OGH 15Os87/06t

OGH15Os87/06t7.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. September 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schreuer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mirhad Sch***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 16. Mai 2006, GZ 41 Hv 51/06s-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Aicher, des Verurteilten sowie seines Verteidigers Dr. Hirsch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. Mai 2006, GZ 41 Hv 51/06s-21, verletzt im Schuldspruch zu Punkt B. wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 (erster Fall) StGB §§ 28 Abs 1 und 105 Abs 1 StGB.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch B. und demgemäß auch im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Mirhad Sch***** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs zur Last liegende Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mirhad Sch***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A.) sowie des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (B.) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Danach hat er am 14. März 2006 in Salzburg

A. Sigrid R***** dadurch, dass er ihr eine Spielzeugpistole vorhielt und sie wiederholt aufforderte, ihm Geld zu geben, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag von 460 Euro mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und

B. unmittelbar nach der unter A. geschilderten Tathandlung Sigrid R***** durch Vorhalten einer Spielzeugpistole aufgefordert, sich auf den Boden zu legen, sie somit durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung genötigt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen. Über die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde seitens des Gerichtshofes zweiter Instanz noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg verletzt, wie der Generalprokurator in seiner dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß § 33 Abs 2 StPO zutreffend ausführt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 (erster Fall) StGB das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 28 Abs 1 und 105 Abs 1 StGB.

Beim Verbrechen des Raubes sind alle Handlungen des Täters vom Beginn der Ausführung bis zur materiellen Vollendung der Tat (wenn die Beute dem unmittelbaren Zugriff des Opfers entzogen ist; RIS-Justiz RS0094231; Fabrizy StGB9 § 142 Rz 8), demnach auch eine gegen das Raubopfer gerichtete und mit der Sachwegnahme noch im Zusammenhang stehende Nötigung (gleichgültig ob als Mittel der Durchsetzung des deliktischen Vorhabens, zur Sicherung der Beute oder zur Einleitung der Flucht) grundsätzlich als deliktsspezifische Einheit anzusehen, welche unter der Voraussetzung eines solchen direkten sachlichen Konnexes einer gesonderten strafrechtlichen Zuordnung nicht zugänglich sind (Eder-Rieder in WK² § 142 Rz 69; RIS-Justiz RS0093085 und RS0093485; Ratz in WK² Vor §§ 28 bis 31 Rz 67; Schwaighofer in WK² § 105 Rz 96).

Diese Voraussetzungen treffen hier zu, weil sich die der Sachwegnahme unmittelbar nachfolgende Nötigungshandlung den Urteilsfeststellungen zufolge nur gegen das Raubopfer (und nicht etwa gegen Dritte) richtete und ausschließlich dazu bestimmt war, dem Täter eine ungehinderte und gefahrlose Flucht zu ermöglichen (US 5 f, 8 f, 11 f). Der auf die Verhinderung der Nacheile durch das Opfer beschränkte Unwertgehalt der Nötigung wird daher vom Gesamtunwertgehalt des (vollendeten) Raubes zur Gänze erfasst und ist damit unter dem Gesichtspunkt der Konsumtion einer straflosen Nachtat (13 Os 171/99) als abgegolten anzusehen.

Der Schuldspruch zu Punkt B. wegen des nach Auffassung des Schöffengerichtes mit dem Raub konkurrierenden Verbrechen der schweren Nötigung erweist sich daher - zum Nachteil des Angeklagten - als verfehlt.

Das Urteil war daher im Schuldspruch B. und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und die Strafe wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A.) neu zu bemessen.

Dabei war die Verwendung eines einer echten Waffe täuschend ähnlich sehenden Werkzeuges als erschwerend zu werten, als mildernd hingegen der bisherige ordentliche Lebenswandel, das umfassende und reumütige Geständnis und die erfolgte Teilschadensgutmachung durch Übergabe der nahezu gesamten Raubbeute durch die Freundin des Angeklagten. Unter Berücksichtigung aller Strafbemessungskriterien erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten als tatschuldangemessen. Einer bedingten oder teilbedingten Strafnachsicht standen im Hinblick auf das Vortatverhalten (Ankauf der Spielzeugpistole Tage vor der Tat) und das Nachtatverhalten (Verschaffen eines Alibis) bereits spezialpräventive, beim vorliegenden Tatgeschehen aber auch generalpräventive Gründe entgegen.

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