Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende Bank räumte der R***** GmbH & Co KG (im Folgenden: KG) sowie den beiden Beklagten als Mitkreditnehmern im August 1995 zur Betriebsmittelfinanzierung der KG einen Kontokorrentkredit von ATS 400.000,-- (EUR 29.069,13) mit einer Laufzeit bis 31. 7. 2000 ein. Mit Kreditzusage vom 20. 7. 2000 wurde der Kontokorrentkredit um ATS 100.000,-- (EUR 7.267,28) auf ATS 500.000,-- (EUR 36.336,42) erhöht. Die Laufzeit wurde bis 31. 7. 2005 verlängert. Der Kredit war wiederholt ausnützbar. Die meisten Bewegungen auf dem Kreditkonto erfolgten in Form von Daueraufträgen und hinsichtlich der Zinsen. Beide Beklagten waren in Bezug auf das Konto zeichnungsberechtigt und trafen auch Unternehmensentscheidungen (betreffend die KG); in erster Linie war es der Erstbeklagte.
Komplementärin der KG war die R***** GmbH; die beiden Beklagten waren an der KG als Kommanditisten mit einer Hafteinlage von je ATS 180.000,-- (EUR 13.081,11) beteiligt. Die Geschäftsführung der KG wurde von der Komplementärin besorgt; deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war der Erstbeklagte.
Am 28. 11. 2002 zahlte der Zweitbeklagte auf den damals offenen Saldo in Höhe von EUR 39.950,40 einen Betrag von EUR 39.930,40. In der Zeit nach dem 28. 11. 2002 wurde das Kreditkonto weiter belastet. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. 2. 2004 wurde über das Vermögen der KG das Konkursverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 16. 12. 2004 stellte die klagende Partei dem Zweitbeklagten den aushaftenden Betrag zur sofortigen Rückzahlung fällig. Auf den eingeklagten Betrag von EUR 48.084,96 s.A. erfolgte am 21. 11. 2005 eine Quotenzahlung von EUR 4.859,94. Das Erstgericht verpflichtete die beiden Beklagten als Mitkreditnehmer zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 43.225,02 s. A..
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die ordentliche Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.
Der vom Obersten Gerichtshof bisher nicht beantworteten Rechtsfrage, ob die Verbrauchereigenschaft im Bereich der §§ 25b - 25d KSchG auch auf einen Minderheitsgesellschafter, der nicht Geschäftsführer sei, auszudehnen sei, komme keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, da es bereits an Anhaltspunkten für die primäre Voraussetzung der Mäßigung nach § 25d KSchG fehle, nämlich dass der klagenden Partei bei Vertragsabschluss erkennbar gewesen sei, dass zwischen dem Umfang der Verpflichtung der Beklagten und deren finanziellen Verhältnissen ein Missverhältnis bestanden habe. Wohl sei anzunehmen, dass der Kreditgeber die Einbringlichkeit seiner Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert ansehe, wenn er selbst aktiv werde, um die Einbeziehung eines Interzedenten in das Schuldverhältnis zu erreichen. Dies entspreche jedoch dem legitimen Interesse eines Gläubigers an der bestmöglichen Absicherung der Erfüllung seiner Forderung. Billigkeitserwägungen nach § 25d KSchG zielten auf jene Extremfälle ab, in denen etwa familiärer Druck und geschäftliche Unerfahrenheit zu untragbaren Rechtsverhältnissen geführt hätten. Im konkreten Fall sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagten aus der Leistung der klagenden Partei erheblichen Nutzen (§ 25d Abs 2 Z 3 KSchG) in Form einer zumindest vorläufigen Liquidität der KG gezogen hätten, an denen ihnen als Gesellschafter massiv gelegen sei. Die Beklagten seien auch keine psychisch oder intellektuell überforderten Verhandlungspartner gewesen, sondern hätten selbst die Kreditaufnahme aktiv betrieben.
Die von den beklagten Parteien erhobene außerordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
In der Zulassungsbeschwerde rücken die Beklagten in den Vordergrund, dass sie als Verbraucher anzusehen seien, weshalb ihnen das Mäßigungsrecht des § 25d KSchG zugute komme. Aufgrund des Vorliegens einer Familiengesellschaft und des damit verbundenen Drucks seien sie quasi gezwungen gewesen, eine Haftung einzugehen, die ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit weit übersteige. Die Nichtanwendung des § 25d KSchG stelle eine rechtsirrige Beurteilung dar, der Rechtserheblichkeit zukomme und die im Sinne der Einheit der Rechtsprechung richtig zu stellen sei. Außerdem komme der Frage der Haftung eines Interzedenten für Überziehungen Rechtserheblichkeit zu. In Bezug auf den Zweitbeklagten sei außerdem unbeantwortet geblieben, warum die Rückzahlung des offenen Betrages am 28. 11. 2002 nicht zum Erlöschen der Haftung geführt habe.
Damit wird aber keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. Nach § 25d KSchG kann der Richter die Verbindlichkeit eines Interzedenten (§ 25c KSchG) insoweit mäßigen oder auch ganz erlassen, als sie in einem unter Berücksichtigung aller Umstände unbilligen Missverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten steht, sofern die Tatsache, dass der Verbraucher bloß Interzedent ist, und die Umstände, die dieses Missverhältnis begründet oder herbeigeführt haben, bei Begründung der Verbindlichkeit für den Gläubiger erkennbar waren.
Ein zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (RIS-Justiz RS0113938) vorhandenes Missverhältnis der von § 25d KSchG geforderten Art, dessen Vorliegen im Übrigen nur einzelfallbezogen beantwortet werden könnte (RIS-Justiz RS0112840), ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Zur Frage, ob ein Minderheitsgesellschafter, der nicht als Geschäftsführer fungiert, als Verbraucher anzusehen ist, muss daher nicht Stellung genommen werden (vgl RIS-Justiz RS0088931). Die wiederholte Ausnützbarkeit bei Rückzahlungen („revolvierender Charakter") und die Haftung von Interzedenten für den jeweiligen Saldo liegt im Wesen eines Kontokorrentkredits (vgl 1 Ob 520/91 = SZ 64/31). Die Ansicht, dass Interzedenten dann, wenn sie selbst als Zeichnungsberechtigte eine Kreditüberziehung bewirken, für die damit verbundene Kreditausweitung haften, ist angesichts der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (1 Ob 628/93 = ecolex 1994, 315) nicht zu beanstanden.
Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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