OGH 2Ob183/05h

OGH2Ob183/05h11.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gudrun R*****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1.) B***** GmbH & Co KG,

2.) B***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Peter Sparer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 26.000,-- sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 12. April 2005, GZ 1 R 41/05x-49, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. November 2004, GZ 59 Cg 166/03t-42, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 1.930,29 (darin EUR 321,71 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage existiere, ob und unter welchen Voraussetzungen nicht fassadenbündige Bauteile eines nahe des Pistenrandes befindlichen Gebäudes ein atypisches Hindernis und somit eine zu sichernde Gefahrenquelle darstellen. Zur Pistensicherungspflicht des Pistenhalters existiert eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl RIS-Justiz RS0023237, RS0023271, RS0023326, RS0023417, RS0023499). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht das Verhältnis zwischen Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Pistenbenützers und andererseits durch den Pistenhalter mit dem nach der Verkehrsanschauung adäquaten Mitteln maßgebend ist (RIS-Justiz RS0023237 T 1). Ob in diesem, im Wesentlichen von der konkreten örtlichen Situation abhängigen Rahmen die Pistenhalterin das ihr Zumutbare unterlassen hat, entzieht sich aber wegen der Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen (RIS-Justiz RS0023237 T 3).

Im vorliegenden Fall ist die Klägerin gegen die Kante eine Betonsockels (mit Tür zum Gastank des Hauses) gestürzt, der an der Seitenwand einer Schihütte (Alm) gelegen ist. Der infolge Schidoo-Spuren pistenähnliche Bereich zwischen der präparierten Piste und dem Betonsockel wird von abfahrenden Schifahrern normalerweise nicht benützt. In Fahrtrichtung der Pistenbenützer oberhalb des Betonsockels befand sich ein die Sonnenterrasse der Alm absicherndes grünes Zaungeflecht mit einem gelben Warnbanner („Langsam fahren - Slow"), eine 1,20 bis 1,90 über die Hausfassade in Richtung Piste ragende Barhütte und zwei noch weiter in Richtung Piste ragende Schiständer. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen zum Ergebnis gelangt ist, die Pistenhalterin sei nicht zur Absicherung des bei Schneelage schwer erkennbaren und nicht fassadenbündigen, aber im unmittelbaren Hausbereich befindlichen Betonsockels verpflichtet gewesen, so hat es damit die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes nicht überschritten; eine krasse Fehlbeurteilung des Einzelfalles liegt nicht vor. Auf seine Ausführungen zum (4,6 m entfernten) Rand der „eigentlichen" Piste (vgl aber RIS-Justiz RS0023630) sowie seine Schlussfolgerungen (vgl RIS-Justiz RS0043256) zur (Un-)Möglichkeit, an den Betonsockel bei der Durchfahrt heranzukommen, kommt es nicht mehr entscheidend an. Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher, über die besonderen Umstände des Einzelfalles hinausgehenden Bedeutung nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshofes nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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