Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Sachbeschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass er als Teilsachbeschluss zu lauten hat:
„Dem Rekurs des Antragstellers wird nicht Folge gegeben."
Im Umfang der Entscheidung über den Rekurs der Antragsgegnerin wird der angefochtene zweitinstanzliche Sachbeschluss zur neuerlichen Entscheidung durch das Rekursgericht aufgehoben.
Text
Begründung
Der Antragsteller hatte von der Antragsgegnerin mit Mietvertrag vom 4. 5. 1993 die Wohnung Top Nr. 5 im Haus *****, mit einer Fläche - nach Erweiterung - von 238 m² beginnend ab 1. 5. 1993 gemietet. Laut Mietvertrag soll die Wohnung die Ausstattungskategorie A aufweisen und nach Punkt I. des Mietvertrags haben Vermieter und Mieter den Zustand des Mietgegenstands nach Begehung dahin festgestellt, dass u. a. die Gasinstallationen für „in ordnungsgemäßem Zustand" befunden wurden.
Die Wohnung liegt in guter, zentrumsnaher Wohnlage mit Versorgungsmöglichkeiten in nächster Nähe und entsprechender Verkehrslage. Der angemessene Hauptmietzins für das Objekt betrug zur Zeit der Anmietung 19.000 Schilling. Der Antragsteller erhielt bis 6/99 monatlich 20.625 Schilling und ab 7/99 16.737 Schilling als Nettohauptmietzins vorgeschrieben.
Zur Zeit der Anmietung war das Badezimmer des Objekts ein kleiner, durch die Küche begehbarer Raum ohne Fenster nach außen mit einer Oberlichte in die Küche. Die Entlüftung erfolgte über eine mit einem Gitter versehene Öffnung direkt in den Kamin; ein Ventilator war nicht vorhanden. Das Bad hatte einen Terrazzoboden, welcher bei Anmietung stellenweise zerbrochen war.
Die Wohnung verfügte über eine Gasheizung, welche für die Beheizung der gesamten Wohnung zu schwach war; Bad, Küche, Vorraum und Dienstbotenzimmer waren damit jedenfalls nicht beheizbar. Die Zimmer hatten einen alten, leicht beschädigten Parkettboden, welcher vom Vormieter mit Linoleum überdeckt worden war. In der Küche befanden sich ein Terrazzoboden bzw Steinfliesen. Der Boden in der Küche war gesprungen.
Die elektrischen Leitungen waren funktionsfähig und geerdet, - soweit noch in der Wand verlegt - aber veraltet und nicht dem Stand der Technik entsprechend; teilweise waren noch Stoffkabel vorhanden. Die Gasleitung war undicht.
Die mangelhaften Elektro- und Gasleitungen hat der Antragsteller nicht gerügt.
Die Erneuerung der Gasleitungen erforderte 1993 bei Verlegung ober Putz 20.700,72 Schilling und bei Verlegung unter Putz 34.164,72 Schilling.
Der Antragsteller wendete fast 1 Mio. Schilling für die Adaptierung der Wohnung auf; darin sind auch die Kosten für die vom Antragsteller durchgeführte Erneuerung der Gasleitungen und der Verfliesung des Badezimmers enthalten. Ein Großteil der Kosten diente zur Gestaltung der Wohnung nach den Wünschen des Antragstellers.
Der Antragsteller brachte zu seinem Mietzinsüberprüfungsbegehren - zusammengefasst - vor, die Wohnung habe bei Anmietung keine zeitgemäße Badegelegenheit geboten und die Heizung sei zu schwach gewesen, um die gesamte Wohnung zu beheizen. Die Wohnung sei an sich in die Ausstattungskategorie C einzuordnen, wegen der undichten Gasleitungen aber unbrauchbar gewesen.
Die Antragsgegnerin wandte - zusammengefasst - ein, das Mietobjekt habe der Ausstattungskategorie A entsprochen und sich bei Anmietung in ordnungsgemäßem Zustand befunden. Der Antragsteller habe keine Instandsetzungsarbeiten vorgenommen, sondern die Wohnung luxuriös um- und ausgestaltet.
Das Erstgericht erklärte - ausgehend vom Vorliegen der Ausstattungskategorie C - die Mietzinsvereinbarung im monatlich 257,04 Euro (= 3.536,95 Schilling) überschreitenden Ausmaß für unwirksam und gelangte insgesamt zu einer Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses in der Höhe von 46.151,12 Euro. Nach § 16 MRG idF vor dem 3. WÄG habe für ein Objekt der Ausstattungskategorie A oder, wenn die Nutzfläche - wie hier - 130 m² übersteige, der Ausstattungskategorie B ein angemessener Mietzins vereinbart werden können. Die undichten Gasleitungen hätten - bei Verlegung ober Putz - einen Sanierungsaufwand von 20.700,72 Schilling erfordert, was im Verhältnis zu dem vom Antragsteller für Adaptierungsarbeiten aufgewendeten Betrag geringfügig sei; die Wohnung sei daher jedenfalls als brauchbar zu qualifizieren. Da aber das Badezimmer bei Anmietung über keine standardgemäße Verfliesung verfügt habe, sei die Wohnung in die Ausstattungskategorie C einzuordnen gewesen. Demnach habe der zulässige Hauptmietzins 1,08
Euro (= 14,80 Schilling) pro Quadratmeter und für 238 m² somit 257,04
Euro (= 3.536,95 Schilling) betragen.
Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Antragsgegnerin nicht, jenem des Antragstellers dagegen Folge und änderte den angefochtenen Sachbeschluss dahin ab, dass es - ausgehend von der Unbrauchbarkeit der Wohnung und damit vom Vorliegen der Ausstattungskategorie D - die Mietzinsvereinbarung im monatlich 128,52 Euro (= 1.761,20 Schilling) überschreitenden Umfang für unwirksam erklärte und insgesamt zu einer Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses in der Höhe von 51.497,12 Euro gelangte. Das Rekursgericht erwog, dass sich eine Wohnung dann in brauchbarem Zustand befinde, wenn sie zum sofortigen Bewohnen geeignet sei und keine gröberen, die Benützung hindernden Mängel aufweise. Jederzeit und ohne größere Aufwendungen beseitigbare Mängel stünden der Annahme der Brauchbarkeit nicht entgegen. In Fällen mangelhafter Elektroinstallationen seien von der Rechtsprechung schon Sanierungskosten von 20.000 Schilling und weniger als „größerer Aufwand" qualifiziert worden. Etwa dieser Aufwand sei auch hier für die Sanierung der Gasleitungen erforderlich und dürfe nicht deshalb als geringfügig beurteilt werden, weil der Mieter größere Umbauarbeiten vorhabe; ansonsten nehme der Vermieter die Standardanhebung auf eigene Kosten vor und müsse dennoch einen entsprechend höheren Mietzins bezahlen. Dass der Antragsteller die Unbrauchbarkeit der Wohnung wegen der undichten Gasleitungen nicht angezeigt habe, sei rechtlich unerheblich. Infolge Unbrauchbarkeit sei das Mietobjekt in die Ausstattungskategorie D einzuordnen, weshalb auf die von der Antragsgegnerin teilweise zu Recht aufgezeigten Unstimmigkeiten zur Ausstattung des Badezimmers nicht mehr eingegangen werden müsse.
Diese Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 10.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil zur Bewertung eines zur Behebung einer Unbrauchbarkeit getätigten Aufwands eine ausreichende höchstgerichtliche Judikatur vorliege. Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, diesen dahin abzuändern, dass dem Rekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts keine Folge gegeben und der zweitinstanzliche Sachbeschluss betreffend die Abweisung des Rekurses der Antragsgegnerin zur neuerlichen Entscheidung des Rekursgerichts aufgehoben werde. Die Antragsgegnerin erachtet ihren Revisionsrekurs deshalb für zulässig, weil einerseits keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, unter welchen Voraussetzungen Mängel an einer Gasleitung zur Unbrauchbarkeit der Wohnung führten; anderseits sei die Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Rügeobliegenheit bei Mängeln, welche die Unbrauchbarkeit der Wohnung begründeten, im Wandel gegriffen.
Der Antragsteller hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung Gebrauch gemacht und darin beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht den vom
Obersten Gerichtshof insbesondere in 5 Ob 44/02k = WoBl 2002/80, 266,
zust Prader = RdW 2002, 598 = immolex 2002/122, 326, zust Iby =
immolex 2004,89 = MietSlg 54.271/11 entwickelten Grundsatz von einer
nach Treu und Glauben möglichen Anzeigeobliegenheit des Mieters für einen zur Unbrauchbarkeit der Wohnung führenden Mangel im vorliegenden Fall nicht bedacht hat; der Rekurs ist auch berechtigt.
1. Dem Rekursgericht ist vorerst dahin beizupflichten, dass sich eine Wohnung dann "in brauchbarem Zustand" befindet, wenn sie zum sofortigen Bewohnen geeignet ist, also keine gröberen, die Benützung behindernden Mängel aufweist (5 Ob 27/05i; 5 Ob 8/89 = WoBl 1989/45). Mängel, die jederzeit ohne größere Aufwendungen beseitigt werden können, stehen allerdings der Annahme der Brauchbarkeit nicht entgegen (5 Ob 279/98k = WoBl 1999/147; 5 Ob 255/98f = WoBl 2001/28; RIS-Justiz RS0070135). Im vorliegenden Fall war die Gasleitung undicht und bedurfte einer Gesamtsanierung mit einem Kostenaufwand von (bei Verlegung ober Putz) zumindest 20.700,72 Schilling. Da einerseits ohne die Durchführung einer notwendigen Erneuerung einer undichten Gasleitung Feuer- und Explosionsgefahr besteht (vgl 5 Ob 46/87) und andererseits der genannte Kostenaufwand von zumindest 20.700,72 Schilling bereits einen größerer Aufwand darstellt (5 Ob
401/97z = MietSlg 49.296; 5 Ob 279/98k = WoBl 1999/147; 5 Ob 71/99y =
MietSlg 51.291 = WoBl 1999/155), ist das Rekursgericht mit Recht von
der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts ausgegangen.
2. Die undichte Gasleitung hat der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin nicht gerügt. Richtig ist insoweit, dass der erkennende Senat die jetzt in § 15a Abs 1 Z 4 MRG (vor dem 3. WÄG in § 16 Abs 2 Z 4 MRG) normierte Obliegenheit des Mieters, dem Vermieter die Unbrauchbarkeit einer die Wohnungskategorie bestimmenden Ausstattung anzuzeigen, nicht auch auf die (gänzliche) Unbrauchbarkeit der gemieteten Wohnung bezogen hat (5 Ob 120/00h = WoBl 2001/40 mwN; RIS-Justiz RS0070162; RS0069776[T4]). Bislang verneinte deshalb der erkennende Senat in der Regel eine aus § 15a Abs 1 Z 4 MRG (vor dem 3. WÄG aus § 16 Abs 2 Z 4 MRG) ableitbare Obliegenheit des Mieters, dem Vermieter etwa die beim Abschluss des Mietvertrags bzw beim Bezug des Mietobjekts bestehenden, die Unbrauchbarkeit der Wohnung bedingenden Mängel der Elektroinstallationen anzuzeigen (5 Ob 304/01v = immolex 2002/121 = MietSlg 54/13 = WoBl 2002/131; 5 Ob 255/98f). Gegen diese Rechtsansicht sind in der Lehre teilweise Bedenken geäußert worden (vgl Dirnbacher zu WoBl 1999/147; Würth zu WoBl 2001/40). Der
erkennende Senat hat in 5 Ob 44/02k = WoBl 2002/80, 266, zust Prader
= RdW 2002, 598 = immolex 2002/122, 326, zust Iby = immolex 2004,89 =
MietSlg 54.271/11 auch schon Erwägungen darüber angestellt, ob die Judikatur, wonach die schon bei Abschluss des Mietvertrags vorhandene, nur mit erheblichem Kostenaufwand zu beseitigende Gefährlichkeit von Versorgungsleitungen zur Unbrauchbarkeit der Mietwohnung und damit zur Herabstufung auf die niedrigste Ausstattungskategorie (jetzt nach § 16 Abs 5 erster Halbsatz MRG) führt, ohne eine Anzeigeobliegenheit des Mieters auszulösen, allenfalls überdacht werden sollte. Wie zu 5 Ob 44/02k ist aber auch hier zu dieser Frage nicht abschließend Stellung zu nehmen, weil ein anderer Grund für die Annahme spricht, der Antragsteller hätte der Antragsgegnerin durch die Anzeige der selbst behobenen Mängel der Gasleitung und die Einräumung einer Sanierungsmöglichkeit, Gelegenheit zur Wahrung ihrer Mietzinsansprüche geben müssen:
3. Ratio der Rügeobliegenheit ist es, den Vermieter vor Nachteilen zu
schützen, die ihm aus der Nichtbehebung von Mängeln des Mietobjekts
drohen, welche den Gebrauch an sich vorhandener Einrichtungen
beeinträchtigen und ihm - anders als das gänzliche Fehlen derartiger
Einrichtungen - nicht ohne weiteres einsichtig sind (5 Ob 50/01s = SZ
74/43 mwN). Es soll der Vermieter in die Lage versetzt werden, die
ihm drohende dauernde Einstufung der vermieteten Wohnung in eine
andere Ausstattungskategorie durch die nachträgliche Instandsetzung
unbrauchbarer kategoriebestimmender Bestandteile zu verhindern (5 Ob
304/01v = immolex 2002/121 = MietSlg 54/13 = WoBl 2002/131). Eine
Einschränkung des Grundsatzes, dass keine Bemängelungspflicht bei
Unbrauchbarkeit der Wohnung an sich besteht, weil die Ausstattung der
Wohnung in die Ingerenz des Vermieters falle, hat der erkennende
Senat zuletzt besonders für Fälle offenkundiger und schwerwiegender
Mängel abgelehnt, welche „bei der geringsten Überprüfung - die aber
unterlassen wurde - leicht erkennbar gewesen (wären)" (5 Ob 304/01v =
immolex 2002/121 = MietSlg 54/13 = WoBl 2002/131 [Hausmann]). In
anders gelagerten Fällen gerade nicht unschwer erkennbarer Mängel kann aber das Unterlassen einer Mängelanzeige durch den Mieter gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen; dieser Gedanke hat in 5 Ob 44/02k und zu 5 Ob 132, 133/91 = MietSlg 43/38 Eingang in die Judikatur gefunden.
4. Ausgangspunkt der Überlegung muss im vorliegenden Fall sein, dass - von hier nie behaupteten offenkundigen Mängeln abgesehen - die Undichtheit der Gasleitung nicht von der Vermieterin wahrgenommen, sondern wohl nur im Wege einer Dichtheitsprobe von einem technisch versierten Fachmann ermittelt werden konnte, sodass vorliegend - im Gegensatz zu 5 Ob 304/01v - gerade nicht von „offenkundigen und schwerwiegenden Mängeln, welche bei der geringsten Überprüfung leicht erkennbar gewesen wären", auszugehen ist. Aus Punkt I. des Mietvertrags wird überdies deutlich, dass Vermieter und Mieter seinerzeit übereinstimmend davon ausgegangen sind, es befänden sich die Gasinstallationen „in ordnungsgemäßem Zustand". Wenn nun der Antragsteller im Zuge weitreichender und kostenaufwändiger Adaptierungsarbeiten - entgegen der im Mietvertrag ausdrücklich erklärten ursprünglichen Einschätzung der Vertragsparteien - die Sanierungsbedürftigkeit der Gasleitung erkennt, dann entspricht es dem wohlverstandenen Grundsatz von Treu und Glauben, die Vermieterin über den hervorgekommenen Mangel zu informieren sowie ihr Gelegenheit zur Sanierung zu geben. Nimmt dagegen der Vermieter unter solchen Umständen durch Unterlassen der Mängelanzeige dem Vermieter die Möglichkeit, die - zur Unbrauchbarkeit der Mietwohnung und damit zur Herabstufung auf die niedrigste Ausstattungskategorie (jetzt nach § 16 Abs 5 erster Halbsatz MRG) führende - Gefährlichkeit der Versorgungsleitungen zu beheben, dann sollen den Vermieter auch nicht die Nachteile eines solchen "Versäumnisses" treffen.
5. Zusammengefasst ergibt sich daher, dass sich der Antragsteller unter den dargestellten Umständen des vorliegenden Falls nicht auf die aus der Undichtheit der Gasleitung resultierende Unbrauchbarkeit der Mietwohnung berufen kann, was eine darauf gestützte Einstufung in die Ausstattungskategorie D ausschließt. Daraus folgt, dass in teilweiser Abänderung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses in Form eines Teilsachbeschlusses (§ 36 Abs 2 AußStrG nF) dem allein diese Einstufung in die Ausstattungskategorie D anstrebenden Rekurs des Antragstellers nicht Folge zu geben war. Den Rekurs der Antragsgegnerin hat das Rekursgericht infolge abweichender Rechtsansicht - insbesondere betreffend die Tatfragen zur Ausstattung des Bades - nicht vollständig erledigt, weshalb dessen Sachbeschluss insoweit zur neuerlichen Entscheidung durch das Rekursgericht aufzuheben war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)