Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden und auch Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Mousa W***** der Verbrechen (zu 1.) der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und (zu 2.) des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er
1./ am 12. Mai 2006 in Steyr Yaya S***** dadurch, dass er ihm mit einem 30 cm langen Küchenmesser einen Stich in den Oberschenkel versetzte, eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Durchtrennung der Oberschenkelartherie sowie der Oberschenkelvene, absichtlich zugefügt, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte; 2./ am 25. März 2006 in Linz dadurch, dass er Elsa G***** von hinten einen Fußtritt versetzte und ihr Mobiltelefon an sich nahm, der Genannten mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Die Geschworenen hatten die auf das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB gerichtete Hauptfrage 1 verneint, jedoch die auf das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB gerichtete Eventualfrage 2 sowie die auf das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB gerichteten Hauptfrage 6 bejaht.
In der Straffrage ging das Geschworenengericht davon aus, dass der Angeklagte - entgegen seinen Angaben - zu den Tatzeitpunkten älter als 18 Jahre (aber nicht älter als 21 Jahre) war (US 6) und maß die Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 87 Abs 2 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 36 StGB aus.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Fragenrüge (Z 6) behauptet unter Berufung auf die Altersangaben des Beschwerdeführers und unter Hinweis auf Schwierigkeiten einer fundierten Altersfeststellung, es hätte eine uneigentliche Zusatzfrage gemäß § 316 StPO oder eine Eventualfrage gemäß § 314 StPO in Richtung einer „Anwendbarkeit des Jugendgerichtsgesetzes" gestellt werden müssen. Dabei orientiert sich die Beschwerde nicht an den genau zwischen Subsumtions- und Sanktionsfrage differenzierenden Vorschriften über das geschworenengerichtliche Verfahren. Die Stellung einer Eventualfrage (§ 314 StPO) zu einer Hauptfrage setzt voraus, dass rechtlich verschiedene Unterstellungen der Tat aktuell sind, von denen die in der Hauptfrage zum Ausdruck gekommene die in die Eventualfrage aufzunehmende ausschließt (Schindler, WK-StPO § 314 Rz 6).
Eine uneigentliche Zusatzfrage (§ 316 StPO) wiederum behält den Geschworenen die tatsächliche Lösung der Frage vor, ob „im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungs- oder Mildungsgründe die Anwendung eines anderen Strafsatzes" bedingen und spricht damit unbestritten die rechtliche Kategorie einer „strafbaren Handlung" an (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 25, 666; 14 Os 80/04).
Ob die Voraussetzungen für die Änderung des anzuwendenden Strafsatzes durch § 5 Z 2 bis 5 JGG wegen Tatbegehung als Jugendlicher (§ 1 Z 2 JGG) vorliegen, ist hingegen nicht von den Geschworenen allein, sondern bei der Beratung über die Strafe vom Schwurgerichtshof gemeinsam mit den Geschworenen zu entscheiden (§ 338 StPO) und im Urteil zu begründen (vgl RIS-Justiz RS0119249). Dieser Vorgabe entsprechend hat das Geschworenengericht die Feststellung getroffen, dass der Angeklagte zu den Tatzeiten älter als 18, aber nicht älter als 21 Jahre war, und diesen Ausspruch auf das gerichtsmedizinische Sachverständigengutachten gegründet (US 6).
Die Instruktionsrüge (Z 8) kritisiert das Fehlen einer Rechtsbelehrung „hinsichtlich des Alters des Angeklagten und der unter Umständen notwendigen Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes". Die Beschwerde orientiert sich wiederum nicht am Gesetz, bezeichnet sie doch keinen der in § 321 Abs 2 StPO angeführten Punkte, die notwendiger Inhalt einer Rechtsbelehrung sind.
Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit der Behauptung, die „Absichtlichkeit der Zufügung der Verletzung" sei „im gesamten Beweisverfahren nicht hervorgekommen" und „keinesfalls erweislich", keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Beschwerde verkennt dabei das Wesen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO), welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen (13 Os 16/00). Aufgrund der Angaben der Zeugen zum äußeren Tatgeschehen, welche den Schluss auf die innere Tatseite zulassen (vgl 11 Os 120/02), begegnet die bekämpfte Konstatierung keinen Bedenken.
Schließlich vernachlässigt das gegen den Wahrspruch wegen Raubes gerichtete Beschwerdevorbringen, dem zufolge einzelnen Beweisergebnissen kein den Angeklagten belastender Wert zukomme, sämtliche weiteren den Schuldspruch stützenden Verfahrensergebnisse, sodass auch in diesem Punkt keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Wahrspruchs bestehen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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