OGH 10Ob25/05g

OGH10Ob25/05g12.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Nader Karl Mahdi, Rechtsanwalt in Wattens, gegen die beklagte Partei Dr. Werner R*****, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 981.758,77 sA und Feststellung (EUR 15.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2004, GZ 4 R 167/04x-19, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 1489 ABGB verjähren Schadenersatzansprüche in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte den Schaden und den Ersatzpflichtigen soweit kennt, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann. Diese Kenntnis des Geschädigten muss den gesamten anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen. Dazu gehört die Kenntnis des Kausalzusammenhanges zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten sowie - in Fällen der Verschuldenshaftung - die Kenntnis jener Umstände, die ein Verschulden des Schädigers begründen. Der maßgebende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch soweit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten. Bloße Mutmaßungen über die angeführten Umstände genügen hingegen nicht. Hat der Geschädigte als Laie keinen Einblick in die einen Verschuldensvorwurf tragenden Umstände, so wird die Verjährung nicht in Gang gesetzt. Der Geschädigte darf sich aber nicht einfach passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, dass er von den für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung wesentlichen Tatsachen eines Tages zufällig Kenntnis erlangt. Kann er diese Umstände ohne nennenswerter Mühe in Erfahrung bringen, so gilt die Kenntnisnahme schon in dem Zeitpunkt als erlangt, in dem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre. Dabei ist auf die Umstände des konkreten Falles abzustellen. Es ist aber auch zu berücksichtigen, ob dem Geschädigten ein präsumtiver Schädiger bereits bekannt ist oder ob mehrere Personen als Schädiger in Betracht kommen. Diese Erkundigungspflicht, die sich auf die Voraussetzungen einer erfolgversprechenden Anspruchsverfolgung schlechthin, daher nicht nur auf die Person des Schädigers erstreckt, darf aber nicht überspannt werden (1 Ob 13/04z; 7 Ob 93/02f; 10 Ob 189/02w; 7 Ob 249/01w; 1 Ob 64/00v = SZ 74/14 jmwN). Allerdings darf der Geschädigte mit der Klagseinbringung nicht solange zuwarten, bis er den Rechtsstreit (mit Sicherheit) zu gewinnen glaubt (1 Ob 13/04z; SZ 68/238 ua). Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Beurteilung, wann die notwendige „Kenntnis" im Sinn des § 1489 ABGB konkret eintritt, ist ebenso wie die Frage, wo die Grenzen der Erkundigungspflicht des Geschädigten liegen (SZ 69/251; RIS-Justiz RS0113916), stets von den Umständen des Einzelfalles abhängig und entfaltet in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung (10 Ob 189/02w mwN). Nach ständiger Rechtsprechung ist in einem solchen Fall nur dann eine erhebliche Rechtsfrage zu bejahen, wenn eine unvertretbare Fehlbeurteilung der zweiten Instanz vorliegt, was hier jedoch nicht der Fall ist. Wenn auch die vormalige U***** & D***** Bauträger GmbH (im Folgenden: Zedentin) kein Laie auf dem Gebiet des Bauwesens war, ist der Revisionswerberin darin zu folgen, dass der Zedentin die erforderliche Sachkenntnis auf dem Gebiet der Bauakustik jedenfalls fehlte, was schon daraus hervorgeht, dass sie sich des Beklagten als Fachmannes für dieses Gebiet bediente. Die Zedentin wusste jedoch bereits Ende des Jahres 1997, dass es in einzelnen Wohnungen zu unzumutbaren Lärmbelästigungen kam, welche von dem in diesem Wohn- und Geschäftsgebäude ebenfalls untergebrachten Veranstaltungssaal einer Marktgemeinde sowie von einer Diskothek ausgingen. Als mögliche Ursachen für die unzumutbare Lärmbelästigung kamen eine fehlerhafte Planung des Beklagten oder eine fehlerhafte Bauausführung in Betracht, wobei von vornherein in erster Linie eine fehlerhafte Planung des Beklagten als Schadensursache möglich erschien, zumal der Beklagte gegenüber der Zedentin bestätigt hatte, dass alle von ihm für erforderlich gehaltenen Baumaßnahmen umgesetzt worden waren. Der Zedentin war auch bereits im Februar 1998 auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Beklagten bekannt, dass der im Veranstaltungszentrum gemessene Lautstärkepegel von 96 dBA zu einem unzumutbaren Reststörpegel unter anderem auch in der Wohnung Top 9 führt. Die Zedentin hat dem Beklagten daraufhin bei einer Besprechung am 19. 2. 1998 einen Planungsfehler vorgeworfen, weil der Beklagte seinen Berechnungen einen mit 90 dBA zu niedrig angesetzten Betriebspegel zugrundegelegt habe. Es kann im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben, ob, wie das Berufungsgericht meint, die Zedentin damit bereits im Februar 1998 hinreichenden Einblick in die für das Verschulden des Beklagten maßgeblichen Zusammenhänge gehabt habe und daher die Klagserhebung gegen den Beklagten bereits damals nicht als unzumutbar angesehen werden könne.

Als in der Folge Wohnungseigentümer auf ihr Rücktrittsrecht bzw ihre Gewährleistungsansprüche wegen unzumutbarer Lärmbelästigung hinwiesen, beauftragte die Zedentin einen Zivilingenieur für Bauwesen, Lärmursachen auszumachen und gegebenenfalls Sanierungsmaßnahmen zu erarbeiten. Der Privatgutachter stellte wiederum erhebliche Lärmstörungen fest, vertrat aber unter Hinweis auf mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Lärmsituation die Ansicht, es könne aufgrund der durchgeführten stichprobenartigen bauakustischen Messungen und Beurteilung der Bauweise angenommen werden, dass der Schallschutz der untersuchten Wohnhausanlage den Anforderungen der zum Zeitpunkt der Baubewilligung geltenden technischen Bauvorschriften für Tirol und der ÖNORM B 8115 entspreche. Die Prüfung allfälliger dem Beklagten konkret anzulastender Fehler war jedoch nicht Gegenstand dieses Privatgutachtens.

Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Zedentin hätte sich jedenfalls im Sommer 1999, nachdem die vom Privatgutachter vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Lärmsituation keine Wirkung gezeitigt und Wohnungseigentümer bereits die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen unzumutbarer Lärmbelästigung eingebracht hatten, nicht weiter passiv verhalten dürfen, sondern hätte allenfalls unter Beiziehung sachkundiger Berater mehr über die genauen Ursachen der Lärmbelästigungen und damit auch über den Verursacher in Erfahrung bringen müssen, ist durchaus vertretbar. Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass bereits im Aufforderungsschreiben dieser Wohnungseigentümer vom 28. 4. 1999 an die Zedentin (Beilage III) ausdrücklich auf das Ergebnis eines Privatgutachtens Bezug genommen wurde, wonach im Bereich des Veranstaltungssaales im Zuge der Bauausführung keine geeigneten Maßnahmen zur Lärmeindämmung vorgesehen bzw realisiert worden seien, und der Zedentin die Vereinbarung eines Gesprächstermines auch mit dem Privatgutachter angeboten wurde. Ab diesem Zeitpunkt war die Zedentin gewiss dazu verhalten, entsprechende Erkundigungen einzuziehen, um die Verjährung ihrer Ansprüche hintanzuhalten. Dieser Verpflichtung ist sie jedoch nicht nachgekommen. Wenn das Berufungsgericht - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgehend - der Zedentin unter diesen Umständen eine Verletzung der Erkundigungspflicht angelastet hat, weshalb die Verjährung nicht erst mit der Kenntnis der Zedentin von dem im Verfahren mit den Wohnungseigentümern eingeholten Sachverständigengutachten vom 11. 10. 2000 begonnen habe, so hat es damit die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes nicht überschritten, sodass in diesem Zusammenhang und auch in den übrigen Rechtsmittelausführungen eine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Rechtsfrage nicht aufgezeigt wird.

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Stichworte