Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichtes ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:
Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch darauf gestützt, dass
1. eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob bei einer Beschlussfassung im Unterhaltsfestsetzungsverfahren nach Aufhebung eines Konkurses bzw Schuldenregulierungsverfahrens mittels Leistungs- oder Feststellungstitels vorzugehen sei, nicht bestehe und, dass
2. das Rekursgericht von der jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofes über die Berücksichtigungswürdigkeit von Zahlungsplanraten als Abzugsposten von der Bemessungsgrundlage abgegangen sei.
Der Vater ist für den mj Sascha, der eine Erhöhung der bestehenden Unterhaltspflicht - zuletzt offen - ab 1. 4. 2002 auf EUR 386 monatlich anstrebt, geldunterhaltspflichtig. Am 20. November 2003 wurde über das Vermögen des Vaters das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Aufgrund eines am 2. 6. 2004 bestätigten Zahlungsplanes hat der Vater eine 92 %ige Quote in zehn gleichen Halbjahresraten ab 15. 12. 2004 zu bezahlen. Die monatliche Zahllast für die unbedingten Forderungen beträgt EUR 602,28.
Die Verbindlichkeiten des Vaters ergeben sich aus Kreditschulden, mit denen nach seinen, auf S 18 der zweitinstanzlichen Entscheidung angeführten Angaben einerseits Autokäufe finanziert und andererseits Kontoüberziehungen abgedeckt wurden.
Das Erstgericht berücksichtigte die Zahlungsplanraten bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass die im Beurteilungszeitraum bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens liegenden Unterhaltsbeträge lediglich mit einer Quote von 92 % entsprechend dem Zahlungsplan zu bezahlen seien. Im Konkursverfahren seien Forderungen in Höhe von EUR 43.292,98 angemeldet worden, rund EUR 35.000 hätten Forderungen diverser Bankinstitute betroffen, EUR 4.270 rückständigen Unterhalt für den mj Sascha, der vom Vater anerkannt worden sei und weitere rund EUR 4.000 Unterhaltsforderungen, die im Hinblick auf das vorliegende Unterhaltserhöhungsverfahren strittig seien. Das von der jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofes mit der Abzugsfähigkeit von Zahlungsplanraten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage eingeräumte „benefizium des Neustarts" könne im vorliegenden Fall nicht gewährt werden, weil die vom Vater eingegangenen Schulden nicht zur Erhaltung der Arbeitskraft des Geldunterhaltsschuldners begründet worden seien. Bei einer Zahlungsplanquote von 92 % bestehe kaum ein Unterschied zu Fällen, in denen ein Konkursverfahren gar nicht eröffnet werde und daher Schulden, wie sie vom Vater eingegangen worden seien, jedenfalls nicht von der Bemessungsgrundlage abzuziehen seien. Der Vater erziele aus unselbständiger Beschäftigung eine Bemessungsgrundlage von rund EUR 2.000 monatlich. Bei Abzug von monatlich rund EUR 600 zur Erfüllung des Zahlungsplanes verblieben ihm daher rund EUR 1.400 zur Abdeckung seiner Lebensbedürfnisse und Bestreitung der laufenden Unterhaltsbeiträge für den mj Sascha. Der Revisionsrekurs strebt den Abzug der Zahlungsplanraten von der Bemessungsgrundlage an und verweist auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 86/04k. Das Rekursgericht unterstelle unrichtig, dass die Eröffnung eines Konkursverfahrens ein „Leben über den Verhältnissen" voraussetze. Auch dass dem Vater nach abgeschlossenem Zahlungsplan die Verfügungsfähigkeit über sein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit wieder zustehe, ändere an der Berücksichtigungswürdigkeit der Zahlungsplanraten nichts. Selbst wenn der pfändbare Teil seines Einkommens nun nicht mehr der Verfügungsmacht des Schuldners entzogen sei, fließe er in die Beurteilung des Abstimmungsverhaltens beim Zahlungsplan ein. Es sei nicht zu unterscheiden, für welche Verbindlichkeiten die Leistungen im Rahmen des Zahlungsplanes zu erbringen seien, weil ansonsten Unterhaltsgläubiger ohne ersichtlichen Grund bevorzugt und die Erfüllung von Zahlungsplänen massiv erschwert würde. Die Abstimmung über den Zahlungsplan sei aufgrund der in diesem Zeitpunkt gegebenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes getroffen worden, sowohl was die Beurteilung der Zulässigkeit des Zahlungsplanes als auch das Abstimmungsverhalten betreffe. Die Entscheidung des Rekursgerichtes könne zur Konsequenz haben, dass der angenommene Zahlungsplan möglicherweise nicht erfüllt werden könne und ein Abschöpfungsverfahren einzuleiten wäre.
In einem weiteren Punkt wendet sich der Revisionsrekurs gegen die Nichtberücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen, die der Vater für seine Lebensgefährtin zu erbringen habe. Diese stellten eine gesetzliche Verpflichtung dar, die nicht anders zu behandeln sei wie die übrigen gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen bzw Versorgungsleistungen.
Dazu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Bis zur Entscheidung 1 Ob 191/01x = SZ 74/138 wurde in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die Konkurseröffnung an einer titulierten Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich nichts ändere. Die Bemessungsgrundlage bleibe unverändert. Die Frage der Einbringlichkeit des festgelegten Geldunterhalts sei im Bemessungsverfahren nicht maßgebend. Die aus einem Konkurs resultierende Schuldenbelastung sei nicht von Bedeutung, wie dies grundsätzlich für alle Schulden gelte, die nur ausnahmsweise aus vom Unterhaltsschuldner zu beweisenden Umständen als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anzuerkennen seien (1 Ob 139/01z, 3 Ob 201/02h mwN). Auch nach 1 Ob 176/04w kommt es darauf an, zur Rückzahlung welcher Schulden ein Unterhaltspflichtiger im Wege eines im Schuldenregulierungsverfahren zustande gekommenen Zahlungsplan verpflichtet ist.
In der eingangs erwähnten Entscheidung hat der erste Senat in einer Unterhaltsvorschusssache aber eine teilweise Änderung der Judikatur eingeleitet, die in 1 Ob 86/04k auf ein Unterhaltsbemessungsverfahren übertragen wurde. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners, die sich an dem ihm zur Verfügung stehenden tatsächlichen Nettoeinkommen orientiere, ändere sich grundsätzlich durch die Eröffnung des Konkurses bzw des Schuldenregulierungsverfahrens sowie eines im Schuldenregulierungsverfahren festgelegten Zahlungsplanes. Dem schloss sich der siebente Senat (7 Ob 279/05b, ebenso 7 Ob 289/05h in einer Unterhaltsvorschusssache) an. Die zurückzuzahlenden Schulden seien grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, diene doch der Zahlungsplan gerade dazu, die Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach Erfüllung des Zahlungsplanes wiederherzustellen (7 Ob 289/05h). Nach der ständigen Rechtsprechung seien Schulden des Unterhaltspflichtigen dann berücksichtigungswürdig, wenn sie der Erhaltung und Steigerung seiner Arbeitskraft und Leistungsfähigkeiten dienten. Gerade dies solle durch die Erfüllung eines Zahlungsplanes aber angestrebt und erreicht werden, weshalb jedenfalls in Ansehung eines jüngeren unterhaltsberechtigten Kindes, für das die Entschuldung des Unterhaltspflichtigen vorteilhaft sei, der vom ersten Senat vertretenen Rechtsansicht, die monatliche Belastung aus einem Zahlungsplan stelle berücksichtigungswürdige Schulden dar und mindere daher die Unterhaltsbemessungsgrundlage, beizutreten sei (vgl zuletzt 1 Ob 252/06z; 2 Ob 192/06h).
Sowohl in der Literatur (Neuhauser in Schwimann, ABGB3 § 140 Rz 57; Zencica, Konkurs und Unterhaltsbemessung?, ÖA 2006, 63; G. Kodek, Zur Unterhaltsbemessung im Konkurs, Zak 2006, 146) als auch von zweitinstanzlichen Gerichten (LG Linz in EFSlg 110.313; LG St. Pölten in EFSlg 110.314; LGZ Wien in EFSlg 110.315) wird dieser Judikatur zum Vorwurf gemacht, dass durch die Berücksichtigung von Zahlungsplanraten auch Schulden des Unterhaltspflichtigen von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden können, die sonst nicht abzugsfähig wären. G. Kodek (aaO) spricht in diesem Zusammenhang von einer abzulehnenden „Adelung" von Verbindlichkeiten durch die Konkurseröffnung. Diese Kritik hat auch der sechste Senat des Obersten Gerichtshofes jüngst in 6 Ob 282/06y für beachtenswert gehalten, konnte die Frage im Einzelfall aber dahingestellt lassen. In einer früheren Entscheidung wies der sechste Senat (6 Ob 51/04z) aber darauf hin, dass auch die geänderte Bewertung der Schulden des Gemeinschuldners im Konkurs im Regelfall das Existenzminimum (nach den Bestimmungen der EO und der Existenzminimumverordnung) als Maßstab für die Beurteilung der Kosten einer bescheidenen Lebensführung des Unterhaltsschuldners heranziehe. Darin sei nur eine Orientierungshilfe zu erblicken, die nicht für Extremfälle gelte. An der Beurteilung von Extremfällen habe die dargestellte Judikaturänderung zum Einfluss der Konkurseröffnung auf die Unterhaltsverpflichtung aber nichts ändern wollen. Die Neuerung bestehe in einer geänderten Bewertung der Schulden des Gemeinschuldners im Konkursfall. Das Verschulden des Gemeinschuldners an der Konkurseröffnung stehe in den meisten Fällen keineswegs fest, sodass die Aufrechterhaltung des Unterhaltstitels trotz dessen Uneinbringlichkeit im Ergebnis bedeute, dass eine Unterhaltsverpflichtung bejaht werde, obwohl die Leistungsfähigkeit bzw Leistungsmöglichkeit zu verneinen sei. Um einen solchen Fall gehe es aber dann nicht, wenn der in Konkurs verfallene Unterhaltsschuldner ohnehin über ein so hohes Arbeitseinkommen verfüge, dass für den Unterhaltsberechtigten ein ausreichendes pfändungsfreies Einkommen verbleibe.
Um einen solchen Extremfall handelt es sich aber hier. Die zum Schuldenregulierungsverfahren führenden Verbindlichkeiten des Vaters stammen nicht aus einer beruflichen Tätigkeit sondern aus unangemessenem Konsumverhalten (Autos und Umschuldungsmaßnahmen). Die Zahlungsplanquote beträgt 92 % und dient daher wirtschaftlich gesehen nicht der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit bzw Leistungsmöglichkeit des Schuldners, sondern deckt die (beinahe gesamten) bestehenden Verbindlichkeiten unter Vermeidung weiter auflaufender Zinsen. Im Übrigen ist das Einkommen des Vaters aus unselbständiger Tätigkeit so hoch, dass auch nach Abzug der Zahlungsplanraten ein Betrag verbleibt, der die von Unterinstanzen festgelegte Unterhaltspflicht gegenüber dem mj Sascha in einem ausgewogenen Verhältnis zu dem den Vater verbleibenden Restbetrag belässt.
Da es sich somit hier nicht um einen von der Judikaturänderung betroffenen Durchschnittsfall handelt, sondern um einen „Extremfall", für den diese Judikatur nicht vorgesehen ist (zu „Ausnahmen" für leichtfertige Unterhaltsschuldner vgl auch 1 Ob 252/06z), ist das Rekursgericht insofern auch nicht von dieser abgewichen, wenn es hier die Zahlungsplanraten nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht hat. Die Nichtberücksichtigung betrifft vielmehr Umstände des konkreten Einzelfalles und stellt insofern keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG dar. Erwägungen, ob die erwähnte Judikaturlinie (SZ 74/138) fortgesetzt werden sollte, sind hier somit entbehrlich.
Zur weiteren vom Rekursgericht dargelegten erheblichen Rechtsfrage enthält der Revisionsrekurs keine Ausführungen, sodass darauf nicht einzugehen ist.
Der Revisionsrekurs war daher insgesamt zurückzuweisen.
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