OGH 3Ob201/02h

OGH3Ob201/02h30.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1) Thomas S*****, und 2) Tina S*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Manfred S*****, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck/Mur, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 3. Juni 2002, GZ 3 R 86/02g-38, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck/Mur vom 9. April 2002, GZ 1 P 75/01a-32, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Revisionsrekurswerber ist der eheliche Vater der beiden antragstellenden Minderjährigen. Die häusliche Gemeinschaft deren Eltern ist seit Mitte Februar 2001 aufgelöst. Die Kinder werden im Haushalt der Mutter betreut. Der Vater ist mit einer weiteren Sorgepflicht für eine am 29. Mai 1984 außerehelich geborene Tochter belastet. Er war als Kellner beschäftigt, hatte zuletzt wiederholt den Arbeitsplatz kraft eigener Willensentschlüsse gewechselt und ist derzeit arbeitslos. Im Jahr 2001 gab es laufend offene Stellen für Kellner.

Das Erstgericht setzte den Geldunterhalt für das ältere Kind mit 190 EUR, für das jüngere Kind dagegen mit 160 EUR jeweils monatlich ab dem 1. Februar 2001 fest und wies das Unterhaltsmehrbegehren ab. Es spannte den Vater auf das zuletzt tatsächlich erzielte monatliche Nettoeinkommen als Kellner von 1.140 EUR unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen, des erzielbaren Trinkgelds und des Werts der "freien Station" an. Behauptete Zahlungen, die der Abdeckung von Schulden aus einer früheren selbständigen Erwerbstätigkeit des Vaters als Gastwirt dienen sollen, seien von der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht abzuziehen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts über die Anspannbarkeit des Vaters auf das von ihm zuletzt erzielte Monatseinkommen. Nach stRsp bildeten "selbst Konkursschulden grundsätzlich keine Abzugspost" von der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Deren Reduktion komme nur dann in Betracht, wenn solche Schulden auch ohne Konkurs abzugsfähig wären. Der Vater habe kein Vorbringen erstattet, inwiefern die behaupteten Verbindlichkeiten der Finanzierung existenznotwendiger Ausgaben gedient hätten, also (seinerzeit) der Sicherung und Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Existenz gedient hätten. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs "keine abschließende Regelung" zu entnehmen sei, "inwieweit finanzielle Verpflichtungen aus einer früheren selbständigen Unternehmenstätigkeit" von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

1. Nach stRsp des Obersten Gerichtshofs erfährt die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Geldunterhaltsschuldners jedenfalls dann keine Änderung, wenn der Unterhaltspflichtige weiterhin über Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit verfügt. Selbst für die Zeit nach Konkurseröffnung ist daher im Allgemeinen von einer unveränderten Bemessungsgrundlage auszugehen. Eine konkrete Minderung der Leistungsfähigkeit müsste der Gemeinschuldner behaupten und beweisen. Die Frage nach der Einbringlichkeit des festgelegten Geldunterhalts ist im Bemessungsverfahren nicht maßgebend (7 Ob 69/02a; 7 Ob 299/01y = ZIK 2002, 86; 1 Ob 139/01z = ZIK 2002, 34, je mwN). Demnach ist die aus einem Konkurs resultierende Schuldenbelastung des Geldunterhaltsschuldners an sich ebenso nicht von Bedeutung (7 Ob 299/01y). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für das Schuldenregulierungsverfahren, weshalb gewöhnlich auch nicht von Belang ist, welcher Betrag dem Geldunterhaltspflichtigen zur Deckung seiner Bedürfnisse bei Erfüllung eines bestimmten Zahlungsplans verbleibt. Allein das Vorliegen eines rechtskräftigen Zahlungsplans, der den Geldunterhaltspflichtigen zur planmäßigen Rückzahlung von Schulden verpflichtet, rechtfertigt noch nicht den Abzug dieser Schulden von der Unterhaltsbemessungsgrundlage (7 Ob 69/02a; 1 Ob 139/01s). Die gegenteilige Auffassung liefe "dem ehernen Grundsatz des Unterhaltsrechts" zuwider, dass Schulden des Geldunterhaltspflichtigen die Bemessungsgrundlage an sich nicht mindern, trifft doch die Beweislast dafür, dass sie ausnahmsweise als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anzuerkennen sind, immer den Unterhaltspflichtigen (1 Ob 139/01s). Die Abzugsfähigkeit von Schulden setzt überdies voraus, dass sie zur Finanzierung existenznotwendiger Bedürfnisse, außergewöhnlicher Belastungen oder zur Erhaltung der Arbeitskraft des Geldunterhaltsschuldners begründet wurden (7 Ob 69/02a mwN). In diese Kategorie fallen auch Schulden, deren Begründung auf dem Boden einer ex-ante -Beurteilung erforderlich war, um die existenzsichernde Ertragskraft eines Unternehmens des Geldunterhaltsschuldners zu erhalten bzw zu verbessern (grundsätzlich zu insofern bedeutsamen Parametern 1 Ob 179/00f). Die Voraussetzungen für den Abzug von Unternehmerschulden des Leistungspflichtigen von der Unterhaltsbemessungsgrundlage sind, wie auf der Hand liegt, ferner nicht danach zu differenzieren, ob der Geldunterhaltspflichtige eine selbstständige Erwerbstätigkeit ohne Eröffnung und Abwicklung eines Konkursverfahrens oder erst als Folge eines solchen aufgab.

2. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausführte, erstattete der Vater kein Vorbringen dazu, weshalb er als ehemaliger Gastwirt jene Schulden, deren Tilgungsraten er von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abgezogen wissen will, im Interesse der Existenzsicherung nach vernünftigen wirtschaftlichen Kriterien unter Anwendung einer ex-ante -Beurteilung eingehen musste. Selbst der Revisionsrekurs erschöpft sich noch in rein abstrakten Erörterungen über die Abzugsfähigkeit der Schulden eines ehemaligen Unternehmers von der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Soweit insofern Feststellungsmängel gerügt werden, können solche nicht vorliegen, unterließ es doch der Vater, im Verfahren erster Instanz ein Vorbringen zur Notwendigkeit seiner Verschuldung als Unternehmer nach den unter 1. erläuterten Kriterien zu erstatten. Der Vater zeigt schließlich auch keine erhebliche Rechtsfrage zu den Voraussetzungen seiner Anspannbarkeit auf das als unselbständig Erwerbstätiger zuletzt erzielte monatliche Nettoeinkommen auf.

3. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 16 Abs 3 AußStrG bei Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht an einen Ausspruch des Rekursgerichts nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG gebunden. Die zweite Instanz traf ihre Entscheidung auf dem Boden der Grundsätze der Rsp des Obersten Gerichtshofs, ohne diese in unvertretbarer Weise auf die Umstände des Einzelfalls angewendet zu haben. Somit ist aber der Revisionsrekurs zurückzuweisen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG abhängt.

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