Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei EUR 665,66 (darin EUR 110,94 Umsatzsteuer) und den zweit- und drittbeklagten Parteien EUR 732,23 (darin EUR 122,04 Umsatzsteuer) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt mit seiner am 12. 2. 2004 erhobenen Klage die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden, Aufwendungen und Nachteile, die sich aus dem an ihm vom 14. 1. 1998 bis zum 22. 1. 1998 durchgeführten medizinischen Versuch und aus der nachfolgenden Fehlbehandlung ergeben haben oder in Zukunft ergeben werden. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab, weil der Kläger spätestens ab Jänner 1999 für eine Klageführung hinreichende Kenntnis von Schaden und Schädiger gehabt habe. Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision im Hinblick darauf als zulässig, weil es hier - anders als in den bisher entschiedenen Fällen - um etwaige Fehler im Rahmen eines medizinischen Versuchs gehe.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage die in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der Ausführungen des Revisionswerbers, wegen des ungerechtfertigten Ausschlusses der Öffentlichkeit liege ein Nichtigkeitsgrund vor, den die zweite Instanz nicht behandelt habe, sind unverständlich. Weder ist aus dem Akteninhalt ersichtlich, dass die Öffentlichkeit in erster Instanz ausgeschlossen wurde, noch hat der Kläger eine auf einen solchen Ausschluss gestützte Nichtigkeitsberufung erhoben. Richtig ist lediglich, dass der Erstbeklagte den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragte, weil der Kläger seine Zustimmung zur Vorlage seiner Krankengeschichte und anderer medizinischer Unterlagen verweigerte und die Beklagten auf diese Weise die Einsicht in diese Beweismittel ermöglichen wollten. Zu einem Ausschluss der Öffentlichkeit ist es aber in der Folge nicht gekommen. Nach der vom Berufungsgericht richtig wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 1489 ABGB verjähren Schadenersatzansprüche in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte den Schaden und den Ersatzpflichtigen soweit kennt, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann. Der maßgebende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch soweit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten. Allerdings darf der Geschädigte mit der Klagseinbringung nicht solange zuwarten, bis er den Rechtsstreit (mit Sicherheit) zu gewinnen glaubt (RIS-Justiz RS0034524; SZ 2003/154; zuletzt etwa 10 Ob 25/05g; M.Bydlinski in Rummel³ § 1489 Rz 3). Kommt jemand durch einen ärztlichen Kunstfehler zu Schaden beginnt die Verjährung nicht zu laufen, solange die Unkenntnis, dass es sich um einen Kunstfehler handelt, andauert, mag auch der Schaden und die Person des Schädigers bekannt sein (M.Bydlinski in Rummel³ § 1489 Rz 3 und die dort angeführten Nachweise aus der Rechtsprechung). In solchen Fällen beginnt daher die Verjährungsfrist erst dann, wenn der Geschädigte - etwa durch ein Sachverständigengutachten - die notwendige Kenntnis erlangt.
Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Beurteilung, wann die notwendige Kenntnis im Sinn des § 1489 ABGB konkret eintritt, ist ebenso wie die Frage, wo die Grenzen der Erkundigungspflicht des Geschädigten liegen (SZ 69/251; RIS-Justiz RS0113916), stets von den Umständen des Einzelfalles abhängig und entfaltet in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung (10 Ob 25/05g; 10 Ob 189/02w mwN). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im hier zu beurteilenden Fall die Verjährung von Ansprüchen aus Anlass der Folgen eines medizinischen Versuchs zu beurteilen ist, weil auch in diesem Fall die Frage der Kenntnis iSd § 1489 ABGB nicht nach anderen Kriterien zu prüfen ist, als sonst. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung liegt in dieser Beurteilung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn eine unvertretbare Fehlbeurteilung der zweiten Instanz vorliegt, was hier jedoch nicht der Fall ist.
Die vom Kläger behaupteten Beschwerden sind nach seinem Vorbringen unmittelbar nach seiner Teilnahme am Versuch aufgetreten. In seiner Auffassung, zwischen seinen Beschwerden und dem seiner Ansicht nach fehlerhaft durchgeführten Versuch bestehe ein Kausalzusammenhang, wurde der Kläger nicht nur durch den vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Arztbrief des Univ. Prof. DDr. G***** vom 25. 1. 1999 sondern vor allem auch durch die Diagnose der Universitätsklinik für Neurologie Graz im März 1999 bestärkt, die ebenfalls - und zwar nicht eingeschränkt auf das dem Kläger verabreichte Protein - einen Kausalzusammenhang zwischen dem Versuch und seinen Beschwerden herstellte. Ob - wie der Kläger nunmehr in seiner Revision meint - das Berufungsgericht die beiden ihm im Rahmen des Versuchs verabreichten Substanzen in ihren Auswirkungen und in ihrer Beurteilung durch die Gutachter verwechsle, ist nicht entscheidend, weil jedenfalls der Zusammenhang zwischen den im Rahmen des Versuchs verabreichten Substanzen und den behaupteten Beschwerden klar war. Die Meinung des Berufungsgerichtes, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf bloße Mutmaßungen angewiesen war, ist daher nicht unvertretbar. Demgemäß hat der Kläger bereits am 6. 4. 1999 von der Zweitbeklagten - unter Hinweis auf ihre Stellung als Versicherungsnehmerin der Drittbeklagten und mit der Behauptung einer Überdosierung oder einer unreinen Verabreichung des Choleraeiweißes - unter Androhung gerichtlicher Schritte die Anerkennung ihrer Haftung verlangt. Dass die Zweitbeklagte in der Folge - auch unter Hinweis auf von ihr eingeholte Sachverständigengutachten - jede Haftung ablehnte, ändert am Beginn des Laufs der Verjährungsfrist nichts. Dass der in Anspruch genommene Haftpflichtige seine Haftung bestreitet, kann nicht dazu führen, dass die Verjährungsfrist trotz der für eine Klageführung ausreichenden Kenntnis des Geschädigten nie zu laufen beginnt.
Dass der Kläger - wie er behauptet hat - über die möglichen Wirkungen des Choleratoxins nicht aufgeklärt wurde, musste ihm naturgemäß von vornherein bekannt sein. Eine Aufklärung über das von ihm ins Treffen geführte Merkblatt aus dem Jahr 2000 war im Jahr 1998 begrifflich nicht möglich. Im Übrigen hat er über den Zeitpunkt, zu dem er von diesem Merkblatt Kenntnis erlangt hat, keine konkreten Angaben gemacht. Dass dies „2001" gewesen sei, besagt nicht zwingend, dass selbst von diesem Zeitpunkt an die Klageführung rechtzeitig gewesen wäre.
Dass die Verjährungsfrist erst mit der schriftlichen Ablehnung der Ansprüche des Klägers im Oktober bzw. Dezember 1999 zu laufen begonnen habe, trifft nicht zu. Derartiges ergibt sich auch nicht aus der - überdies erst mit der ÄrzteG-Novelle BGBl I Nr. 110/2001 eingefügten - Bestimmung des § 58a Abs 1 ÄrzteG, nach der bei schriftlicher Geltendmachung der Ersatzforderung des Geschädigten die Verjährungsfrist von jenem Tag an gehemmt ist, an dem einer der in der zitierten Bestimmung genannten Personen schriftlich erklärt hat, zur Verhandlung über eine außergerichtliche Regelung der Angelegenheit bereit zu sein. Dass eine solche Erklärung abgegeben wurde, steht nicht fest. Zum Zeitpunkt der am 10. 7. 2002 erfolgten Einleitung des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle der Ärztekammer war nach der keineswegs unvertretbaren Rechtsauffassung der zweiten Instanz die Verjährungsfrist bereits abgelaufen, sodass die in § 58a Abs 1 ÄrzteG normierte Hemmungswirkung dieses Verfahrens nicht mehr zum Tragen kommen konnte.
Die vom Kläger vermissten Feststellungen über nähere Details seiner Krankheit und deren Folgen sind für die Verjährungsfrage entbehrlich, weil nach seinem Vorbringen sein (Primär-)Schaden schon unmittelbar nach der Teilnahme am Versuch eingetreten ist und daher die Verjährungsfrist auch für künftig eintretende Folgeschäden zu laufen begonnen hat (näher M.Bydlinski in Rummel³ § 1489 Rz 3). Zum Einwand, dass der Kläger die Identität der Drittbeklagten bzw ihre Rolle als potentiell Haftpflichtige erst seit kurzer Zeit kenne, hat schon das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass der Kläger schon in seinem ersten Anspruchsschreiben - also fast fünf Jahr vor der Klageerhebung - die Zweitbeklagte ausdrücklich in ihrer Rolle als Haftpflichtversicherer der Drittbeklagten in Anspruch genommen hat. Das - immer nur als bloße Vermutung formulierte - Vorbringen, es sei dem Kläger nicht bekannt, ob alle vorgeschriebenen Schritte eingehalten bzw Meldungen erstattet wurden, ist nicht geeignet, den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hinauszuschieben. Da die Revisionswerberin somit keine iS des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründen sich auf die §§ 41, 50 ZPO; die Beklagten haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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