OGH 11Os137/05i

OGH11Os137/05i31.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander B***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Juli 2005, GZ 6 Hv 59/05h-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (gegen den Ausspruch über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet. Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander B***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er von 1997 bis 22. November 1999 in Graz und anderen Orten Österreichs sowie auch im Ausland (Griechenland) in wiederholten Angriffen mit seiner am 23. November 1985 geborenen, sohin unmündigen, Schwester Claudia B***** teils den Beischlaf, teils eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung (Analverkehr) unternommen hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher indes keine Berechtigung zukommt.

Die Beiziehung eines psychologisch-psychiatrischen Sachverständigen zur Glaubwürdigkeitsbeurteilung eines Zeugen, wie sie hier der Beschwerdeführer in Bezug auf das Tatopfer beantragte, kommt nur ausnahmsweise in ganz besonderen Fällen, etwa bei festgestellter abwegiger Veranlagung des Zeugen in psychischer oder charakterlicher Hinsicht, bei Entwicklungsstörungen Heranwachsender oder sonst konkret erheblichen Bedenken gegen seine allgemeine Wahrnehmungs- oder Wiedergabefähigkeit oder doch gegen seine (vom Einzelfall unabhängige) Aussageehrlichkeit schlechthin in Betracht (vgl EvBl 1983/18; 12 Os 1/72, 11 Os 121/86, 11 Os 157/98, 13 Os 26/04). Solche Umstände liegen dem Beweisantrag, der lediglich auf (Anschuldigungen gegenüber dem Angeklagten nur teilweise enthaltende) Tagebuchaufzeichnungen Claudia B*****s verweist und deren von Zeugen bekundetem Hang, sich durch Übertreibungen und - zeitweise - durch Unwahrheiten in den Mittelpunkt zu stellen, nicht vor, weshalb die begehrte Beweisaufnahme, die solcherart einem unzulässigen Erkundungsbeweis gleichkommt, zu Recht abgelehnt wurde. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die angemeldete Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ist nach dem Gesetz im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen; sie war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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