Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die in Nordirland ansässige Antragstellerin stellt Human- und Veterinärarzneimittel her. Im Veterinärarzneimittelbereich erzeugt sie ca 80 Produkte, die sie in 110 Ländern vertreibt. Sie ist als Lohnhersteller für neun der zehn multinationalen (Veterinär-)Arzneimittelunternehmen tätig. Sie expandiert auch im Bereich Humanarzneimittel. Sie investiert kontinuierlich in Forschung und Entwicklung, Produktion und Qualitätskontrolle, wobei die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen den höchsten technischen Standards entsprechen.
Die Antragsgegnerin entwickelt, produziert und vermarktet generische Arzneien sowie pharmazeutische und biotechnologische Wirkstoffe weltweit. Penicilline werden von ihr sowohl zur (konzern-)eigenen Weiterverarbeitung als auch für ihre Kooperationspartner produziert. Das Produkt „crystalline flucloxacillin" stellt die Antragsgegnerin nicht her. Sie war immer und ist weiterhin bereit, der Antragstellerin das Produkt „crystalline amoxicillin sodium" zu liefern.
Penicillin G Sodium bekämpft Bakterien wie Streptokokken, Pneumokokken, Meningokokken, Gonokokken und Staphylokokken, die Ursache für Infektionskrankheiten sind. Es wird bei Wundinfektionen, Gewebsinfektionen und Infektionen des HNO-Traktes, des Atmungstraktes etc von Ärzten im Krankenhaus angewandt. Penicillin G Sodium ist bei allgemeinen Infektionen und bei vielen weiteren Indikationen einsetzbar. Es zählt zu den Schmalspektrum-Penicillinen und ist eines der ersten Antibiotika. Es wurde bereits in den 1950er Jahren in Kliniken eingeführt. Medizinisch gesehen ist es ein einfaches Produkt, das daher auch sehr leicht durch andere Antiinfektiva substituiert werden kann. Im Laufe der Zeit wurde versucht, mit drastischer Erhöhung der Dosen das Wirkspektrum zu verbreitern. Diese Methode war aber durch Nebenwirkungen - wie Störung des Elektrolythaushaltes und Wirkungen auf das Zentralnervensystem - begrenzt. Gleichzeitig wurden immer neue Antibiotikagruppen mit immer breiterem Wirkspektrum und weiteren Anwendungsvorteilen entwickelt, die die Stellung von Penicillin G Sodium in praktisch allen wichtigen Indikationen zurückgedrängt haben.
Die Methode zur Herstellung von Penicillin G Sodium ist vergleichsweise einfach. Das hiefür notwendige Wissen ist öffentlich bekannt. Es ist ein eher kostengünstig herzustellendes Antibiotikum mit vergleichsweise geringer Profitabilität. Penicillin G Sodium wurde in den Produktionsanlagen von Pharmaunternehmen immer häufiger durch andere Erzeugnisse ersetzt. Auf Grund dieser Marktaustritte ist die Antragsgegnerin nunmehr der einzige Erzeuger von Penicillin G Sodium, der in der Europäischen Union produziert, über eine Zulassung in der Europäischen Union für dieses Erzeugnis verfügt und Abnehmer in der Europäischen Union mit diesem Erzeugnis beliefert. Penicillin G Sodium ist säureempfindlich und kann deswegen nicht oral eingenommen werden. Es muss durch Infusionen oder Injektionen direkt in die Blutbahn verabreicht werden. Patienten treten daher als Direktnachfrager des Erzeugnisses nicht auf. Nachfrager sind Krankenhäuser und in geringerem Umfang auch niedergelassene Ärzte, die Penicillin G Sodium an ihre Patienten verabreichen. Am österreichischen Krankenhausmarkt spielt Penicillin G Sodium eine untergeordnete Rolle.
Vereinfacht lässt sich die Herstellungsweise von Penicillin G Sodium wie folgt darstellen:
Aus Pilzkulturen (biologischen Ausgangsstoffen), die in einem ersten Produktionsschritt gezüchtet werden, wird in einem zweiten Produktionsschritt Rohpenicillin hergestellt. Die Antragsgegnerin stellt die biologischen Ausgangsstoffe und das Rohpenicillin nicht her, sondern kauft Rohpenicillin am Weltmarkt ein und stellt in einem dritten Produktionsschritt daraus steriles Penicillin G Sodium her. Die Herstellung von sterilem Penicillin G Sodium ist seit dem Ende der 1960er Jahre patentfrei.
Bis zum Jahr 1999 bezog die Antragstellerin steriles Penicillin G Sodium in Bulkform vom Hersteller DSM. Dieser stellte die Produktion dieser Ware 1999 sowohl in seiner Fabrikationsanlage in Holland als auch in Mexiko ein. In beiden Produktionsanlagen war steriles Penicillin G Sodium entsprechend europäischen Zulassungsvorschriften produziert worden. Seit damals ist die Antragstellerin auf der Suche nach einem Lieferanten, der steriles Penicillin G Sodium in Bulkform gemäß europäischer Zulassungsvoraussetzungen produziert. Mit ihrem Antrag vom 21. 8. 2001 begehrt die Antragstellerin - gestützt auf §§ 35, 52 KartG sowie Art 82 EG - zuletzt (AS 307),
- der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung, der darin besteht, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht bzw nicht zu angemessenen Bedingungen mit Penicillin G Sodium beliefert, zu unterlassen und die Antragstellerin zu angemessenen Bedingungen binnen 14 Tagen zu beliefern;
- den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Antragsgegnerin, der darin besteht, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht bzw nicht zu angemessenen Bedingungen mit Penicillin G Sodium beliefert, zu untersagen und insofern der Antragsgegnerin aufzutragen, die Antragstellerin zu angemessenen Bedingungen binnen 14 Tagen zu beliefern.
Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, die Antragsgegnerin nehme auf dem sachlich relevanten Markt der Herstellung und des Vertriebs von sterilem Penicillin G Sodium in Bulkform, das nach europäischen Zulassungsstandards produziert werde, eine "super-dominante" Stellung ein. Die Antragsgegnerin habe diese Stellung dadurch missbraucht, dass sie sich zunächst geweigert habe, die Antragstellerin zu beliefern, um ihre Vertriebspartner auf nachgelagerten Märkten zu schützen und die Antragstellerin gezielt vom Vertrieb auszuschließen. Danach habe der Missbrauch darin bestanden, dass sie nur zu unsachlichen und unangemessenen Bedingungen bereit gewesen sei, mit der Antragstellerin in Geschäftsbeziehungen zu treten, und mittlerweile gar nicht mehr zu Vertragsverhandlungen bereit sei. Die Antragsgegnerin beantragte, die Anträge zurück-, in eventu abzuweisen. Sie habe nie eine Belieferung der Antragstellerin mit Penicillin G Sodium abgelehnt, sondern sie immer nur vor möglichen Lieferengpässen gewarnt. Eine kurz- und mittelfristige Belieferung sei auf Grund von Produktionsengpässen nicht möglich gewesen. Für die verschiedenen Indikationen und Krankheitsursachen, bei denen Penicillin G Sodium einsetzbar sei, gebe es eine große Anzahl anderer Produkte, die vom Patienten ebenso eingenommen bzw vom Arzt im Krankenhaus eingesetzt werden könnten und die daher auf Grund ihrer Eigenschaften und vorgesehenen Verwendungszwecke austauschbar seien. Es sei der Endverbrauchermarkt zu berücksichtigen, weil die "Produktion" der Antragstellerin lediglich darin bestünde, das von der Antragsgegnerin in Pulverform gelieferte Penicillin G Sodium in 600 mg Phiolen abzufüllen und diese zu verpacken. Hinzu komme, dass die Markteintrittsschwellen zur Produktion von Penicillin G Sodium allgemein und im Besonderen für die Antragstellerin gering seien. Die Antragsgegnerin könne daher eine (fiktive) marktbeherrschende Stellung nicht missbrauchen. Sie sei deshalb nicht zur Aufnahme von Lieferbeziehungen zur Antragstellerin verpflichtet. Die Antragsgegnerin habe am 11. 7. 2003 der Antragstellerin die Belieferung mit Penicillin G Sodium in naher Zukunft und die sofortige Aufnahme von diesbezüglichen Verhandlungen angeboten, nachdem sich die faktischen Voraussetzungen in ihren Produktionsanlagen geändert hätten. Die Vertragsverhandlungen am 1. 12. 2003, denen der Wechsel von Vertragsentwürfen vorangegangen sei, seien an der Antragstellerin gescheitert, weil deren Geschäftsführer seinem Anwalt befohlen habe, die Vertreter der Antragsgegnerin aus seiner Kanzlei zu verweisen, und ihm verboten habe, weiter mit der Antragsgegnerin zu verhandeln. Der Liefervertrag sei nicht einmal komplett durchgesprochen worden. Die Verhandlungen seien nicht wegen der Uneinigkeit über inhaltliche Vertragspunkte abgebrochen worden, sondern weil die Antragstellerin plötzlich einen völlig anderen Vertrag - nämlich einen Liefervertrag für den US-Markt mit anderen Produkten - habe verhandeln wollen und sich ihrerseits geweigert habe, über den Liefervertrag für den englischen Markt weiterzuverhandeln. Bis zum Abbruch seien bei praktisch allen Punkten bereits konstruktive gemeinsame Lösungen besprochen worden. Auf Grund des Verhaltens der Antragstellerin sei es der Antragsgegnerin unzumutbar, ein Dauerschuldverhältnis mit ihr einzugehen. Die Amtsparteien beteiligten sich nicht am Verfahren. Das Erstgericht wies Antrag und Sicherungsantrag nicht nur in Bezug auf das Produkt Penicillin G Sodium, sondern auch in Bezug auf die im verfahrenseinleitenden Schriftsatz noch angeführten Produkte crystalline flucloxacillin sodium und crystalline amoxicillin sodium ab. Über die eingangs wiedergegebenen hinaus traf es noch folgende Feststellungen:
Seit den 1960er Jahren kam es, obwohl die Anbieter/Produzenten von Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung weniger wurden, zu einem kontinuierlichen Preisverfall. In den letzten zehn Jahren war dieser Preisverfall sehr stark.
Ende 1999 bahnte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Verhandlungen betreffend die Lieferung von sterilem Penicillin G Sodium an. Im Rahmen dieser Verhandlungen fand auch eine Besprechung am 28. 1. 2000 bei der Antragstellerin statt, zu der Vertreter der Antragsgegnerin angereist waren. Im Zuge der Verhandlungen wurde die Antragstellerin von der Antragsgegnerin wiederholt auch darauf hingewiesen, dass auf Grund von Kapazitätsproblemen bei der Antragsgegnerin hinsichtlich der Produktion von sterilem Penicillin G Sodium für den konzerneigenen Bedarf und wegen langfristiger Lieferverträge an langjährige Abnehmer dieser Ware die Antragstellerin innerhalb der nächsten Monate (also kurz- und mittelfristig nachhaltig) nicht mit dieser Ware beliefert werden könne. Diese Kapazitätsprobleme wurden auch durch damals geplante Verlegungen von Produktionsstätten der Antragsgegnerin von K***** nach F***** und durch das Schließen von Produktionsstätten von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung anderer Erzeuger verschärft. Eine langfristig gesicherte - also künftige - Belieferung der Antragstellerin mit sterilem Penicillin G Sodium (mit EU-Zulassung) schloss die Antragsgegnerin nicht aus. Längerfristig wäre es der Antragsgegnerin möglich gewesen, an die Antragstellerin zu liefern.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin mit einem anderen Unternehmen im Vereinigten Königreich und in Irland einen Exklusivvertrag für die Belieferung mit bzw den Vertrieb von sterilem Penicillin G Sodium (mit EU-Zulassung) abschloss.
Zu Beginn des Jahres 2000 wollte die Antragsgegnerin die Produktion von sterilem Penicillin G Sodium (mit EU-Zulassung) von ihrer Produktionsstätte in K***** in eine neue Produktionsstätte in F***** verlegen. Auf Grund interner Umstrukturierungen und technischer Probleme in der neuen Produktionsstätte kam es tatsächlich nicht zur Produktionsverlagerung. Steriles Penicillin G Sodium wird von der Antragsgegnerin nach wie vor ausschließlich in K***** produziert. Mit Schreiben vom 18. 4. 2000 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie die Begründung der Antragsgegnerin für die damaligen Kapazitätsprobleme der Antragsgegnerin nicht akzeptiere und aus dem Verhalten der Antragsgegnerin schließe, dass sich diese in einer beherrschenden Stellung befinde und der Antragstellerin die Lieferung von sterilem Penicillin G Sodium vorenthalte, um die Antragstellerin am Wettbewerb auf dem irischen und britischen Markt zu behindern. In diesem Schreiben wurden auch noch rechtliche Schritte gegen die Antragsgegnerin bei der zuständigen Abteilung der Europäischen Kommission in Aussicht gestellt. Die wettbewerbsrechtlichen Vorwürfe der Antragstellerin wurden von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26. 4. 2000 bestritten. Darauf kündigte die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. 4. 2000 an, Nachweise für ihre Behauptungen zu liefern und diese, falls erforderlich, an die zuständigen Behörden weiterzuleiten. Das Schreiben der Antragstellerin vom 27. 4. 2000 schloss damit, dass sie die Antragsgegnerin aufforderte, die Gründe zu nennen, warum sie sich weigere, die Antragstellerin zu beliefern. Mit Telefax vom 9. 5. 2000 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter anderem mit, dass eine ständige und ununterbrochene Belieferung nicht zugesichert werden könne, weil auf dem Markt steriler Penicilline ein Engpass bestehe (Produktionseinstellung anderer Hersteller) und die Antragsgegnerin Anstrengungen unternehme, die eigene Produktion zu verlegen. In diesem Fax wurde auch betont, dass die Antragstellerin nach ihrem eigenen Auftreten die Möglichkeit haben müsste, verschiedene Penicillinsalze herzustellen.
Nach diesem Telefax vom 9. 5. 2000 suchte die Antragstellerin bis zur Stellung des verfahrenseinleitenden Antrags keinen Kontakt zur Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belieferung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung.
Die Antragstellerin verfügt bislang nicht über eine eigenen Produktionsstätte für die Erzeugung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung. Sie könnte eine derartige Produktionsstätte aber aufbauen. Vom Entschluss eine derartige Erzeugungsstätte zu errichten bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme wäre ein Zeitrahmen von 12 bis 18 Monaten notwendig. Die Antragstellerin müsste für die Errichtung einer derartigen Erzeugungsstätte maximal 1,6 Mio Euro investieren. Ein derartiger Aufwand ist der Antragstellerin zumutbar. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin geplant hat, mit dem von ihr begehrten sterilen Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung, das sie unter sterilen Bedingungen von Großpackungen in Kleinpackungen (Injektionsdosen) umfüllen, mit einem Produktlabel und Produktinformationen versehen und für den Transport entsprechend verpacken wollte, den österreichischen Markt zu bedienen. Es kann nicht festgestellt werden, dass es generelle Geschäftspolitik der Antragsgegnerin sei, die Antragstellerin nicht zu beliefern. Auf dem Weltmarkt gibt es auch andere Erzeuger, die steriles Penicillin G Sodium herstellen, aber nicht über eine EU-Zulassung verfügen. Zur Erlangung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung für diese Substanz in der EU ist eine Vorlaufzeit von 1 bis 1 ½ Jahren nötig.
Mit Schreiben vom 11. 7. 2003 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, dass nunmehr eine Belieferung der Antragstellerin mit sterilem Penicillin G Sodium möglich sei. Die daraufhin folgenden Verhandlungsgespräche zwischen den Streitteilen hatten das Ziel, die Antragstellerin nachhaltig mit sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung durch die Antragsgegnerin zu beliefern. Am 10. 10. 2003 fand in London eine Besprechung der Vertreter der Streitteile betreffend eine Belieferung der Antragsstellerin durch die Antragsgegnerin mit sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung statt. Diese Besprechung brachte kein konkretes Ergebnis, sondern endete damit, dass die Streitteile vereinbarten, dass die Antragsgegnerin einen Vertragsentwurf erstellt und der Antragstellerin übersendet.
Im Zuge der Vertragsverhandlungen wechselten die Streitteile wiederholt Vertragsentwürfe bzw ergänzten und veränderten die jeweiligen Vertragsentwürfe der Gegenseite. Um die Vertragsverhandlungen abzuschließen, vereinbarten die Streitteile am 1. 12. 2003, unter Beteiligung ihrer Rechtsvertreter in den Kanzleiräumen des Antragstellervertreters eine Besprechung abzuhalten.
Bei dieser Besprechung am 1. 12. 2003 kam es entgegen der ursprünglichen Intention der Streitteile nicht zu einer inhaltlichen Annäherung, vielmehr entbrannte zwischen ihnen ein Streit. Dr. H***** von der Antragstellerin thematisierte während dieser Besprechung Strafverfahren in den Reihen der Pharmaindustrie, wodurch sich die Vertreter der Antragsgegnerin bedroht fühlten. Er wollte bei dieser Besprechung auch einen Belieferungsvertrag für den US-Markt abschließen. Die Antragstellerin wollte unter anderem ihre Abnahmeverpflichtung von sterilem Penicillin G Sodium erst mit Erhalt der Genehmigung des Produktes, das sie auf den Markt bringen wollte, durch die zuständigen Behörden wirksam werden lassen. Die Vertragsverhandlungen endeten damit, dass Dr. H***** das Besprechungszimmer verließ, kurze Zeit später zurückkam und dem Rechtsvertreter der Antragstellerin befahl, die Vertreter der Antragsgegnerin des Besprechungszimmers zu verweisen und nicht mehr mit ihnen zu sprechen.
Dass die Vertragsverhandlungen zwischen den Streitteilen in der zweiten Jahreshälfte 2003 über die Lieferung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung an die Antragstellerin gescheitert sind, weil die Antragsgegnerin versucht habe, der Antragstellerin Vertragsbedingungen zu oktroyieren, die der Antragstellerin rechtlich und wirtschaftlich nicht zumutbar gewesen, nicht fair und unangemessen gewesen wären, also nicht marktüblich seien, kann nicht festgestellt werden.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, weil die Antragsgegnerin das Produkt „crystalline flucloxacillin" nicht herstelle und das Produkt „crystalline amoxicillin sodium" zwar herstelle, aber immer bereit war und auch sei, dieses Produkt an die Antragstellerin zu liefern, seien die diesbezüglichen Anträge der Antragstellerin jedenfalls abzuweisen. Die Antragstellerin habe ihr Begehren - ohne die ursprünglichen Begehren ausdrücklich einzuschränken - schließlich auch nur auf Penicillin G Sodium bezogen.
Aus dem Vorbringen der Antragstellerin scheine hervorzugehen, dass sie letztlich eine Belieferung mit „sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung in Bulkform" begehre. Ihre Anträge seien hingegen immer nur auf „Penicillin G Sodium" gerichtet gewesen. Es gebe aber einige Unternehmen, die Penicillin G Sodium erzeugen, für dieses Erzeugnis jedoch (noch) keine EU-Zulassung besitzen. Allein weil die Anträge der Antragstellerin viel zu weit gefasst seien, wäre ihnen im Hinblick auf die Ware „Penicillin G Sodium" nicht stattzugeben gewesen.
Da die Eintrittsschwellen für die Erzeugung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht für Pharmaunternehmen und insbesondere für die Antragstellerin nicht hoch seien, sei nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin unabhängig von ihren Wettbewerbern, Kunden und Lieferanten im Markt agieren könne. Auch der große Preisverfall in den letzten Jahren - trotz Versorgungsengpässen und der Reduktion von Erzeugungsstätten sowie einer rückläufigen Nachfrage in den Industrieländern, obwohl sich die Produktion nach dem Vorbringen der Antragstellerin erheblich verteuert haben soll, - spreche nicht dafür, dass die Antragsgegnerin auf diesem Markt marktbeherrschend wäre.
Die Antragsgegnerin habe sich auch nicht grundlos und beharrlich geweigert, die Antragstellerin mit sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung zu beliefern. Eine langfristige Belieferung sei nicht ausgeschlossen worden. Dass Abnehmer der Antragsgegnerin Warenüberschüsse gehabt haben mögen, könne die Produktionsgrenzen der Antragsgegnerin nicht verschieben. Schlussendlich sei die Antragsgegnerin mit der Antragstellerin in Vertragsverhandlungen eingetreten, von denen die Streitteile erwartet hätten, dass sie bis zum Dezember 2003 finalisiert werden könnten. Dass diese Vertragsverhandlungen in der zweiten Jahreshälfte 2003 über die Lieferung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung gescheitert seien, weil die Antragsgegnerin versucht habe, der Antragsstellerin Vertragsbedingungen zu oktroyieren, die der Antragstellerin rechtlich und wirtschaftlich nicht zumutbar gewesen, nicht fair und angemessen gewesen wären, also nicht marktüblich seien, habe nicht festgestellt werden können. Der Antragsgegnerin könne daher auch kein Missbrauchsvorwurf gemacht werden. Als die Antragsgegnerin Kapazitätsprobleme gehabt habe, sei es ihr nicht zumutbar gewesen, durch eine Belieferung der Antragstellerin die eigene Weiterverarbeitung zurückzunehmen oder langfristig gebundene Kunden vor den Kopf zu stoßen. Die Grundlinie für die Kapazitätsnutzung der Antragsgegnerin sei berechtigterweise die Versorgung der unternehmenseigenen Arzneimittelproduktion, die Belieferung des US-amerikanischen Marktes und die Bedienung vertraglicher Lieferverpflichtungen gegenüber langjährigen Kunden gewesen. Daraus könne der Antragsgegnerin kein marktmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden. Auf Grund ihrer vorvertraglichen Warnpflicht habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hinweisen müssen, dass es zu kurz- und mittelfristigen Lieferproblemen bei Penicillin G Sodium kommen könnte. Die Antragstellerin habe bislang keine Vermarktungsgenehmigung für jenes Penicillinprodukt, das sie im Vereinigten Königreich und Irland vermarkten wolle und dessen Lieferung sie durch die Antragsgegnerin anstrebe. Innerhalb einer 14-tägigen Frist könne sie diese Genehmigung auch nicht bekommen. Wie die gescheiterten Vertragsverhandlungen gezeigt hätten, strebe die Antragstellerin eine Belieferung offensichtlich nicht binnen 14 Tagen an, weil sie für jenes Penicillinprodukt noch keine Zulassung habe. Für die Antragstellerin sei daher eine Belieferung innerhalb von 14 Tagen wertlos. Unter diesen Umständen wäre ein Antrag auf unverzügliche Belieferung oder auf eine solche binnen 14 Tagen als schikanös abzuweisen gewesen, weil eine Umleitung der Produktion nur zum Nachteil der Antragsgegnerin oder ihrer langjährigen Kunden möglich gewesen wäre.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen Verfahrensmängeln, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn einer Stattgebung des Sicherungsantrags im Umfang des Untersagungsbegehrens und einer Stattgebung des im Hauptverfahren gestellten Antrags. Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt die Rekurswerberin darin, dass das Erstgericht über die Produkte crystalline flucloaxsillin sodium und crystalline amoxiciline sodium entschieden habe, obwohl diese vom Begehren der Rekurswerberin nicht (mehr) umfasst gewesen seien.
Wenngleich es zutrifft, dass die Rekurswerberin mit ihren Anträgen zuletzt nur noch die Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in Bezug auf das Produkt Penicillin G Sodium und die Belieferung mit diesem Produkt anstrebte, so ist sie doch durch die Abweisung ihrer nicht mehr aufrechterhaltenen Anträge in Bezug auf die beiden vorgenannten Produkte nicht beschwert (RIS-Justiz RS0043907), führte doch diese Abweisung nicht einmal zu kostenrechtlichen Nachteilen für die Antragstellerin. Zum weiteren behaupteten Verfahrensmangel wird bei der Behandlung der Rechtsrüge Stellung genommen werden.
Unter dem Rekursgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung bekämpft die Antragstellerin folgende Feststellungen als Ergebnis einer unrichtigen Beweiswürdigung des Erstgerichts:
- Längerfristig wäre es der Antragsgegnerin möglich gewesen an die Antragstellerin zu liefern.
- Nach dem Fax der Antragsgegnerin an die Antrgstellerin vom 9. 5. 2000 hat die Antragstellerin bis zu den gegenständlichen Anträgen keinen Kontakt zur Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belieferung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung gesucht.
- Die Feststellungen zum Aufbau einer eigenen Produktionsstätte der Antragstellerin.
- Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin geplant hat, mit dem von ihr begehrten sterilen Penicillin G Sodium den österreichischen Markt zu bedienen.
- Es kann nicht festgestellt werden, dass es generelle Geschäftspolitik der Antragsgegnerin sei, die Antragstellerin nicht zu beliefern.
- Es kann nicht festgestellt werden, dass die Vertragsverhandlungen zwischen den Streitteilen in der zweiten Jahreshälfte 2003 über die Lieferung von sterilem Penicillin G Sodium mit EU-Zulassung an die Antragstellerin gescheitert sind, weil die Antragsgegnerin versucht habe der Antragstellerin Vertragsbedingungen zu oktroyieren, der der Antragstellerin rechtlich und wirtschaftlich nicht zumutbar, nicht fair und angemessen gewesen wären, also nicht marktüblich seien. Hiezu ist auszuführen, dass auch nach der jüngsten Rechtsprechung der Oberste Gerichtshof auch als Kartellobergericht im kartellgerichtlichen Verfahren ausschließlich als Rechtsinstanz tätig wird und damit zur Überprüfung der Beweiswürdigung in keinem Fall berufen ist (16 Ok 1/05; 16 Ok 43/05). Die Frage, ob der Antragstellerin ein Aufwand für die Errichtung einer Erzeugungsstätte für steriles Penicillin G Sodium von maximal 1,6 Mio EUR oder Vertragsbedingungen rechtlich und wirtschaftlich zumutbar sind, ist ebenso eine Rechtsfrage wie die Frage, ob Vertragsbedingungen fair und angemessen sind. Die übrigen bekämpften (negativen) Feststellungen betreffen Tatfragen. Mit ihren dagegen gerichteten Ausführungen versucht die Antragstellerin die Tatsachengrundlage durch - im kartellgerichtlichen Verfahren unzulässige - Bekämpfung der Beweiswürdigung abzuändern. Soweit eine bekämpfte (negative) Tatsachenfeststellung eine Schlussfolgerung aus Tatsachen ist, könnte sie nur soweit überprüft werden, als diese den Denkgesetzen - oder allenfalls auch der allgemeinen Lebenserfahrung - widerspräche, weil eine derartige Überprüfung in den Bereich der rechtlichen Beurteilung fiele (16 Ok 5/98 = SZ 71/103). Fehler dieser Art werden im Rekurs nicht behauptet und sind auch nicht ersichtlich.
Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung rügt die Antragstellerin, dass das Erstgericht keine abschließende Definition des relevanten Marktes vorgenommen habe. Die Beurteilung, die Antragsgegnerin habe keine marktbeherrschende Stellung, sei unrichtig. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass Penicillin G Sodium in der von der Antragstellerin benötigten Form nur von der Antragsgegnerin bezogen werden könne, sodass es mit von anderen Erzeugern hergestelltem Penicillin G Sodium nicht austauschbar sei. Sachlich relevanter Markt sei daher die Erzeugung und der Vertrieb von sterilem Penicillin G Sodium in Bulkform nach den europäischen Zulasssungsstandards. Der räumlich relevante Markt sei weltweit abzugrenzen. Am relevanten Markt sei die Antragsgegnerin Monopolistin. Im Übrigen beschränkt sich die Rechtsrüge auf die Behauptung von rechtlichen Feststellungsmängeln in Bezug auf missbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerin.
Zu Letzterem ist zunächst Folgendes auszuführen:
Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin nach wie vor die Antragstellerin nicht mit dem begehrten Penicillinprodukt beliefert, ist zum einen unstrittig, ergibt sich zum anderen klar aus den Feststellungen und wurde vom Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung als feststehend angenommen (S 21 der angefochtenen Entscheidung). Unter Punkt 1.3.3. der Rekursschrift bekämpft die Antragstellerin in Wirklichkeit Feststellungen und Beweiswürdigung des Erstgerichts, wenn sie ausführt, die geplante Produktionsverlegung habe sich tatsächlich nicht auf die Kapazitäten der Antragsgegnerin ausgewirkt. Das Erstgericht hat nämlich festgestellt, dass auch die von der Antragsgegnerin Anfang 2000 geplante Verlegung der Produktionsstätte die Kapazitätsprobleme verschärfte. Mit den Ausführungen unter Punkt 1.3.5. der Rekursschrift (fehlende Feststellung des Inhalts der Telefongespräche zwischen Roddy C***** und Rudolf K***** am 19. 11. und 13. 12. 1999 über von Rudolf K***** behauptete Exklusivvereinbarungen) wird - unzulässig - die Beweiswürdigung des Erstgerichts bekämpft, hat doch dieses auf den Seiten 11 bis 13 des angefochtenen Beschlusses ausführlich dargelegt, warum es als nicht erwiesen annahm, dass in diesen Telefonaten eine Belieferung mit dem Hinweis auf Exklusivverträge abgelehnt worden wäre. Gleiches - unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung - trifft auf die Ausführungen unter Punkt 1.3.6. zum Thema Kapazitätsengpass zu. Das Erstgericht nahm die diesbezüglichen Behauptungen der Antragsgegnerin als erwiesen an.
Im Übrigen ist der Rechtsrüge zu erwidern:
Die Antragstellerin macht den Missbrauchstatbestand der Lieferverweigerung in der Form der Weigerung der erstmaligen Belieferung mit dem Produkt steriles Penicillin G Sodium und in der Form der Abschlussverweigerung infolge versuchter Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen geltend.
Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, besteht auch für ein marktbeherrschendes Unternehmen grundsätzlich kein Kontrahierungszwang (16 Ok 4/00 = ÖBl 2001, 41). Dieser Grundsatz gilt auch für das europäische Wettbewerbsrecht (Bechthold/Brinker/Bosch/Hirsbrunner, EG-Kartellrecht Art 82 EG Rz 46 mN aus der Rsp des EuGH). Der Senat hat ferner wiederholt (16 Ok 7/02; 16 Ok 1/03; 16 Ok 20/04) ausgeführt, dass die Pflicht zum Vertragsabschluss - außerhalb des Kartellrechts - ua dort bejaht wird, wo ein Unternehmer eine Monopolstellung innehat und diese Stellung durch Verweigerung des Vertragsabschlusses sittenwidrig ausnützt (SZ 46/54; SZ 59/130 ua). Auch der Monopolist kann freilich nicht gezwungen werden, jeden vom einem Dritten gewünschten Vertrag abzuschließen; er kann vielmehr einen Vertragsabschluss aus sachlich gerechtfertigten Gründen ablehnen (SZ 59/130; SZ 63/190; 16 Ok 7/02 mwN). Gleiches gilt für marktbeherrschende Unternehmen; ihnen wird missbräuchliches Unterlassen, insbesondere in Form einer Lieferungsverweigerung, dann zugerechnet, wenn ihr Verhalten durch keine objektiven Gründe gerechtfertigt wird (16 Ok 1/03 mwN; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 12 Rz 40). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art 82 EG besteht für ein marktbeherrschendes Unternehmen kein Kontrahierungszwang, wenn die Verweigerung des Geschäftsabschlusses objektiv zu rechtfertigen wäre (zB EuGH, Rs C-7/97 , Bronner, Slg 1998, I-7791, Rz 41; EuGH Rs C-418/01 , IMS Health, Rz 38; Dirksen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Art 82 EG Rz 172; Schröter in Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art 82 EG Rz 252). Diese Frage kann nur anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (Dirksen aaO mwN). In der Entscheidung Rs 77/77, B. P./Kommission, Slg 1978, 1513 Rz 29/34, hat der EuGH eine Lieferverweigerung für zulässig erachtet, wenn die betreffende Ware nicht in ausreichender Menge vorhanden ist. In einem solchen Fall ist auch das marktbeherrschende Unternehmen nicht gezwungen, die zur Verfügung stehende Menge gleichmäßig unter allen Abnehmern aufzuteilen, sondern ist berechtigt, Stammkunden gegenüber Gelegenheitskunden zu bevorzugen.
Im vorliegenden Fall ist nach den Feststellungen davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin im Jahr 2000 keine endgültige Weigerung einer langfristig gesicherten künftigen Belieferung ausgesprochen hat. Die Ablehnung einer Geschäftsbeziehung zur Antragstellerin als in Bezug auf das begehrte Penicillin neue Kundin war zum damaligen Zeitpunkt infolge des vom Erstgericht festgestellten Kapazitätsengpasses sachlich gerechtfertigt. Die Richtigkeit dieser Auffassung des Erstgerichts wird in der Rechtsrüge auf der Basis des festgestellten Sachverhalts auch nicht bestritten. Den Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (S 19 der Beschlussausfertigung) ist zu entnehmen, dass das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht annahm, dass die angespannte Produktionssituation bei der Antragsgegnerin noch bis zum Zeitpunkt bestand, als die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11. 7. 2003 der Antragstellerin die Liefermöglichkeit mitteilte. Unerheblich sind die von der Antragstellerin vermissten Feststellungen (Punkt 1.3.6. der Rekursschrift), dass die Antragstellerin nach dem E-Mail vom 3. 4. 2000 vorgeschlagen habe, die Verzögerung bei der Belieferung dadurch zu überbrücken, dass die Antragsgegnerin die relevante Dokumentation für die Erlangung der Zulassung übermittelt, die Antragsgegnerin diese Dokumentation aber nicht übermittelt hat, und die Antragsgegnerin auch nach zwölf Monaten nicht mit einem Belieferungsanbot an die Antragstellerin herangetreten ist, obwohl sie in diesem Zeitraum eine Belieferung in Aussicht gestellt habe. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Antragstellerin nicht von sich aus nach Ablauf der zwölf Monate an die Antragsgegnerin wegen Aufnahme der Belieferung herangetreten ist und die Antragsgegnerin ohne Vertragsverhältnis die Dokumentation hätte übermitteln müssen, zumal die Antragstellerin nach dem Fax der Antragsgegnerin vom 9. 5. 2000 mit dieser gar nicht mehr Kontakt aufnahm.
Was die von der Antragstellerin vermissten Feststellungen zu den konkret diskutierten Vertragsbedingungen und zum Ablauf der Vertragsverhandlungen und die dazu zu treffenden Feststellungen anlangt (Punkt 1.3.9. der Rekursschrift), ist sie darauf zu verweisen, dass das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung - unbekämpft - feststellte, dass es sich offensichtlich um verhandelbare Vertragsentwürfe gehandelt hat. Daraus folgt, dass nicht angenommen werden kann, die Antragsgegnerin hätte versucht, der Antragstellerin (unangemessene) Geschäftsbedingungen aufzuzwingen. Die Behauptung, die Antragsgegnerin sei nicht bereit gewesen, von allen wesentlichen Punkten des von ihr vorformulierten Vertrags abzurücken, geht nicht von den Feststellungen des Erstgerichts aus. Auch in diesem Punkt liegen die behaupteten rechtlichen Feststellungsmängel nicht vor.
Zur Verfahrensrüge, dass es das Erstgericht zu Unrecht ablehnte, der Antragsgegnerin aufzutragen, einen Vertrag mit einem Unternehmen vorzulegen, das von ihr mit Penicillin G Sodium beliefert wird, um dem Gericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Antragsgegnerin - wie sie behaupte - tatsächlich bereit sei, die Antragstellerin zu den gleichen Bedingungen wie andere Unternehmer zu beliefern, ist auszuführen, dass die Antragstellerin nicht behauptete, genau zu diesen Bedingungen beliefert werden zu wollen. Vielmehr wurde der Vertragsentwurf nach den Feststellungen individuell verhandelt. Die Antragstellerin trug ferner nicht vor, dass die von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Vertragsbedingungen die Antragstellerin gegenüber anderen Kunden sachlich unbegründet benachteiligten. Aus diesen Gründen ist der behauptete Verfahrensmangel zu verneinen.
Der Senat hat in der Entscheidung 16 Ok 22/97 = ÖBl 1998, 309, der der Fall des Abbruchs einer Geschäftsbeziehung zu Grunde lag, ausgeführt, dass - insbesondere unter Beachtung der Rechtsprechung zu Art 82 EG (ex Art 86 EG-Vertrag) - eine Liefersperre aus in der Person des Gesperrten liegenden Gründen sachlich gerechtfertigt sein kann; so kommen neben Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsmoral, Haftungsverhältnisse etc schwerwiegende Verletzungen vertraglicher Verpflichtungen des Gesperrten oder geschäftsschädigendes Verhalten, verbunden mit einer Zerstörung der Vertrauensbasis, in Betracht. Das Erstgericht beurteilte die festgestellten Vorkommnisse bei den Vertragsverhandlungen am 1. 12. 2003 dahin, dass es auf Grund dieser der Antragsgegnerin nicht zumutbar ist, mit der Antragstellerin ein Dauerlieferverhältnis einzugehen. Dieser Beurteilung tritt die Antragstellerin im Rekurs nicht entgegen. Die Auffassung des Erstgerichts ist im Lichte der eben genannten Entscheidung nach den Umständen des vorliegenden Falls auch nicht zu beanstanden. Liegt daher ein missbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerin weder im Sinn des § 35 Abs 1 KartG noch im Sinn des Art 82 EG vor, muss nicht dazu Stellung genommen werden, wie im vorliegenden Fall der sachlich relevante Markt abzugrenzen ist, ob die Antragsgegnerin auf diesem Markt eine beherrschende Stellung innehat und ob die Feststellungen des Erstgericht ausreichen, um beurteilen zu können, ob der Antragstellerin der Aufwand zur Errichtung einer eigenen Produktionsstätte für steriles Penicillin G Sodium zumutbar ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 45 Abs 2 KartG iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Eine mutwillige Rechtsverfolgung liegt nicht vor.
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