OGH 3Ob227/05m

OGH3Ob227/05m29.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexandra N*****, vertreten durch Benko & Anker Rechtsanwaltspartnerschaft in Innsbruck, wider die beklagte Partei W***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Christian Kurz und Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 20.000 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. Mai 2005, GZ 5 R 26/05w-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 9. Februar 2005, GZ 6 Cg 167/02y-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.063,80 EUR (darin 177,30 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin erwarb aufgrund des Kaufvertrags vom 27. November/10. Dezember 1998 von der beklagten Partei Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung top 11 untrennbar verbunden ist.

Sie bezog diese Wohnung im Dezember 1998. Noch in diesem Winter nahm sie im Bereich der Mauerverbindung zwischen A-Haus und B-Haus Schatten wahr. Diese Umstände gab sie noch im selben Winter der beklagten Partei bekannt. Ein Dienstnehmer derselben sah sich die Sache vor Ort an und sicherte zu, dies dem bauausführenden Unternehmen zu melden. Im folgenden Sommer verging dieser Fleck, um im folgenden Winter noch größer wiederzukommen. Die Klägerin rief auch bei der beklagten Partei an, doch wurde nie eine Zusage gemacht, dass etwas repariert würde. Erst als der dem vorliegenden Verfahren beigezogene Sachverständige (SV) an Ort und Stelle war, machte die beklagte Partei die Zusicherung, es „fehle" eine Dachrinnenheizung. Mit Schreiben vom 18. April 2002 teilte die beklagte Partei dem seinerzeitigen Vertreter der Klägerin Folgendes mit:

„Betrifft: Ihre Schreiben - BV B und BV

Vorab möchten wir Sie darüber informieren, dass die .... [beklagte Partei] selbstverständlich jene Mängel, bei denen es sich tatsächlich um solche handelt, im Rahmen der Gewährleistungsverpflichtung behoben hat bzw wird; den Vorwurf, bis heute keine (!!) Behebung „diversester" Mängel durchgeführt zu haben, müssen wir auf das Schärfste zurückweisen.

Die Gewährleistungsfristen für die o.a. Wohnanlagen wurden unsererseits für noch allenfalls möglicherweise bestehende Mängel bis zum 30. 4. 2002 verlängert.

Wir sind selbstverständlich bemüht, unsere Kunden zufriedenzustellen und verlängern ausdrücklich den Gewährleistungszeitraum für eventuell noch offene Mängel bis zum 31. 7. 2002.

Bis zu diesem Zeitpunkt verzichten wir gegenüber dem Berechtigten auch auf die Einrede der Verjährung betreffend allfälliger noch bestehender Mängel ..."

Mit Schreiben vom 26. Juli 2002 ersuchte der Klagevertreter die beklagte Partei um Verlängerung sowohl der Gewährleistungsfrist als auch der Frist für die Erhebung der Einrede der Verjährung bis 31. [erkennbar gemeint. 30.] September 2002.

Die beklagte Partei richtete an den Klagevertreter mit 30. Juli 2002 folgendes Antwortschreiben:

„... teilen wir Ihnen mit, dass bei o.a. Objekt eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist bzw. ein Verjährungsverzicht nur für folgende Mängel eingeräumt wird:

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass nach Art IV des GewährleistungsrechtsänderungsG auf den noch vor dem 31. Dezember 2001 geschlossenen Vertrag der Streitteile die Bestimmungen des ABGB in der davor geltenden Fassung anzuwenden sind.

Weiters ist ungeachtet der Verwendung des Begriffs „Schäden" im Klagebegehren aufgrund der Klagserzählung davon auszugehen, dass ebenso wie beim Eventualbegehren die Haftung für Mängel iSd Gewährleistungsrechts gemeint war. Was dieses Hauptbegehren angeht, kann der Revision schon aufgrund der offenkundig abschließend gemeinten Aufzählung der bestehenden Mängel im Ersturteil, worauf in der Revisionsbeantwortung zu Recht hingewiesen wird, im Hinblick auf angebliche mangelhafte Ausführungen des Edelputzes und des Schallputzes schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil Mängel in diesem Bereich nicht feststehen.

Im Revisionsverfahren ist zu Recht zwischen den Streitteilen nicht mehr strittig, dass grundsätzlich auch Feststellungsklagen zur Wahrung der Gewährleistungsfristen nach § 933 ABGB aF geeignet sind. Die Feststellungsklage dient neben dem Ausschluss der Verjährungsgefahr auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten sowie der Klarstellung der Haftungsfragen dem Grunde nach, wenn ein eingetretener Schaden (noch) nicht bezifferbar ist. Die Rsp lässt solche Klagen - mit Billigung durch die Lehre (Reischauer in Rummel³ § 933 ABGB Rz 8a) - auch zur Wahrung von Gewährleistungsansprüchen nach § 933 ABGB deshalb zu, weil der Gewährleistungsgläubiger aufgrund seiner mangelnden Kenntnis der Ursachen einer unzureichenden Leistungsqualität und deren technischen bzw. wirtschaftlichen Behebbarkeit nicht immer in der Lage ist, die daraus ableitbare Rechtsfolge (Wandlung, Preisminderung, Verbesserung, Nachtrag des Fehlenden oder Ersatz des Mangelschadens) mittels Leistungsklage geltend zu machen. Soweit soll daher über das Vorliegen eines Gewährleistungstatbestands - unabhängig von der daraus durch Leistungsklage ableitbaren Rechtsfolge - rasch Klarheit geschaffen werden (für viele 1 Ob 166/98p; RIS-Justiz RS0018858; RS0018668). Ein Interesse an der Feststellung von Gewährleistungsansprüchen ist insbesondere dann bejaht worden, wenn der Berechtigte einen bestimmten Gewährleistungsanspruch noch nicht mit Leistungsklage verfolgen kann, weil er entweder die Beschaffenheit (Ursache) von Mängeln noch nicht genau kennt oder die Möglichkeit der Mängelbehebung noch nicht beurteilen kann (5 Ob 231/02k). Die Klägerin wendet sich nun auch nicht gegen die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts im Allgemeinen, sondern beharrt auf ihrer Auffassung, im konkreten Fall sei ihr auch nach Vorliegen des SV-Gutachtens im erstgerichtlichen Verfahren nicht möglich gewesen, ein Leistungsbegehren zu stellen.

Entgegen der Ansicht der zweiten Instanz und der Klägerin sind, wie in der Revisionsbeantwortung zu Recht geltend gemacht wird, erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO hier nicht zu beantworten. Wie das Berufungsgericht ohnedies selbst zutreffend erkannte, ist der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem der E 1 Ob 166/98p (= JBl 1999, 733 [Riedler] = EvBl 1999/29), die von Riedler (aaO) und Reischauer (aaO) kritisiert wurde, nicht vergleichbar. Anders als im vorliegenden Fall erhob der Kläger in dem der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren nachträglich auch ein Leistungsbegehren. Ebensowenig wie im Fall der E 1 Ob 13/04z (= EvBl 2004/177 = immolex 2004, 308) - in der ausgesprochen wurde, der Geschädigte müsse die Höhe eines bereits eingetretenen und ihm dem Grunde nach bekannten Schadens durch naheliegende zweckmäßige Maßnahmen, deren Kosten in einem Leistungsprozess als vorprozessuale Kosten ersatzfähig seien, ermitteln - vermag auch hier die allfällige Gefahr künftiger Schäden das Feststellungsbegehren zu rechtfertigen, wurde doch entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht das Klagebegehren in erster Instanz nicht auf die Möglichkeit künftiger Schäden gestützt. Vergleichbar dem Sachverhalt jener Entscheidung würde auch im vorliegenden Fall ein klagestattgebendes Urteil den Aufwand der Ermittlung der Preisminderung oder des Verbesserungsaufwands nicht ersparen, ginge man davon aus, die Klägerin und/oder ihre Mit-Wohnungseigentümer würden einen solchen Anspruch geltend machen. Für den Fall eines Verbesserungsbegehrens kommt es dagegen auf die Höhe des Verbesserungsaufwands nur für die Frage der wirtschaftlichen Behebbarkeit an, die im vorliegenden Fall bereits durch das vorliegende SV-Gutachten schlüssig beantwortet wurde. Nach Einlangen dieses SV-Gutachtens konnte die Klägerin über Art und Umfang der Mängel ebensowenig im Unklaren sein wie die Kläger in jenem Verfahren, das mit der E 7 Ob 211/97y (= RdW 1997, 725 = ecolex 1997, 921) endete. Zu Recht berief sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung 6 Ob 28/02i und die darin zitierte Rsp, wonach das rechtliche Interesse an der Feststellung konkreten Gewährleistungsanspruchs fehlt, wenn Art und Umfang der Mängel bekannt sind und nur die Kenntnis der Höhe der Verbesserungskosten oder des objektiven Werts der Leistung ohne Mangel und mit Mangel zur Berechnung des Preisminderungsanspruchs fehlt. Soweit man in der E 1 Ob 166/98p ein Abweichen von dieser Rsp sehen würde, müsste dies als vereinzelt angesehen werden, was für sich allein die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen könnte.

Mit Recht wendet sich die beklagte Partei auch gegen die in der Zulassungsbeschwerde der Revision vertretene Ansicht, das Gewährleistungsbegehren könnte damit begründet werden, dass die Mängel an allgemeinen Teilen der Wohnanlage den Miteigentümern nicht zu einer Beschlussfassung betreffend den Gewährleistungsbehelf vorgelegt habe werden können. Abgesehen davon, dass es nicht angeht, den Umstand, dass die Klägerin offenbar keinen Beschluss der Miteigentümer herbeiführte, zu Lasten des Prozessgegners gehen zu lassen, wurde auch dieser Umstand in erster Instanz nicht zur Begründung eines Feststellungsinteresses iSd § 228 ZPO geltend gemacht, weshalb darauf auch nicht weiter einzugehen ist (vgl. Fasching in Fasching/Konecny2 § 228 ZPO Rz 124 mwN). Ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO an den hilfsweise begehrten Feststellungen macht die Klägerin überhaupt nicht geltend. Entgegen den Ausführungen in der Revision ist dem SV-Gutachten mit hinreichender Deutlichkeit die Beurteilung zu entnehmen, dass die Kosten der Mängelbehebung keineswegs als unwirtschaftlich beurteilt werden könnten. Berücksichtigt man weiter, dass an die Bestimmtheit eines Klagebegehrens zur Durchsetzung von Mängelbehebungsansprüchen keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind (5 Ob 269/02y = MietSlg 54.623), andererseits aber, wie bereits dargelegt, für ein Preisminderungsbegehren eine Ermittlung der Wertdifferenz durch einen SV als unvermeidlich anzusehen ist (vgl. 1 Ob 13/04z), kann in der rechtlichen Beurteilung der zweiten Instanz eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung im Einzelfall nicht erkannt werden.

Die Revision ist demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die beklagte Partei wies in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hin, weshalb diese als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zu beurteilen ist.

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