OGH 3Ob42/07h

OGH3Ob42/07h29.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Außerstreitsache der antragstellenden Partei Bärbel W***** (früher B*****), ***** vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in Kirchberg am Wagram, wegen Ausstellung einer Amtsurkunde, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 16. Oktober 2006, GZ 10 R 60/06k-70, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 18. August 2006, GZ A 435/83-67, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im Verlassenschaftsverfahren nach der am 29. September 1983 verstorbenen Hilda Anna B***** wurde der Nachlass aufgrund des Gesetzes den beiden Töchtern Ursula S***** und Bärbel B***** (der nunmehrigen Antragstellerin) eingeantwortet. Die Verstorbene hatte über ihr Vermögen letztwillig ohne Erbeneinsetzung nur in Form von Legaten verfügt. In Ansehung des der Antragstellerin vermachten Hauses lautete die letztwillige Verfügung wie folgt:

„Ich, Hilda B*****, geb. W*****, am 1. Feber 1923 in Brünn, bitte um folgende Durchführung meines letzten Willens nach meinem Tode:

Mein Haus mit Garten soll alleine meine Tochter Bärbl B***** erhalten, jedoch mit der Bitte an sie, diesen Besitz zu erhalten, entweder für ein eigenes Kind von ihr, oder aber für eines meiner beiden Enkelkinder Hannes oder Karin."

Im Verlassenschaftsverfahren wurde diese Verfügung in der abschließenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 28. Oktober 1987, AZ 3 Ob 516/87, als Auflage qualifiziert, bei der die Auswahl des Nachlegatars der Vorlegatarin überlassen worden sei. Die Auflage sei eine Beschränkung des Eigentumsrechts der Legatarin, als Veräußerungs- und Belastungsverbot anzusehen und im Grundbuch zu verbüchern. In seinem die Vorinstanzen abändernden Beschluss verfügte der Oberste Gerichtshof folgende Verbücherungsanordnung:

„Auf Grund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung wird nachstehende Grundbuchseintragung vorzunehmen sein:

Bei der Liegenschaft EZ. 210 Grundbuch P*****, Haus Nr. 91, mit den Grundstücken 119 Bauarea und 158/2 Garten, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Bärbel B*****, geboren am 9. Jänner 1953, mit der Beschränkung durch die Verpflichtung, die Liegenschaft einem ihrer Kinder oder einem der beiden Kinder ihrer Schwester Ursula S*****, nämlich Hannes S*****, geboren am 17. Dezember 1972, und Karin S*****, geboren am 13. Juli 1976, zu erhalten". Mit ihrem am 30. Dezember 2005 beim Abhandlungsgericht eingelangten Antrag beantragte die Antragstellerin die Ausstellung einer „Amtsurkunde zur Eintragung im Grundbuch" dahin, es werde bestätigt, dass die Löschung der aufgrund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 28. Oktober 1987, AZ 3 Ob 516/87, eingetragenen Eigentumsbeschränkung zugunsten eines der Kinder der Antragstellerin oder der Kinder ihrer Schwester grundbücherlich einverleibt werden könne. Die Antragstellerin begründete ihren Antrag unter Vorlage von Zustimmungserklärungen damit, dass sämtliche Begünstigten (die einzige Tochter der Antragstellerin sowie ihr Neffe und ihre Nichte) ihre Zustimmung zur Löschung erteilt hätten. Weitere Kinder könne die Antragstellerin wegen einer 1994 vorgenommenen Entfernung der Gebärmutter nicht mehr bekommen (zu diesem Thema wurden zwei Schreiben eines Krankenhauses vorgelegt).

Das Erstgericht wies den Antrag auf Ausstellung einer Amtsurkunde ab. Gemäß § 178 AußStrG 1854 sei denjenigen, welchen in die öffentlichen Bücher eingetragene unbewegliche Güter oder auf denselben haftende Forderungen aus einer Verlassenschaft nicht als Erben, sondern als Vermächtnisnehmer, oder durch eine während der Abhandlung an sie erfolgte Veräußerung zufallen, von der Abhandlungsbehörde auf ihr Ansuchen die Bestätigung zu erteilen, dass sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümer eingetragen werden können. Um eine solche Eintragung des Eigentums handle es sich hier nicht. Es gehe um die Löschung einer als Belastungs- und Veräußerungsverbot zu qualifizierenden Beschränkung. Eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht, weil § 178 AußStrG 1854 nicht für die Begründung neuer Rechte gelte. Zu der von der Antragstellerin begehrten Löschung bedürfe es vielmehr einer verbücherungsfähigen Urkunde. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es teilte die Auffassung über die Unanwendbarkeit des § 178 AußStrG 1854, der hier gemäß § 205 AußStrG 2005 (im Folgenden nur AußStrG) anzuwenden sei. Die im Gesetz geregelten Fälle, dass jemand als Vermächtnisnehmer und nicht als Erbe ein Grundstück erworben oder das Grundstück aus der Verlassenschaft heraus gekauft habe, seien Umstände, die sich unmittelbar aus dem Verlassenschaftsakt ergäben. Über solche Umstände könne eine Amtsbestätigung ausgestellt werden. Die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung SZ 25/112 stütze nur auf den ersten Blick ihren Standpunkt. Dort sei zwar ausgeführt worden, dass der Antrag eines Erben, eine ihm als Vorausvermächtnis zugefallene Liegenschaft von der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution zu befreien, als Antrag nach § 178 AußStrG 1854 zu behandeln und im außerstreitigen Verfahren zu erledigen sei. Diese Entscheidung sei aber über einen völlig anderen Sachverhalt ergangen. Aufgrund einer Einantwortungsurkunde sei bei sämtlichen den zwei Erben zugefallenen Liegenschaften das Eigentumsrecht durch ein Substitutionsband beschränkt worden, obwohl es sich um Vorausvermächtnisse gehandelt habe, sodass die Eintragung des Substitutionsbandes von vorneherein verfehlt gewesen sei. Dieser Umstand habe sich aus dem Verlassenschaftsakt ergeben, sodass eine Amtsurkunde auszustellen gewesen sei. Genauso habe es sich bei der weiteren Entscheidung EvBl 1963/366 verhalten. Dass die Antragstellerin mittlerweile ein eigenes Kind geboren habe, keine weiteren Kinder bekommen könne und die drei in Betracht kommenden begünstigten Personen einer Löschung der Eigentumsbeschränkung zustimmten, seien kein Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens, über das eine Amtsurkunde ausgestellt werden könnte. Die Auffassung der Antragstellerin würde bedeuten, dass auch bei jeder weiteren Veräußerung der Liegenschaft eines Vermächtnisnehmers eine Amtsurkunde auszustellen wäre. Davon könne keine Rede sein. In der Folge stellte die zweite Instanz Erwägungen an, auf welche Weise die Antragstellerin ihr angestrebtes Ziel erreichen könne, allenfalls durch eine Antragstellung auf abhandlungsbehördliche Genehmigung der Verzichtserklärungen der begünstigten Personen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Antragstellerin die Abänderung dahin, dass ihrem Begehren auf Ausstellung der beantragten Amtsurkunde stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zur Verfahrensergänzung gestellt.

Das Rechtsmittel ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass der an das Rekursgericht auf „§ 528 Abs 2a ZPO" gestützte Antrag auf Abänderung des Rechtsmittelzulässigkeitsausspruchs verfehlt ist. Nach den maßgeblichen Bestimmungen der §§ 59 und 63 AußStrG in der anzuwendenden geltenden Fassung besteht keine Kompetenz des Rekursgerichts auf Abänderung seines Ausspruchs über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses, wenn es den Wert des Entscheidungsgegenstands mit 20.000 EUR übersteigend bewertet hat (§ 59 Abs 2 AußStrG). Eine Abänderung des Ausspruchs über eine Zulassungsvorstellung ist nur bei einem 20.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand zulässig.

Das Rechtsmittel ist daher ein außerordentlicher Revisionsrekurs, dessen Zulässigkeit vom Vorhandensein erheblicher Rechtsfragen abhängt. Solche vermag die Revisionsrekurswerberin aber nicht aufzuzeigen:

Die Antragstellerin strebt beim (ehemaligen) Abhandlungsgericht die Ausstellung einer Amtsurkunde gemäß § 178 AußStrG 1854 an. Diese Gesetzesbestimmung ist hier zufolge der Übergangsbestimmung des § 205 AußStrG noch anzuwenden. Das Rekursgericht hat ohne Rechtsirrtum erkannt, dass die Voraussetzungen für eine Amtsbestätigung nicht vorliegen und dass die von der Rekurswerberin relevierten

Vorentscheidungen 2 Ob 315/52 = SZ 25/112 = JBl 1953, 236 und 2 Ob

108/63 = EvBl 1963/366 = NZ 1964, 24 nur scheinbar für ihren

Standpunkt sprechen. Beide Entscheidungen führten zwar zu dem Leitsatz, dass der Antrag eines Erben, eine ihm als Vorausvermächtnis zugefallene Liegenschaft von der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution zu befreien, als Antrag nach § 178 AußStrG 1854 zu behandeln und im außerstreitigen Verfahren zu erledigen sei (RIS-Justiz RS0008405). Inhaltlich ging es aber um die Beseitigung eines Substitutionsbandes, das von Anfang an nicht auf der im Wege eines Vorausvermächtnisses erworbenen Liegenschaft eingetragen hätte werden dürfen. Nach der in SZ 25/112 gegebenen Begründung hat das Gericht über einen gemäß § 178 AußStrG 1854 gestellten Antrag nur zu prüfen, ob aufgrund der letztwilligen Verfügung ein Vermächtnis vorliege oder nicht. Die mit einem Vorausvermächtnis bedachten Vorerben unterlägen den Verfügungsbeschränkungen der §§ 608 und 613 ABGB (fideikommissarische Substitution) nicht. Aus den Vorentscheidungen kann iS der Begründung des Rekursgerichts keineswegs abgeleitet werden, dass nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens eingetretene neue, die Eigentumsverhältnisse am Nachlassobjekt betreffenden Umstände, zum Anlass genommen werden können, die bücherlichen Verhältnisse mit Hilfe einer Amtsurkunde nach § 178 AußStrG 1854 zu ändern. Dies stünde im Widerspruch zu den in der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen, dass das Abhandlungsgericht mit einer Amtsbestätigung nicht über den Bestand von erst zu begründenden Rechten zu entscheiden hat, die bisher nicht bestanden (zuletzt 5 Ob 200/05f = wobl 2006, 152 [Call] RIS-Justiz RS0008393, RS0008391). In der zitierten Entscheidung SZ 25/112 bestand das Recht des Vermächtnisnehmers auf unbeschränktes Eigentum, im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin aber nur das Recht auf das durch die Auflage beschränkte Eigentum mit der Wirkung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots. Wenn sie aufgrund von Verzichterklärungen (und des weiters nachzuweisenden Umstands, dass sie keine Kinder bekommen kann) den Wegfall der bücherlichen Last und damit ihr unbeschränktes Eigentum anstrebt, kann sie dies nicht über eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG 1854 erreichen, dessen Zweck nur darin besteht, dem Vermächtnisnehmer die Möglichkeit der Erwerbung seines Eigentums durch die Eintragung im Grundbuch zu geben. Der Oberste Gerichtshof vertritt dazu in stRsp die Auffassung, dass sich diese Bestimmung nach ihrem klaren Wortlaut nur auf die Übertragung bereits im Grundbuch eingetragener Liegenschaften und Pfandrechte bezieht und dass eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG 1854 keine geeignete Grundlage für die Neubegründung bisher an der Liegenschaft nicht bestehender Rechte bildet (7 Ob 49/04p = NZ 2005, 106 mwN). Die Revisionsrekursausführungen zu den vom Rekursgericht obiter angestellten Überlegungen, auf welchem Weg die Antragstellerin ihr angestrebtes Ziel erreichen könnte, sind für die hier allein zu lösende Frage der Anwendbarkeit des § 178 AußStrG 1854 nicht entscheidungswesentlich.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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