OGH 2Ob39/06h

OGH2Ob39/06h21.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerald F*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Erich Moser GmbH in Murau, gegen die beklagten Parteien 1. Claudia T*****, und 2. G***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Edmund Thurn, Rechtsanwalt in Murau, wegen EUR 15.218 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 17. November 2005, GZ 2 R 175/05f-16, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 13. September 2005, GZ 5 Cg 75/05a-10, (in seinem stattgebenden Teil) aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz, § 528a ZPO).

Das Berufungsgericht hat den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erachtet, weil der von ihm bejahte Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem Verstoß des Klägers gegen das Überholverbot des § 16 Abs 2 lit a StVO und dem aufrechnungsweise eingewendeten Schaden der Erstbeklagten angesichts der Tatsache, dass eine Baustelle Anlass für die Anordnung des Überholverbotes gewesen sei, der Unfall aber in keinem Zusammenhang mit der Baustelle stehe, auch verneint werden könnte.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger erhobene Rekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig; weder in dessen Begründung noch im Rekurs des Klägers wird eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes handelt es sich beim Überholverbot des § 16 Abs 2 lit a StVO um eine Schutznorm, deren Schutzzweck nicht nur darin besteht, den Gegenverkehr gefahrlos zu ermöglichen, sondern auch alle jene Schäden zu verhindern, die beim Überholvorgang während des Vorbeibewegens des Überholenden an dem überholten Fahrzeug und beim Wiedereinordnen des überholenden Fahrzeuges nach dem Überholvorgang entstehen können (ZVR 1979/120; ZVR 1984/162; RIS-Justiz RS0027626).

Das Gericht hat das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren, um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den in einem konkreten Fall eingetretenen Schaden verhüten soll (RIS-Justiz RS0008775 [T1]). Wie weit der Normzweck reicht, ist Ergebnis der Auslegung im Einzelfall (RIS-Justiz RS0082346, zuletzt 2 Ob 279/05a).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen hervorgehoben, dass das Motiv der Behörde, welches zur Erlassung einer Verordnung im Sinne des § 43 StVO und deren Kundmachung führt, bei der Auslegung der Norm nicht maßgeblich ist (ZVR 1974/265; ZVR 1981/54; 2 Ob 2028/96s; vgl auch RIS-Justiz RS0008775). Entscheidend ist nur der Inhalt der Norm. Es genügt, dass die Verhinderung des Schadens bloß mitbezweckt ist; die Norm muss aber die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen zumindest intendiert haben (2 Ob 2028/96s; 2 Ob 351/99b = ZVR 2000/70; 2 Ob 279/05a; RIS-Justiz RS0008775 [T2 und 4]).

Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, an der Schutzfunktion des § 16 Abs 2 lit a StVO fehle es nicht schon deshalb, weil das Überholverbot für den Bereich einer Baustelle verordnet worden sei, stimmt mit den dargelegten Grundsätzen überein und hält sich im Rahmen des bei der Auslegung einer Schutznorm im Einzelfall verbleibenden Ermessensspielraumes. Sie bedarf daher auch aus Gründen der Rechtssicherheit keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Aus der im Rekurs zitierten Entscheidung 8 Ob 160/77 (= ZVR 1979/120) sind keine den gegenteiligen Standpunkt des Klägers stützende Argumente ableitbar.

Da es der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage nicht bedurfte, war der Rekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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