OGH 2Ob153/06y

OGH2Ob153/06y13.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Margarete G*****, 2. Willi G*****, beide vertreten durch Daxl & Partner Rechtsanwälte GmbH in Güssing, gegen die beklagte Partei G***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Siegl & Choc, Rechtsanwälte OEG in Graz, wegen EUR 30.000, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 25. April 2006, GZ 5 R 40/06a-24, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Dezember 2005, GZ 12 Cg 10/05d-17, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen. Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.653,90 (darin enthalten EUR 275,65 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränkten (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

Der Sohn der Kläger wurde am 13. 8. 2003 als Lenker eines Motorrades bei einem von der Lenkerin eines bei der Beklagten versicherten PKWs verschuldeten Unfall tödlich verletzt.

Die Kläger begehren „Trauerschmerzengeld" von je EUR 15.000 mit der Begründung, der Unfall sei von der Lenkerin grob fahrlässig verschuldet worden. Sie habe vor einer unübersichtlichen Linkskurve ein Motorfahrrad und einen PKW in einem Zuge überholt, weshalb es zur Kollision mit dem entgegenkommenden Motorradfahrer gekommen sei. Die Todesnachricht habe keine Veränderung mit Krankheitswert hervorgerufen.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, den Klägern gebühre Trauerschmerzengeld mangels Krankheitswertes nicht. Der Unfall sei zwar von der Versicherungsnehmerin verschuldet worden, doch liege grobes Verschulden nicht vor. Der Unfall sei auf einen Aufmerksamkeitsfehler zurückzuführen.

Das Erstgericht hat das gesamte Klagebegehren abgewiesen. Es hat unter ausführlicher Wiedergabe der Rechtsprechung und des dazu ergangenen Schrifttums die Ersatzführigkeit eines Trauerschmerzengeldes bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit zwar bejaht, aber das Fehlverhalten der Lenkerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges, das in einem Verstoß nach § 7 StVO zu erblicken sei, nicht als grob fahrlässig angesehen; das Verhalten (Beibehalten der linken Fahrbahnhälfte nach einem Überholmanöver) resultiere letztlich auf einem Beobachtungs- und Aufmerksamkeitsfehler, der nicht das gewöhnliche Maß von nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich übersteige, weil er auch in einer Situation erfolgt sei, in der wegen der trockenen Fahrbahn und der nicht übermäßig hohen Geschwindigkeit und den Sichtverhältnissen keine erhöhte Gefahr bestanden habe.

Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung bestätigt und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es hat ebenfalls das Verhalten der Lenkerin als einen massiven Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot des § 7 StVO angesehen, aber ebenfalls das Vorliegen grober Fahrlässigkeit, das eine Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sei, die sich über die alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebe, wobei der Schade als wahrscheinlich vorhersehbar sei, verneint. Grobe Fahrlässigkeit sei dann gegeben, wenn ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen sei. Die Beurteilung eines Verhaltens als fahrlässig oder grob fahrlässig hänge zwar von den Umständen des Einzelfalles ab, was grundsätzlich die Zulässigerklärung der Revision nicht rechtfertige, doch diene hier die Zulässigerklärung der Rechtsvereinheitlichung, da „die Lösung dieser hier relevanten Frage doch Anwendungsmöglichkeiten auf ähnliche oder vielmehr gleichgelagerte Sachverhalte nach Verkehrsunfällen" habe.

Die Kläger beantragen in ihrer Revision die Stattgebung des Klagebegehrens.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Seit der Entscheidung 2 Ob 84/01v (SZ 74/90) gewährt die Rechtsprechung bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz einen Ersatz des Seelenschmerzes über den Verlust naher Angehöriger, der zu keiner eigenen Gesundheitsschädigung iSd § 1325 ABGB geführt hat (RIS-Justiz RS0115189). Voraussetzung hiefür ist also das Vorliegen groben Verschuldens.

Nach ständiger Rechtsprechung kann aber die Beurteilung des Verschuldensgrades unter Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze, ohne dass ein wesentlicher Verstoß gegen maßgebliche Abgrenzungskriterien vorläge, wegen der Einzelfallbezogenzheit nicht als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden (RIS-Justiz RS0087606 [insbesondere T8]).

Da die Vorinstanzen die maßgebenden Kriterien zur Beurteilung der Frage des Vorliegens grober Fahrlässigkeit richtig wiedergegeben haben und eine auffallende Fehlbeurteilung - auch im Lichte der Rechtsprechung zu § 61 VersVG (vgl etwa RIS-Justiz RS0080275, RS0080414) - nicht vorliegt, ist die Revision der Kläger, in der ebenfalls erhebliche Rechtsfragen nicht aufgeworfen werden, entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde.

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