OGH 6Ob28/02i

OGH6Ob28/02i10.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gert Kleinschuster, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer und Mag. Christian Butter, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Feststellung, hilfsweise auch Mängelbehebung und 250.000 S, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 26. Juli 2001, GZ 2 R 58/01s-14, mit dem das Teilurteil des Landesgerichtes St. Pölten als Handelsgericht vom 27. November 2000, GZ 4 Cg 13/00p-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1000,84 EUR (darin enthalten 166,81 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin betreibt eine Bäckerei. Sie bestellte bei der Ing. Helmut P***** GmbH eine Kistenwaschanlage, die vereinbarungsgemäß von der Beklagten, deren damaliger Firmenname Heidemarie P***** Service GmbH lautete, in der Betriebsstätte der Klägerin montiert wurde. Über das Vermögen der Ing. Helmut P***** GmbH wurde kurz nach Vertragsabschluss der Konkurs eröffnet. Die Anlage wurde am 15. 9. 1998 in Betrieb genommen.

In ihrer am 14. 10. 1999 eingebrachten Klage behauptete die Klägerin, die Anlage habe von Anfang an nicht ordnungsgemäß funktioniert. Die Beklagte habe die Garantie für die gesamte Anlage sowie deren bewegliche Teile für die Dauer eines Jahres, gerechnet ab 15. 10. 1998 und somit bis 14. 10. 1999 übernommen. Die Klägerin habe unzählige Mängel gerügt und die Beklagte zur Behebung aufgefordert. Diese habe aber nur im Rahmen von Wartungsarbeiten kleinere Mängel behoben. Die Klägerin stellte in der Klage die behaupteten Mängel der Anlage im einzelnen dar. Sie erklärte, dass sie es sich vorbehalte, das derzeit auf Mängelbehebung lautende Klagebegehren auf Ersatz der Kosten einer Ersatzvornahme umzustellen oder ein entsprechendes Eventualbegehren zu stellen. In der Klage formulierte sie ihr Begehren dahin, dass die Beklagte die Kistenwaschanlage auf ihre Kosten in einen ordnungsgemäß betriebsfähigen Zustand zu versetzen habe, so insbesondere durch Behebung der in der Klagserzählung beschriebenen und vor allem im Bereich des Bestaplers, Wenders und Entstaplers gelegenen Mängel.

In ihrem am 9. 5. 2000 eingelangten Schriftsatz listete die Klägerin nach einem von ihr eingeholten Sachverständigengutachten abermals eine Vielzahl von Mängeln der Anlage auf. Hiefür habe die Beklagte im Rahmen ihrer vertraglich übernommenen Gewährleistungsverpflichtung einzustehen. Die Klägerin habe das Vertrauen gegenüber der Beklagten verloren und sehe sich veranlasst, die Beseitigung der Mängel im Wege einer Ersatzvornahme durchführen zu lassen. Deren Kosten seien noch nicht abschätzbar. Es sei auch zu erwarten, dass immer neue Mängel und Schäden auftreten. Die Klägerin habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Gewährleistungsverpflichtung für die bisher bereits aufgetretenen und auch für alle künftigen Mängel und Mängelfolgeschäden hafte. Aus diesem Grund, insbesondere wegen der Berechtigung zur Ersatzvornahme, änderte sie ihr Klagebegehren dahin, dass sie die Feststellung begehrte, dass die Beklagte für sämtliche Mängel der Kistenwaschanlage sowie für alle zukünftigen weiteren Mängel, hervorgerufen durch die von der Beklagten zu vertretenden Mängel, hafte. Ihr ursprüngliches Begehren stellte sie nunmehr als Eventualbegehren, bei dem sie zudem anfügte, dass die Beklagte insbesondere auch die in diesem Schriftsatz beschriebenen Mängel zu beheben habe.

In der Tagsatzung am 12. 5. 2000 begründete die Klägerin das Feststellungsinteresse auch damit, dass zunächst abzuklären sei, welche Mängel von der Garantieverpflichtung der Beklagten umfasst seien. Sie stellte nun drei weitere Eventualbegehren, und zwar als zweites Eventualbegehren ein Feststellungsbegehren und als drittes Eventualbegehren ein Verbesserungsbegehren, wobei sie in diesen Begehren die Haftung der Beklagten auf einen Höchstbetrag von 558.000 S beschränkte. Das vierte Eventualbegehren lautet auf Zahlung von 250.000 S. Das letzte Eventualbegehren gründete die Klägerin einerseits auf einen Schadenersatzanspruch, beruhend auf Mehraufwendungen für die Aufrechterhaltung des Betriebes, andererseits auf den Titel der Preisminderung. Die übrigen Klagsansprüche seien "aus dem Garantievertrag heraus" erhoben worden. Die Beklagte beantragte die Abweisung aller Klagebegehren. Sie hafte nur für die Montage der Maschine, für die ein Werklohn von 558.000 S vereinbart worden sei. Die Kistenanlage selbst sei bei der Ing. Helmut P***** GmbH bestellt worden. In diesen Vertrag sei die Beklagte nicht eingetreten. Das Feststellungsbegehren sei verfristet. Es fehle am rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung, weil es der Klägerin, wie sich aus ihren anderen Begehren ergebe, möglich sei, ein Leistungsbegehren zu stellen. Die Eventualbegehren seien unschlüssig.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Hauptbegehren mangels eines Feststellungsinteresses der Klägerin ab. Wie sich aus den Eventualbegehren ergebe, sei es der Klägerin möglich, sowohl die Ursache der Mängel als auch die Möglichkeit deren Behebung zu beurteilen. Zudem seien die Gewährleistungs- und die Garantiefrist bei Erhebung des Feststellungsbegehrens bereits abgelaufen gewesen. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Klägerin, soweit sie Nichtigkeit geltend machte und bestätigte das Teilurteil. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Klägerin habe ihr Feststellungsinteresse nicht dargelegt, weil sie das abgewiesene Hauptbegehren weder mit dem drohenden Ablauf von Gewährleistungsfristen noch damit begründet habe, dass ihr die Beschaffenheit der Mängel oder die Möglichkeit ihrer Behebung nicht bekannt sei. Sie habe im Gegenteil ohnehin die Mängel und die erforderlichen Reparatur- und Verbesserungsarbeiten umfangreich dargestellt und auch ein Verbesserungsbegehren gestellt. Bei der Frage, welche Mängel von der Garantieverpflichtung der Beklagten umfasst seien, handle es sich um eine Vorfrage bei der Prüfung der von der Klägerin erhobenen Leistungsbegehren, die ein Feststellungsbegehren nicht rechtfertigen könnten. Im Übrigen sei das Feststellungsbegehren nicht ausreichend konkretisiert. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 166/98p = EvBl 1999/29 [140] = JBl 1999,

733) ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Feststellung der über die angestrebte konkrete Verbesserung hinausgehenden grundsätzlichen Gewährleistungspflicht des Werkunternehmers bejahe. Die Revision der Klägerin ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsprechung lässt eine Feststellungsklage mit Billigung der Lehre auch zur Wahrung von Gewährleistungsansprüchen nach §§ 933, 1167 ABGB (in der hier anzuwendenden Fassung vor dem seit 1. 1. 2002 in Kraft stehenden Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz) deshalb zu, weil der Gewährleistungsgläubiger aufgrund seiner mangelnden Kenntnis der Ursachen einer unzureichenden Leistungsqualität und deren technischer und wirtschaftlicher Behebbarkeit nicht immer in der Lage ist, die daraus ableitbaren Rechtsfolgen (Wandlung, Preisminderung, Verbesserung, Nachtrag des Fehlenden oder Ersatz der Mängelbehebungskosten) mittels Leistungsklage geltend zu machen (RIS-Justiz RS0018668; 1 Ob 166/98p = EvBl 1999/29 [140] = JBl 1999, 733 [Rieder]). Die Gewährleistungsfristen bezwecken eine rasche Klärung von Streitigkeiten über die zureichende Qualität der erbrachten Leistung. Entscheidend ist, dass über das Vorhandensein des behaupteten Mangels, also über den Tatbestand der Gewährleistung, Gewissheit verschafft wird (RIS-Justiz RS0018858). Sind Art und Umfang der Mängel bekannt und fehlt nur die Kenntnis der Höhe der Verbesserungskosten oder des objektiven Wertes der Leistung ohne Mangel und mit Mangel zur Berechnung des Preisminderungsanspruches, besteht kein rechtliches Interesse an der Feststellung des konkreten

Gewährleistungsanspruches (5 Ob 536/89 = ecolex 1990, 346; 7 Ob

211/97y = RdW 1997, 725; zustimmend Riedler, JBl 1999, 735). Hat der Gewährleistungsgläubiger das volle Entgelt bereits entrichtet, so liegt es an ihm, die Rückzahlung des Minderungsbetrages aufgrund eigener Einschätzung zu fordern (7 Ob 211/97y).

Es ist zwar richtig, dass das rechtliche Interesse an einer Feststellungsklage im drohenden Ablauf von Fristen liegen kann und dass die Erhebung einer Feststellungsklage die Gewährleistungsfrist, allerdings bloß bezüglich der behaupteten Mängel, wahrt (6 Ob 591/89). Auf ein solches Feststellungsinteresse kann sich die Klägerin aber nicht berufen, weil nach ihrem Vorbringen sowohl die gesetzliche sechsmonatige Gewährleistungsfrist als auch die einjährige Garantiefrist im Zeitpunkt der Erhebung des Feststellungsbegehrens (am 9. 5. 2000) längst abgelaufen waren. Mit dem Feststellungsbegehren könnte daher überhaupt nur die Feststellung der Gewährleistungspflicht der Beklagten für jene Mängel erreicht werden, die in der am 14. 10. 1999 eingebrachten Klage aufgelistet und deren Behebung dort begehrt wurde. Selbst wenn die nach den Behauptungen der Klägerin einige Male und nach ihrem Vorbringen zuletzt am 12. 10. 1999 vorgenommene Wartung der Anlage durch Monteure der Beklagten als Verbesserungsversuche der im Klagebegehren genannten Mängel zu qualifizieren wären (aus dem Sachverhaltsvorbringen der Klägerin ergibt sich nicht konkret, welche Mängel die Beklagte zu beheben versucht haben soll), wäre die allenfalls mit den vergeblichen Verbesserungsversuchen erneut einsetzende sechsmonatige Gewährleistungsfrist bei Erhebung des Feststellungsbegehrens bereits abgelaufen. Nach dem 14. 10. 1999 auftretende Mängel sind von der Gewährleistungs- oder Garantiepflicht der Beklagten nicht mehr umfasst, und zwar ohne Unterschied, ob diese Mängel bereits im Zeitpunkt des Gefahrenüberganges latent vorhanden waren und ob sie auf eine mangelhafte Werkleistung der Beklagten zurückzuführen sind (6 Ob 178/01x).

Auf die bereits oben zitierte Entscheidung 1 Ob 166/98p kann sich die Klägerin schon deshalb nicht mit Erfolg beziehen, weil dort das Begehren auf Feststellung der Gewährleistungspflicht des Gegners noch innerhalb der Gewährleistungsfrist erhoben und erst später zusätzlich ein ganz konkretes Verbesserungsbegehren erhoben wurde. Im Verbesserungsbegehren wurde nicht bloß ein Mangel bezeichnet, sondern die durchzuführenden Arbeiten zur Behebung des Mangels im Einzelnen und bis ins Detail aufgelistet. Deshalb bejahte der Oberste Gerichtshof dort ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des ursprünglich gestellten Feststellungsbegehrens über die vorerst bloß angestrebte konkrete Verbesserung, um dem Kläger bei Misslingen der konkret begehrten Verbesserung auch einen anderen Gewährleistungsanspruch zu wahren. Im Übrigen betonte der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf Rechtsprechung und Lehre auch in dieser Entscheidung, dass der Gewährleistungskläger einen rechtzeitig geltend gemachten Gewährleistungsanspruch grundsätzlich auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist durch einen anderen ersetzen kann und dies auch bei Geltendmachung des Gewährleistungsrechts durch Klage gilt, sofern die Klage nur fristgerecht und auf den Mangel gestützt eingebracht wurde. Zudem hat die Klägerin bereits die Umstellung ihres Begehrens auf Ersatz der Verbesserungskosten angekündigt und auch ein Zahlungsbegehren, das sie ua auf Preisminderung stützte, gestellt. Dass sie sich nicht im Stande fühlt, die Kosten der Ersatzvornahme oder das Preisminderungsbegehren abschließend zu beziffern, rechtfertigt nach der oben dargestellten Rechtsprechung kein Feststellungsbegehren. Abgesehen von der Frage der Bestimmtheit des abgewiesenen Feststellungsbegehrens ist in der Verneinung des Feststellungsinteresses durch die Vorinstanzen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zu erkennen. Ein Widerspruch zur Entscheidung 1 Ob 166/98p, auf die das Berufungsgericht seinen Zulässigkeitsausspruch gründete, liegt nicht vor, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar sind, wie bereits dargelegt wurde.

Die Revision der Klägerin war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Da die Revisionsbeantwortung der Beklagten primär die Zurückweisung der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage beantragt und diesen Antrag begründet hat, hat der Kläger die Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß den §§ 41 und 50 ZPO als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig zu ersetzen.

Stichworte