OGH 8ObA76/06v

OGH8ObA76/06v23.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Nicola K*****, vertreten durch Grießer, Gerlach, Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B*****, vertreten durch Burgstaller & Preyer, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 630,--), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 18. Mai 2006, GZ 10 Ra 30/06i-10, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. September 2005, GZ 27 Cga 73/05k-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die seit 1. 9. 2003 bei der Beklagten als Sekretärin beschäftigte Klägerin wurde im November 2004 vom Geschäftsführer der Beklagten zu einem Gespräch gerufen, in der dieser ihr darlegte, dass die Zusammenarbeit mit ihr nicht funktioniere und die Klägerin in ein anderes Referat (Wohnungseigentumsreferat) versetzt werde. Dort werde sich dann in den nächsten zwei Monaten die weitere Zukunft der Klägerin entscheiden. Am 31. 1. 2005 holte der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin dann wieder zu sich und teilte ihr mit, dass er das Dienstverhältnis beenden wolle, weil die Klägerin fachlich noch nicht so weit sei, um in dem neuen Referat tätig zu werden. Er schlug ihr eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit 14. 2. 2005 vor und bot ihr eine freiwillige Abfertigung in Höhe eines Monatsgehaltes von EUR 1.815,-- sowie die Ausbezahlung des bis dahin noch nicht konsumierten Urlaubes in Höhe von EUR 617,-- an. Auch sei es bei der Beklagten üblich, die Dienstverhältnisse einvernehmlich aufzulösen. Er ließ auch erkennen, dass er andernfalls das Dienstverhältnis einseitig beenden würde. Die Klägerin stimmte in weiterer Folge der einvernehmlichen Auflösung zum 14. 2. 2005 schriftlich zu, zumal sie auch in eine Wohnung zog und wegen des finanziellen Engpasses das Geld gut gebrauchen konnte. An diesem 31. 1. 2005 hatte weder die Klägerin noch die Beklagte Kenntnis davon, dass die Klägerin bereits seit 10. 1. 2005 schwanger war, was sie selbst aber erst am 1. 3. 2005 von ihrem Frauenarzt erfuhr. Als voraussichtlicher Geburtstermin wurde der 17. 10. 2005 angenommen. Bei Kenntnis von dieser Schwangerschaft hätte die Klägerin einer einvernehmlichen Auflösung nicht zugestimmt. Sie informierte sich in weiterer Folge bei der Arbeiterkammer und verfasste schon am 2. 3. 2005 ein Schreiben an die Beklagte in der sie die Schwangerschaft mitteilte, sich arbeitsbereit erklärte und um ihre Wiedereinstellung bat. Dieses Schreiben schickte sie am 3. 3. 2005 eingeschrieben unter Anschluss der ärztlichen Bestätigung an die beklagte Partei. Die Beklagte lehnte eine Weiterbeschäftigung mit der Begründung ab, dass das Dienstverhältnis schriftlich durch einvernehmliche Auflösung beendet worden sei.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Dienstverhältnis über den 14. 2. 2005 hinaus weiterhin unverändert aufrecht besteht und begründet dies zusammengefasst damit, dass sie zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung keine Kenntnis von der Schwangerschaft gehabt habe, diese aber unmittelbar nach Kenntnis der Beklagten bekannt gegeben habe. Die Initiative zur einvernehmlichen Auflösung sei von der Beklagten ausgegangen und diese deshalb unwirksam.

Die Beklagte, bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendet im Wesentlichen ein, dass eine wirksame einvernehmliche Auflösung vorliege, zu der sich die Klägerin aus freien Stücken bereit erklärt habe. Auch die vorgesehen Schriftform sei eingehalten. Die nachträgliche Bekanntgabe einer Schwangerschaft vermöge an der Wirksamkeit der schriftlich vereinbarten Auflösung nichts zu ändern. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es begründete dies unter Hinweis auf die Lehrmeinung von Eibensteiner in ecolex 1995, 733 - „Einvernehmliche Auflösung und Mutterschutz" im Wesentlichen damit, dass die einvernehmliche Auflösung von der Beklagten ausgegangen und rechtsunwirksam sei, wenn die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Unterzeichnung von ihrer Schwangerschaft keine Kenntnis gehabt habe, diese aber innerhalb der Frist des § 10 Abs 2 MuttschG dem Arbeitgeber bekannt gebe. Hier sei die Schwangerschaft „unverzüglich" nach Kenntnisnahme der Klägerin bekannt gegeben und nachgewiesen worden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an. Die Regelung über das Formgebot bei der einvernehmlichen Auflösung bei Schwangeren nach § 10 Abs 7 MuttSchG befinde sich in der allgemeinen Bestimmung des § 10 MuttSchG über den „Kündigungs- und Entlassungsschutz". § 10 Abs 7 MuttSchG sei isoliert gar nicht anwendbar, da es schon zur Feststellung des Schutzzeitraumes des Rückgriffes auf § 10 Abs 1 MuttSchG bedürfe. Dann sei aber auch die Bestimmung des § 10 Abs 2 MuttSchG analog anzuwenden. Im Übrigen verwies auch das Berufungsgericht auf die Ausführungen von Eibensteiner in ecolex 1995, 733.

Die Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, inwieweit eine schriftliche einvernehmliche Auflösung in Unkenntnis der Schwangerschaft wirksam sei, nicht vorliege.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Ergebnis im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

§ 10 Abs 7 MuttSchG ordnet vorliegendes an:

„Eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses ist nur dann rechtswirksam, wenn sie schriftlich vereinbart wurde. Bei minderjährigen Dienstnehmerinnen muss dieser Vereinbarung überdies eine Bescheinigung eines Gerichtes (§ 92 ASGG) oder einer gesetzlichen Interessenvertretung der Dienstnehmer beigeschlossen sein, aus der hervorgeht, dass die Dienstnehmer über den Kündigungsschutz nach diesem Bundesgesetz belehrt wurde."

Diese Bestimmung befindet sich in § 10 MuttSchG, der unter der Überschrift „Kündigungsschutz" steht und insgesamt im vierten Abschnitt mit der Bezeichnung „Kündigungs- und Entlassungsschutz, Entgelt" eingeordnet ist. Neben den Regelungen in § 12 über den Entlassungsschutz sowie im § 14 über die Weiterzahlung des Entgelts finden sich seit 1992 auch in § 10a MuttSchG Bestimmungen über das befristete Arbeitsverhältnis sowie in § 11 MuttSchG über den Ablauf der Beschäftigungsbewilligung.

Das Problem, dass eine Dienstnehmerin im Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwar schon schwanger ist, aber selbst noch nicht davon weiß, das bei jeder Form der Auflösung des Arbeitsverhältnisses auftreten kann, wurde vom Gesetzgeber nur im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz in § 10 Abs 2 geregelt. Danach ist eine Kündigung auch rechtsunwirksam, wenn die Schwangerschaft bzw Entbindung den Dienstgeber binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Kündigung, bei schriftlicher Kündigung binnen fünf Arbeitstagen nach deren Zustellung bekannt gegeben wird und die Arbeitnehmerin auch eine entsprechende Bestätigung vorlegt. Die Dienstnehmerin kann allerdings auch noch später diese Mitteilung unter Vorlage der Bestätigung vornehmen, wenn die Gründe, aus denen sie eine frühere Bekanntgabe nicht vorgenommen hat, nicht von ihr zu vertreten sind - typischerweise im Falle der mangelnden Kenntnis von der Schwangerschaft - und sie unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes die Mitteilung an den Dienstgeber erstattet und die Bestätigung vorlegt.

Grundlegend mit diesen Fragestellungen auseinandergesetzt hat sich Schrank (Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Schutzobjekt der Rechtsordnung [1982], 283 ff). Er ist damals dafür eingetreten, dass sich die Regelung über die einvernehmliche Auflösung (damals in § 10 Abs 6 MuttSchG) nur im Zusammenhalt mit den anderen Bestimmungen erklären lassen, ja ohne die Heranziehung des Abs 1 des § 10 MuttSchG gar nicht klar wäre, für welchen Zeitraum sie gelten solle. Es sei neben der Bestimmung des Abs 1 über das Erfordernis der Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft auch die diese Voraussetzung relativierende Bestimmung des § 10 Abs 2 MuttSchG analog anzuwenden. Er hat dies allerdings nur auf das Formerfordernis der einvernehmlichen Auflösung bezogen.

Hingegen hat Eibensteiner in seinem Beitrag ecolex 1995, 733 „Einvernehmliche Auflösung und Mutterschutz" zwar einleitend eingeräumt, dass unmittelbar für den Fall der mangelnden Kenntnis der Arbeitnehmerin von der Schwangerschaft bei einer schriftlichen einvernehmlichen Auflösung keine von § 10 Abs 7 MuttSchG abweichende Regelung ersichtlich sei, dass jedoch zu prüfen wäre, ob eine Gesetzeslücke vorliege, die die analoge Anwendung des § 10 Abs 2 MuttSchG rechtfertige. Aus der Platzierung des § 10 Abs 7 MuttSchG im Rahmen der Regelungen über den Kündigungs- und Entlassungsschutz des § 10 MuttSchG sei unter Berücksichtigung der mangelnden isolierten Anwendbarkeit dieser Bestimmung abzuleiten, dass deren Zweck nicht allein in einem Schutz vor Übereilung liege. Sei doch auch in Satz 2 des § 10 Abs 7 MuttSchG die Belehrung von mj Arbeitnehmerinnen vorgesehen. Daraus sei abzuleiten, dass nicht übereilt auf den Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz verzichtet werden solle, somit ein spezifischer Übereilungsschutz vorliege, der aber dann nicht greife, wenn die Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft überhaupt keine Kenntnis habe. Es sei daher eine teleologische Korrektur des § 10 Abs 7 MuttSchG geboten und sei § 10 Abs 2 MuttSchG auf die einvernehmlichen Auflösungen analog anzuwenden; es könne die Schwangere nachträglich die Nichtigkeit der schriftlichen einvernehmlichen Auflösung innerhalb fünf Tagen nach der schriftlichen Vereinbarung bzw unmittelbar nach Kenntnis der Schwangerschaft einwenden. Diese Meinung, der sich auch das Oberlandesgericht Wien bereits früher einmal angeschlossen hat (OLG Wien 10 Ra 161/03z, ARD 5499/5/2004), wird auch von Langer in Ercher/Stech/Langer, Mutterschutzgesetz und Väterkarenzgesetz, 155, allerdings bloß referierend wiedergegeben.

Knöfler, Mutterschutzgesetz und Elternkarenzurlaubsgesetz 202 ff, weist allgemein darauf hin, dass die einvernehmliche Auflösung vom Kündigungs- und Entlassungsschutz zu unterscheiden ist. Es seien jedoch im Hinblick auf die Platzierung der Regelung über die einvernehmliche Auflösung im Rahmen des Bestandschutzes die Formvorschriften entsprechend auszulegen. Grundsätzlich wäre aber nicht zu unterscheiden, von wem eine einvernehmliche Auflösung ausgehe, sondern müsse allgemein die Schriftform eingehalten werden. Es sei dann von einer Rechtsunwirksamkeit auszugehen, wenn die Formvorschriften und Belehrungspflichten nicht eingehalten würden und die Arbeitnehmer binnen fünf Tagen nach Abschluss der Auflösungsvereinbarung bzw bei Wegfall des Hinderungsgrundes dies einwende und nachweise (dazu auch ein Verweis auf Schrank aaO). Die Beschränkungen seien im Übrigen hinsichtlich der einvernehmlichen Auflösung auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen zu beachten. Der Oberste Gerichtshof hat nun etwa schon in seiner Entscheidung vom 5. 3. 2000 zu 9 ObA 274/99f (= RdW 2000/459, 491 = WBl 2000/252, 375 = Arb 12.002) unter dem Aspekt der Anwendbarkeit der Formvorschriften auf den Zweck der Schriftform hingewiesen, die Arbeitnehmerin davor zu schützen, übereilt und leichtfertig in eine einvernehmliche Auflösung einzuwilligen. Auch der Platzierung der Regelung des § 10 Abs 7 MuttSchG hat der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung bereits Rechnung getragen und darauf hingewiesen, dass die Bestimmung ja als solche gar nicht isoliert anwendbar wäre und sich der Schutzzeitraum daher aus § 10 Abs 1 MuttSchG ergebe, der sinngemäß anzuwenden sei (- im Übrigen auch § 15 Abs 4 MuttSchG über die Erstreckung bei Karenzurlauben -).

Sowohl die Vorentscheidungen, als auch die Lehrmeinungen von Schrank und Knöfler bezogen sich aber immer nur auf die Frage, ob trotz mangelnder Verständigung des Arbeitgebers und wie lange die Formvorschriften des § 10 Abs 7 MuttSchG einzuhalten sind. Diese Formvorschriften wurden hier aber ohnehin eingehalten. Wenn die Formvorschriften des § 10 Abs 7 MuttSchG eingehalten wurden, bietet das Gesetz also grundsätzlich keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer Unwirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung. Auch aus § 10 Abs 7 letzter Satz MuttSchG (hinsichtlich der Belehrungspflicht der Minderjährigen) kann kein gegenteiliger Schluss zwingend abgeleitet werden, da der Schutz Minderjähriger häufig umfassender ausgestaltet ist. Auch stünde es der Minderjährigen frei, nach Kenntnis der Schwangerschaft die Unwirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung geltend zu machen, wenn die Formvorschrift nicht eingehalten wurden, nicht jedoch, wenn sie bereits über den Kündigungsschutz belehrt wurde.

Allerdings zeigt diese Bestimmung doch - wie Eibensteiner grundsätzlich zutreffend aufzeigt -, dass der Gesetzgeber zwar einerseits davon ausgeht, dass den Dienstnehmerinnen im Regelfall im Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung ihre Schwangerschaft bekannt ist, andererseits aber für den Fall der Einhaltung der Formvorschriften ohne diese Kenntnis keine gesonderte Regelung trifft. Er hat es also unterlassen dafür differenzierende Regelungen vorzusehen, etwa in dem er die Kenntnis von der Schwangerschaft als Voraussetzung festlegt oder für den Fall der mangelnden Kenntnis eigene Auflösungsvoraussetzungen vorsieht. Insoweit ist also zu prüfen, ob ausgehend von den bestehenden Regelungen und gesetzlichen Wertungen eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes im Sinne einer Gesetzeslücke anzunehmen ist (RIS-Justiz RS0008866 mwN etwa 10 Ob 29/06k; RIS-Justiz RS0098756 mwN etwa 6 Ob 112/04w; Bydlinski in Rummel ABGB3 § 7 Rz 2) oder ob der Gesetzgeber den Umstand, dass eine Frau selbst von ihrer Schwangerschaft nichts weiß und für sie nachteilige Dispositionen trifft, mangels Zurechenbarkeit an den Arbeitgeber eben regelmäßig keiner besonderen Regelung zuführen wollte. Dafür spräche, dass im Kern die mangelnde Kenntnis von der Schwangerschaft und dem damit verbundenen Kündigungsschutz nur eine Art „Willensmangel" im Sinne eines Irrtums bei der Arbeitnehmerin bewirkt, ein Irrtum im Allgemeinen aber nur unter den Voraussetzungen der § 871 ff ABGB dem anderen Vertragspartner zurechenbar ist und Rechtsfolgen hervorrufen kann (vgl dazu etwa Rummel in Rummel ABGB3 § 871 Rz 14 ff; Apathy/Riedler in Schwimann ABGB2 § 871 Rz 19 ff; Bollenberger in KBB § 871 Rz 14 ff; mangels einer insoweit erfolgten Anfechtung ist auf die sonstigen Voraussetzungen nicht weiter einzugehen). Im Ergebnis dient dies dem Schutz des Vertragspartners, der auf die rechtsgeschäftliche Erklärung vertraut hat. Es ist aber auch zu prüfen, ob sich nicht im Rahmen des Mutterschutzgesetzes andere Regelungen finden, bei denen vertragliche Dispositionen im Nachhinein - trotz mangelnder Kenntnis beider Parteien von diesem Zustand - unwirksam werden, weil sich herausstellt, dass die Arbeitnehmerin schwanger ist. Dabei bietet sich die Regelung des § 10a MuttSchG an, die unabhängig von der Kenntnis der Vertragspartner bei einem befristet abgeschlossenen Arbeitsverhältnis eine Verlängerung von der Meldung der Schwangerschaft bis zum Beginn des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 2 bzw Abs 3 MuttSchG vorsieht, so weit nicht eine sachliche Rechtfertigung der Befristung im Sinne des § 10a Abs 1 MuttSchG nachgewiesen wird. Die Wertungen dieser Regelung sind auch insoweit beachtlich als sich ja auch mit der Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung zu einem späteren Termin das Arbeitsverhältnis in ein befristetes Arbeitsverhältnis umwandelt. Legt man nun aber zugrunde, dass der Gesetzgeber in § 10 Abs 7 MuttschG offensichtlich davon ausgeht, dass die Dienstnehmerinnen bei Abschluss der einvernehmlichen Auflösung vom Zustand der Schwangerschaft Kenntnis haben, so ist für den Fall, dass im Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin noch nicht bekannt ist und daher die Schutzvorschriften des § 10 Abs 7 MuttschG ihre Wirksamkeit faktisch noch nicht voll entfalten können, vom Vorliegen einer Gesetzeslücke auszugehen. Zeigt doch § 10a MuttSchG, dass der Schutz des Gesetzes unabhängig von der Kenntnis des Arbeitgebers und der Arbeitnehmerin von deren Schwangerschaft auch bei einvernehmlichen Dispositionen zum Tragen kommen soll. Wesentliche Grundlagen für die Annahme einer Gesetzeslücke bei der einvernehmlichen Auflösung bei Unkenntnis von der Schwangerschaft sind also die §§ 10 Abs 7 und 10a MuttSchG. Die Unwirksamkeitsregelung bei der Kündigung nach § 10 Abs 6 MuttSchG heranzuziehen würde die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Arbeitgeberkündigungen und einvernehmlichen Auflösungen übergehen, die der Gesetzgeber in § 10 MuttSchG klar durch die unterschiedlichen Voraussetzungen für die jeweilige Auflösungsart zugrundegelegt hat. Auch werden ja für Kündigungen in § 10 Abs 2 MuttSchG keine anderen, zusätzlichen Auflösungsvoraussetzungen für den Fall festgelegt, dass die Schwangere von ihrem Zustand noch nichts weiß, sondern nur die auch sonst vorgesehenen Voraussetzungen - Zustimmung des Gerichts- in eingeschränktem Umfange (unverzügliche Geltendmachung) trotz mangelnder Bekanntgabe an den Arbeitgeber aufrechterhalten. Die für die einvernehmliche Auflösung festgelegten Voraussetzungen wurden aber ohnehin eingehalten. Allein der Umstand, dass eine Dienstnehmerin im Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung noch nichts von ihrer Schwangerschaft weiß, macht eine einvernehmliche Auflösung noch zu keiner Arbeitgeberkündigung. Bei der einvernehmlichen Auflösung hat sich die Arbeitnehmerin jedenfalls endgültig damit abgefunden, das vorliegende Arbeitsverhältnis zu beenden oder strebt dies möglicherweise sogar aus eigenem Interesse (Zusatzzahlungen etc) an.

Es bleibt daher nur zu prüfen, ob andere Regelungen analog anzuwenden sind, die Veränderungen einer von den Parteien vereinbarten einvernehmlichen Auflösung auch bei Einhaltung der Formvorschriften wie sie in § 10 Abs 7 MuttSchG vorgesehen sind, festlegen. Dafür sieht § 10a MuttSchG die Ablaufhemmung vor, die allerdings grundsätzlich von der Meldung der Schwangerschaft abhängig ist. Nach herrschender Lehre ist für diese „formale" Frage allerdings § 10 Abs 2 MuttSchG analog anzuwenden, sodass der Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses auch dann gehemmt wird, wenn die Arbeitnehmerin die Meldung der Schwangerschaft aus Gründen, die nicht von der Arbeitnehmerin zu vertreten sind, erst nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber bekannt gibt bzw dies dann unverzüglich dh unmittelbar nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes nachholt (vgl dazu Langer aaO, 164 mwN etwa DRdA 2002, 242; Ritzberger/Moser DRdA 201, 438; Löschnigg, Arbeitsrecht10 2003, 213). Genau dies wird hier die Klägerin für sich in Anspruch nehmen können.

Das bedeutet, dass die Arbeitnehmerin unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 2 MuttSchG wegen ihrer mangelnden Kenntnis der Schwangerschaft im Zeitpunkt der Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung deren Unwirksamkeit zum vereinbarten Termin geltend machen kann, womit diese wegfällt und von einem entsprechend § 10a MuttSchG verlängerten Arbeitsverhältnis auszugehen ist. Eine „sachliche Rechtfertigung", die dieser Verlängerung im Sinne des § 10a Abs 2 MuttSchG entgegenstehen könnte, ist nicht anzunehmen, weil sich die Frage nach Rechtfertigungsgründen nur auf Vereinbarungen beim Abschluss, nicht aber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezieht. Die übrige Auflösungsvereinbarung bzw deren Teile sind im Zweifel von der Unwirksamkeit (Verschiebung) des Auflösungstermins nicht betroffen (vgl Apathy/Riedler in Schwimann ABGB2 § 879 Rz 37, S 179

1. Abs letzter Satz; im Ergebnis ähnlich Krejci in Rummel ABGB3 § 879 Rz 250, allgemein RIS-Justiz RS0016431 mwN).

Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Arbeitnehmerin, die im Zeitpunkt der Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses von ihrer Schwangerschaft noch keine Kenntnis hatte, unter den - "formalen" - Voraussetzungen des § 10 Abs 2 MuttSchG (unmittelbare Bekanntgabe nach Kenntnis, Übermittlung der Bestätigung) die Unwirksamkeit der Auflösung zum vereinbarten Termin geltend machen kann, womit dieser Termin wegfällt und von einem entsprechend § 10a MuttSchG verlängerten Arbeitsverhältnis auszugehen ist. Die übrige Auflösungsvereinbarung und deren Teile bleiben im Zweifel unberührt.

Auch wenn nun hier offensichtlich das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Zeitpunkt des Endes der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz bereits ausgelaufen gewesen sein wird, so steht doch nicht fest, zu welchem Zeitpunkt und wurde dies bisher auch noch in keiner Weise erörtert (dazu, dass eine Feststellung auch zu beendeten Arbeitsverhältnissen wegen der sozialversicherungsrechtlichen Folgen zulässig sein kann, RIS-Justiz RS0039159 mwN, zuletzt 8 ObA 48/04y). Dies wird im fortgesetzten Verfahren zu erfolgen haben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 52 ZPO.

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