OGH 7Ob212/06m

OGH7Ob212/06m29.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****-GmbH, ***** vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei F.*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Josef Leitner, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Ybbs, wegen EUR 245.537,18 sA (Revisionsinteresse EUR 142.892,21), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22. Juni 2006, GZ 5 R 59/06t-39, mit dem das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Handelsgericht vom 29. Dezember 2005, GZ 29 Cg 109/03v-33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte veräußerte die Liegenschaft EZ *****, die sie am 17. 3. 2000 um ATS 1,3 Mio (= EUR 93.474,68) käuflich erworben hatte, mit Kaufvertrag vom 24. 5. 2000 um ATS 1,980.000,-- (= EUR 143.892,21) an die Klägerin. Auf deren ausdrücklichen Wunsch wurde in den schriftlichen Vertrag folgender Punkt V. aufgenommen:

Die Verkäuferin haftet auch dafür, dass die kaufgegenständlichen Grundstücke frei von Kontaminierungen bzw Bodenverunreinigungen sind, die eine Bebauung mit Wohnobjekten erschweren oder gänzlich verhindern.

Dem Geschäftsführer der Beklagten war bekannt, dass die Klägerin beabsichtigte, auf dem Grundstück sechs Reihenhäuser zu bauen. Die Liegenschaft war tatsächlich kontaminiert. Sie war bis 1967 als Mülldeponie verwendet worden. Dann wurde die Deponie zugeschüttet. Seit 1989 ist das Grundstück als Bauland-Wohngebiet im Flächenwidmungsplan ausgewiesen.

Die Klägerin beauftragte nach dem Kauf einen Sachverständigen mit der Erkundung und Begutachtung der für die Planung und für die Bauausführung maßgebenden Untergrundverhältnisse. In seinem Gutachten vom 26. 4. 2001 hielt dieser Sachverständige fest, dass er bei fünf Probeschürfungen festgestellt habe, dass das Grundstück mit einer Anschüttung aus Erdstoffen, Baurestmassen und weitgehend verrottetem Müll belegt sei. In der Bauverhandlung zur Errichtung der Reihenhäuser am 7. 8. 2001 führte der geologische Amtssachverständige aus, dass es erforderlich sei, im Zuge des Bauvorhabens nicht nur Teile des Mülls zu entfernen, sondern den gesamten Müll auszuräumen. Die Verwaltungsbehörde erteilte daraufhin zwar die Bewilligung für die Errichtung der Reihenhäuser, jedoch mit entsprechenden Auflagen zur Entsorgung des Baugruben- und des Fundamentaushubs. Die Klägerin entsprach diesen Auflagen. Zur Beseitigung der Kontaminierung entstanden ihr Entsorgungskosten von EUR 42.776,60 und von EUR 192.834,40 sowie Kosten der Kontrolle von EUR 6.390,17 (Beträge jeweils exklusive USt).

Die Klägerin begehrte von der Beklagten zuletzt (nach Klagseinschränkung um die ursprünglich geforderte Umsatzsteuer) den Ersatz ihres Nettoschadens von EUR 245.537,18 sA, aufgeschlüsselt in Entsorgungskosten, durch die Kontaminierung verursachte Mehrkosten beim Bau und Kosten der Untersuchung des kontaminierten Erdreiches. Die Beklagte wäre zur Entsorgung des Grundstückes verpflichtet gewesen, zumal ihrem Geschäftsführer die frühere Benützung der Liegenschaft als Deponie bekannt gewesen sei. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Ersatz des Verbesserungsaufwandes. Durch die Kontaminierung sei es zu einer Wertminderung der Liegenschaft gekommen, die den Verkehrswert des Grundstückes gegen null sinken lasse. Die Vertragsklausel V. sei eine Risikoübernahme, die Kosten der Dekontaminierung und die Mehrkosten bei der Bebauung könnten daher auf die Beklagte überwälzt werden. Diese habe ihre vertraglichen Pflichten zur Aufklärung über Bauerschwernisse jeglicher Art verletzt.

In der Verhandlung vom 9. 11. 2005 brachte die Klägerin, die ein ursprünglich von ihr erhobenes Feststellungsbegehren wieder fallen ließ, noch vor, aus dem Titel der Gewährleistung sei zumindest im Wege der Preisminderung der gesamte Kaufpreis für die Liegenschaft von der Beklagten zurückzuzahlen; für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens werde als Eventualbegehren die Bezahlung von EUR 142.892,21 sA gefordert; das verunreinigte Grundstück habe als Wiesengrundstück nur noch einen Wert von EUR 1.000,-- gehabt. Gewährleistungsansprüche seien nicht verfristet, weil schon in der Klage auf Punkt V. des Vertrages hingewiesen worden sei. Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe nicht gewusst, dass die Liegenschaft in den 50er Jahren als Deponie verwendet worden sei. Die Klägerin treffe jedenfalls ein Mitverschulden, weil sie die Verunreinigung durch Probebohrungen hätte feststellen können. Die Vertragsklausel V. stelle keine Garantiezusage dar. Da die Beklagte kein Verschulden treffe, könnte die Klägerin nur Gewährleistungsansprüche geltend machen. Die Gewährleistungsfrist sei allerdings abgelaufen und Gewährleistungsansprüche seien damit präkludiert. Der Mangel sei wirtschaftlich unbehebbar gewesen, sodass die Klägerin aus dem Titel der Gewährleistung nur die Wandlung des Vertrages verlangen könnte. Wandlung habe sie der Klägerin angeboten, diese habe aber abgelehnt. Das Eventualbegehren sei verfristet. Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von EUR 142.892,21 sA und wies das Mehrbegehren von EUR 102.644,97 ab. Der Klägerin stehe kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zu; diese habe keine vertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Der Punkt V. des Kaufvertrages sei keine Garantiezusage, sondern präzisiere nur die allgemeinen Gewährleistungsregeln. Damit bleibe der Klägerin als einzige Anspruchsgrundlage das Gewährleistungsrecht, wobei hier die Rechtslage vor dem GewRÄG anzuwenden sei. Es liege ein wesentlicher und unbehebbarer Mangel vor, der die Klägerin als Käufer zur Wandlung des Vertrages berechtigt hätte; allerdings könne sie auch eine Preisminderung verlangen. Zwar sei nach der relativen Berechnungsmethode von einem angemessenen Preis des Grundstückes von EUR 0,-- auszugehen, doch habe die Klägerin mit ihrem Preisminderungsbegehren einen Wert der Liegenschaft von EUR 1.000,-- akzepiert, sodass ihr ein Preisminderungsanspruch in Höhe von EUR 142.892,21 zustehe. Diese Preisminderung widerspreche nicht den Interessen der Beklagten als Verkäuferin, weil diese für das objektiv völlig wertlose Grundstück letztlich noch einen Kaufpreis von EUR 1.000,-- erhalte.

Das Berufungsgericht gab der gegen den stattgebenden Teil des Ersturteiles erhobenen Berufung der Beklagten Folge und änderte die Entscheidung dahin ab, dass es sowohl das „Hauptbegehren" auf Zuspruch von EUR 245.537,18 sA als auch das „Eventualbegehren" auf Zuspruch von EUR 142.892,21 sA abwies, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Klägerin habe als Hauptbegehren von der Beklagten den Ersatz des Verbesserungsaufwandes und ihrer Mehrkosten beim Bau in Höhe von EUR 245.537,18 begehrt, weil die Zusage der Beklagten, die der Klägerin verkaufte Liegenschaft sei frei von Kontaminierungen, unrichtig gewesen sei. Mit dem im letzten Verhandlungstermin erhobenen Eventualbegehren habe die Klägerin einen ganz anderen Anspruch geltend gemacht, nämlich einen Preisminderungsanspruch auf Rückerstattung fast des gesamten Kaufpreises. Das Erstgericht sei zum Schluss gekommen, dass das Hauptbegehren nicht berechtigt sei, wohl aber das Eventualbegehren. Dabei habe es das Erstgericht lediglich verabsäumt, vorweg das Hauptbegehren abzuweisen und danach dem Eventualbegehren stattzugeben. Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung ergebe sich aber ganz eindeutig, dass das Erstgericht genau diese Entscheidung treffen habe wollen. Damit habe die fehlerhafte Fassung des Spruches der angefochtenen Entscheidung vom Berufungsgericht korrigiert werden können. Der abweisende Teil der erstinstanzlichen Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Damit sei das Hauptbegehren rechtskräftig und endgültig abgewiesen. Das Berufungsgericht habe sich nur noch mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, ob der Preisminderungsanspruch berechtigt sei. Die Beklagte berufe sich zu Recht auf eine Verfristung dieses Anspruches. Die Klägerin habe den Preisminderungsanspruch nämlich erstmals am 9. 11. 2005 geltend gemacht. In der Klage sei ein Preisminderungsanspruch nicht erhoben worden (und es werde ein solcher Anspruch auch vom ursprünglich geltend gemachten, später aber fallengelassenen Feststellungsbegehren der Klägerin nicht umfasst). Damit habe die Einbringung der (allein auf Ersatz des Verbesserungsaufwandes und von Mehrkosten beim Bau, also von Schäden auf Grund einer Vertragsverletzung gerichteten) Klage keinen Einfluss auf den Ablauf der dreijährigen Gewährleistungsfrist des § 933 Abs 1 ABGB (aF) gehabt. Diese sei bei Geltendmachung des Eventualbegehrens (längst) abgelaufen gewesen, weshalb auch das Eventualbegehren abzuweisen sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil es von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen sei.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde.

Die Beklagte stellt in der ihr freigestellten (§ 507a Abs 2 Z 3 ZPO) Revisionsbeantwortung den Antrag, das Rechtsmittel ihrer Prozessgegnerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zuzulassen oder ihm nicht Folge zu geben und die Klagsabweisung zu bestätigen.

Die Revision ist aus den nachfolgenden Erwägungen zulässig und im Sinne des im Abänderungsantrag auch enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass - wie die Vorinstanzen unstrittig und zutreffend erkannt haben - angesichts des vor dem 1. 1. 2002 erfolgten Abschlusses des Kaufvertrages der Rechtsfall nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des GewRÄG, BGBl I 2001/48 zu beurteilen ist.

Die Revisionswerberin wendet gegen die Ausführungen des Berufungsgerichtes zunächst ein, dass (auch) ihr „Hauptbegehren" nicht nur auf Schadenersatz, sondern auch - wenn auch nicht ausdrücklich - auf den Titel der Gewährleistung gestützt worden sei.

Dies ist zutreffend:

Die Klägerin hat in der Klage den hier eingangs wiedergegebenen Sachverhalt kurz geschildert und daran die Forderung auf Ersatz insbesondere ihrer Verbesserungskosten geknüpft, ohne ihre Ansprüche rechtlich zu qualifizieren. Die Beklagte hat schon in ihrer Klagebeantwortung selbst die Frage der Gewährleistung releviert. Sie hat darauf hingewiesen, dass sich die Klage nicht ausdrücklich auf Gewährleistung berufe und behauptet, dass die Gewährleistungsfrist im Hinblick auf das Kaufvertragsdatum bereits abgelaufen sei. Auch wenn man - was bestritten werde - annehme, dass die Klägerin in der Klage Gewährleistung geltend gemacht habe, würden ihr „maximal die Rechte auf Wandlung und Preisminderung verbleiben". Von der Klägerin wurde erwidert, dass entgegen den Ausführungen der Beklagten „von einer Verfristung der Gewährleistungsansprüche der klagenden Partei aus dem Kaufvertrag vom 29. 5. 2000 keine Rede sein" könne. In der Verhandlung am 31. 10. 2003 wurde dann vom Erstrichter erörtert, „dass im Verfahren hinsichtlich der Gewährleistung wesentlich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Verbesserung für die Beurteilung der Behebbarkeit des Mangels notwendig sein wird." Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin (nur) ihren Verbesserungsaufwand verlangt. Erstmals in der (letzten) Verhandlung am 24. 1. 2005 wurde von ihr ausdrücklich auch ein Preisminderungsanspruch geltend gemacht (AS 589). Von der Beklagten sei „zumindest der erstattete Kaufpreis auf Grund der Wertlosigkeit des gegenständlichen Grundstückes zurückzuerstatten". Das darüber hinausgehende Klagebegehren, soweit es sich auf Schadenersatz und Garantie gründe, werde ausdrücklich aufrecht erhalten. Für den Fall der Abweisung des bisherigen Hauptbegehrens werde „als Eventualbegehren, gestützt auf die Preisminderung" die Bezahlung von EUR 142.892,21 (s.A.) begehrt. Führt man sich all dies vor Augen, kann die Meinung des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe erst am 24. 1. 2005 überhaupt erstmals einen Gewährleistungsanspruch, nämlich Preisminderung, geltend gemacht, nicht geteilt werde. Nach ständiger Rechtsprechung ist Klagegrund das tatsächliche Vorbringen, also die kurze und vollständige Angabe der rechtserzeugenden Tatsachen (4 Ob 12/02x mwN ua). Das Gericht hat im Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes jenen Sachverhalt zu beurteilen, den ihm die Parteien unterbreiten (SZ 42/138; RdW 1986, 272). Soweit ein bestimmter Rechtsgrund ausdrücklich geltend gemacht wird, ist das Gericht daran gebunden und darf der Klage nach ständiger Rechtsprechung nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (SZ 68/178 mwN; aM ein Teil der Lehre - vgl Fasching in Fasching/Konecny2 III § 226 Rz 91). Hat sich der Kläger hingegen auf keinen bestimmten Rechtsgrund (allein) festgelegt, hat das Gericht den festgestellten Sachverhalt unter Zugrundelegung der beiderseitigen Behauptungen nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (Fasching aaO; JBl 1978, 200; EvBl 1991/169 uva). Maßgebend für den Entscheidungsspielraum des Gerichtes sind der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt und die hiezu festgestellten Tatsachen (vgl MietSlg 38.775; 4 Ob 12/02x ua). Selbst eine unrichtige rechtliche Qualifikation wirkt sich dann nicht zum Nachteil des Klägers aus, wenn er alle anspruchsbegründenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat (MietSlg 38.776 ua). Unter diesen Gesichtspunkten kann die Erhebung eines „Eventualbegehrens", gestützt auf Preisminderung, nichts daran ändern, dass von Anbeginn als Titel für das gesamte Leistungsbegehren auch Gewährleistung in Erwägung zu ziehen und zu prüfen war.

Davon ausgehend kann auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe in der Verhandlung am 9. 11. 2005 tatsächlich ein Eventualbegehren erhoben, nicht geteilt werden. Die Klägerin hat damals, gestützt auf den Gewährleistungsbehelf der Preisminderung, erklärt, hilfsweise einen geringeren Betrag (nämlich EUR 142.892,21 statt EUR 245.537,18) zu fordern. Auch wenn sie dies selbst als Eventualbegehren bezeichnet hat, wurde von ihr also keine Änderung des Begehrens vorgenommen (kein Aliud gefordert), sondern unter Geltendmachung eines anderen (weiteren) Gewährleistungsbehelfes ein Minus begehrt. Dies wurde auch schon vom Erstgericht erkannt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann daher keine Rede davon sein, dass das Erstgericht beabsichtigt hätte, einem Eventualbegehren stattzugeben und ein Hauptbegehren abzuweisen. Der Erstrichter hat vielmehr, da er eine Garantiezusage nicht für erwiesen hielt und mangels eines Verschuldens der Beklagten einen Schadenersatzanspruch verneinte, den Preisminderungsanspruch in Höhe von EUR 142.892,21 (sA) für berechtigt erachtet und das Mehrbegehren von EUR 102.644,97 (sA) abgewiesen.

Richtig ist nun zwar, dass die Klägerin die Abweisung des Mehrbegehrens unbekämpft ließ und das Ersturteil insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Dies bedeutete aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes eben nicht, dass damit ein Hauptbegehren rechtskräftig abgewiesen worden wäre und damit auch die Fragen, ob die Beklagte eine vertragliche Aufklärungspflicht verletzt habe, ob sie gewusst habe oder wissen hätte müssen, dass die Liegenschaft früher als Deponie verwendet worden war und ob eine Garantiezusage gemacht worden sei, nicht mehr zu prüfen gewesen wären. Hat doch die Klägerin, auch wenn sie die Abweisung des Mehrbegehrens akzeptierte, durch entsprechende Feststellungsrügen zu erkennen gegeben, daran festzuhalten, dass ihr (auch) ein Schadenersatzanspruch (sei es wegen Verletzung einer vertraglichen Aufklärungspflicht, sei es aus der Nichteinhaltung einer Garantiezusage) - allerdings höchstens von EUR 142.892,21 - zustehe. Dadurch, dass sich das Berufungsgericht auf Grund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht mit den betreffenden Tatsachenrügen nicht auseinandergesetzt hat, ist das Berufungsverfahren daher mangelhaft geblieben. Die Aufhebung des Berufungsurteiles ist daher unumgänglich; das Berufungsgericht wird die Rügen im fortgesetzten Verfahren zu behandeln haben. Für den Fall, dass die vom Berufungsgericht also vorzunehmende Verfahrensergänzung zu keiner Änderung der Sachverhaltsbasis führte, wäre allerdings auch noch der Preisminderungsanspruch zu prüfen. Wie erläutert, ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Anspruch schon in der Klage auch auf Gewährleistung gestützt, aber erst in der Verhandlung am 9. 11. 2005 erstmals als Gewährleistungsbehelf Preisminderung geltend gemacht hat. Da eine solche Änderung des Gewährleistungsbehelfes auch noch nach Ablauf der Frist des § 933 Abs 1 ABGB aF möglich ist (nach herrschender Meinung kann während des Gewährleistungsprozesses selbst das Klagebegehren noch geändert werden - vgl Reischauer in Rummel3, § 933 ABGB Rz 10 mwN), ist der Präklusionseinwand der Beklagten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht berechtigt.

Die Beklagte hat nun eingewendet, dass, da der Mangel insofern als unbehebbar anzusehen sei, als die Kontaminierung mit wirtschaftlichen Mitteln nicht behoben habe werden könne, nur Wandlung und nicht Preisminderung in Betracht käme. Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits wiederholt ausgesprochen, dass auch bei einem wesentlichen und unbehebbaren Mangel der Käufer statt Wandlung Preisminderung bis zu dem der möglichen Nutzung angemessenen Entgelt begehren kann (SZ 64/15 = ecolex 1991, 382 = EvBl 1991/106, 500 = RdW 1991, 203 = JBl 1991, 522; 6 Ob 138/98g; 6 Ob 221/98p; RIS-Justiz RS0018736). Bedenken gegen dieses Wahlrecht bestehen nur aus dem Grund der Interessenwahrung des Verkäufers, weil bei unbehebbarer Unbrauchbarkeit die Minderung zum Grenzwert null führen müsste und der Verkäufer somit kein Entgelt erhielte (SZ 64/15). Der Oberste Gerichtshof hat für einen solchen Fall in der genannten Entscheidung ausgesprochen, dass der Käufer eine Minderung bis zu dem (der möglichen Nutzung) angemessenen Entgelt begehren könne, falls die mit einem unbehebbaren Mangel behaftete Sache für den Käufer brauchbar sei. In der Entscheidung 6 Ob 221/98p, JBl 1999, 115 wurde vom Obersten Gerichtshof ausgeführt, Bedenken gegen die Nichtberücksichtigung von Verkäuferinteressen könnten dann bestehen, wenn sich der Kaufpreis nach der relativen Berechnungsmethode auf null reduzierte, der Käufer also die Sache behalten dürfte, vom Verkäufer aber den vollen Kaufpreis zurückverlangen könnte. Diesbezüglich wurden auch in der Lehre (Jabornegg in JBl 1976, 184 [189]; Reischauer in Rummel3 § 932 ABGB Rz 9) Gedanken zur allfälligen Beachtlichkeit der Verkäuferinteressen geäußert. Der Einwand, es erscheine unbillig, dem Käufer, der nicht wandeln wolle, eine nach der relativen Berechnungsmethode wertlose Sache praktisch zu schenken, verdient Beachtung. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes wäre daher in einem Fall wie dem vorliegenden doch eine Preisminderung nicht nach der relativen Berechnungsmethode, sondern auf den bei einer anderen möglichen Nutzung (etwa einer Teilbebauung, die nur eine Sanierung geringeren Umfangs erforderte) erzielbaren objektiven Verkehrswert der Liegenschaft vorzunehmen. Falls im fortzusetzenden Verfahren der Anspruch der Klägerin auf Preisminderung untersucht werden müsste, wäre daher auch noch die Frage des objektiv erzielbaren Liegenschaftswertes zu klären. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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