OGH 10Nc22/06a

OGH10Nc22/06a4.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr als weitere Richter in der zu GZ 12 C 560/06m des Bezirksgerichtes Innsbruck anhängigen Rechtssache der klagenden Partei R***** Realitätenvermittlungs GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Friederike H*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Christian Prader, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 3.600,-- s.A., über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache gemäß § 31 JN an das Bezirksgericht Lambach zu delegieren, wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die klagende Realitätenvermittlungs GmbH begehrt von der nunmehr in Innsbruck wohnhaften Beklagten eine Provision von EUR 3.600,-- aus einem Alleinvermittlungsauftrag betreffend den Verkauf einer Liegenschaft in M***** in Oberösterreich. Die Beklagte bestreitet dieses Begehren.

In der Streitverhandlung vom 7. 9. 2006 beantragte die klagende Partei aus verfahrensökonomischen Gründen die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Lambach. Zwei von ihr geführte Zeugen hätten ihren Wohnsitz im Sprengel des BG Lambach, drei von der Beklagten beantragte Zeugen in benachbarten Bezirksgerichtssprengeln. Auch der als Partei zu vernehmende Geschäftsführer der klagenden Partei habe seinen Wohnsitz in Linz. Bei einer Einvernahme sämtlicher Zeugen und des Geschäftsführers der klagenden Partei vor dem erkennenden Gericht würden erhebliche Zureisekosten auflaufen. Sollten die Einvernahme der Zeugen und die Parteienvernehmung der klagenden Partei im Rechtshilfeweg vorgenommen werden, seien wegen der Sprengelverschiedenheit vier Rechtshilfegerichte zu befassen, was ebenfalls unzweckmäßig wäre.

Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Abgesehen davon, dass sie Konsumentin sei und ihr allgemeiner Gerichtsstand in Innsbruck liege, sei noch eine weitere Zeugin in Innsbruck einzuvernehmen. Keineswegs könne daher die Zweckmäßigkeit der Delegierung als eindeutig im Interesse beider Parteien liegend angesehen werden.

Das Bezirksgericht Innsbruck legte den Delegierungsantrag mit einem Hinweis auf die Argumente der Parteien zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist im Allgemeinen dann zweckmäßig, wenn sie zur Verkürzung des Verfahrens, zur Erleichterung der Amtstätigkeit oder zur wesentlichen Verbilligung des Verfahrens beitragen kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sich zumindest eine Partei und die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel des anderen Gerichts befinden oder wenn sonstige Beweise im Sprengel dieses Gerichts aufzunehmen sind. Allerdings darf eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen; keinesfalls darf durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS-Justiz RS0046441 [T5], RS0046589 [T5]). Daher kommt eine Delegierung nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der beiden Parteien der Delegierung, ist der widersprechenden Partei in der Regel der Vorzug zu geben (6 Nd 512/96).

Auch wenn die Verbrauchereigenschaft der einer Delegierung widersprechenden beklagten Partei der Antragsstattgebung nicht grundsätzlich entgegen steht (1 Nd 503/87, 7 Nd 501/92, 4 Nd 514/02), prüft der Oberste Gerichtshof die Zweckmäßigkeitsgründe gerade im Verhältnis zu Verbrauchern sehr streng, weil der vom Gesetzgeber angestrebte Schutz des Verbrauchers andernfalls leicht durch entsprechende Beweisanträge unterlaufen werden könnte (7 Nd 520/00). Da im vorliegenden Fall kein Ortsaugenschein durchzuführen ist und immerhin die Beklagte sowie eine von ihr beantragte Zeugin im Sprengel des angerufenen Gerichtes wohnen, überwiegen ungeachtet der größeren Zahl der in den Sprengeln des BG Lambach bzw zweier Nachbarsprengel wohnenden Zeugen die für eine Delegierung sprechenden Gründe nicht so eindeutig, dass die Übertragung an das Bezirksgericht Lambach gerechtfertigt werden könnte.

Dem Delegierungsantrag ist daher nicht stattzugeben.

Stichworte