OGH 3Ob81/06t

OGH3Ob81/06t30.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard L*****, vertreten durch Mag. Elisabeth Hauptmann-Höbart, Rechtsanwältin in Herzogenburg, wider die beklagte Partei Matthäus M*****, vertreten durch Dr. Franz Amler, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen 18.600 EUR s. A. und Feststellung (Streitwert 726,73 EUR), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2006, GZ 16 R 215/05p-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 8. Juli 2005, GZ 4 Cg 304/03m-17, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Am 23. Februar 2003 fand in einer Sporthalle ein Hobbyfußballturnier zwischen mehreren Mannschaften von „Blaulichtorganisationen" statt. Jede Mannschaft hatte jeweils gegen jede andere Mannschaft zu spielen. Das letzte Spiel des Turniers bestritt die Mannschaft der Gendarmerie, der der Kläger angehörte, und die Mannschaft des Arbeiter-Sameriterbundes T*****, der der Beklagte angehörte. Die Spielzeit eines Matches betrug zwischen 12 und 15 Minuten. Eine Mannschaft spielte mit vier oder fünf Feldspielern und einem Tormann. Zuvor hatten beide hier involvierten Mannschaften alle ihre Spiele gewonnen, sodass es sich bei dem Spiel zwischen ihnen um das Entscheidungsspiel um den Turniersieg handelte. Beim Spielstand von 2 : 1 für die Mannschaft des Klägers kam es zu einer Attacke des Beklagten gegen diesen, bei der er am rechten Bein schwer verletzt wurde.

Beide Parteien waren Feldspieler. Im Gegensatz zum Kläger ist der Beklagte Fußballspieler in einem Verein der niederösterr. Gebietsliga. Die Mannschaft des Klägers war kurz vor dem Vorfall auf Grund eines Elfmeters in Führung gegangen. Nach einer Spielunterbrechung wurde der Ball zum Kläger gespielt, der sich als „letzter" Spieler seiner Mannschaft in seiner Spielhälfte im Bereich der (aus der Sicht der Mannschaft des Beklagten) rechten Wand befand. Er nahm den ihm zugespielten Ball an und wollte ihn zu seinem Tormann zurückspielen. In dieser Situation lief der Beklagte auf ihn zu, rutschte mit seinem gestreckten linken Bein gegen ihn und „erwischte" dabei von rechts hinten den rechten Unterschenkel des Klägers oberhalb des Sprunggelenks. Beim rechten Bein des Klägers handelt es sich um dessen Schuss-, nicht um sein Standbein.

Es kann „nicht gesichert" festgestellt werden, ob sich zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes der beiden Parteien der Ball noch beim Kläger befand oder ob er diesen bereits abgespielt hatte, weiters, ob zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte auf den Kläger zulief und begann, mit seinem linken gestreckten Bein in ihn hineinzurutschen, der Beklagte noch eine Chance auf den Ball gehabt hätte.

Durch die Attacke erlitt der Kläger eine schwere Verletzung des rechten Sprunggelenks und des rechten Wadenbeins.

Der Kläger begehrte die Zahlung von 15.000 EUR an Schmerzengeld, 500 EUR für Heilbehelfe, Arzt und Rehabilitationskosten (Selbstbehalt) sowie 1.400 EUR an Verdienstentgang. Weiters begehrte er die Feststellung der Haftung für künftige unfallkausale Schäden. Dazu brachte er im Wesentlichen vor:

Bei dem Fußballturnier habe es sich um ein Freizeitspiel gehandelt, bei dem jedenfalls damit zu rechnen sei, dass sich die Mitspieler rücksichtsvoll verhalten und eine gegenseitige Gefährdung möglichst vermeiden. Nur einige wenige Minuten vor Ende des Spiels, dessen Ausgang noch dazu ohnehin eindeutig gewesen sei, sei er vom Beklagten von hinten attackiert worden, obwohl er den Ball zuvor bereits abgespielt gehabt habe. Es habe sich nicht um einen Kampf um den Ball gehandelt; vielmehr habe ihn der Beklagte in einer völlig aussichtslosen Situation total rücksichtslos und gefährlich von hinten attackiert, obwohl der Kläger den Ball bereits zum Tormann zurückgespielt gehabt habe und dem Beklagten habe klar sein müssen, dass seine Attacke völlig unnötig und äußerst gefährlich sei. Es liege nicht mehr nur ein typischer Regelverstoß im Rahmen des sportspezifischen Risikos vor.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, er habe den Kläger nicht von hinten mit voller Wucht getreten, sondern es sei zu einem Pressball im Zuge eines Kampfes um den Ball gekommen. Er habe nicht rechtswidrig gehandelt. Der Hallenboden sei ein Kunststoffbelag gewesen, durch den sich eine erhöhte Haftreibung ergebe, die die schweren Verletzungsfolgen bewirkt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über die eingangs wiedergegebenen hinaus noch umfangreiche Feststellungen über die Verletzung des Klägers, deren Behandlung und Folgen. In rechtlicher Hinsicht bejahte der Erstrichter zwar einen Verstoß des Beklagten gegen die Fußballregeln. Nach den Grundsätzen des österr. Haftungsrechts sei aber nicht nur darauf abzustellen, ob die Möglichkeit bestanden habe, den Ball zu spielen, sondern auch darauf, ob eine unrichtige Einschätzung der Situation mit Rücksicht darauf vorgelegen sei, dass Chancen und Risiken oft im Bruchteil einer Sekunde abgewogen werden müssten und der Entschluss zur Durchführung und Unterlassung des Attackieren des Gegners in eben dieser Zeit gefasst werden müsste. Der beweispflichtige Kläger habe nicht beweisen können, dass der Beklagte im Zeitpunkt seiner Attacke keine Chance mehr auf den Ball gehabt habe. Soweit er eine Chance auf diesen gehabt habe und mit der Attacke dem Kläger den Ball habe abnehmen wollen, handle sich um eine für das Fußballspiel typische Situation. Dem Kläger sei der Beweis misslungen, dass es sich dabei um ein über einen beim Kampf um den Ball immer wieder vorkommenden typischen Regelverstoß hinausgehendes Vorgehen gehandelt habe. Auch bei Hobbyfußballturniern seien die einzelnen Mannschaften bestrebt, ein Spiel zu gewinnen, Attacken beim Kampf um den Ball seien nicht untypisch.

Das Gericht zweiter Instanz änderte über Berufung des Klägers das erstgerichtliche Urteil in eine gänzliche Klagestattgebung ab. Dazu vertrat es die Auffassung, aus rechtlichen Erwägungen auf die vom Kläger erhobene Tatsachenrüge nicht eingehen zu müssen. Es billigte die Auffassung des Erstgerichts, dass die vom Geschädigten zu beweisende Rechtswidrigkeit einer Verletzungshandlung im Kampfsport nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs erst dann gegeben sei, wenn das Verhalten des Schädigers über einen beim Kampf über den Ball immer wieder vorkommenden typischen Regelverstoß hinausgehe. Dies treffe hier zu.

Weiters führte das Berufungsgericht zweiter Instanz aus:

„Im vorliegenden Fall ist darauf Bedacht zu nehmen, dass es sich zwar um einen sportlichen Wettstreit handelte, dieser aber von den Beteiligten hobbymäßig in der Freizeit nur zum Vergnügen ausgeübt wurde, sodass der wechselseitigen Rücksichtnahme unter der Vermeidung gegenseitiger Gefährdung ein höherer Stellenwert zukam als während eines eigentlichen Wettkampfes (zB eines Meisterschaftsspiels). Vom Erstgericht wurde festgestellt, dass der Kläger im Zeitpunkt des Vorfalls den Ball bereits abgespielt hatte oder im Begriff war, dies zu tun. Die Gewalteinwirkung erfolgte, wie unbekämpft festgestellt wurde, von rechts hinten, sodass ein Pressball, wie dies der Beklagte darzulegen versuchte, nicht vorgelegen sein konnte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger den Ball lediglich zum Tormann seiner Mannschaft zurückpassen wollte. Bei dieser Spielsituation war es nun aber entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanz unerheblich, ob der Beklagte zu Beginn seiner Attacke noch eine Chance auf den Ball gehabt hätte oder nicht. Selbst wenn der Beklagte den Ball noch getroffen hätte, hätte er dadurch, dass er mit dem gestreckten Bein hineinrutschte und der Kläger sich zwischen ihn und den Ball befand, einen gezielten Schuss nicht ausführen können. Auch ein Weiterführen des Balls wäre ihm nicht möglich gewesen, weil er durch seinen Angriff selbst zu Sturz kam. Für den Beklagten ging es aber nur nicht darum, einen Gegenspieler von einem Torschuss abzuhalten. Selbst bei Erreichen des Balls hätte der Beklagte diesen unkontrolliert wegschießen können, was bei der gegebenen Spielsituation unnötig war. Der Mannschaft des Beklagten hätte dies für den Spielaufbau keinen Vorteil bringen können. Es wäre für den Beklagten aber auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Entschluss zur Durchführung oder Unterlassung einer Attacke in kürzester Zeit gefasst werden muss, leicht erkennbar gewesen. Hinzu kommt, dass der Bewerb in einer Halle mit Kunststoffbelag und daher mit einer erhöhten Haftreibung ausgetragen wurde. Auch unter diesem Aspekt musste dem Beklagten die besondere Gefährlichkeit eines Angriffs bewusst sein. Der Regelverstoß des Beklagten kann demnach nicht mehr als spieltypisch bezeichnet werden. Vielmehr war sein grob rücksichtsloses Vorgehen sozial inadäquat und damit rechtswidrig."

Demnach sah das Gericht zweiter Instanz die Schadenersatzansprüche des Klägers als berechtigt an. Auch die Voraussetzungen für die Stattgebung des Feststellungsbegehrens lägen vor. Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und iSd vom Beklagten hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Mangels Relevierung im Revisionsverfahren bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der ohnehin von der Rsp des Obersten Gerichtshofs ausgehenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Grundsätzlichen.

Dieser hatte sich bereits wiederholt mit den sogenannten „Hineinrutschen" beim Fußballspiel auseinanderzusetzen (6 Ob 546/82; 5 Ob 578/87 = SZ 60/176; 2 Ob 571/94 = JBl 1996, 786 [Sprung] = EvBl 1995/74; 9 Ob 1604/94; 6 Ob 169/04b). Demnach ist ein solches Verhalten (Hineinrutschen mit gestrecktem Bein „in einen Gegner", um den gegnerischen Spieler vom Ball zu trennen) unabhängig von der Wertung als Regelverstoß noch als spieltypisch und in der Natur dieses Sports gelegen zu bezeichnen, was dem Verhalten die Rechtswidrigkeit nimmt.

Nach der E 6 Ob 546/82 rutschte bei einem Meisterschaftsspiel von zwei Reservevereinsmannschaften der Beklagte in Richtung Ball hinein und hatte das Bein gestreckt, weil er nur so eine Möglichkeit hatte und sah, den Ball zu spielen, wobei nicht festgestellt werden konnte, dass er nicht die geringste Möglichkeit gehabt hätte, den Ball zu spielen. Der E 5 Ob 578/87 lag zugrunde, dass der ballführende Kläger den Ball entweder weggeschossen hatte oder gerade im Begriff war, ihn mit dem rechten Fuß wegzuschießen, als ihn der Beklagte von hinten seitlich gegen das linke Knie schlug. Dabei war wahrscheinlich die Spielsituation so, dass es für den Beklagten aussichtslos war, durch seine Attacke an den Ball zu gelangen. Ob es aus seiner Sicht subjektiv aussichtslos war, war nicht mehr feststellbar. Wiederum verneinte der Oberste Gerichtshof die Haftung wegen Vorliegens eines typischen Regelverstoßes beim Kampf um den Ball. Es sei nicht nur darauf abzustellen, ob die Möglichkeit, den Ball zu spielen, bestanden habe, sondern auch darauf, ob eine unrichtige Einschätzung der Situation mit Rücksicht darauf, dass Chancen und Risiken oft im Bruchteil einer Sekunde abgewogen werden müssten und ein Schluss zur Durchführung oder Unterlassung des Attackierens des Klägers in eben dieser Zeit gefasst werden müsste, und ob daher ein allenfalls damit verbundener Regelverstoß als spieltypisch zu bezeichnen sei. Sei dies zu bejahen, fehle es dem Verstoß trotz Verstoßes gegen die Spielregeln an der Rechtswidrigkeit. Zu 2 Ob 571/94 bejahte der damals erkennende Senat eine rechtswidrige und schuldhafte Schadenszufügung, weil der dort Beklagte mit gestrecktem Bein gegen das Standbein des Klägers geschlagen hatte, als dieser den Ball bereits „weggespitzelt" gehabt hatte und der Ball von ihm bereits rund 2 m entfernt war. Der hinter dem Kläger laufende Beklagte hatte nach den Feststellungen keine Möglichkeit mehr gehabt, vor diesem an den Ball zu gelangen. Auch nach der Zurückweisungsentscheidung 9 Ob 1604/94 sei nicht nur auf die Umstände des Einzelfalls und darauf abzustellen, ob die Möglichkeit bestanden habe, den Ball zu spielen, sondern auch darauf, ob der Gefährdende sich die Situation bei der in Sekundenschnelle zu fällenden Entscheidung des Durchführens oder des Unterlassens des Attackierens des Gegners vergegenwärtigen habe können, was konkret nicht der Fall gewesen sei. In dem ebenfalls eine außerordentliche Revision zurückweisenden Beschluss 6 Ob 169/04b hielt der Oberste Gerichtshof an der dargestellten Rsp weiterhin fest und bejahte die Haftung eines Spielers wegen Verletzung des gegnerischen Tormanns, weil feststand, dass die Attacke erst begann, als der Beklagte keine Chance mehr gehabt hatte, an den Ball zu gelangen. Der Tormann hatte schon beim Ansetzen des Sprungs den Ball bereits gefangen.

Völlig richtig erkannte der Erstrichter, dass es Sache des Geschädigten ist, die Voraussetzungen für die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Schädigers zu beweisen (6 Ob 546/82; 5 Ob 578/87). Geht man von dem Kläger in seiner Berufung bekämpften Feststellungen des Erstgerichts aus, wonach nicht gesichert festgestellt werden könne, ob sich zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes der Parteien der Ball noch beim Kläger befand oder ob dieser ihn bereits abgespielt gehabt habe; weiters ob zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte auf den Kläger zulief und begann, mit seinem linken gestreckten Bein in den Kläger hineinzurutschen, ersterer noch eine Chance auf den Ball gehabt hätte, ist wiederum dem Erstrichter beizupflichten, dass damit die Kriterien der Rsp für eine nicht mehr spieltypische Regelverletzung vom Kläger nicht erwiesen seien. Ausgehend von diesem Sachverhalt wäre daher die Klage abzuweisen.

Nicht von entscheidender Bedeutung ist, dass die Verletzung in einem „Hobbyfußballturnier" geschah. Aus dem gesamten festgestellten Sachverhalt ergibt sich nämlich insgesamt, dass die Turnierveranstaltung in ein gewisses Regelwerk eingebettet war, steht doch fest, dass es eine „Spielunterbrechung" gab, einen „Elfmeter" und letztlich das nach der schweren Verletzung des Klägers unterbrochene und dann abgebrochene Spiel „mit 3 : 0 zu Gunsten der Mannschaft des Klägers strafverifiziert" wurde. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, für der für Fußballspiele im Allgemeinen entwickelten Rsp abzuweichen. Dabei ist insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass auch der E 5 Ob 578/87 offenbar ein Spiel zwischen Hobbymannschaften zugrunde lag, dass sogar als bloßes „Freundschaftsspiel" bezeichnet wurde. Wie zu Recht schon in 1 Ob 606/87 = JBl 1988, 114 ausgeführt wurde, wird auch im Freizeitsport, bei dem nicht nach kodifizierten Regeln gekämpft wird, ein vom Typ der Sportart und vom Grundkonsens der Beteiligten gedeckter kämpferischer Einsatz hingenommen. Dies gilt umso mehr bei einem offensichtlich eindeutigen Regeln folgenden Hobbyfußballturnier, insbesondere unter der gegebenen Voraussetzung, dass die Verletzung des Klägers im Endspiel des Turniers (um den Turniersieg) geschah und zwar bei einem knappen Spielstand zu Lasten der Mannschaft des Beklagten.

b) Soweit nun das Gericht zweiter Instanz eine Prüfung der Tatsachenrüge des Klägers aus rechtlichen Erwägungen für überflüssig hielt, ist dem nicht zu folgen. In Wahrheit gelangte auch die zweite Instanz keineswegs aus rein rechtlichen Überlegungen zu einem abweichenden Urteil, sondern auf der Grundlage von über jene des Erstgerichts hinausgehenden Tatsachenannahmen, die es in nichtöffentlicher Sitzung und ohne Beweisergänzung traf. So steht gerade nicht fest, dass der Beklagte, wenn er den Ball infolge seiner Attacke noch getroffen hätte „einen gezielten Schuss nicht ausführen hätte können" und ihm auch ein Weiterführen des Balls nicht möglich gewesen wäre, weil er durch seinen Angriff selbst zu Sturz gekommen wäre; für ihn sei es nicht darum gegangen, einen Gegenspieler von einem Torschuss abzuhalten, er hätte den Ball selbst bei dessen Erreichen nur unkontrolliert wegschießen können, was bei der gegebenen Spielsituation unnötig gewesen sei und seiner Mannschaft für den Spielaufbau keinen Vorteil bringen habe können. Die weitere Annahme, all dies hätte wäre für den Beklagten leicht erkennbar gewesen, steht sogar in unlösbaren Widerspruch zur erstinstanzlichen Negativfeststellung, wonach nicht feststehe, dass dieser [objektiv] keine Chance mehr auf den Ball gehabt hätte. Bestand nämlich zumindest noch die Möglichkeit, an den Ball zu kommen, dann kann man den Beklagten schwerlich vorwerfen, er hätte das Gegenteil leicht erkennen können.

Im Ergebnis laufen diese Ausführungen des Berufungsgerichts darauf hinaus, die bekämpften Feststellungen des Erstgerichts durch davon abweichende ohne Beweiswiederholung zu ersetzen. In diese Richtung geht auch die abweichende Wiedergabe der negativen Feststellung über das Abspielen des Balls in der Form, dass nach der Formulierung im Urteil zweiter Instanz das Erstgericht festgestellt habe, im Zeitpunkt des Vorfalls hätte der Kläger den Ball bereits abgespielt oder sei im Begriff gewesen, dies zu tun. In Wahrheit wurde aber nur festgestellt, dass er den Ball abspielen „wollte", wogegen gerade nicht feststeht, ob er ihn im Zeitpunkt der Attacke des Beklagten noch führte („der Ball noch beim Kläger befunden hat") oder ob er ihn bereits abgespielt hatte.

Diese Vorgangsweise des Berufungsgerichts begründet einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens iSD § 503 Abs 1 Z 2 ZPO (Zechner in Fasching/Konecny2 § 503 ZPO Rz 129), den der Beklagte mit seiner außerordentlichen Revision zu Recht aufzeigt. Damit verstieß das Berufungsgericht auch gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wodurch nach der Rsp eine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen wird (Zechner aaO § 502 Rz 109 mwN).

Aus den dargestellten Erwägungen muss die zweitinstanzliche Entscheidung in Stattgebung der außerordentlichen Revision des Beklagten aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers aufgetragen werden, um nun dessen Tatsachenrüge zu behandeln.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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