Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung angeordnet werden.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Juli 1966 geborene Operator Heinrich Leopold P*** des Vergehens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 17.Oktober 1984 in Wien Andrea S*** dadurch, daß er sie von hinten erfaßte, festhielt und ihr den Mund zuhielt, die persönliche Freiheit entzogen zu haben.
Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
Den Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf
"1. Einvernahme der Trixi I*** (richtig: J***), Salistraße, zum Beweis dafür, daß die Aussage der Andrea S*** hinsichtlich des Hundes der Trixi (J)I*** unrichtig ist;
2. Einholung eines psychiatrischen Gutachtens über die Andrea S*** zum Beweis dafür, daß die Angaben der Zeugin zumindest hinsichtlich der Angaben des Angeklagten unrichtig sind und zur Feststellung des psychischen Zustandes der Zeugin Andrea S*** zur Tatzeit und auch jetzt;
3. Anfrage an ORF zum Beweis dafür, daß der Kinofilm 'Auf der Fährte des Adlers' vor der Tatzeit 17.10.1984 nicht gesendet wurde und allenfalls wann dieser Film das letzte Mal gesendet wurde, auch im Kabelfernsehen;
4. Beischaffung der Schulnachrichten hinsichtlich der Andrea S*** zum Beweis dafür, daß die Angaben unrichtig sind hinsichtlich der hier angeklagten Tat und Andrea S*** schon vorher Angaben gemacht hat, aus der hervorgeht, daß sie nicht wahrheitsliebend ist" (S 222 f).
Das Erstgericht begründete sein abweisendes Zwischenerkenntnis (mit Ergänzungen im Urteil - S 237 f) damit, daß die Frage, ob Trixi J***, die Freundin der Zeugin Andrea S***, einen Dackel besaß, mit dem Sachverhalt nichts zu tun habe und nichts zur Wahrheitsfindung beitragen könne, ein psychiatrisches Gutachten zum benannten Thema "wahrsagerische Fähigkeiten" beim Sachverständigen voraussetzen würde, auch eine in bezug auf die Wahrheitsliebe der Andrea S*** ungünstige Schulnachricht auf Grund des in diesem Verfahren gewonnenen persönlichen Eindruckes von dieser Zeugin zu keiner anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben führen würde und letztlich auch der Umstand, daß es am 17.Oktober 1984 erstmals möglich war, den Film "Auf der Fährte des Adlers" im TV auf österreichischem Gebiet zu sehen, nicht auszuschließen vermöchte, daß der Angeklagte diesen Film bereits zuvor im Kino oder als Videoaufnahme gesehen haben könnte.
Was dagegen in der Beschwerde vorgebracht wird, schlägt nicht durch.
Die Unentbehrlichkeit der erstangeführten Beweisaufnahme versucht der Beschwerdeführer daraus abzuleiten, daß Andrea S*** den Vorfall "erst nach einiger Zeit ihren Eltern gestanden hat" und daß sie sich "davor scheute, ihren Eltern, insbesondere ihrer Mutter, von diesem Vorfall zu erzählen". Bei dieser zögernden Haltung "liege der Verdacht nahe, daß Andrea S*** für den Vorfall einfach einen Schuldigen finden mußte". Damit gründet aber der Beschwerdeführer die Relevanz der Beweisführung auf Spekulationen, die der Aktenlage eindeutig widersprechen. Denn nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen Helmut und Martha S***, die auch mit den übrigen Verfahrensergebnissen im Einklang stehen, besprach die Zeugin Andrea S*** bereits kurz nach der Tat (noch am selben Abend - siehe S 139, aber auch S 138) das Vorgefallene ausführlich mit ihrer Mutter. Der Argumentation des Beschwerdeführers mangelt es also an der zur prozeßordnungsgemäßen Geltendmachung einer Urteilsnichtigkeit erforderlichen Aktentreue. Dazu kommt, daß die Art der Antragstellung und die Berücksichtigung der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Abgabe der Prozeßerklärung das Verlangen des Verteidigers - zumal es jeglichen Hinweis darauf vermissen läßt, woher der Antragsteller Kenntnis von der behaupteten Unrichtigkeit jener Detailschilderung haben konnte - als auf die Aufnahme eines (unzulässigen) Erkundungsbeweises gerichtet charakterisieren.
Den weiteren Verfahrensrügen, betreffend die Einholung einer Schulnachricht über Andrea S*** und die Anfrage an den ORF, ist zu erwidern, daß jene Tatsachen, deren Richtigkeit durch die begehrte Beweisaufnahme dargetan werden sollte, vom Schöffengericht in den Urteilsgründen - zumindest implicite - ohnedies als erwiesen behandelt wurden (siehe insbesondere S 237 f).
Die Beurteilung der Beweiskraft einer Zeugenaussage schließlich kommt allein dem erkennenden Gericht zu (§ 258 Abs 2 StPO). Die Heranziehung eines Psychiaters in diesem Zusammenhang kann nur in Ausnahmefällen, etwa bei festgestellter abwegiger Veranlagung in psychischer oder charakterlicher Hinsicht, Entwicklungsstörungen oder sonstigen Defekten, für die Würdigung der Aussage von Nutzen sein (siehe Gebert-Pallin-Pfeiffer ENr. 21 a, 21 cc zu § 281 Z 4 StPO). Vorliegend wurden solche Voraussetzungen jedoch weder im Beweisantrag dargetan, noch sind sie im Verfahren auf andere Weise zutage getreten.
Mithin wurde der Beschwerdeführer durch die Ablehnung der genannten Beweisanträge in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt.
Der behauptete Verfahrensmangel liegt somit nicht vor. Unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit des Urteils nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wird dem Erstgericht vorgeworfen, bei der Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe die Zeugin Andrea S*** ersucht, "ihm bei der Suche nach seinem Hund, welcher ein acht Wochen alter Rauhaardackel sei und Waldi heiße, behilflich zu sein" (S 230), einen Umstand verwertet zu haben, der im Beweisverfahren nicht hervorgekommen, bzw. erörtert worden sei. Von einem Rauhaardackel namens "Waldi" sei im ganzen Verfahren nicht die Rede gewesen.
Damit setzt sich der Beschwerdeführer über die ausdrücklich auch diese Details bekundenden Angaben der Zeugin Andrea S*** hinweg (siehe S 17 und auch S 107). Diesem Vorbringen mangelt daher gleichfalls die zu seiner Eignung als Mängelrüge erforderliche Aktentreue.
In der unterbliebenen Erörterung der Angaben des Zeugen Lothar S*** kann aber eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung umso weniger erblickt werden, als auch der in der Beschwerdeschrift genannte Wohnort dieses Zeugen für sich allein noch keinen Tatzusammenhang zu indizieren vermag.
Auch die geltend gemachten Begründungsmängel liegen somit nicht vor.
Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde teils gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet, teils nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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