OGH 7Ob230/06h

OGH7Ob230/06h20.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Robert T*****, vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Dr. Dieter Havranek, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen EUR 46.531,96 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 13. Juli 2006, GZ 4 R 60/06k-41, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. Jänner 2006, GZ 20 Cg 180/03b-35, infolge Berufung des Klägers teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger EUR 46.815,19 samt 4 % Zinsen seit 1. 3. 2003 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 22.316,68 (darin enthalten EUR 3.176,28 USt und EUR 3.259,-- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bevollmächtigte den Versicherungsmakler Mag. Johannes M*****, der in ständiger Geschäftsbeziehung mit der Beklagten stand, mit dem Abschluss einer „Eigenheim- & Haushalts-Top-Vollschutz-Versicherung im 3/4-Takt" zu den „derzeit gültigen AVB und BVB mit Sofortschutz" für sein im Bau befindliches Reihenhaus in V*****. Die Versicherungssumme für das Wohnhaus sollte ATS 2,647.500,--, für den Haushalt ATS 300.000,-- und für die Haftpflicht ATS 10 Mio betragen. Der Versicherungsschutz sollte „ab sofort" beginnen und mit 1. 12. 2003 ablaufen. Der Versicherungsmakler übermittelte den diesbezüglichen Antrag per Fax am 15. 11. 2000 an die Beklagte. Er kopierte den in roter Schrift gehaltenen Sendebericht des Faxgerätes auf den bei ihm verbliebenen Antrag auf Sofortschutz auf; darüber hinaus kopierte er noch die Zeile auf: „Fax wegen Deckung Sofortschutz-Originalantrag folgt!". Bei der Zusammenarbeit der Beklagten mit Mag. M***** bestand die Vereinbarung, dass die Beklagte Sofortschutz (vorläufige Deckung) unter folgenden Bedingungen erteilt:

Die D***** [Beklagte] bietet für Haushalte in Österreich mit einer Versicherungssumme von maximal ATS 5 Mio vorläufige Deckung. Diese beginnt mit Zugang des Antrages bei einer Verwaltungsstelle der D*****, jedoch nicht vor dem im Antrag angegebenen Versicherungsbeginn; sie endet mit dem Zustandekommen des Versicherungsvertrages oder der Ablehnung des Antrages. Bei Anträgen für Haushalte mit einer höheren Versicherungssumme als ATS 5 Mio oder Haushalte außerhalb Österreichs sowie bei Anträgen für eine Vertragslaufzeit von weniger als einem Jahr besteht kein Sofortschutz.

Der beantragte Versicherungsschutz beginnt erst mit dem Zustandekommen des Vertrages (durch Zugang der Polizze oder einer gesonderten Annahmeerklärung des Versicherers), jedoch nicht vor dem beantragten Versicherungsbeginn.

Versicherungsanträge sowie sämtliche Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers und des Versicherten müssen schriftlich erfolgen. Der Antragsteller übernimmt durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit aller Angaben, auch dann, wenn er diese nicht eigenhändig geschrieben hat. Am 15. 11. 2000 waren bei der Beklagten, Landesdirektion für Kärnten/Osttirol, in Klagenfurt mehrere Faxgeräte in Verwendung, die untereinander verbunden waren. Intern bestand die Weisung, dass einlangende Faxe sofort zu registrieren und allenfalls umgehend an die zuständige Abteilung zu übermitteln seien. Das Fax des Versicherungsmaklers Mag. M***** mit dem Antrag auf Abschluss einer „Eigenheim & Haushaltsversicherungs mit Sofortschutz" umfasste eine Seite und wurde am 15. 11. 2000 um 11.01 Uhr an die Beklagte übermittelt. Es ist bei dieser auch eingelangt. Der Antrag wurde jedoch bei der Beklagten aus nicht mehr feststellbaren Gründen keiner weiteren Bearbeitung zugeführt. Es erfolgte weder ein Registrierung des Antrages, noch die Anlegung eines Aktes und auch nicht eine Polizzierung und somit auch keine Prämienvorschreibung. Mag. M***** hielt den Antrag vom 15. 11. 2000 nicht in Evidenz und kontrollierte auch nicht, ob eine Polizzierung erfolge. Er erwartete, dass das Haus des Klägers in wenigen Monaten fertiggestellt werden würde und wollte danach einen Antrag auf Abschluss einer Eigenheim- & Haushaltsversicherung mit einer höheren Versicherungssumme einbringen. Ein solcher Antrag erfolgte aber nicht, weil der Kläger für die Fertigstellung des Hauses wesentlich länger als erwartet benötigte und erst im Frühjahr 2004 in sein Reihenhaus einzog. Am 18. 1. 2003 trat im Wohnhaus des Klägers ein Wasserschaden auf, der seinen Ausgang an einem defekten Druckreduzierventil nahm und dazu führte, dass der gesamte Keller 1,7 m hoch unter Wasser stand. Wäre es zur Vorschreibung einer Prämie durch die Beklagte gekommen, hätte der Kläger für die Zeit von 15. 11. 2000 bis 18. 1. 2003 eine Versicherungsprämie von EUR 283,23 zu entrichten gehabt. Die Beklagte erlangte erst durch die Schadensmeldung des Klägers Kenntnis vom Versicherungsantrag und konnte den Antrag trotz Nachforschung nicht auffinden. Sie lehnte deshalb eine Schadensliquidierung ab. Der Kläger begehrt von der Beklagten aus der Eigenheim & Haushaltsversicherung EUR 46.815,19 sA als Ersatz für den am 18. 1. 2003 eingetretenen Wasserschaden. Die Beklagte, die seinen Versicherungsantrag weder abgelehnt noch angenommen habe, habe ihm zeitlich unbegrenzt vorläufige Deckung zu leisten. Zwischen Sofortschutz und endgültigem Vertrag sei in der Regel ein Zeitraum von mehreren Monaten gelegen, weshalb der Makler weder eine Bestätigung der Beklagten verlangt noch die Notwendigkeit gesehen habe, derartige Anträge zu kalendieren oder zu urgieren. Er, der Kläger, habe sich um die Angelegenheit nicht persönlich gekümmert. Ihm sei nicht aufgefallen, dass er keine Prämie bezahlt und keine Polizze erhalten habe.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Weder der Antrag mit Fax noch ein Originalantrag seien bei ihr eingegangen. Auch für eine vorläufige Deckung sei eine Antwort des Versicherers notwendig. Ein Schweigen des Versicherers sei nicht als schlüssige Annahme zu deuten. Der Antragsteller sei in der Regel sechs Wochen an den Antrag gebunden. Erfolge innerhalb dieser Frist keine Reaktion des Versicherers, könnten die Vertragsverhandlungen als gescheitert betrachtet werden, womit auch der vorläufigen Deckung ihre Grundlage entzogen sei. Weder der Kläger noch sein Makler Mag. M***** hätten von November 2000 bis Jänner 2003 die Polizze urgiert; eine Urgenz hätte spätestens nach drei Monaten erfolgen müssen. Dem Kläger und dem Makler sei daher eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen. Bei einer einzigen Urgenz wäre klargestellt worden, dass ein Versicherungsschutz nicht bestehe, weil kein Versicherungsvertrag abgeschlossen worden sei. Die Annahme eines Versicherungsschutzes, ohne seit über zwei Jahren eine Prämie vorgeschrieben erhalten bzw bezahlt zu haben, sei „sehr weltfremd". Das Verschulden des Maklers Mag. M***** sei als Verschulden des Klägers anzusehen. Grundsätzlich liege zwischen Antragstellung und Annahme ein Zeitraum von mehreren Wochen. Auch die vorläufige Deckung sei prämienpflichtig. Mangels Zuganges des Antrages sei nicht einmal der Vertrag auf vorläufige Deckung zustandegekommen.

Das Klagebegehren werde auch der Höhe nach bestritten. Nach einem Sachverständigengutachten betrage der Schaden EUR 35.745,61. Der Differenzbetrag von EUR 11.069,58 zum vom Kläger begehrten Betrag könne nicht nachvollzogen werden.

Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang dem Kläger EUR 23.265,98 sA zu und wies „das Mehrbegehren von EUR 23.265,98" sA ab. Im Spruch unterblieb eine ausdrückliche Entscheidung über das weitere Mehrbegehren von EUR 283,23. Aus der Begründung des Ersturteiles ergibt sich jedoch, dass das Erstgericht auch diesen Betrag abweisen wollte. Insoweit blieb das Ersturteil unbekämpft. Das Erstgericht stellte noch fest, am Wohnhaus des Klägers sei am 18. 1. 2003 ein baulicher Schaden von 25.808,92 entstanden. Die Schäden am Inventar hätten EUR 19.009,32 betragen. Für die Bauleitung und Reinigung sei ein Betrag von EUR 4.446,-- und für die Überprüfung einer Gastherme ein Betrag von EUR 103,44 aufzuwenden gewesen, sodass die Gesamtschadensumme inklusive Umsatzsteuer EUR 49.367,48 betragen habe.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Erstgericht rechtlich im Wesentlichen aus, der Versicherungsantrag sei bei der Beklagten eingegangen, eine Polizzierung sei aber nicht erfolgt, weil der Antrag aus nicht mehr feststellbaren Gründen von der Beklagten nicht mehr bearbeitet worden sei. Dafür gebe es eine Vielzahl nicht mehr feststellbarer möglicher Gründe. Dass kein Versicherungsvertrag zustandegekommen sei, sei einerseits darin gelegen, dass der Versicherungsmakler Mag. M***** nicht darauf geachtet habe, ob eine Polizzierung erfolge und andererseits, dass die beklagte Partei den eingelangten Antrag nicht bearbeitet habe. Das Fehlverhalten des Mag. M***** und der Beklagten sei gleichteilig zu gewichten. Vom „festgestellten Schaden" (gemeint wohl: vom begehrten Betrag) von EUR 46.815,19 sei die ersparte Prämie von EUR 283,23 abzuziehen. Vom Restbetrag von EUR 46.531,96 gebühre dem Kläger die Hälfte. Das von beiden Streitteilen angerufene Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Der Berufung des Klägers wurde hingegen Folge gegeben und das Ersturteil dahin abgeändert, dass die Beklagte schuldig erkannt wurde, dem Kläger EUR 46.531,91 sA zu bezahlen.

Ausgehend von den von ihm gebilligten Feststellungen des Erstgerichtes führte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, durch die von Mag. M***** vorgenommene Übersendung des Versicherungsantrages sei die von der Beklagten angebotene Deckungszusage gegenüber dem Kläger wirksam geworden. Die Beklagte habe die relevanten Daten in ihrem Fax-Empfangsgerät erhalten; das Unterbleiben des Ausdruckes oder der Verlust bzw die Nichtbeachtung des Ausdruckes falle in die Sphäre der Beklagten. Dass der Makler des Klägers nicht das von der Beklagten hiefür vorgesehene Formular verwendet habe, sei nicht von Relevanz, weil ein Versicherungsvertrag formfrei abgeschlossen werden könne. Die Auffassung der Beklagten, die vorläufige Deckung sei beim Eintritt des Schadensfalles im Jänner 2003 „wegen Zeitablaufes" bzw „Verlustes der Bindungswirkung" nicht mehr gegeben gewesen, sei verfehlt. Die Deckungszusage bestehe so lange, als der Antrag nicht ausdrücklich abgelehnt und der Versicherer davon verständigt oder die Deckung gekündigt werde. Sie sei auch dann wirksam, wenn die Prämie noch nicht bezahlt worden sei. Zwar sei kein „endgültiger Versicherungsvertrag" zustandegekommen. Der Kläger habe aber gleichwohl durch die Antragstellung und den Zugang dieses Antrages bei der Beklagten eine vorläufige Deckungszusage und insoweit „Sofortschutz" (ab Einlangen des Antrages) erlangt. Er habe daher Anspruch auf Ersatz des von ihm erlittenen Wasserschadens.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels der Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das (noch strittige) Klagebegehren von EUR 46.531,96 sA abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel seiner Prozessgegnerin keine Folge zu geben. Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Fall fehlt. Die Revision ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auch wenn man davon ausgeht, dass der festgestellte Eingang des „Antrags-Faxes" vom 15. 11. 2000 bei der Beklagten grundsätzlich geeignet war, „Sofortschutz" (vorläufige Versicherungsdeckung) zu bewirken, darf, wie die Revisionswerberin zu Recht geltend macht, nicht außer Acht gelassen werden, dass seitens der Beklagten über zwei Jahre lang keinerlei Reaktion auf den Antrag erfolgte. Dies ist im Hinblick darauf, dass zwischen dem vom Kläger bevollmächtigten Makler und der Beklagten (unbestrittenermaßen) für Haushalte in Österreich mit einer Versicherungssumme von maximal ATS 5 Mio die Vereinbarung einer vorläufigen Deckung vom Zugang des Antrages bis zum Zustandekommen des Versicherungsvertrages oder der Ablehnung des Antrages bestand, jedenfalls sehr ungewöhnlich, zumal ja jeder Versicherer doch zweifellos vor allem daran interessiert sein muss, Prämien zu lukrieren und keineswegs daran, (wenn auch nur vorläufig) prämienfrei Versicherungsschutz zu bieten. Die von der Beklagten in erster Instanz erhobene Behauptung, in der Regel erfolge eine Reaktion auf einen solchen Versicherungsantrag innerhalb weniger Wochen, erscheint in diesem Licht daher praxisnahe. Eine diesbezügliche ausdrückliche Feststellung fehlt allerdings. Die Frage, innerhalb welcher Frist üblicherweise eine Reaktion des Versicherers zu erwarten ist, muss jedoch nicht exakt beantwortet werden und wird versicherungsbranchenmäßig verschieden sein. Sogar wenn es, wie der Kläger selbst behauptet, vorkommen sollte, dass ein Versicherer dem Antragsteller seine Entscheidung erst nach drei bis vier Monaten bekanntgibt, steht doch fest, dass im vorliegenden Fall auch diese Frist bei weitem (um ein Vielfaches) überschritten wurde. Da sachliche Gründe für ein Zuwarten der Beklagten nicht ersichtlich sind (und vom Kläger auch gar nicht behauptet wurden), gab es für das Verhalten der Beklagten aus Sicht des Klägers - dessen ihm zurechenbaren Maklers - nur zwei Erklärungsmöglichkeiten: Nämlich dass das Fax gar nicht bei der Beklagten eingelangt oder auf irgendeine Weise in Verstoß geraten ist, noch ehe die Beklagte eine Reaktion (Annahme oder Ablehnung des Versicherungsantrages) setzen konnte.

Nun wurde vom Obersten Gerichtshof im Einklang mit deutscher Judikatur und Lehre bereits mehrfach betont, dass auch ein Versicherungsverhältnis in besonderem Maße von Treu und Glauben beherrscht wird (SZ 48/52; VersR 1978, 752; 7 Ob 12/86; 7 Ob 57/05s ua), welchen Grundsatz der Versicherungsnehmer ebenso gegen sich gelten lassen muss wie der Versicherer (vgl Prölss in Prölss/Martin VVG27 Vorbem. II Rz 6 mwN). Diese starke Betonung von Treu und Glauben soll der Tatsache Rechnung tragen, dass jeder der beiden Vertragspartner auf die Unterstützung durch den jeweils anderen angewiesen ist, weil er dem jeweils anderen in der einen oder anderen Weise unterlegen ist: Der Versicherungsnehmer verfügt zum Beispiel allein über die Kenntnis wesentlicher Umstände für den Vertragsschluss und die Schadensabwicklung; der Versicherer ist dem Versicherungsnehmer überlegen durch die Beherrschung der Versicherungstechnik, seine Geschäftskunde, seine umfangreichen Erfahrungen und wegen der Sachverständigen, deren er sich bedienen kann (Prölss aaO Rz 7). Treu und Glauben beeinflussen daher das Versicherungsverhältnis in vielfacher Weise und können nach herrschender Meinung ergänzende Leistungs- oder Verhaltenspflichten schaffen (Prölss aaO Rn 9 mwN; vgl BGH, VersR 1956, 365). Eine ähnliche Situation, die eine ähnliche „ergänzende Pflicht" annehmen lässt, ist auch im vorliegenden Fall gegeben. Da ein derart langes Schweigen der Beklagten zum Versicherungsantrag des Klägers, wie bereits gesagt, sachlich nicht erklärbar war, durfte sich der Kläger nicht darauf zurückziehen und darauf verlassen, ohnehin „Sofortschutz" zu genießen und im Versicherungsfall also geschützt zu sein, ohne sich in irgendeiner Weise weiter um seinen Antrag kümmern zu müssen. Dem Einwand des Klägers, er habe nicht mehr an den Antrag gedacht, ist entgegenzuhalten, dass es jedenfalls aber Aufgabe des von ihm bevollmächtigten Maklers gewesen wäre, den Antrag in Evidenz zu halten. Dies umso mehr, als feststeht, dass der Makler, der für den Antrag ein eigenes Formular (nicht ein solches der Beklagten) verwendete, auf den Antrag auch den Hinweis „aufkopiert" hat: „Fax wegen Deckung Sofortschutz-Originalantrag folgt". Auch wenn dieser Hinweis (die Feststellung scheint etwas unklar) nur auf den beim Makler verbliebenen Faxausdruck kopiert worden sein sollte, macht dies doch deutlich, dass vom Makler selbst von vornherein ohnehin ein weiterer Handlungsbedarf gesehen wurde. Selbstredend gehört es zu den ureigensten, wesentlichen Aufgaben eines Versicherungsmaklers, von ihm gestellte Versicherungsanträge in Evidenz zu halten. Ein Versicherungsmakler im Sinne der §§ 26 ff MaklerG - wie hier Mag. M***** - ist nach ständiger Rechtsprechung zwar regelmäßig ein Doppelmakler (vgl § 27 MaklerG), wird aber trotzdem als Hilfsperson des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zugerechnet und hat primär als „Bundesgenosse" des Versicherten dessen Interessen zu wahren (RIS-Justiz RS0114041). Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 315/03d, VR 2005, 83 = RdW 2004, 538 bereits ausgeführt hat, trifft den Makler aber eine (eingeschränkte) Aufklärungs- und Benachrichtigungspflicht gegenüber dem Versicherer. Er hat den Versicherer insbesondere über ihn bekannte oder erkennbare besondere Risken zu informieren (RIS-Justiz RS01140041 [T3]). Da im vorliegenden Fall das (über-)lange Schweigen der Beklagten zwingend befürchten lassen musste, dass der per Fax gestellte Antrag vom 15. 11. 2000 der Beklagten - aus welchen Gründen auch immer - nicht zur Kenntnis gelangt sei, wäre der Makler des Klägers - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - daher längst verpflichtet gewesen, eine Entscheidung der Beklagten zu urgieren. Da dies nicht geschehen ist, wäre es im Sinn eines redlichen Geschäftsverkehrs und der insbesondere auch im Versicherungsrecht herrschenden Grundsätze von Treu und Glauben tatsächlich unbillig, die Beklagte unter Hinweis darauf, dass das Fax ja in ihrem Bereich - offenbar - verlorenging, haften zu lassen. Es erscheint vielmehr recht und billig, eine Verletzung der „ergänzenden (Aufklärungs-)Pflicht" des - dem Kläger zuzurechnenden (RIS-Justiz RS0114041) - Maklers anzunehmen, die die Beklagte leistungsfrei macht.

Nach diesen Grundsätzen muss also eine Beendigung des „Sofortschutzes" (der vorläufigen Versicherungsdeckung), insbesondere des von einem Makler vertretenen Antragstellers, nicht nur bei Ablehnung des Versicherungsvertrages oder dem Zustandekommen eines Vertrages angenommen werden, sondern auch dann, wenn sich der Antragsteller (Makler) um den Versicherungsantrag nicht weiter kümmert und eine Entscheidung des Versicherers nicht urgiert, wenn dieser - wie hier - jahrelang ohne ersichtlichen Grund auf die Antragstellung nicht reagiert. Muss doch in einem solchen Fall objektiv angenommen werden, dass die zuständigen Personen des Versicherers, auch wenn der Antrag - wie hier - in dessen Sphäre gelangt ist, ausnahmsweise tatsächlich keine Kenntnis davon erlangt haben.

Der Einwand der Beklagten, leistungsfrei zu sein, ist daher in diesem besonderen Fall berechtigt. Da der Kläger ausschließlich einen Deckungsanspruch geltend macht, kommt eine vom Erstgericht angenommene teilweise Haftung der Beklagten nicht in Betracht („Alles oder Nichts-Prinzip"). Ein vom Erstgericht bejahtes „Fehlverhalten" der Beklagten, sei es wegen der Verletzung einer Vertragspflicht oder deliktisch, könnte nur einen Schadenersatzanspruch begründen. Auf Schadenersatz hat der Kläger seine Forderung aber nicht gestützt; ob ein solcher gegen den Makler besteht, ist hier nicht zu prüfen. Ohne dass noch auf die von der Revisionswerberin behauptete Aktenwidrigkeit (die in der Ansicht des Berufungsgerichts erblickt wird, sie habe die Höhe des Anspruches nicht - ausdrücklich - bestritten) eingegangen werden müsste, ist in Stattgebung der Revision der Beklagten daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Da die Beklagte das Klagebegehren zur Gänze abwehren konnte, hat ihr der Kläger alle Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz zu ersetzen. Die Verfahrenskosten erster Instanz belaufen sich im ersten Rechtsgang auf EUR 7.072,86 (darin enthalten EUR1.178,81 USt) und errechnen sich im zweiten Rechtsgang mit EUR 4.532,76 (darin enthalten EUR 707,46 USt und EUR 288,-- Barauslagen). Für die beiden Berufungsbeantwortungen und die Berufung der Beklagten sind Kosten von EUR 2.477,70 (darin enthalten EUR 412,95 USt) und EUR 1.740,-- (darin enthalten EUR 290,-- USt) sowie EUR 2.588,-- (darin enthalten EUR 290,-- USt und EUR 848,-- Barauslagen) aufgelaufen. Die Kosten der außerordentlichen Revision schließlich betragen EUR 3.905,36 (darin enthalten EUR 297,06 USt und EUR 2.123,-- Barauslagen). Insgesamt errechnet sich der Kostenersatzanspruch der Beklagten daher mit EUR 22.316,68 (darin enthalten EUR 3.176,28 USt und EUR 3.259,-- Barauslagen).

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