OGH 7Ob261/06t

OGH7Ob261/06t29.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irmgard T*****, vertreten durch Kleinszig-Puswald-Wolf Partnerschaft OEG in St. Veit/Glan, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 5.395,32 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 25. Juli 2006, GZ 1 R 178/06f-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 20. April 2006, GZ 45 C 2/06f-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 399,74 (hier enthalten EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Nach den im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen Feststellungen war die als selbständige Seminartrainerin im Rahmen eines „Ein-Frau-Betriebes" tätige Klägerin, die mit der beklagten Versicherung zwei Betriebsunterbrechungsversicherungsverträge abgeschlossen hatte und daraus Leistungen in Höhe des Klagebetrages begehrt, vom 9. 8. bis 5. 9. 2005 zu 100 % arbeitsunfähig; in dieser Zeit waren ihr nur leichte Belastungen wie die Anbahnung einer neuen beruflichen Tätigkeit, nicht jedoch konkrete Tätigkeiten als Seminartrainerin zumutbar.

Nach Art 1 der zugrundeliegenden ABFT 1997 beginnt eine anspruchsauslösende „völlige" (100 %ige) Arbeitsunfähigkeit, wenn die den Betrieb verantwortlich leitende Person ihre berufliche Tätigkeit nach objektivem ärztlichen Urteil in keiner Weise ausüben kann und auch nicht ausübt; also weder mitarbeitend noch aufsichtführend oder leitend in ihrem Beruf tätig ist und sein kann; sie endet, wenn diese Person nach medizinischem Befund wieder arbeitsfähig ist oder ihre berufliche Tätigkeit wieder ausübt.

Hievon ausgehend haben beide Vorinstanzen dem Klagebegehren, gerichtet auf Versicherungsleistung für den genannten Zeitraum, ungekürzt stattgegeben. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil „der Entscheidung 7 Ob 306/00a des Obersten Gerichtshofes insofern ein vom vorliegenden Fall abweichender Sachverhalt zugrundeliegt, als der dortige Versicherungsnehmer tatsächlich keine Aquisitionstätigkeit entfaltet hat, und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die zielgerichtete Vornahme von Aquisitionstätigkeit zur Annahme der (teilweisen) Arbeitsfähigkeit führt, fehlt".

Die dagegen erhobene und auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei ist nicht zulässig.

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof hiebei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem formulierten Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes hatte der Kläger (Versicherungsnehmer) nach der zitierten Entscheidung 7 Ob 306/00a (VersR 2002, 736) sehr wohl Aquisitionstätigkeiten entfaltet, deren Ausübung jedoch der erkennende Senat auch dort als nicht anspruchsvernichtend oder -mindernd erachtete, wenngleich dort wegen Fehlens ausreichender Feststellungsgrundlagen ein Aufhebungsbeschluss gefällt werden musste. Bei der Betriebsunterbrechungsversicherung handelt es sich um eine Sachversicherung, bei der der Betrieb, nicht die Person des Betriebsinhabers versichert ist (RIS-Justiz RS0080975). In der zitierten Entscheidung waren dieselben Versicherungsbedingungen, nämlich die ABFT 1997, im Zusammenhang mit einem als „Ein-Mann-Betrieb" tätigen Entwicklungsingenieur von EDV-Programmen für statische Berechnungen im Holzbau, zu beurteilen. Der Kläger war mehrere Wochen unfallbedingt nicht in der Lage, die Baustellen potentieller Interessenten aufzusuchen und dort Naturmaße zu nehmen, was 70 % seiner Arbeitszeit entsprach, während die restlichen 30 % auf Bürotätigkeiten entfielen. Bereits in dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, dass keine (teilweise) Arbeitsfähigkeit bloß deshalb angenommen werden könnte, weil der Kläger das Büro aufsuchte und dort Aquistionstätigkeiten entfalten konnte, war er doch nicht in der Lage, seine typischen Betriebsleistungen (eben das Aufsuchen von Baustellen, um Naturmaße zu nehmen, wozu „seine volle körperliche Beweglichkeit" gefordert war) auch nur teilweise zu erbringen. Im vorliegenden Fall hat nichts anderes zu gelten: Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen war die Klägerin 100 % nicht arbeitsfähig und damit im fraglichen Zeitraum zur Gänze für ihre berufsspezifische Arbeit als Seminartrainerin zur Ausübung von Motivationstrainingskursen mit Spezialisierung auf die Behandlung Suchtkranker und Langzeitarbeitsloser ausgefallen. Damit haben aber die Vorinstanzen mangels auch bloß teilweise wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem 6. 9. 2005 das Vorliegen eines Deckungspflicht auslösenden Versicherungsfalles im Sinne der zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen bejaht und dem Klagebegehren stattgegeben. Relevante (und als sekundärer Verfahrensmangel relevierte) Feststellungsmängel liegen hiezu nicht vor.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ist die Revision der beklagten Partei sohin zurückweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.

Stichworte