie folgt zusammenzufassen:

1. Die bgld VO Neusiedlersee 1980 sei wegen Verletzung des Legalitätsprinzips und des Gleichbehandlungsgrundsatzes verfassungswidrig. Die Gesetzestechnik, dass das Aufschüttungsverbot zunächst als Verbot, dann als bewilligungspflichtiger Sachverhalt und seit der Gesetzesnovelle 1996 wiederum als Verbot „deklariert" worden sei („Rösselsprünge des Gesetzgebers"), widerspreche wegen der Schwierigkeit der Ermittlung der Rechtslage durch den Normunterworfenen dem Rechtsstaatlichkeitsgebot. Schon im bgld NG 1990 habe der Gesetzgeber den Auftrag zur Erlassung neuer Verordnungen erteilt. Dies sei bis heute nicht geschehen und daher die auf der Grundlage des bgld NG 1961 erlassene bgld VO Neusiedlersee 1980 weiter in Geltung. Inhaltlich sei es nicht sachgerecht, wenn aus Fremdenverkehrsinteresse Aufschüttungen von einigen Hektar genehmigt, einem Einzelnen aber Aufschüttungen von „einigen Quadratmetern" verweigert werden. Aktenwidrig sei die Ansicht des Rekursgerichts, dass eine Verfassungswidrigkeit nicht zu erkennen sei. Es hätte eines Normprüfungsverfahrens bedurft.

2. Das Gericht habe im Entschädigungsverfahren den zugrunde liegenden Bescheid (gemeint ist der Bescheid über die Verweigerung der naturschutzbehördlichen Genehmigung des Bauvorhabens) materiell zu prüfen. Dabei sei der Einfluss des Gemeinschaftsrechts, also der FFH-RL und der V-RL entscheidend. Der Sachverständige habe im Genehmigungsverfahren das Projekt als dasjenige betrachtet, das zum Nachteil des Naturschutzes „das Fass zum Überlaufen" gebracht habe. Diese Ansicht zeige, dass das „Europäische Rechtsregime" ein höheres Schutzniveau mit sich gebracht habe, das sich im Bescheid manifestiert habe. Der Bescheid habe daher den Effekt einer Verordnung, sodass der Entschädigungstatbestand des § 48 Abs 1 bgld NG 1990 vorliege.

3. Die durch die Verweigerung des Bauprojekts eingetretene Wertminderung des Grundstücks sei erst durch den Bescheid und nicht schon vorher durch das bgld NG 1990 idF der bgld NG-Novelle 1996 oder durch das Inkrafttreten der Richtlinie bewirkt worden. Letztere hätten aber Vorwirkungen auf bereits der Europäischen Kommission gemeldete Schutzgebiete (Natura 2000), also auf das mit dem negativen Bescheid abgeschlossene Genehmigungsverfahren.

Zu diesem Revisionsrekursvorbringen ist Folgendes auszuführen:

II. Kein Entschädigungstatbestand nach § 48 Abs 1 bgld NG 1990 idF der bgld NG-Novelle 1996:

1. Zutreffend und unangefochten erkannte das Rekursgericht, dass nach § 48 Abs 6 bgld NG der oder die Berechtigte innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft eines gemäß Abs 3 oder 4 leg.cit. erlassenen Bescheides (über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach und über die Höhe der Entschädigung) bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Grundstück oder die Anlage gelegen ist, die Festsetzung einer Entschädigung oder eines Einlösungsbetrags beantragen kann. Die genannte landesgesetzliche Bestimmung normiert idgF unter der Überschrift „Entschädigung und Einlösung" einen Entschädigungsanspruch des Eigentümers gegenüber dem Land für vermögensrechtliche Nachteile bei einer erheblichen Minderung des Ertrages oder einer nachhaltigen Erschwernis der Wirtschaftsführung oder bei Unzulässigkeit oder wesentlichen Einschränkungen der Bewirtschaftungs- oder Nutzungsmöglichkeiten in folgenden Fällen:

„a) bei Erklärung oder im Verfahren zur Erklärung von Gebieten zu geschützten Feuchtgebieten (§ 7 Abs 3), [zu einer Verbotszone (§ 13 Abs 1 lit a),] zu Naturschutzgebieten (§§ 21, 55 Abs 1), von Lebensraumtypen zu geschützen Lebensräumen (§ 22a Abs 3 lit a), von Gebieten zu Europaschutzgebieten (§ 22b), von Kleinbiotopen zu Naturdenkmalen (§§ 27 Abs 1 lit b, § 28 Abs 1), von Naturhöhlen zu besonders geschützten Naturhöhlen (§§ 38, 55 Abs 1);

b) durch Maßnahmen zum besonderen Pflanzen- und Tierartenschutz (§§ 15a Abs 3, 16 Abs 3) sowie auf Grund von Entwicklungs- und Pflegeplänen (§ 22c Abs 3);

c) durch Anordnungen zur Pflege geschützter oder beeinträchtigter Gebiete (§§ 46 Abs 3, 47 Abs 3 bis 5)."

Die Erklärung des Neusiedlersees und seiner Umgebung zum Landschaftsschutzgebiet - Teilnaturschutzgebiet erfolgte schon mit der bgld VO Neusiedlersee 1980, die auf der Grundlage des bgld NG 1961 erlassen worden war. Gemäß § 1 Z 7 dieser Verordnung ist das Katastralgebiet der Marktgemeinde Neusiedl am See Schutzgebiet. § 2 lit a der genannten Verordnung ordnet das Verbot der Veränderung von Wasser- und Schilfflächen an, für die Ausnahmebewilligungen nur aus Gründen der naturwissenschaftlichen Forschung, für Heilzwecke oder aus volkswirtschaftlichem Interesse zulässig waren bzw. sind (§ 6 der genannten VO). Der Individualbescheid, mit dem nach einem naturschutzbehördlichen Verfahren die Genehmigung eines privaten Bauprojekts versagt wird, fällt nicht unter die angeführten Tatbestände des § 48 Abs 1 bgld NG 1990, auch wenn damit Vorschriften einer Verordnung oder eines Gesetzes vollzogen werden. Der Ansicht des Rekurswerbers, die seinerzeitige Unterschutzstellung des Neusiedlersees und seiner Umgebung durch Verordnung entfalte erst durch den negativen Bescheid seine nachteilige Wirkung und begründe den Entschädigungsanspruch, stehen die Verfristungsbestimmung des § 48 Abs 3 erster Satz leg.cit., wonach der Antrag auf Entschädigung

vom Grundeigentümer ... bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb von

zwei Jahren ... nach Inkrafttreten der Verordnung ... eingebracht

werden muss, sowie § 81 Abs 13 leg.cit. entgegen, wonach durch die Übernahme der bereits vor dem bgld NG 1990 rechtswirksam festgelegten Naturschutzgebiete in den aktuellen Geltungsbereich des Gesetzes Entschädigungsansprüche nicht wiederaufleben. Vermögensnachteile, die ihre Ursache in einer Verordnung haben, müssen daher in der genannten Frist bei sonstigem Verlust des Entschädigungsanspruchs geltend gemacht werden. Auf die bgld VO Neusiedlersee 1980, aber auch auf die für den Bauwerber nachteiligen Bestimmungen des bgld NG 1990 und die bgld NG-Novelle 1996 kann sich der Antragsteller zur Begründung eines Entschädigungstatbestands daher schon wegen Fristablaufs nicht berufen.

2. Der den Vermögensnachteil verursachende Bescheid der Verwaltungsbehörde ist nicht der im § 48 Abs 1 lit a bgld NG 1990 angeführten generellen Norm gleichzuhalten, auch wenn in die Bescheidbegründung iSd Revisionsrekurswerbers und entgegen der Ansicht der Vorinstanzen Erwägungen nach den genannten EU-Richtlinien eingeflossen wären und sich die Verwaltungspraxis geändert haben sollte, wofür der Rechtsmittelwerber gute Gründe ins Treffen führen kann. Wollte man durch Analogie einen Entschädigungsanspruch des Grundeigentümers wegen eines durch einen Bescheid (der kein Bescheid iSd § 48 lit b und c d leg.cit. ist) eingetretenen Vermögensnachteils bejahen, würde dies eine vom Gesetzgeber nicht erkannte Gesetzeslücke voraussetzen. Eine solche Gesetzeslücke ist aber bei der detaillierten Auflistung der Entschädigungstatbestände ebensowenig zu erkennen, wie die Notwendigkeit einer aus dem Grund der Auslegung von Gesetzen in verfassungskonformer Weise vorzunehmenden Lückenschließung; dies wegen des allenfalls bedenklichen Umstands, dass der Antragsteller Vermögensnachteile entschädigungslos zu erbringen, also ein Sonderopfer zugunsten der Allgemeinheit zu leisten hätte. Eine Analogie verbietet sich schließlich auch wegen der noch zu erörternden Einlösungsmöglichkeit nach § 48 Abs 2 bgld NG 1990.

III. Zur Zulässigkeit von Enteignungen ohne Entschädigung:

Eine Enteignung oder eine sonstige einschneidende Eigentumsbeschränkung ohne Entschädigung ist nach der Rsp des VfGH (VfSlg 9.911 = JBl 1984, 662) und des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0010823) grundsätzlich nicht verfassungswidrig, jedoch hat der VfGH auch schon ausgesprochen (VfSlg 6884; 7234), es sei mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, wenn durch eine entschädigungslose Enteignung mehreren Personen zwar gleiche Vorteile, nicht aber

gleiche Vermögenseinbußen entstehen (2 Ob 52/99g = bbl 1999, 161

[Martin Auer] = ecolex 1999, 764 mwN zum nö ROG 1976). Der Naturschutz nach burgenländischem Landesrecht wird daher unter Berücksichtigung dieser Rsp verfassungskonform zu interpretieren sein.

IV. Vor dem weiteren Eingehen auf die Revisionsrekursgründe ist ein kurzer historischer Überblick über die Entwicklung des Landesrechts, über die nach dem Akteninhalt ableitbaren Intentionen des Gesetzgebers und über die Verwaltungspraxis zu geben.

1. Naturschutz ist ein gesellschaftspolitisches Anliegen im Wandel der gesellschaftlichen Entwicklung und steht häufig im Brennpunkt divergierender Interessen (Ökonomie vs. Ökologie), denen der Gesetzgeber mit umfangreichen, mehr oder weniger geglückten Sprachkonstruktionen bei der Normierung von Gründen zur erforderlichen Interessenabwägung Rechnung zu tragen sucht. Für den Gesetzesanwender klar sind jeweils nur absolute Verbote oder Gebote (ohne Ausnahmemöglichkeiten), wo also der Gesetzgeber selbst schon die Interessenabwägung abschließend vornimmt. Im Übrigen wird aber mit Hilfe von Sachverständigen und bei nicht ausreichend determinierbaren Kriterien das festgestellte Substrat für die Beurteilung der Frage des Überwiegens der Interessen der einen oder der anderen Seite geschaffen.

2. Als Beginn eines ernsthaften Naturschutzes zur Erhaltung des Neusiedlersees mit seiner Flora und Fauna können die letztlich erfolgreichen Bemühungen zur Verhinderung eines ernsthaften und schon weit gediehenen, von einem Großgrundbesitzer betriebenen Projekts zur Trockenlegung eines Großteils des Sees im letzten Kriegsjahr 1918 angesehen werden. Mit dem Projekt sollten landwirtschaftliche Nutzflächen gewonnen werden. Die Wikipedia Enzyklopädie (http://de.wikipedia.org/wiki/ Neusiedler See) enthält dazu:

„Am 18. Mai 1918 lud Nikolaus IV. Fürst Esterházy alle „Seeinteressenten" zu einer Konferenz am 15. Juni 1918 in Györ (Raab) ein. Darin betonte er, der Neusiedlersee habe als solcher „keine Bedeutung mehr" und es sei „für die Zwecke der Landwirtschaft ... bisher ein verhältnismäßig kleines Gebiet gewonnen worden". Er schloss mit der Wendung: „Wir sündigen gegen das Interesse der Landeskultur und gegen unser eigenes wirtschaftliches Interesse, wenn wir die Seefrage nicht ehestens ihrer endgültigen Lösung zuführen."

Die Versammlung am 15. Juni 1918 fand unter dem Vorsitz des Fürsten statt. Ihr Gegenstand war das zuvor zusammengefasste Vorhaben. Die Interessenten konstituierten „einstimmig und mit Begeisterung" eine Seeregulierungsgesellschaft. Auch der Bischof von Györ (Raab) Anton Fetser trat „wärmstens für die Seeregulierung ein". Die Teilnehmer verließen die animierte Konferenz" sodann „in der Überzeugung, dass die Angelegenheit der Regulierung des Neusiedlersees sich in bestem Fahrwasser befinde. ..." Dieser - nach deren Ansicht - „verheißungsvolle Entwässerungsplan" scheiterte jedoch durch den Anschluss des Burgenlands an Österreich. Die Umsetzung weiterer Pläne zur Trockenlegung des Neusiedlersees verhinderten 1921 Jäger, Naturschützer und die Bevölkerung, die eine Klimaänderung befürchtete."

In der Zwischenkriegszeit fand der Naturschutzgedanke in der Gesetzgebung Niederschlag (vgl. das ReichsnaturschutzG vom 26. Juni 1935, DRGBl I, 821; Naturschutzverordnung, DRGBl I, 181). Das bgld NG 1961, das in seinem § 1 lit c einen Naturgebietsschutz für räumlich abgegrenzte Naturgebiete einführte und die Landesregierung zur Erklärung von Naturschutzgebieten im Verordnungsweg ermächtigte (§ 15), ist Grundlage der noch heute geltenden bgld VO Neusiedlersee 1980 mit ihrem Veränderungsverbot für Wasser- und Schilfflächen (§ 2 lit a dieser Verordnung), das - von der schon zitierten Ausnahme gemäß § 6 der Verordnung abgesehen - für private Veränderungsvorhaben zunächst als absolutes Verbot Geltung hatte. Mit dem bgld NG 1990 wurde die Errichtung von Gebäuden auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts- und Industriegebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit a bis e, 15 RaumplanungsG 1969 in der jeweils geltenden Fassung) ausgewiesen sind, an eine naturschutzbehördliche Bewilligung gebunden (§ 5 lit a 1 bgld NG 1990), die nur unter den im § 6 Abs 1 bis 4 leg.cit. genannten Voraussetzungen oder ohne diese Voraussetzungen bei Überwiegen des öffentlichen Interesses (§ 6 Abs 5) erteilt werden durfte. Dieses Gesetz sieht zur Erreichung der allgemeinen Naturschutzziele (§ 1) zahlreiche Gebote zum Schutz von Pflanzen und Tieren sowie von Naturschutzgebieten etc. vor. Für den Neusiedlersee wurden eigene Sonderbestimmungen erlassen (§ 13). Für die Verordnungen aufgrund des bgld NG 1961 wurde im § 81 Abs 2 bgld NG 1990 die Weitergeltung „bis zur Erlassung von Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes, mit denen diese Verordnungen aufgehoben werden, mit den sich aus Abs 3 bis 6 ergebenden Änderungen als landesgesetzliche Regelung" normiert. In § 81 Abs 6 bgld NG 1990 wurde verfügt, dass in Teilnatur- und Landschaftsschutzgebieten Verbote als bewilligungspflichtige Maßnahmen gelten. Bewilligungen durften nur unter der Voraussetzung erteilt werden, wenn eine nachhaltige Beeinträchtigung des Schutzzwecks ausgeschlossen werden konnte.

Die NG-Novelle 1996 änderte im hier interessierenden Bereich die Übergangsbestimmung des § 81 Abs 2 und 6. Im Abs 2 wurde der angeordneten Weitergeltung der Verordnungen der Halbsatz angefügt, „sofern in diesem Gesetz nicht gesonderte Regelungen getroffen worden sind oder diese Verordnungen nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechen", im Abs 6 entfiel die Anordnung, dass Verbote in Teilnatur- und Naturschutzgebieten als bewilligungspflichtige Maßnahmen gelten. Dieser Teil der Übergangsregelung blieb in den nachfolgenden Novellierungen des bgld NG 1990 unberührt, ist also geltendes Recht. Aus dem Entfall dieser Anordnung hat der VwGH in den beiden zitierten Entscheidungen geschlossen, dass nunmehr das im § 2 der bgld VO Neusiedlersee 1980 normierte Verbot der Veränderung von Wasser- und Schilfflächen wiederum als absolutes Verbot in Geltung gesetzt worden sei.

3. Die Interpretation der gesetzgeberischen Absichten nach der gewiss nur kursorisch dargelegten Rechtsentwicklung ergibt zweifellos ein schwankendes Bild. Ins Auge springt die Diskrepanz zwischen dem Verbot der Veränderung von Wasser- und Schilfflächen und der gesetzlichen Möglichkeit, solche Flächen im Flächenwidmungsplan der Gemeinden als Bauland für Erholungs- und Fremdenverkehrseinrichtungen ausweisen zu können und auch für private Bauvorhaben (zu Erholungszwecken) ein naturschutzbehördliches Bewilligungsverfahren vorzusehen, in dem eine Interessenabwägung stattfinden soll. Für das vorliegende Entschädigungsverfahren ist als Zwischenergebnis festzuhalten:

Wenn der Eigentümer einer als Bauland gewidmeten Wasser- und Schilffläche durch ein absolutes Veränderungsverbot am Bauen (durch Aufschüttungen oder durch Pfahlbauten) gehindert wird, erleidet er Vermögensnachteile unmittelbar durch die generelle Norm, die das Verbot ausspricht (dies wäre ein Fall des § 48 Abs 1 bgld NG 1990). Wenn das Scheitern auf einen Bescheid in einem naturschutzbehördlichen Verfahren zurückzuführen ist, tritt der Nachteil mittelbar als Auswirkung der im Gesetz oder der Verordnung angeführten Voraussetzungen ein (vgl. das verbum legale „Auswirkungen" im § 48 Abs 2 bgld NG 1990 für den Einlösungsfall). Für durch Verordnung herbeigeführte Vermögensnachteile ist der Entschädigungsanspruch befristet (§ 48 Abs 3 bgld NG 1990). Bei der späteren Übernahme von bereits bestehenden Naturschutzgebieten ist ein Wiederaufleben von Entschädigungsansprüchen ausgeschlossen (§ 81 Abs 14 bgld NG 1990).

V. Keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen einer allfälligen Verletzung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips:

Die aufgezeigte Rechtsentwicklung hat zweifellos eine komplexe, nicht leicht auslegbare Rechtslage geschaffen. Die angeblichen „Rösselsprünge" des Gesetzgebers geben allerdings keinen Anlass, ein Gesetzesprüfungsverfahren wegen Verletzung des genannten Prinzips einzuleiten, weil es dem Gesetzgeber überlassen bleiben muss, auch in kurzer Zeit die Rechtslage wieder zu ändern. Komplizierte Gesetze allein, soferne sie nicht geradezu unlösbare „Denksportaufgaben" stellen (vgl. dazu 1 Ob 41/99g = SZ 72/75 mwN), geben noch keinen Anlass für verfassungsrechtliche Bedenken. In gesellschaftspolitisch umstrittenen Fragen in Lebensbereichen, die von besonderer Bedeutung sind, besteht ein solcher gesetzlicher Anpassungsbedarf immer wieder oder glaubt der Gesetzgeber zumindest auch in kurzen Abständen einen gesetzlichen Anpassungsbedarf zu haben (vgl. etwa die Wohnrechts-Novellen), dessen Richtigkeit hier nicht in Frage zu stellen ist. Schließlich können auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zu häufigen Gesetzesänderungen zwingen. Das Argument „Rösselsprünge" des Antragstellers scheint demnach letztlich nicht stichhältig.

VI. Keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen einer allfälligen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes:

1. Dieser Grundsatz wäre iSd schon zitierten Rsp nur dann verletzt, wenn der Antragsteller zugunsten des öffentlichen Naturschutzinteresses im Vergleich zu anderen Grundeigentümern zu einem vermögensrechtlichen Sonderopfer, also zu einer Eigentumsbeschränkung ohne Nachteilsausgleichung verhalten wird. Ob das Bauverbot hier seine Ursache im absoluten Veränderungsverbot des § 2 bgld VO Neusiedlersee 1980 hat - wie dies der VwGH annimmt - oder doch ein behördliches Bewilligungsverfahren durchzuführen war (weil aus den geänderten Übergangsbestimmungen des § 81 Abs 2 und 6 idFd bgld NG-Novelle 1996 ja durchaus abgeleitet werden kann, dass § 2 bgld VO Neusiedlersee 1980 mit § 5 erster Satz lit a bgld NG 1990 in Widerspruch steht und daher gemäß § 81 Abs 2 leg.cit. nicht gilt) und daher der Bescheid die vermögensmindernde Eigentumsbeschränkung bewirkte, kann genauso dahingestellt bleiben, wie die vom Revisionsrekurswerber angeführte Verwaltungspraxis, dass bis zu seinem Bauprojekt Ansuchen im Freizeitgebiet „Refugium" immer bewilligt worden seien. Die materielle Richtigkeit des Bescheids ist im Entschädigungsverfahren nicht zu prüfen. Entscheidend ist nur, ob die durch den Bescheid bewirkte Vermögensverminderung einen gesetzlichen Entschädigungstatbestand herstellt und ob darin ein verfassungsrechtlich bedenkliches Sonderopfer zu erblicken ist. Wenn das Gesetz - wie hier - für ein bescheidmäßig abgelehntes Bauprojekt keine Entschädigung vorsieht, muss es im Entschädigungsverfahren naturgemäß unbeachtlich sein, ob der Bescheid materiell richtig war. Der Antragsteller hätte allenfalls Amtshaftungsansprüche wegen unvertretbarer Rechtsansicht der Verwaltungsbehörde, wenn sie das Ansuchen zu bewilligen gehabt hätte. Aus diesem Grund bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob für die Entscheidungsbegründung im Bescheid auch gemeinschaftsrechtliche Erwägungen iS eines zu verstärkenden Naturschutzes ausschlaggebend waren.

2. Kein Sonderopfer wegen der Einlösungsmöglichkeit des § 48 Abs 2 bgld NG 1990; diese Gesetzesbestimmung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen extensiv auszulegen:

Nach dieser Gesetzesstelle hat das Land über Antrag des Grundeigentümers das Grundstück in das Eigentum zu übernehmen, wenn es durch Auswirkungen einer Verordnung oder eines Bescheides in den in § 48 Abs 1 lit a bis c bgld NG 1990 genannten Fällen seine dauernde Nutzbarkeit verloren hat und Abs 1 nicht anwendbar ist. Der das Bauvorhaben ablehnende Bescheid ist eine Auswirkung der zugrunde liegenden generellen Norm. Wenn der Landesgesetzgeber hier nur von Verordnung spricht, muss dieser Begriff erweiternd dahin ausgelegt werden, dass auch die sich im Bescheid manifestierenden Auswirkungen eines Gesetzes erfasst sind, andernfalls ein Grundeigentümer tatsächlich ohne Entschädigung und ohne Einlösungsmöglichkeit ein Sonderopfer zu erbringen hätte, das andere Grundeigentümer nicht erbringen mussten oder allenfalls in Zukunft nicht erbringen müssen. In Relation zu den anderen Grundeigentümern läge ein Sonderopfer des Antragstellers nur dann nicht vor, wenn sein Grundstück von Anfang an für die Bebauung nicht geeignet gewesen wäre (vgl. dazu 6 Ob 12/06t = bbl 2006, 158 zu § 38 oö ROG). Dies ist aber hier zweifellos nicht der Fall. Im Kreis der Seeanrainer in dem für Erholungszwecke gewidmeten Bauland sind für alle die Bedingungen für die Erlangung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung grundsätzlich zunächst gleich. Die Flächenwidmung verlangt eine Gleichbehandlung der Grundeigentümer. Wenn diese aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht gewährleistet werden kann, ist ein Ausgleich zur Vermeidung eines Sonderopfers zu schaffen. Dazu reicht nach Auffassung des erkennenden Senats aber auch die Normierung eines Einlösungsanspruchs (Übernahme des Grundstücks in das Eigentum des Landes gegen einen Einlösungsbetrag, hier in § 48 Abs 2 bgld NG 1990) unter Ausschluss eines Entschädigungsanspruchs im Landesgesetz aus. In beiden Fällen wird die zugunsten des Naturschutzes bei einem Grundeigentümer eingetretene Vermögensminderung adäquat ausgeglichen und damit verhindert, dass er, weil er erst nach schon fortgeschrittener „Verhüttelung" einer als Bauland gewidmeten Uferregion ein Bauvorhaben zur Genehmigung einreicht und scheitert, ein Sonderopfer erbringen muss, weil das geplante weitere Bauwerk dem Naturschutz zuwiderläuft („das Fass zum Überlaufen bringt").

Demnach kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

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