OGH 4Nd514/02

OGH4Nd514/0218.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 7 Cg 83/02f anhängigen Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter S. Borowan und andere Rechtsanwälte in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei Mag. Astrid P*****, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, wegen 16.168,13 EUR sA, infolge Delegierungsantrags der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das Landesgericht Klagenfurt bestimmt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt 16.168,13 EUR sA an restlichem Entgelt für von ihr durchgeführte Zimmermannsarbeiten im Seehaus der Beklagten in Finkenstein. Sie beantragt die Vernehmung von insgesamt 14 Zeugen mit Wohnsitz in Kärnten, einen Ortsaugenschein in Finkenstein und die Vernehmung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Zimmerei. Die Klägerin brachte die Klage beim Landesgericht Klagenfurt ein. Auf Grund der Unzuständigkeitseinrede der in Wien wohnhaften Beklagten sprach das Landesgericht Klagenfurt seine Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache auf Antrag der Klägerin an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Die Klägerin beantragt nunmehr, aus Zweckmäßigkeitsgründen das Landesgericht Klagenfurt als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Die Beklagte spricht sich gegen die Delegierung aus. Die Beklagte habe den Vertrag mit der Klägerin als Verbraucherin abgeschlossen. Bei einem Verbrauchergeschäft gelte der Wohnsitz des Beklagten als vereinbarter Gerichtsstand; eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen sei daher ausgeschlossen. Die Delegierung sei auch nicht zweckmäßig, weil es offenkundig sei, dass die Klägerin den Bau zu hoch ausgeführt habe und es daher der Aufnahme der von ihr angebotenen Beweise nicht bedürfe. Die Beklagte verkündete dem in Villach wohnhaften Architekten Dipl.-Ing. Heimo R***** den Streit. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien befürwortet die Delegierung.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Eine Delegierung ist im allgemeinen dann zweckmäßig, wenn die Delegation zur Verkürzung des Verfahrens, zur Erleichterung der Amtstätigkeit oder zur wesentlichen Verbilligung des Verfahrens beitragen kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sich zumindest eine Partei und die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel des anderen Gerichts befinden oder wenn sonstige Beweise im Sprengel dieses Gerichts aufzunehmen sind. Regelmäßig ausgeschlossen ist eine Delegation, wenn die Zuständigkeit auf Parteienvereinbarung beruht und keine Umstände vorliegen, auf welche die Parteien nicht Bedacht nehmen konnten (Ballon in Fasching² I § 31 JN Rz 7; Mayr in Rechberger, ZPO² § 31 JN Rz 4, jeweils mwN).

Die Beklagte macht geltend, dass bei einem Verbrauchergeschäft der Gerichtsstand des Verbrauchers als vereinbarter Gerichtsstand gelte, so dass auch in diesem Fall eine Delegierung ausgeschlossen sei. Sie beruft sich auf die Entscheidungen 2 Nd 510/86 und 6 Nd 512/96. In beiden Entscheidungen konnte die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten des Antragstellers und zu Lasten des der Delegierung widersprechenden Antragsgegners beantwortet werden. In einem solchen Fall ist der Delegierungsantrag immer abzuweisen (3 Nd 506/93; 5 Nd 3/98; 2 Ob 268/99x uva); dem Hinweis, dass die Delegierung im Hinblick auf § 14 KSchG gegen den Widerspruch des Beklagten auch unzulässig sei, kam in den genannten Beschlüssen daher keine entscheidende Bedeutung zu.

Der Hinweis steht auch im Widerspruch zu den Entscheidungen 1 Nd 503/87 und 7 Nd 501/92, in denen die Auffassung vertreten wird, dass die Behauptung des Beklagten, es handle sich beim Vertrag mit dem Kläger um ein Verbrauchergeschäft, der Delegierung nicht entgegenstehe. § 14 KSchG verfolge lediglich den Zweck, eine rechtsgeschäftliche Verschiebung der gesetzlichen Zuständigkeit zum Nachteil des Verbrauchers zu verhindern.

Für diese Auffassung spricht, dass eine Zuständigkeitsvereinbarung nicht einer vom Gericht angeordneten Verschiebung der Zuständigkeit gleichgehalten werden kann. Für eine Zuständigkeitsvereinbarung bestehen keine inhaltlichen Vorbedingungen; eine Delegierung ist hingegen nur nach strenger Prüfung der Zweckmäßigkeit zulässig. Die Gefahr, dass der vom Gesetzgeber angestrebte Schutz des Verbrauchers durch entsprechende Beweisanträge unterlaufen werden könnte (7 Nd 520/00), besteht daher in Wahrheit nicht.

Im vorliegenden Fall steht der Delegierung demnach nicht entgegen, dass die Beklagte behauptet, den Vertrag mit der Klägerin als Verbraucherin geschlossen zu haben. Die für die Delegierung sprechenden Gründe überwiegen eindeutig: Im Sprengel des Prozessgerichts wohnen nur die Beklagte und ihr als Zeuge genannter Ehemann; beide haben aber einen Ferienwohnsitz in Kärnten. In Kärnten haben nicht nur die Klägerin und der Architekt ihren Sitz, dem die Beklagte den Streit verkündet hat; dort befinden sich auch alle übrigen Beweismittel, wie insbesondere das Haus, an dem die Klägerin die Zimmermannsarbeiten ausgeführt hat.

Dem Delegierungsantrag war daher stattzugeben.

Stichworte