OGH 9ObA168/05d

OGH9ObA168/05d29.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Komm.Rat Mag. Paul Kunsky und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB), Hohenstaufengasse 10-12, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ), Brahmsplatz 3, 1011 Wien, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Feststellung nach § 54 Abs 2 ASGG, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, dass die Leistungsberechtigten, die vor dem 12. 3. 1991 ein Dienstverhältnis zur B*****-Aktiengesellschaft (B*****) eingingen und deren, auf Grund der Arbeitsordnung für Dienstnehmer der B***** vom 6. 2. 1963, zustehende Pensionsanwartschaften mit Betriebsvereinbarung vom 10. 10. 1997 über die Errichtung einer Alters- Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung durch den Beitritt zum Konsortium V***** AG/Ö***** AG in diese Pensionskassen deshalb übertragen wurden, weil es die Leistungsberechtigten unterließen bei einem Pensionsantritt vor dem 31. 12. 2000 eine Erklärung laut Rundschreiben vom 03. 10. 1997, Beil./B, abzugeben und für diesen Entschluss die ihnen von der B***** übermittelten Informationen laut Rundschreiben vom 18. 4. 1997, Beil./A, und Rundschreiben vom 3. 10. 1997, Beil./B, ausschlaggebend waren, die Leistungsberechtigten jedoch bei einer Information, dass sie mit der Übertragung der Anwartschaften in die Pensionskasse auch das Risiko einer Kürzung der Leistungen übernehmen, diese Übertragung abgelehnt hätten, gegenüber der B***** unter Anrechnung der von den genannten Pensionskassen bezahlten Pensionskassenleistungen Anspruch auf eine monatliche Schadenersatzleistung haben, die sich gleich der Pensionsleistung, wie sie auf Grund der genannten Arbeitsordnung zustünde, errechnet, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Dem Feststellungsantrag nach § 54 Abs 2 ASGG liegt folgender vom Antragsteller behaupteter Sachverhalt zugrunde:

Auf Grund der zwischen der B*****-AG (B*****; im Folgenden Arbeitgeberin) und dem Betriebsrat abgeschlossenen Arbeitsordnung (AO) vom 6. 2. 1963 stand den Arbeitnehmern eine Betriebspension (direkte Leistungszusage) zu. Am 10. 10. 1997 schloss die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 18a ArbVG, wonach die bisherige Pensionszusage erlösche und die erworbenen Anwartschaften mit einem von der Pensionskasse zu errechnenden Überweisungsbetrag in die Pensionskasse „ausgelagert" werden. Die Höhe der Alterspension ergibt sich danach aus der Verrentung des für den Anwartschaftsberechtigten angesparten Kapitals zum Zeitpunkt des Leistungsanfalls entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse. Die Übertragung in die Pensionskasse wurde von der Arbeitgeberin intensiv beworben. Sie übersandte an alle Aktiven die beiden folgenden Informationen:

Mit Rundschreiben vom 18. 4. 1997 stellte die Arbeitgeberin die Grundsätze der Übertragung dar. Danach sollten der Übertragungsbetrag und die künftigen Beiträge derart gestaltet sein, dass nach derzeitiger Einstufung und ASVG-Regelung zum Ausscheiden, dh mit 60 bzw 55 Jahren, dieselbe Pension geleistet werden könne, wie sie nach der AO gebühre. In einer Anfragebeantwortung zum „Unterschied 'vorher' und 'nachher'?" wurde ausgeführt, dass von der Pensionskasse ein bestimmter Betrag in monatlichen Renten ausbezahlt werde. Nach derzeitigem Stand seien diese gleich hoch wie die Firmenpension nach der AO. Zur Sicherheit der Pension wurde ausgeführt, dass die Valorisierung der Pension davon abhängig sei, welcher Veranlagungserfolg von der Pensionskasse erreicht werde. In den vergangenen Jahren sei dieser wesentlich über der Inflationsrate gelegen. Auf die Möglichkeit einer Pensionskürzung wurde in der Anfragebeantwortung nicht hingewiesen. Vielmehr wurde ausgeführt, dass von der Entwicklung der Bezüge nur künftige Beiträge, nicht aber der in erster Linie wesentliche Übertragungsbetrag, betroffen sein könne.

Am 3. 10. 1997 übersandte die Arbeitgeberin ein zweites Rundschreiben. Darin hielt sie fest, dass das Übertragungskapital und die künftig zu leistenden Beiträge derart gestaltet würden, dass nach derzeitiger Einstufung und derzeitiger ASVG-Regelung bei Pensionsanfall von der Pensionskasse eine Leistung wie in der AO geregelt erbracht werde. Die Auszahlung der Firmenpension werde in Zukunft der Pensionskasse obliegen. Die weitere in der Information enthaltene Mitteilung, dass 96 % der Mitarbeiter zugestimmt haben, ist unrichtig. Diese Quote bezieht sich auf das Zustimmungsergebnis der bei einer Betriebsversammlung vom 24. 4. 1997 Anwesenden.

Arbeitnehmer mit einem vor dem 31. 12. 2000 zu erwartenden Pensionsantritt hatten eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich ihrer Teilnahme am Pensionskassensystem. Sie konnten ein „Opting-Out" vornehmen, indem sie durch Erklärung einen Beitritt zur Pensionskasse bis längstens 20. 10. 1997 ablehnten. In diesem Fall verblieben sie in der Direktzusage gemäß der AO. Tatsächlich unterließen die Anwartschaftsberechtigten die Abgabe einer derartigen Erklärung im Vertrauen auf die Informationen laut den beiden Rundschreiben vom 18. 4. und 3. 10. 1997. Sie gingen davon aus, richtig und vollständig über die mit einer Übertragung verbundenen Änderungen informiert worden zu sein, und vertrauten den Zusicherungen der Arbeitgeberin, dass sie die ihnen nach der AO zustehende Leistung von der Pensionskasse erhalten würden. Auf Grund dessen sahen sie auch keine Veranlassung, weitere fachkundige Informationen einzuholen. Hätten sie gewusst, dass sie das volle Veranlagungsrisiko übernehmen und sich in die Gefahr namhafter Pensionskürzungen begeben, hätten sie von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht. Die nunmehr von der Pensionskasse ausbezahlten Pensionsleistungen liegen erheblich unter jenen, die auf Grund der AO zustehen würden. Die Unterschreitung beträgt 23 %.

Der Antragsteller legte mit seinem Antrag drei Urkunden vor, und zwar die beiden Schreiben vom 18. 4. 1997 (Beil./A) und 3. 10. 1997 (Beil./B), auf die er auch in seinem Antrag ausdrücklich Bezug nimmt, sowie die Betriebsvereinbarung vom 10. 10. 1997 (Beil./C). Im Schreiben vom 18. 4. 1997 (Beil./A), das sich nicht an die Mitarbeiter, sondern nur an die Mitglieder des Betriebsrats richtet, wird auf eine am 24. 4. 1997 stattfindende Betriebsversammlung hingewiesen, bei der die Belegschaft dem Betriebsrat die Ermächtigung zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung erteilen solle. Weiters heißt es, dass es in den letzten beiden Wochen insgesamt fünf Veranstaltungen zur Information über die geplante Neuregelung gegeben habe. Es werde ersucht, diese Information in geeigneter Form an die Mitarbeiter weiterzugeben. Zur „Sicherheit der Pension" heißt es, dass letztlich ein Blick in die Zukunft und ein endgültiges Urteil derzeit kaum möglich seien. Nach der AO liege die Sicherheit im garantierten Gesamtprozentsatz und das Risiko darin, dass damit auch die Gesamtpension von der Entwicklung des Unternehmens, der Gehaltstabelle, des Kollektivvertrags oder zB der steuerlichen Behandlung von Rückstellungen abhängig sei. In der Pensionskasse liege die Sicherheit darin, dass der in erster Linie für die Leistungshöhe wesentliche Übertragungsbetrag aus dem Unternehmen weg und jedem Mitarbeiter persönlich zugeordnet sei; von der zukünftigen Entwicklung könnten nur die Beitragszahlungen betroffen sein. Im Schreiben vom 3. 10. 1997 (Beil./B), das sich an die Arbeitnehmer richtet, wird nochmals an die Betriebsversammlung vom 24. 4. 1997 angeknüpft, bei der die Arbeitnehmer der Betriebsvereinbarung mit einer Mehrheit von fast 96 % zugestimmt haben. Weiters heißt es, dass es wie vereinbart und den Arbeitnehmern in den Informationsveranstaltungen mitgeteilt, für jene Arbeitnehmer (bestimmter Jahrgänge), die das wünschen, kurz vor Pensionsantritt die Möglichkeit geben werde, die Pensionskassenregelung nicht in Anspruch zu nehmen und die bisherige Berechnungsform beizubehalten.

Der Antragsteller stellt das aus dem Spruch ersichtliche Begehren und führt in rechtlicher Hinsicht dazu aus, dass sich der Antrag auf Arbeitnehmer beziehe, die infolge eines vor dem 31. 12. 2000 zu erwartenden Pensionsantritts eine Wahlmöglichkeit der Teilnahme am Pensionskassensystem hatten. Dieser kurz vor der Pension stehendende Personenkreis sei besonders schutzwürdig und hätte in besonderem Maß vollständig und richtig aufgeklärt werden müssen. Tatsächlich sei eine solche Information jedoch nicht erfolgt. In den beiden Schreiben vom 18. 4. und 3. 10. 1997 sei nämlich nicht zum Ausdruck gekommen, dass Pensionskürzungen eintreten können. Eine ausgewogene Information hätte auch darauf hinweisen müssen. Die Anwartschaftsberechtigten haben im Vertrauen darauf, dass sie mit den beiden Rundschreiben vom 18. 4. und 3. 10. 1997 richtig und vollständig informiert worden seien, das ihnen eingeräumte Opting-Out unterlassen. Der eingetretene Schaden bestehe im negativen Vertragsinteresse; die Berechtigten seien so zu stellen, als ob sie das Opting-Out vorgenommen hätten und in der AO verblieben wären.

Der Antragsgegner bestreitet die Zulässigkeit des Feststellungsantrags. Aus dem Schreiben vom 3. 10. 1997, Beil./B, sei ersichtlich, dass es Informationsveranstaltungen gegeben habe, bei denen die Möglichkeit des Opting-Out erläutert worden sei. In welcher Weise dies geschehen sei und welche Informationen erteilt worden seien, verschweige der Antragsteller. Wie sich aus dem Schreiben vom 18. 4. 1997, Beil./A, ergebe, habe es gerade keine abschließenden schriftlichen Informationsunterlagen gegeben. Es seien hierin nur Fragen aus den Informationsveranstaltungen zusammengefasst worden. Der Gesetzgeber verfolge mit § 54 ASGG das Ziel, durch Testverfahren eine streitvermindernde Wirkung auf die Ansprüche der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erzielen. Bei der Sachverhaltskonstellation, wie sie sich aus dem Sachvortrag des Antragstellers ohne Berücksichtigung der Informationsveranstaltungen ergebe, würde jedoch die Funktion des § 54 ASGG ins Gegenteil verkehrt. Einem derartigen Feststellungsantrag komme keine präventive Funktion zu; er diene auch nicht der Prozessökonomie, sondern führe zu zusätzlichen Prozessen und damit zu einer Mehrbelastung der Gerichte. Die inhaltliche Reichweite des § 54 Abs 2 ASGG sei angesichts des „Trends", den Obersten Gerichtshof mit unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Sachverhalten zu befassen, zumindest in Bezug auf vertragliche Ansprüche zu hinterfragen. Der Feststellungsantrag werde auch nicht vom Sachverhalt getragen. Aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass die Informationen laut den Beil./A und ./B für den Entschluss der Arbeitnehmer nicht ausschlaggebend gewesen sein konnten, weil sie lediglich Informationen, die bereits vorher erteilt worden seien, zusammengefasst haben und diese Zusammenfassung naturgemäß nicht vollständig sein konnte. Die Arbeitgeberin sei ihrer Fürsorgepflicht in hohem Maß nachgekommen.

Rechtliche Beurteilung

Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

Kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (§§ 4 bis 7 ArbVG) können nach § 54 Abs 2 ASGG im Rahmen ihres Wirkungsbereichs gegen eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer bzw der Arbeitgeber beim Obersten Gerichtshof einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen anbringen, die einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Der Feststellungsantrag muss eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben, die für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Der Antrag muss einen Sachverhalt enthalten, der ein Feststellungsinteresse begründet; er muss - ebenso wie eine Feststellungsklage nach § 228 ZPO (RIS-Justiz RS0037422 ua) - der Prävention und der Prozessökonomie dienen (Kuderna, ASGG² 355; Gamerith, Die besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG, DRdA 1988, 303 [312]; Aubauer/Kaszanits, Kollektives Klagsrecht als Testprozess, in FS Bauer/Maier/Petrag 299 [305] ua). Insofern unterscheidet sich das Modell des besonderen Feststellungsverfahrens nach § 54 Abs 2 ASGG von einer reinen Gutachtertätigkeit (8 ObA 57/97h; 9 ObA 38/03h; RIS-Justiz RS0109383 ua). Es ist daher auch nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, mögliche Fallgruppen zu variieren und rechtlich zu beurteilen (RIS-Justiz RS0085664 ua).

Die erste Voraussetzung ist erfüllt. Der Antragsteller ist eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitnehmer, die gemäß § 4 Abs 2 ArbVG kollektivvertragsfähig ist (RIS-Justiz RS0051126 ua). Der Antragsgegner ist eine zur gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber berufene Körperschaft iSd § 4 Abs 1 ArbVG (8 ObA 99/04y ua). Beide Parteien sind daher nach § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert. Der Antrag hat auch eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand. Dass die aufgeworfene Rechtsfrage für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist, wird vom Antragsteller hingegen nicht behauptet. Er behauptet auch nicht, dass sein Antrag der Prävention und der Prozessökonomie dient. Zumindest letzteres ist wohl kein Versehen des Antragstellers, weil eine derartige Behauptung leicht zu widerlegen wäre, wie der Antragsgegner im Ergebnis zutreffend darstellt.

Der Oberste Gerichtshof hat über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts zu entscheiden (§ 54 Abs 4 ASGG). Dieser ist der rechtlichen Beurteilung ohne weitere Prüfung zugrundezulegen, auch wenn er vom Antragsgegner bestritten wird (8 ObA 222/02h; RIS-Justiz RS0109384 ua). Bloß kursorische Sachverhaltsbehauptungen, die die näheren Umstände der zu beurteilenden Frage nicht angeben (8 ObA 190/02b ua), führen ebenso zur Abweisung des Feststellungsantrags wie hypothetische Sachverhalte, aus denen eindeutige Rechtsfolgen nicht abgeleitet werden können (RIS-Justiz RS0085635 ua). Im vorliegenden Fall ist eine der Prävention und der Prozessökonomie dienende Entscheidung auf der Grundlage des behaupteten Sachverhalts (einschließlich des erkennbar ebenfalls zum Tatsachenvorbringen erhobenen Urkundeninhalts) nicht möglich. Der Antrag verfehlt sein Ziel, einen Beitrag zur Rechtssicherheit, Rechtseinheit und Bewahrung (oder Herstellung) des Rechtsfriedens zu leisten (vgl Aubauer/Kaszanits aaO 307). Wie bereits ausgeführt, beanstandet der Antragsteller die unvollständige Aufklärung jener Anwartschaftsberechtigten, denen von der Arbeitgeberin ein Opting-Out, also die Möglichkeit, die Pensionskassenregelung nicht in Anspruch zu nehmen, sondern die bisherige Regelung nach der AO beizubehalten, eingeräumt worden ist. Hätten sie gewusst, dass sie sich in die Gefahr namhafter Pensionskürzungen begeben, hätten sie vom Opting-Out Gebrauch gemacht. Den mangelnden Informationsstand der betroffenen Arbeitnehmer will der Antragsteller allein aus den beiden Schreiben vom 18. 4. und 3. 10. 1997 abgeleitet wissen, von denen sich ersteres nicht einmal an die Arbeitnehmer richtete. Gleichzeitig geht aus den vorgelegten Urkunden hervor, dass es nicht nur diese beiden Schreiben, sondern darüber hinaus fünf Informationsveranstaltungen und eine Betriebsversammlung gab. Deren Inhalt verschweigt der Antrag. Dass diese Informationsveranstaltungen in Wahrheit nicht stattgefunden hätten oder Arbeitnehern der Zugang dazu verwehrt worden wäre, wird nicht behauptet. Es liegt somit insoweit unvollständiges Antragsvorbringen vor, das schon deshalb einem Verbesserungsauftrag nicht zugänglich ist, weil erkennbar Sachverhaltselemente von zentraler Bedeutung ausgeklammert wurden, die nach dem Willen der Antragstellerin offenkundig der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof nicht zu Grunde gelegt werden sollten (vgl 9 ObA 38/03h). Dieser Umstand ist ohne weitere - im Gesetz nicht vorgesehene und nach der Art des Verfahrens nicht mögliche - Erhebungen wahrzunehmen, liegt es doch gemäß § 54 Abs 4 ASGG ausschließlich am Antragsteller, dem Obersten Gerichtshof einen den dargestellten Zulässigkeitskriterien entsprechenden Sachverhalt vorzutragen.

Dazu kommt, dass nicht die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Belegschaftsvertretung unmittelbarer Gegenstand des zu beurteilenden Antrags ist, sondern die den betroffenen Arbeitnehmern jeweils individuell eingeräumte Möglichkeit, sich durch Erklärung von den Wirkungen der Betriebsvereinbarung auszunehmen. Damit kommt es aber entscheidend auf den Wahrnehmungshorizont des einzelnen Arbeitnehmers und die Erkennbarkeit allfälliger Auffassungsdefizite für den Arbeitgeber an. Es liegt somit hier ein Fall vor, für dessen Beurteilung individuelle Elemente prägend sind, sodass wohl nicht davon gesprochen werden kann, der Sachverhalt sei - im Sinn des § 54 Abs 2 ASGG - von namentlich bestimmten Personen unabhängig.

Warum kein Opting-Out erfolgte und ob dies der Arbeitgeberin in irgendeiner Weise vorwerfbar ist, lässt sich nach der Lage des Falls nicht pauschal im Zuge eines besonderen Feststellungsverfahrens nach § 54 Abs 2 ASGG, sondern nur in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweils individuellen Gegebenheiten klären. Gleichgültig, ob es sich nun beim behaupteten Sachverhalt des Antragstellers um eine bloße Hypothese oder um eine willkürlich herausgegriffene, bruchstückhaft vorgetragene Variante handelt, vermag seine Behandlung keine Klärung der Rechtslage zu bewirken und damit keinen Beitrag zur Prävention und Prozessökonomie zu leisten. Der Antrag ist daher mangels rechtlichen Interesses als unzulässig abzuweisen (vgl Kuderna aaO 355), ohne dass auf die weiteren theoretischen Erwägungen des Antragstellers und des Antragsgegners einzugehen ist.

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