OGH 1Ob228/05v (1Ob229/05s)

OGH1Ob228/05v (1Ob229/05s)22.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen Dr. Friedrich Wilhelm W*****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge der außerordentlichen Revisionsrekurse der Noterben 1. Michael W*****, vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Dr. Friederike W*****, vertreten durch Graff Nestl Baurecht Zorn Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Juli 2005, GZ 42 R 201/05b-65 und 42 R 202/05z-66, mit denen die Rekurse der Noterben gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 17. November 2004, GZ 10 A 40/04h-40, zurückgewiesen wurden bzw der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 17. Jänner 2005, GZ 10 A 40/04h-47a bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG alt bzw des § 62 Abs 1 AußStrG neu zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Vorauszuschicken ist, dass die Bestimmungen des neuen AußStrG über den Revisionsrekurs gemäß dessen § 203 Abs 7 nur anzuwenden sind, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz vor dem 31. 12. 2004 liegt. Soweit es um den Beschluss des Erstgerichts vom 17. 11. 2004 (ON 40) geht, gilt somit noch die alte Rechtslage.

2. Mit dem zuerst genannten Beschluss hat das Rekursgericht die Rekurse der einschreitenden Noterben mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass ihnen die Rekurslegitimation fehle; da Noterben auf die Verwaltung des Nachlasses keinen Einfluss hätten, könnten sie Beschlüsse über Verwaltungsrechte nicht anfechten. Mit dieser Begründung setzen sich die Revisionsrekurswerber nicht auseinander, sondern beschränken sich auf den Versuch, inhaltliche Unrichtigkeiten des erstinstanzlichen Beschlusses aufzuzeigen. Damit legen sie jedoch in keiner Weise dar, inwieweit die zurückweisende Entscheidung des Rekursgerichts von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG alt abhängen könnte.

3. Als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG neu machen die Revisionsrekurswerber im Verfahren über ihren Antrag auf Nachlassseparation im Wesentlichen geltend, das Rekursgericht sei „zumindest teilweise von der vorliegenden oberstgerichtlichen Rechtsprechung (5 Ob 131/68)" abgegangen. Entgegen deren Auffassung ist der zitierten Entscheidung jedoch in keiner Weise zu entnehmen, dass eine Nachlassseparation stets stattzufinden hätte, wenn der Nachlass Gesellschaftsanteile enthält. Vielmehr wurde in dieser Entscheidung nur ausgesprochen, dass eine Nachlassseparation im Hinblick auf die Gesellschaftsanteile nur durch die Bestellung eines Kurators zu bewerkstelligen wäre, wobei offen blieb, unter welchen Voraussetzungen eine solche Separation vorzunehmen ist. Die Revisionsrekurswerber stellen auch die Rechtsauffassung des Rekursgerichts nicht in Frage, dass Voraussetzung für eine gemäß § 812 ABGB anzuordnende Nachlassseparation unter anderem ist, dass der antragstellende Noterbe in seinem Antrag jene Umstände anzugeben hat, welche seine subjektive Besorgnis begründen (RIS-Justiz RS0013068). Ob im jeweils zu beurteilenden Fall Tatsachen vorliegen, die eine subjektive Besorgnis für die Einbringlichmachung der Forderung begründen können, richtet sich nach den konkret behaupteten Umständen; ihrer Beurteilung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (6 Ob 32/01a, 10 Ob 317/02v, 3 Ob 107/04p; 3 Ob 86/05a). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG neu könnte nur vorliegen, wenn dem Rekursgericht insoweit eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

Die Noterben haben in ihren Anträgen (ON 44 und 45) ganz allgemein Bedenken gegen eine Nachlassverwaltung durch den minderjährigen Erben bzw dessen Mutter als gesetzliche Vertreterin geäußert und auf ein (inhaltlich nicht näher konkretisiertes) anhängiges Firmenbuchverfahren zwischen den Erben und einer KG verwiesen, in dem die Rechte des Erblassers an den im Nachlass befindlichen Geschäftsanteilen an der Komplementär GmbH sowie dessen Kommanditanteile an der KG streitgegenständlich seien. Wenn das Rekursgericht dieses Vorbringen nicht als ausreichend schlüssige Darlegung einer subjektiven begründeten Besorgnis der Einbringlichkeit der Pflichtteilsansprüche der Noterben angesehen hat, kann dies nicht als bedenkliche Fehlbeurteilung qualifiziert werden, zumal das Rekursgericht darauf hingewiesen hat, dass sich der minderjährige Erbe und seine Mutter in wirtschaftlichen Fragen jederzeit eines Spezialisten bedienen könnten und sie auch in rechtlicher Hinsicht durch ihre Anwälte ausreichend unterstützt würden; als Minderheitsgesellschafter der GmbH bzw als Kommanditist der KG habe der Erbe keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung. Hat das Rekursgericht in diesem Sinne die Ausführungen der Noterben in ihren Anträgen auf Nachlassseparation nicht für ausreichend erachtet, kann darin weder eine Nichtigkeit noch eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG alt iVm § 510 Abs 3 ZPO bzw § 71 Abs 3 AußStrG neu).

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