OGH 6Ob289/05a

OGH6Ob289/05a9.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Doz. Dr. Kodek und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Renner und Dr. Gerd Höllerl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei P***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien, wegen 123.543,82 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. August 2005, GZ 12 R 85/05s-37, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Umfang der Sorgfaltspflichten des Rechtsanwaltes hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und kann schon deshalb in aller Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellen (RIS-Justiz RS0026458; zuletzt 2 Ob 25/03w). In der Rechtsansicht der Vorinstanzen, weder die angebliche Dringlichkeit noch der Umstand, dass Ing. R***** Geschäftsführer aller drei beteiligten Gesellschaften war, erübrige einen Hinweis auf das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Aufgriffsrecht eines Gesellschafters, ist jedenfalls eine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalles nicht zu erblicken.

2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, bis zum Verzicht oder zur Nichtausübung des Aufgriffsrechts oder bis zur Zustimmungserklärung des Aufgriffsberechtigten entfalte ein Abtretungsverbot absolute Wirkung, sodass solche Geschäftsanteile bis dahin unverändert dem Veräußerer zustehen, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SZ 65/60; vgl auch SZ 73/33). Damit erfolgte aber die Eintragung der Klägerin als Gesellschafterin der W***** GmbH im Firmenbuch materiell zu Unrecht. Eine derartige materiell unrichtige und gemäß § 10 Abs 2 FBG jederzeit zu löschende (vgl G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 10 Rz 20 ff) Eintragung begründete aber jedenfalls keine dem angestrebten Erwerb der Gesellschafterstellung entsprechende vermögenswerte Rechtsposition. Der Hinweis der beklagten Partei auf § 78 GmbHG geht daher ins Leere.

3. Der eingetretene Schaden liegt im vorliegenden Fall in der Zahlung des Preises für die abgetretenen Gesellschaftsanteile, weil nach dem Gesagten aufgrund des Aufgriffsrechtes deren Erwerb nicht möglich war. Die - wenn auch nur implizierte - Bejahung der Kausalität des Sorgfaltsverstoßes der beklagten Partei für den Eintritt dieses Schadens durch die Vorinstanzen lässt gleichfalls keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung erkennen.

4. Das Berufungsgericht stützt seine rechtliche Beurteilung, wonach die Klägerin nicht Gesellschafterin der W***** GmbH wurde, primär auf die im Vorigen wiedergegebene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Die Richtigkeit der bloß hilfsweise herangezogenen Begründung des Berufungsgerichtes, die fehlende Gesellschaftereigenschaft der Klägerin ergebe sich auch aus dem zu 10 Cg 225/00g des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien ergangenen Anerkenntnisurteil, wirft daher keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf.

5. Wenn das Berufungsgericht das Vorbringen der beklagten Partei, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob ein Abretungspreis von S 1,700.000 „tatsächlich geflossen" sei (AS 6); ihr selbst sei nur ein Betrag von

S 4,150.000 zugekommen, dahingehend würdigte, dass damit die nach dem Prozessstandpunkt der klagenden Partei nicht an die beklagte Partei erfolgte Zahlung des Klagsbetrages iSd § 267 ZPO zugestanden wurde, handelt es sich dabei gleichfalls um keine im Sinne der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung (vgl 6 Ob 141/99z). Auch die Frage, ob die Zahlung des Klagsbetrages ausreichend deutlich vorgebracht wurde, ist eine Frage des Einzelfalles, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828).

6. Der Verweis auf den der Urkunde Beilage ./10 angeblich zu entnehmenden „ausdrücklich erklärten Verzicht des Dipl. Ing. W***** auf die Geltendmachung des Aufgriffsrechts" vermag einerseits keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen und steht andererseits im Widerspruch zu den Feststellungen des Erstgerichtes (S 16 f der Urteilsausfertigung) und dem Wortlaut der zitierten Urkunde, wonach sich Dipl. Ing. W***** an den seinerzeit angebotenen Verzicht auf die Geltendmachung des Aufgriffsrechts nicht mehr gebunden erachtet.

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