OGH 12Os70/05v

OGH12Os70/05v15.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Zeljko R***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 25. April 2005, GZ 428 Hv 2/05s-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zeljko R***** des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 6. Oktober 2004 in Wien versuchte, Dragan S***** durch wuchtige Schläge gegen dessen Kopf und Oberkörper mit einem Samuraischwert mit einer Klingenlänge von ca. 70 cm zu töten.

Die Geschworenen hatten die anklagekonforme (ON 45) Hauptfrage nach versuchtem Mord bejaht, die Beantwortung der Eventualfrage nach absichtlich schwerer Körperverletzung war somit entfallen.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 6, Z 8 und Z 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt. Die Fragenrüge (Z 6) verabsäumt die gesetzesbezogene Ableitung der Forderung, die Hauptfrage hätte die im Zuge des Vorfalles vom Opfer erlittenen Verletzungen enthalten müssen, und bezeichnet somit den behaupteten Nichtigkeitsgrund nicht deutlich und bestimmt (12 Os 148/04 uva). Der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass gemäß § 312 Abs 1 StPO in einer Hauptfrage alle gesetzlichen Merkmale der Tat - hier also der auf vorsätzliche Tötung gerichteten Handlung (§ 75 StGB) - lediglich individualisiert, aber nicht spezialisiert werden müssen (Schindler, WK-StPO § 312 Rz 24, 47 f). Die Instruktionsrüge (Z 8) verfehlt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren in § 321 Abs 2 StPO normiertem Inhalt (14 Os 5/99) und die allein darauf gegründete - und nur dann prozessordnungsgemäß einer meritorischen Erledigung zugängliche - gesetzlich geforderte deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (12 Os 7/04). Die Kritik des Fehlens von Darlegungen zum „Vorstellungselement" des bedingten Vorsatzes orientiert sich nämlich nicht an der Gesamtheit der Instruktion (Fabrizy StPO9 Rz 12; Mayerhofer StPO4 E 24 Rechtssatz 2, 49, 49a, 50 - beide zu § 345 Abs 1 Z 8; 12 Os 149/97), die (vgl deren Seiten 1, 2, 4, 5) - offenkundig ausgerichtet am grundsätzlichen strafrechtlichen Schrifttum (Leukauf/Steininger Komm³ § 5 RN 16, 16a) - sämtliche Aspekte des dolus eventualis lückenlos darlegt.

Mit eigenständig spekulativer Beweisergebniskritik zur (Bauch- oder Rücken-)Lage des Opfers während der gegen sein Leben gerichteten Attacke und darauf gegründeten Hypothesen zum Tötungsvorsatz des (nach eigenen Angaben zu dosiertem und punktgenauem Schlagen mit der verwendeten asiatischen Blankwaffe befähigten - vgl S 477, 491/I) Angeklagten vermag die Tatsachenrüge (Z 10a) aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Die Behauptung substantieller Widersprüche zwischen dem schriftlichen (ON 38) und dem in der Hauptverhandlung mündlich erstatteten gerichtsmedizinischen Gutachten (S 553 ff/I) entfernt sich von der Expertise in ihrer Gesamtheit, die die Zufügung der Verletzungen im unteren Rückenbereich sowohl am liegenden als auch am gehenden Opfer als medizinisch nachvollziehbar erachtete (vgl S 337 f, 555 ff [vor allem 557]/I), „dezidiert ausgeschlossen" hatte der Sachverständige - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - nicht einmal das verletzungskausale Einhauen auf ein laufendes Opfer (S 337 f/I). Der in diesem Zusammenhang erhobenen Aufklärungsrüge gebricht es somit schon am Verfahrenssubstrat. Überdies legt sie nicht dar, wodurch der Angeklagte selbst an der weiteren (vgl zur Ausübung seines Fragerechtes S 565/I) Aufforderung, der Experte möge „sämtliche diesbezüglichen Zeugenaussagen erörtern", und am „Vorhalt des schriftlichen Gutachtens ON 38" gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480; 12 Os 18/05x, 12 Os 47/05m uva).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 280, 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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