Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Höhe des Verkürzungsbetrages und im Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Carl Johan E***** hat die Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG in Bezug auf einen strafbestimmenden Wertbetrag von insgesamt 220.507,54 Euro begangen. Er wird hiefür nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 90.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu fünf Wochen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.
Gemäß § 26 Abs 1 FinStrG wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Carl Johan E***** (richtig:) der Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er „Ende März 1997 bis Ende März 1998 im Bereich des ehemaligen Finanzamtes Wien-Umgebung vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch die wiederholte Behauptung, in Großbritannien ansässig und steuerpflichtig zu sein, und Unterlassung der Mitteilung, dass die von der H***** Sport- und Freizeitgeräte AG bezogenen Einkünfte nicht nach Großbritannien, sondern auf die Kanalinsel Jersey überwiesen werden, und vorgab, im Wesentlichen ausschließlich für die Tochterfirmen tätig geworden zu sein, eine Verkürzung von Einkommenssteuer zu bewirken versucht, nämlich a./ für das Jahr 1996 in der Höhe von 2.731.900 S (= 198.534,92 Euro),
b./ für das Jahr 1997 in der Höhe von 3.498.550 S (= 254.249,54 Euro)."
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a (der Sache nach auch Z 11) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist teilweise im Recht.
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider bedurften die Rechtsansichten des steuerlichen Vertreters des Angeklagten in einer Anfrage an das Bundesministerium für Finanzen und diejenigen dieser Behörde in ihrem Antwortschreiben vom 27. März 1996 (in ON 46) keiner gesonderten Erörterung im Urteil, weil dem Angeklagten nicht die Darlegung einer Rechtsansicht, sondern aufgrund der getroffenen Feststellungen (US 6 f) als Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§§ 119, 120 BAO) angelastet wird, dem Finanzamt gegenüber den tatsächlichen Umstand (vgl Ritz, BAO3 § 119 Tz 1; Stoll, BAO-Kommentar, 1354 ff) verschwiegen zu haben, dass seine von der H***** AG bezogenen Einkünfte vorerst auf ein Einkünfte-Konto auf der Kanalinsel Jersey überwiesen (US 5) und sodann dort auf ein Kapitalkonto transferiert (und damit keiner Versteuerung in Großbritannien unterzogen) wurden. Dass der Steuerpflichtige den Finanzbehörden gegenüber eine - möglicherweise auch falsche - Rechtsansicht vertritt, ist für die Prüfung nach § 33 FinStrG hingegen ohne Bedeutung (vgl 14 Os 61/91). Soweit die Beschwerde - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit - die Berücksichtigung der Aussage des Zeugen Dipl. Ing. R***** reklamiert, wonach der Angeklagte keine Ahnung vom österreichischen Steuerrecht gehabt habe, vernachlässigt sie, dass nur Berichte über sinnliche Wahrnehmungen von Tatsachen Gegenstand einer Zeugenaussage sein können, bloße Schlussfolgerungen des Zeugen hingegen unbeachtlich und nicht erörterungsbedürftig sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 435; RIS-Justiz RS0097540). Im Übrigen hat das Schöffengericht dem Angeklagten ohnehin nicht die Kenntnis des österreichischen Steuerrechts unterstellt, sondern ist davon ausgegangen, dass ihm die Vermeidung von Doppelbesteuerung durch internationale Abkommen bei internationaler Tätigkeit geläufig war (US 10).
Keinen entscheidenden Umstand betrifft auch die Frage, ob Dr. W***** als steuerlicher Vertreter des Angeklagten bei seinen Eingaben gegenüber dem Finanzamt gutgläubig gehandelt habe oder nicht, sodass es auch einer Erörterung der Aussage dieses Zeugen über seinen Wissensstand zur Relevanz einer Überweisung des Einkommens nach Jersey nicht bedurfte.
Schließlich vermag die Mängelrüge nicht plausibel zu machen und ist auch aus dem Zusammenhang nicht ersichtlich, welche Bedeutung der Lösung der Rechtsfrage durch den Verwaltungsgerichtshof nach Aufdeckung der steuerlichen Verfehlungen des Angeklagten für die subjektive Tatseite bei Verschweigung tatsächlicher Umstände zukommen soll, sodass es einer Erörterung des Urteils vom 20. September 2001 nicht bedurfte.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem pauschalen Verweis auf die Angaben der Zeugen Dr. W***** und Dipl. Ing. R***** und der Behauptung, den Akten sei nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte Dr. W***** beauftragt habe, den Abgabenvorschriften zuwider seine Abgabenverpflichtungen zu minimieren, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Konstatierungen, wonach der Angeklagte mit dem Vorsatz, auch in Österreich einer Besteuerung seines Einkommens zu entgehen (US 9), bereits seinem steuerlichen Vertreter gegenüber die Überweisung der von der H***** bezogenen Einkünfte auf die Kanalinsel Jersey und deren folgenden Transfer auf ein dortiges Kapitalkonto (und damit deren Nichtversteuerung in Großbritannien) verschwiegen hat (US 5, 6 ff), zu erzeugen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von Feststellungen darüber, wem gegenüber die dem Angeklagten vorgeworfenen Behauptungen und Unterlassungen erfolgt seien, vernachlässigt dabei aber die Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte seinen Rechtsvertreter Dr. W***** mit der Wahrnehmung seiner steuerlichen Agenden in Österreich beauftragt (US 6), diesem gegenüber aber in Besprechungen die Offenlegung der oben bezeichneten Umstände deshalb unterlassen hat (US 8 f), um „möglichst in keinem Staat Steuern für die von ihm erzielten Einkünfte bezahlen zu müssen", worauf der genannte Anwalt namens des Angeklagten zwei - insoweit irreführend unvollständige - Eingaben gegenüber dem Finanzamt eingebracht hat, was letztlich zu einer verkürzten Festsetzung der Einkommenssteuer führte (US 6 f). Soweit die Beschwerde unter Verweis auf die Datumsangaben im Urteilsspruch die Feststellung korrelierender Tatzeiten in den Entscheidungsgründen vermisst, übersieht sie, dass selbst eine unzutreffende Tatzeitbezeichnung für sich allein keine Nichtigkeit begründet (RIS-Justiz RS0098551) und legt nicht dar, warum der Tatzeit im konkreten Fall entscheidende Bedeutung zukomme. Die Frage der Abgrenzung zwischen strafloser Vorbereitungshandlung und Versuch stellt sich hier schon deshalb nicht, weil die Abgabenhinterziehung nach den vorliegenden Feststellungen - entgegen der verfehlten Ansicht des Schöffengerichts, die aber als zugunsten des Angeklagten wirkend nicht korrigierbar ist - nicht beim Versuch geblieben ist, sondern mit Rechtskraft der ursprünglichen (falschen) Einkommenssteuerbescheide (US 8) vollendet war (Dorazil/Harbich, FinStrG § 33 Anm 14).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher im dargestellten Umfang zu verwerfen.
Im Recht ist sie jedoch (der Sache nach aus Z 11 erster Fall) dahingehend, dass der Verkürzungsbetrag als strafbestimmender Wertbetrag (nur) jenes Ausmaß an Abgaben ist, das dem Fiskus wirklich entgeht (Dorazil/Harbich, FinStrG § 33 E 142). Dies entspricht im konkreten Fall der Differenz zwischen den ursprünglich (auf Basis der Annahmen der Behörde aufgrund der nicht angezeigten Umstände) bescheidmäßig festgesetzten Abgaben und jenen, die bei Kenntnis des wahren Sachverhalts (im wiederaufgenommenen Verfahren) festzusetzen waren. Auf welche konkrete Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages sich der Verkürzungsvorsatz des Angeklagten bezogen hat, ist hingegen irrelevant, weil diese keine Tatbildmerkmal, sondern als Voraussetzung gerichtlicher Strafbarkeit und Faktor für die Strafrahmenobergrenze rein objektiv determiniert ist (RIS-Justiz RS0086282, RS0087087). Eine gesonderte Zurechnung des nach den Urteilsfeststellungen vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Mehrbetrags als versuchte Abgabenhinterziehung kommt daher nicht in Betracht.
Die Zurechnung der gesamten in den wiederaufgenommenen Verfahren festgesetzten Einkommenssteuerbeträge bewirkt daher Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO, dies ungeachtet dessen, dass der Strafausspruch die in § 33 Abs 5 FinStrG normierte Grenze nicht überstieg (Dorazil/Harbich, FinStrG § 33 E 148).
Das angefochtene Urteil war daher im Ausspruch über die Höhe des Verkürzungsbetrags und im Strafausspruch aufzuheben und in der Sache selbst zu erkennen, dass der strafbestimmende Wertbetrag für das Jahr 1996 648.800 S (entsprechend 47.150,13 Euro) und für das Jahr 1997 2.385.450 S (entsprechend 173.357,41 Euro) beträgt. Bei der Strafneubemessung trat an die Stelle des Umstands, dass es beim Versuch geblieben ist, die Schadensgutmachung als mildernd, zudem war das lange Zurückliegen der Taten in Verbindung mit dem seitherigenWohlverhalten zu berücksichtigen. Ausgehend vom nunmehrigen Strafrahmen und den vom Schöffengericht zur Straffrage grundsätzlich zutreffend angestellten Überlegungen war in der Sanktionsfrage wie im Spruch ersichtlich vorzugehen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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