OGH 8Ob74/06z

OGH8Ob74/06z19.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Barbara L*****, geboren *****, vertreten durch den Vater Franz L*****, ebendort, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, gegen die beklagte Partei B***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Bertram Maschke, Rechtsanwalt in Radstadt, wegen EUR 18.065 und Feststellung (EUR 2.500; Revisionsstreitwert insgesamt EUR 10.282,50), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 21. März 2006, GZ 3 R 208/05m-22, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 24. Oktober 2005, GZ 6 Cg 2/05f-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Der Antrag der beklagten Partei auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 12. 1. 2002 ereignete sich auf der Waldabfahrt Großeck/Speiereck ein Schiunfall, bei dem die damals 8-jährige Klägerin schwer verletzt wurde.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten zur Abgeltung ihrer bei dem Sturz erlittenen Schäden Zahlung von EUR 18.065 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige kausale Schäden aus dem Schiunfall. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung zur Pistensicherung nicht nachgekommen, weil an der Unfallstelle knapp neben dem Pistenrand eine Felsnase aus der von der Beklagten angelegten, ansteigenden Böschung herausgeragt habe. Eine Sicherung dieses Felsblocks wäre erforderlich gewesen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Selbst für den Fall, dass eine Felsnase aus der ansteigenden Böschung herausgeragt habe, stelle diese keine atypische Gefahr dar, weil sie erkennbar und leicht vermeidbar gewesen wäre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Das Berufungsgericht gab der - ein 50 %iges Eigenverschulden wegen eines Fahrfehlers einräumenden - Berufung der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist entgegen des, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes nicht zulässig. Die hier zu beurteilende Frage unter welchen Voraussetzungen, bei von felsdurchsetzten Waldhängen begrenzten Schiwegen aus dem Hang herausragende Felsen abgesichert werden müssen, stellt keine solche von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.

Wann die Grenze der Zumutbarkeit weiterer oder erhöhter Verkehrssicherungspflichten erreicht oder überschritten ist, ist jeweils eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0111380). Die Entscheidung der Vorinstanzen hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten Rechtsprechung.

Nach einhelliger Auffassung sind nur atypische Gefahren zu sichern, also solche Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne Weiteres erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann; atypisch ist eine Gefahr die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewussten Schifahrer unerwartet oder schwer abwendbar ist (SZ 66/16; SZ 72/8). Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend (SZ 66/16; 8 Ob 300/00a; 2 Ob 183/05h; RIS-Justiz RS0023237). Ob in diesem, im Wesentlichen von der konkreten örtlichen Situation abhängigen Rahmen die Pistenhalterin das ihr Zumutbare unterlassen hat, entzieht sich wegen der Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen (1 Ob 41/00m; 10 Ob 170/00y; 5 Ob 27/04p ua). Unter Berücksichtigung der Feststellungen, dass die Sicht auf die Unfallstelle aus 100 m ungehindert gegeben war, am Unfalltag gute Sichtverhältnisse herrschten und ein Schifahrer mit geringem Können den Schiweg bei kontrollierter Abfahrt hätte gefahrlos passieren können, kann die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass die beklagte Partei nicht zur Absicherung der, aus dem den Schiweg begrenzenden Steilhang herausragenden Felsen verpflichtet gewesen sei, eine (erhebliche) Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Die von der Revisionswerberin zitierten Entscheidungen sind schon wegen der anders gelagerten Sachverhalte mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar.

Die beklagte Partei hat nicht ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb ihr für die Erstattung der Revisionsbeantwortung kein Kostenersatz zusteht.

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